TE Lvwg Erkenntnis 2019/4/24 405-4/1892/1/18-2019

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Veröffentlicht am 24.04.2019
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Entscheidungsdatum

24.04.2019

Index

83 Naturschutz Umweltschutz

Norm

IG-L §9a

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg erkennt durch die Richterin Mag. Manuela Flir über die Beschwerde des AA, AD 36/3a, AB AC, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 14.8.2014, Zahl xxx, betreffend einen Antrag nach dem Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L) im zweiten Rechtsgang nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 14.3.2019,

zu Recht:

I.     Gemäß § 28 Abs 1 und 2 VwGVG wird der Beschwerde teilweise stattgegeben und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe, dass der Spruch wie folgt zu lauten hat, geändert:

"Der Antrag des AA vom 8.4.2014 wird gemäß

§ 9a Abs 11 IG-L

-    insofern er sich auf die Messstellen BB und CC bezieht, zurückgewiesen,

-    insofern er auf Anordnung Maßnahmen zur Einhaltung des Jahresgrenzwertes für NO2 gerichtet ist, abgewiesen,

-    insofern er auf Überarbeitung des Luftreinhalteprogramms 2013 gerichtet ist, wird dem Antrag stattgegeben und wird dem Landeshauptmann aufgetragen binnen 6 Monaten einen Entwurf des fortgeschriebenen Luftreinhalteprogrammes 2013 zu veröffentlichen, der die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m3 an der Messstelle DD (A 10) zu enthalten hat."

II.    Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Verfahrenslauf:

Mit Antrag vom 8.4.2014 hat die nunmehrige Beschwerdeführerin an den Landeshauptmann von Salzburg (belangte Behörde) die Erlassung geeigneter Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Immissionsgrenzwerte für Stickstoffdioxid (NO2) an den Messstellen BB, CC und DD (A 10) im Sinne der Luftqualitätsrichtlinie 2008/50/EG und des Immissionsschutzgesetzes-Luft (IG-L) begehrt. In Bezug auf ihr Antragsrecht hielt die Beschwerdeführerin fest, dass ihr dieses als gemäß § 19 Abs 7 Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung 2000 (UVP-G) anerkannte und im gesamten Bundesgebiet tätige Umweltorganisation zukomme. Begründend dazu verwies die Beschwerdeführerin auf die Aarhus-Konvention, das Unionsrecht sowie die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), insbesondere das Urteil Janecek, C-237/07. Zur inhaltlichen Begründetheit ihres Antrages legte die Beschwerdeführerin dar, dass die im Luftreinhalteprogramm vom 22.9.2008 und in der Fortschreibung des Luftreinhalteprogramms 2013 angekündigten Maßnahmen sowie jene nach §§ 10 ff IG-L tatsächlich erlassenen Maßnahmen unzureichend seien. Im Land Salzburg seien in den letzten Jahren die Grenzwerte für NO2 sowohl des IG-L als auch der Richtlinie 2008/50/EG an mehreren Messstellen überschritten worden. Der Evaluierungsbericht des Luftreinhalteprogrammes 2008 zeige, dass auch im Jahr 2015 der Jahresgrenzwert für Stickstoffoxide nicht eingehalten werde und stelle fest, dass kein eindeutiger Trend erkennbar sei. Gemäß Art 13 RL 2008/50/EG haben die Mitgliedsstaaten sicherzustellen, dass ab dem 1. Jänner 2010 die Grenzwerte für Stickstoffdioxid von 40 µg/ m3 Luft nicht überschritten werden. Mit Beschluss vom 12.7.2012 habe die Europäische Kommission das Ansuchen Österreichs, die Frist in Bezug auf das Luftqualitätsgebiet Salzburg zu verlängern, abgelehnt. Unter Hinweis auf die Ausführungen der Kommission hielt die Beschwerdeführerin schließlich fest, dass es nicht ausreiche die geplanten Maßnahmen im Luftreinhalteplan festzuschreiben, sondern es vielmehr geboten sei, diese schnellstmöglich rechtlich verbindlich zu erlassen, sodass die Grenzwerte eingehalten werden.

