TE Vwgh Erkenntnis 1997/4/10 97/15/0035

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Veröffentlicht am 10.04.1997
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Index

L34003 Abgabenordnung Niederösterreich;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §80 Abs1 impl;
BAO §9 Abs1 impl;
LAO NÖ 1977 §57 Abs1;
LAO NÖ 1977 §7 Abs1;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 97/16/0033 E 18. April 1997

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des H in P, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt St. Pölten vom 10. Dezember 1996, Zl. 00/37/3-1996/Mag.De./cp, betreffend Haftung für Abgabenschuldigkeiten (und zwar soweit diese den "Kommunalsteuer Rest 1994" in Höhe von S 15.498,--, die Kommunalsteuer Jänner bis Juli 1995 in Höhe von S 11.080,--, die auf die Kommunalsteuer entfallenden Säumniszuschläge von S 532,--, die Lustbarkeitsabgabe September 1994 bis Oktober 1995 in Höhe von S 26.710,--, die auf die Lustbarkeitsabgabe entfallenden Verspätungszuschläge von S 1.332,-- und Säumniszuschläge von S 534,--, sowie Mahngebühren von S 225,-- betrifft), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 7, 57 und 172 der NÖ Abgabenordnung 1977 (NÖ AO), LGBl. 3.400-2, zur Haftung für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der K. GmbH im Gesamtbetrag von S 110.679,-- herangezogen (soweit diese Haftung die Abgaben Getränkesteuer Mai bis Oktober 1995 von S 48.123,-- - darauf entfallende Verspätungszuschläge von S 4.812,-- und Säumniszuschläge von S 962,-- -, Interessentenbeitrag 1994 und 1995 von S 808,-- - darauf entfallende Säumniszuschläge von S 16,-- - und Gebrauchsabgabe 1995 von S 47,-- betrifft, wird die Beschwerdeerledigung zuständigkeitshalber zu den hg. Zlen. 97/16/0033 und 97/17/0036 erfolgen).

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird ausgeführt, im Haftungsbescheid der Landeshauptstadt St. Pölten vom 14. Dezember 1995 sei festgestellt worden, daß der Beschwerdeführer zum handelsrechtlichen Geschäftsführer der K. GmbH bestellt worden sei und als solcher als Haftungspflichtiger gemäß den § 7, 57 und 127 der NÖ AO für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der K. GmbH in Anspruch genommen werde. Die K. GmbH sei zahlungsunfähig, weshalb über diese Gesellschaft der Konkurs eröffnet worden sei. In der gegen den erstinstanzlichen Haftungsbescheid eingebrachten Berufung sei im wesentlichen geltend gemacht worden, daß die Behörde erster Instanz "unzulässiger Weise" und ohne jegliches Ermittlungsverfahren zur Feststellung einer schuldhaften Verletzung seiner Geschäftsführerpflichten "den Haftungsdurchgriff verfügt hätte". Es sei weder zu einer schuldhaften Begünstigung anderer Gläubiger gekommen, noch sei der Haftungsbescheid ausreichend begründet worden. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 31. Jänner 1996 sei der Beschwerdeführer aufgefordert worden, Unterlagen und Urkunden vorzulegen, aus denen sich die Gleichbehandlung aller Gläubiger ergebe. Am 5. Februar 1996 habe der Vertreter des Beschwerdeführers bekanntgegeben, daß der Beschwerdeführer in Untersuchungshaft genommen worden sei und daher eine Kontaktaufnahme zur Beschaffung "der gewünschten Urkunden bis auf weiteres nicht möglich wäre". Es werde um Gewährung einer Fristverlängerung zur Beibringung der Dokumente ersucht. Am 19. März 1996 sei bei der belangten Behörde eine Stellungnahme des Vertreters des Beschwerdeführers Dr. L. eingelangt, in der dieser die Beischaffung der Entlastungsunterlagen vom Masseverwalter und der Staatsanwaltschaft P als Beweismittel angeboten habe. Den sodann im Rechtshilfeweg beigeschafften Unterlagen habe jedoch eine Gleichbehandlung der Gläubiger nicht entnommen werden können. Dies sei Mag. B., einem Mitarbeiter der Kanzlei Dr. L., am 6. Mai 1996 telefonisch mitgeteilt und erneut eine Frist gesetzt worden, um geeignete Beweismittel zur Feststellung des "nichtschuldhaften Handelns" des Beschwerdeführers vorzulegen, welche jedoch ungenutzt verstrichen sei. Auch eine Einsichtnahme in den Konkursakt der K. GmbH des Landesgerichtes St. Pölten habe keine Klärung der Frage bringen können.