Hauptquelle der österreichischen NOx-Emissionen sei die Verbrennung von Brenn- und Kraftstoffen mit einem Anteil von mehr als 96 %, wobei der größte Anteil an den NOx-Gesamtemissionen im Jahr 2011 auf den Straßenverkehr mit 59,3 % entfallen sei. Da im Sinne des Verursacherprinzips die Maßnahmen bei den Hauptverursachern gesetzt werden sollen, erscheine die Ergreifung spezifisch verkehrsbezogener Maßnahmen geboten. Die Verordnung des Landeshauptmannes von Salzburg vom 12.2.2014 mit der auf Grundlage der §§ 10 und 14 des IG-L im dreimonatigen Testbetrieb eine Geschwindigkeitsbeschränkung für eine Teilstrecke der Westautobahn angeordnet worden sei, lasse eine deutliche Immissionsreduktion von 13 % im straßennahen Bereich erwarten. Diese Maßnahme solle ebenso wie die mit Verordnung der Landeshauptfrau von Salzburg vom 17.10.2008 verordnete immissionsabhängige Geschwindigkeitsbeschränkung für eine Teilstrecke der Tauernautobahn aufrechterhalten werden. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin seien jedoch weitere Maßnahmen erforderlich, um die Jahresgrenzwerte für Stickstoffdioxid an den Messstellen BB, CC und DD (zz) einzuhalten. Einerseits sei selbst bei voller Wirksamkeit der Westautobahn-Geschwindigkeitsbeschränkung keine Grenzwertunterschreitung an den genannten Messstellen zu erwarten, andererseits habe die Geschwindigkeitsreduktion lediglich Auswirkungen auf den Nahbereich der Westautobahn. Selbst im Evaluierungsbericht des Luftreinhalteprogramms 2008 sowie in der Fortschreibung des Luftreinhalteprogramms 2013 werde aber davon ausgegangen, dass die Jahresgrenzwerte für Stickstoffdioxid in den Jahren 2014 und 2015 nicht eingehalten werden können. Der Erlass weiterer geeigneter Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte sei daher unbedingt erforderlich. Grundsätzlich seien Maßnahmen zu ergreifen, bei denen mit geringsten Kosten eine möglichst große Verringerung der Immissionsbelastung erzielt werde. Die Maßnahmen sollten verhältnismäßig sein, somit seien auch öffentliche Interessen zu berücksichtigen. Aus gesundheitlicher Sicht wäre es sinnvoll die Belastung generell zu senken und nicht bloß an den höchstbelasteten Standorten. Da der Hauptverursacher der Grenzwertüberschreitung der Straßenverkehr sei, sei im Sinne des Verursacherprinzips die Ergreifung spezifisch verkehrsbezogener Maßnahmen geboten. Mögliche zur Verfügung stehende Maßnahmen seien die Ausweisung von Umweltzonen, welche zu einer schnelleren Flottenerneuerung beitragen würden, die Einführung einer City-Maut, sektorale Fahrverbote für Lkw und temporäre Fahrverbote für Pkw, der Ausbau des öffentlichen Verkehrs, insbesondere die Umsetzung der Regionalstadtbahn sowie weitere Temporeduktionen auf der A 1, der A 10, auf Freilandstraßen und die Einführung von Tempo 30-Zonen in Gemeindegebieten, insbesondere in der Stadt Salzburg.

Nach Einholung von gutachterlichen Stellungnahmen aus den Fachbereichen Immissionsschutz sowie Chemie und Umwelttechnik hat die belangte Behörde mit dem nun beschwerdegegenständlichen Bescheid vom 14.8.2014 den Antrag der Beschwerdeführerin in Anerkennung ihrer Antragslegitimation gemäß Art 9 Abs 3 Aarhus-Konvention als unbegründet abgewiesen. Begründend dazu führte die belangte Behörde aus, dass unbestritten sei, dass aktuell die Luftschadstoffgrenzwerte für Stickstoffdioxid sowohl nach der Luftqualitäts-RL als auch nach dem IG-L im Salzburger Zentralraum nicht eingehalten werden und dieser Zustand auch über die nächsten Jahre erwartbar bleiben werde. Das Land Salzburg sei allerdings der begründeten Meinung, dass sich die Luftschadstoffsituation bei Stickstoffdioxid mit der Einführung von Motoren der Schadstoffklasse EURO 6 für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge ab dem 1.9.2015 sowie mit der zunehmenden Flottendurchdringung im Bereich aller Fahrzeuge mit diesen Motoren spürbar verbessern, eventuell sogar bereinigen werde. Mit ihrem Antrag vom 8.4.2014 habe die Beschwerdeführerin eine Unterlassung durch den Landeshauptmann als nach § 9a IG-L für die Erstellung eines Luftqualitätsplanes (bzw –programmes) zuständige Behörde geltend gemacht. Der von der Beschwerdeführerin erwähnten Forderung der Europäischen Kommission nach Aufnahme strengerer Minderungsmaßnahmen in den für den Salzburger Zentralraum relevanten Luftqualitätsplan sei jedenfalls vom Landeshauptmann mit der "Fortschreibung des Luftreinhalteprogrammes nach § 9a IG-L-2013" nachgekommen worden, welches zusätzliche Maßnahmen zur Senkung der Luftschadstoffbelastung bei Stickstoffdioxid vorsehe. Ungeachtet der in § 9a Abs 6 IG-L vorgesehenen Evaluierung des Luftreinhalteprogrammes samt einer allenfalls erforderlichen Überarbeitung werden im Land Salzburg auch weiterhin Maßnahmen zur Luftreinhaltung fortentwickelt und implementiert, wie beispielsweise eine emissionsabhängige Geschwindigkeitsbeschränkung von 80 km/h auf der Westautobahn, Einführung einer Jahreskarte für den öffentlichen Verkehr im Stadtgebiet von Salzburg um den Preis von € 366 und die Ausarbeitung eines neuen Landesmobilitätskonzeptes "Salzburg mobil 2025". Zusätzlich werden die Kurzparkzonen im Stadtgebiet von Salzburg ausgeweitet, um Pendlerströme einzudämmen. Dem Antrag der Beschwerdeführerin werde somit insofern Folge geleistet, als das Land Salzburg über die bisherigen Luftqualitätspläne 2008 und 2013 hinausgehende Maßnahmen umsetze und dadurch das geforderte Verhalten setze.

Insoweit die Beschwerdeführerin in ihrem Antrag konkrete Maßnahmen vorschlage, sei festzuhalten, dass kein Rechtsanspruch auf Umsetzung bestimmter Maßnahmen bestehe, sondern es der Verantwortung der Behörden obliege, entsprechend den Grundsätzen der europäischen und österreichischen Rechtsordnung die zu ergreifenden Maßnahmen auszuwählen. Der EuGH sehe die Luftqualitätsziele nicht isoliert, sondern wolle sie in Bezug auf die gesamten Rahmenumstände einer Gesellschaft verstanden wissen. Die Mitgliedsstaaten seien nicht verpflichtet, Maßnahmen dahingehend zu ergreifen, dass es zu keinerlei Überschreitung komme, sondern solche Maßnahmen, die Überschreitungen auf ein Minimum reduzierten. Das vom Land Tirol zweimal verordnete "sektorale Fahrverbot" als Maßnahme zur Erreichung der Luftqualitätsziele sei jeweils vor dem EuGH gescheitert. Der EuGH habe klar zum Ausdruck gebracht, dass die Mitgliedsstaaten vor der Festlegung von Verboten sorgfältig zu prüfen hätten, ob nicht auf Maßnahmen zurückgegriffen werden könnte, die den freien Verkehr weniger beschränken.