Im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides wird ausgeführt, im Beschwerdefall sei unbestritten, daß der Beschwerdeführer Geschäftsführer der K. GmbH gewesen sei und die in Haftung gezogenen Abgabenschuldigkeiten nicht bezahlt worden seien. Der Beschwerdeführer bestreite in der Berufung sein Verschulden an der Nichtentrichtung der fälligen Abgaben. Da die Vorschriften betreffend Haftung nach der NÖ AO jenen der BAO (§§ 9 und 80) vergleichbar seien, seien für die Frage des Verschuldens des Vertreters an der Nichtentrichtung der Abgaben die von Lehre und Rechtsprechung zu den Bestimmungen der BAO entwickelten Grundsätze heranzuziehen. Demnach sei es Sache eines Geschäftsführers einer GmbH, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden gehindert hätten, die obliegenden Verpflichtungen zu erfüllen, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden könne. Der Geschäftsführer hafte für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung gestanden seien, hiezu nicht ausreichten, es sei denn, er weise nach, daß er all diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet habe, die Abgabenschuldigkeiten daher im Verhältnis zu anderen Verbindlichkeiten nicht schlechter behandelt habe. Auch nach Durchführung "eines sehr umfangreichen Ermittlungsverfahrens" durch die belangte Behörde und Einräumung eines durch die konkreten Umstände des Falles bedingten außerordentlich langen Zeitraumes zur Beibringung der notwendigen Unterlagen, habe eine Gleichbehandlung der Gläubiger durch den Beschwerdeführer nicht nachgewiesen werden können. Da die Beweislast beim Beschwerdeführer gelegen sei, dieser allerdings keinerlei Nachweis über seine sorgfältige Pflichterfüllung beigebracht habe, sei von einer schuldhaften Verletzung der ihm auferlegten Pflichten auszugehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der angefochtene Bescheid verletze den Beschwerdeführer in seinem Recht auf "richtige Handhabung der §§ 7, 57 und 172 NÖ AO 1977".

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 7 Abs. 1 NÖ AO haften die in den §§ 57 ff NÖ AO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Nach § 57 Abs. 1 NÖ AO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Im Beschwerdefall ist das Bestehen der Abgabenforderungen und die Stellung des Beschwerdeführers als Geschäftsführer der K. GmbH unbestritten. Auch die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderungen in dem im angefochtenen Bescheid angeführten Umfang bei der Primärschuldnerin wird vom Beschwerdeführer nicht in Zweifel gezogen.

Die belangte Behörde weist zutreffend darauf hin, daß es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Aufgabe des Geschäftsführers ist, darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge habe tragen können, daß die Gesellschaft die angefallenen Abgaben entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. Hat der Geschäftsführer schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, daß die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit war. Nicht die Abgabenbehörde hat das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, daß diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet wurden. Widrigenfalls haftet der Geschäftsführer für die in Haftung gezogene Abgabe zur Gänze (vgl. beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. September 1986, 84/13/0198, vom 30. Mai 1989, 89/14/0043 und 89/14/0044, sowie vom 29. April 1994, 93/17/0395, und vom 3. November 1994, 93/15/0010).

Die Beschwerde stellt nicht in Abrede, daß die belangte Behörde den Beschwerdeführer aufgefordert hat, Unterlagen über die Gleichbehandlung aller Gläubiger vorzulegen. Auch die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, wonach eine Mitteilung an die Kanzlei des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers über die mangelnde Aussagekraft der über Ersuchen des Beschwerdeführers beigeschafften Unterlagen des Konkursverfahrens ohne Reaktion geblieben sei, werden in der Beschwerde nicht angezweifelt. Bei dieser Sachlage war die belangte Behörde nicht verhalten, allenfalls weitere Präzisierungen und Beweise vom Beschwerdeführer noch abzufordern (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Februar 1997, 96/13/0079). Eine Verletzung des Parteiengehörs kann der Behörde damit grundsätzlich nicht zur Last gelegt werden.

Soweit in der Beschwerde vorgebracht wird, die belangte Behörde habe dem Beschwerdeführer zu ihrer Ansicht, wonach die Einsichtnahme in den Konkursakt keine Klärung "der Frage" mit sich gebracht habe, überhaupt "kein Gehör" gewährt, zeigt die Beschwerde keine Relevanz eines solchen behaupteten Verfahrensmangels auf (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Mai 1996, 94/16/0292). Unsubstantiiert bleibt auch die Beschwerdebehauptung, die belangte Behörde besitze in Wahrheit keine "Kenntnisse und Fähigkeiten" durch die Einsichtnahme in den Konkursakt eine Klärung der Frage der Gläubigergleichbehandlung herbeizuführen. Auch ergibt sich aus der Beschwerde kein Anhaltspunkt dafür, daß der Beschwerdeführer gehindert gewesen wäre, ein zur Frage der Gleichbehandlung aller Gläubiger laut Beschwerde notwendiges Sachverständigengutachten im Rahmen der ihn im Haftungsverfahren treffenden qualifizierten Mitwirkungspflicht (vgl. hiezu beispielsweise auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Mai 1996, 96/14/0052) beizubringen.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerde behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde in dem im Spruch genannten Umfang gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997150035.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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