In der weiteren Bescheidbegründung setzte sich die belangte Behörde mit den einzelnen von der Beschwerdeführerin vorgeschlagenen Maßnahmen auseinander und hielt dazu fest, dass keine der vorgeschlagenen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Stickstoffdioxid-Grenzwerte geeignet sei. Die Umsetzung von Umweltzonen, City-Mauten, einer Regionalstadtbahn und eines sektoralen Fahrverbotes benötigte viel Zeit. Jede Maßnahme bzw Verordnung sei sachverständig im Hinblick auf die in § 9c IG-L angeführten Erwägungen, vor allem im Hinblick auf ihr Einsparungspotential, zu begründen. Auch diese Gutachten benötigten Zeit.

Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben und begründend dargelegt, dass nicht nachvollziehbar sei, weshalb keine geeigneten Maßnahmen zu erlassen seien, damit die Immissionsgrenzwerte für NO2 im Land Salzburg schnellstmöglich eingehalten werden. Aus dem Urteil des EuGH vom 25.7.2008, Janecek, C-237/07, sowie aus Art 23 der Luftqualitäts-RL ergebe sich, dass Maßnahmen gesetzt werden müssen, welche die Einhaltung der Grenzwerte schnellstmöglich gewährleisten. Es sei somit keine Ermessensentscheidung der belangten Behörde, ob und wann die Grenzwerte eingehalten werden. Das einzige Korrektiv, welches die gesetzlichen Vorgaben erlauben, sei die Frage, wann die Grenzwerteinhaltung (objektiv gesehen) "schnellstmöglich" möglich sei. Nicht nachvollziehbar sei überdies, wie sich die Situation ohne Erlass geeigneter Maßnahmen verbessern oder sogar bereinigen könnte. Ursachen für die vorhandene Grenzwertüberschreitung sei nicht primär der ungebremste Trend zum Dieselantrieb oder die mangelhafte Abgasgesetzgebung, sondern vor allem auch, dass keine entsprechenden verkehrsbezogenen Maßnahmen gesetzt werden. Die erwartete Reduktion von NOx-Emissionen dürfe nicht dazu führen, dass bis zu deren Eintritt Grenzwertüberschreitungen geduldet werden. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH erläuterte die Beschwerdeführerin überdies, dass rein wirtschaftliche Gründe keine Rechtfertigung für die Nichteinhaltung von unionsrechtlichen Verpflichtungen darstellen würden. Dass die Einhaltung des Unionsrechts mit finanziellen Ausgaben verbunden sei, sei – vor allem, wenn diese dem Gesundheitsschutz der Bürgerinnen und Bürger dienen – hinzunehmen. Insoweit die belangte Behörde die Ansicht vertrete, dass die Evaluierung und Überarbeitung des Luftreinhalteprogrammes nur alle drei Jahre vorgesehen sei, widerspreche dies Art 23 der Luftqualitäts-RL, der Rechtsprechung des EuGH in der Sache "Janecek", dem Prinzip der unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts und dem Beschluss der Europäischen Kommission vom 12.7.2012.

Im weiteren Beschwerdevorbringen wird auf die bereits im Antrag vorgeschlagenen möglichen Maßnahmen, insbesondere auf deren Eignung zur schnellstmöglichen Einhaltung der Stickstoffdioxid-Grenzwerte eingegangen und ausgeführt, dass die Mitgliedstaaten einen Ermessensspielraum hinsichtlich der Ausrichtung der Maßnahmen haben. Es sei daher Aufgabe der belangten Behörde, Maßnahmen auszuwählen und die Notwendigkeit der Festlegung von Verboten sowie deren Alternativen zu prüfen und den Ausgleich der Interessen sicherzustellen. Kein Zweifel bestehe jedoch daran, dass Maßnahmen dahingehend zu ergreifen seien, dass die Grenzwerte schnellstmöglich eingehalten werden. Abschließend hat die Beschwerdeführerin zu mehreren Fragen die Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH beantragt.

Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg (LVwG) vom 30.3.2015, Zahl LVwG-4/1228/5-2015, wurde der Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 14.8.2014 keine Folge gegeben und diese mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides dahingehend zu lauten habe, dass der Antrag vom 8.4.2014 als unzulässig zurückgewiesen werde. Zur Begründung wurde auf die mangelnde Antragslegitimation der Beschwerdeführerin verwiesen und festgehalten, dass der verfahrensgegenständliche Antrag auf Erlassung geeigneter Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Immissionsgrenzwerte für NO2 im Land Salzburg nicht den in der Aarhus-Konvention vorgesehenen Möglichkeiten entspreche. Art 9 Abs 3 Aarhus-Konvention gewähre nämlich kein Antragsrecht auf Erlassung von (geeigneten) Maßnahmen, sondern ein Anfechtungsrecht bezüglich Verletzungen und Unterlassungen. Eine konkret begangene Unterlassung oder eine aktive Handlung, die gegen umweltbezogene Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts verstoße und unter die Aarhus-Konvention zu subsumieren wären, sei von der Beschwerdeführerin jedoch nicht dargestellt worden.

Gegen dieses Erkenntnis hat die Beschwerdeführerin außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) vom 19.2.2018, yyy, wurde das Erkenntnis des LVwG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EuGH, insbesondere in den Urteilen vom 25.7.2008, Janecek, C-237/07, vom 19.11.2014, Client Earth, C-404/13 sowie vom 20.12.2017, Protect, C-664/15, kommt der VwGH zu dem Ergebnis, dass die Antragslegitimation der Beschwerdeführerin zu bejahen ist. Begründend dazu wird folgendes ausgeführt: Das IG-L selbst bietet zwar keine unmittelbare Rechtsgrundlage für die Annahme eines subjektiven Rechts einer anerkannten Umweltorganisation auf Erstellung oder Ergänzung eines Programmes nach § 9a IG-L sowie auf die Anordnung von Maßnahmen nach § 10 IG-L, jedoch ist das nationale Recht im Hinblick auf die Gewährung eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes in den vom Umweltrecht der Union erfassten Bereichen so auszulegen, dass es so weit wie möglich im Einklang mit den in Art 9 Abs 3 der Aarhus-Konvention festgelegten Zielen steht. Es wäre mit dem zwingenden Charakter der Richtlinie 2008/50/EG unvereinbar, es grundsätzlich auszuschließen, dass eine mit ihr auferlegte Verpflichtung von den betroffenen Personen geltend gemacht werden kann. Diese Überlegung gilt ganz besonders für eine Richtlinie, die eine Eindämmung und Reduzierung der Luftverschmutzung und damit den Schutz der öffentlichen Gesundheit bezweckt. Eine Umweltorganisation, die gemäß § 19 Abs 7 UVP-G anerkannt ist, die sich für den Umweltschutz einsetzt und deren Tätigkeit sich inhaltlich und räumlich auf den "Schutz des Allgemeininteresses" im Sinne der Judikatur des EuGH bezieht, ist somit grundsätzlich legitimiert einen Antrag auf Erlassung geeigneter Maßnahmen gemäß § 10 IG-L zu stellen.

Unter Zugrundelegung dieser Rechtsansicht des VwGH hat das LVwG nun im zweiten Rechtsgang über die gegen den Bescheid des Landeshauptmannes vom 8.4.2014 gerichtete Beschwerde zu entscheiden. Nach einem krankheitsbedingten Richterwechsel wurde am 14.3.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem LVwG durchgeführt, an welcher jeweils Vertreter der Beschwerdeführerin, der belangten Behörde sowie ein Amtssachverständiger für Immissionsschutz teilgenommen haben. In der Verhandlung wurde ausgehend von den im Luftgütemessbericht 2018 festgehaltenen Messwerten für NO2 sowie der mit dem Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002, das Immissionsschutzgesetz-Luft und das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert werden, kurz: Aarhus-Beteiligungsgesetz 2018 (BGBl I Nr 73/2018), einhergehenden Änderungen des IG-L die Sach- und Rechtslage erörtert.

Mit Schreiben vom 9.4.2019 wurde der Amtssachverständige für Immissionsschutz zu ergänzender Fragenbeantwortung im Zusammenhang mit der Einhaltung des Grenzwertes für NO2 an der Messstelle DD aufgefordert. Im Rahmen des Parteiengehörs wurde die Anfragebeantwortung vom selben Tag der Beschwerdeführerin sowie der belangten Behörde übermittelt. Mit Schreiben vom 11.4.2019 hat die Beschwerdeführerin von ihrer Stellungnahmemöglichkeit Gebrauch gemacht.

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt als erwiesen festgestellt:

Die Beschwerdeführerin ist eine im gesamten Bundesgebiet tätige, gesetzlich anerkannte Organisation, deren Tätigkeitsbereich den Umweltschutz umfasst.

Mit Eingabe vom 8.4.2014 hat die Beschwerdeführerin an die belangte Behörde einen Antrag auf Erlassung geeigneter Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Emissionsgrenzwerte für NO2 an den Messstellen BB, CC und DD (zz) gerichtet.

Dominierende Quelle für Stickstoffoxide (NOx), womit NO2 umfasst ist, ist der Straßenverkehr, insbesondere dieselbetriebene Fahrzeuge.

An den Messstellen Salzburg-BB, DD und CC wurden in den Jahren 2014 bis 2018 folgende Jahresmittelwerte für NO2 gemessen:

Messort

2014

2015

2016

2017

2018

BB

50

51

46

45

40

DD

49

50

48

49

45

CC

39

43

40

40

37

Tabelle 1: Jahresmittelwert für Stickstoffdioxid in µg/m3

Der Landeshauptmann hat erstmals 2008 gemäß § 9a IG-L ein Luftreinhalteprogramm für das Bundesland Salzburg aufgestellt. Dieses Luftreinhalteprogramm wurde im Jahr 2012 evaluiert und im Jahr 2013 fortgeschrieben. Im Jahr 2017 wurde das Luftreinhalteprogramm 2013 wiederum evaluiert.

Als Maßnahmen gemäß §§ 10 und 14 IG-L wurden auf Basis des Luftreinhalteprogrammes 2008 die Tauernautobahn-Geschwindigkeitsbeschränkungsverordnung 2015 (LGBl Nr 26/2015), sowie auf Basis des Luftreinhalteprogramms 2013 die Westautobahn-Geschwindigkeitsbeschränkungsverordnung 2015 (LGBl Nr 25/2015) erlassen. Mit diesen Verordnungen wurde mit dem Ziel der Verringerung der durch den Verkehr im Salzburger Zentralraum verursachten Immissionsbelastung durch den Luftschadstoff NO2 eine immissionsabhängige Geschwindigkeitsbeschränkung für eine Teilstrecke der Tauernautobahn sowie für eine Teilstrecke der Westautobahn festgelegt.

Das Luftreinhalteprogramm 2013 beinhaltet neben der Geschwindigkeitsbeschränkung auf der Westautobahn noch folgende weitere Maßnahmen:

-    Förderung von Jahreskarten des Salzburger Verkehrsverbundes

-    Förderung von Euro 6 Lkw

-    Staumanagement (ehemals Schlechtwetterregelung)

-    Förderprogramm KLUP (Klima- und Umweltpakt), mit welchem ua im Bereich Mobilität folgende Maßnahmen gefördert werden können:

o    Elektromobilität

o    Pkw mit CNG-Antrieb (Erdgasfahrzeug)

o    Pkw mit Hybrid-Antrieb

o    Linienbusse mit alternativem Antrieb

o    Förderung vom Umwelttaxi

o    Mobilitätsmanagement Gemeinden

Zumindest seit 2016 ist bekannt, dass die bislang vorgesehenen und gesetzten Maßnahmen zur Reduktion der Stickstoffdioxidbelastung nicht ausreichend sind und es weiterer Maßnahmen bedarf um eine deutliche Reduktion der Langzeitbelastung von NO2 zu erreichen.

Beweiswürdigung:

Mit Bescheid vom 2.5.2015, www, wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 19 Abs 7 UVP-G als Umweltorganisation mit einem das gesamte Bundesgebiet umfassenden örtlichen Tätigkeitsbereich anerkannt. Die Beschwerdeführerin wird in der online abrufbaren Liste der anerkannten Umweltorganisationen des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus geführt.

Die festgestellten Jahresmittelwerte für NO2 im Zeitraum 2014 bis 2018 ergeben sich aus dem Schreiben der Fachabteilung 5, Abfallwirtschaft und Umweltrecht des Amtes der Salzburger Landesregierung vom 24.4.2018 sowie aus dem vom Land Salzburg herausgegebenen Jahresbericht 2018 zur Luftgüte im Bundesland Salzburg. Sowohl der Luftgütebericht als auch die oben zitierten Luftreinhalteprogramme und deren Evaluierungen sind online abrufbar.

Die Feststellung, wonach der Straßenverkehr, insbesondere dieselbetriebene Fahrzeuge hauptverursachende Quelle für NOx bzw den verfahrensrelevanten Luftschadstoff NO2 ist, ergibt sich aus dem Evaluierungsbericht 2017 zum Luftreinhalteprogramm 2013 sowie aus den schlüssigen Ausführungen des Amtssachverständigen für Immissionsschutz in seiner im verwaltungsbehördlichen Verfahren eingeholten gutachterlichen Stellungnahme vom 23.7.2014. Darin wird festgehalten: " Die dominierende Quelle für Stickstoffoxide ist der Straßenverkehr, insbesondere dieselbetriebene Motoren. Überschreitungen des zulässigen Jahresgrenzwertes für Stickstoffdioxid treten in Salzburg nur im Nahbereich stark verkehrsbelasteter Straßen auf. (..) Die Ursache liegt im ungebrochenen Trend zum Dieselantrieb bei Pkw sowie in der mangelhaften Abgasgesetzgebung der EURO-Klassen auf EU-Ebene."

Die Manipulation von NOx-Emissionen von Diesel-Pkws (Abgasskandal) ist im Jahr 2015 publik geworden. Laut den Ausführungen des Amtssachverständigen für Immissionsschutz in seiner Stellungnahme vom 9.4.2019 wurde der Abgasskandal im September 2015 bekannt. Erst Monate später sei durch das deutsche Kraftfahrbundesamt mit Nachmessungen der NOx-Emissionen von Diesel-Pkws unter realen Bedingungen begonnen worden. Die Erkenntnisse aus den Nachmessungen seien im "Handbuch für Emissionsfaktoren", welches als Datengrundlage für die Abschätzung der Emissionsfaktoren für Fahrzeuge und zur Planung von Maßnahmen diene, eingearbeitet worden und im April 2017 veröffentlicht worden. Laut einer vom Land Salzburg im Jahr 2016 beauftragten Studie, bei welcher eine der Fragestellungen war, wie sich die NO2-Jahresmittelwerte entwickelt hätten, wenn die Diesel-Pkw die Grenzwerte der Abgasklassen EURO V und EURO VI eingehalten hätten, wäre der EU-Grenzwert für NO2 schon im Jahr 2015 eingehalten worden.

Seitens der Beschwerdeführerin wurde zur Stellungnahme des Amtssachverständigen vom 9.4.2019 näher dargelegt, dass bereits vor publik werden der Abgasmanipulationen Probleme mit den Abgasmessungen bekannt gewesen seien und spätestens 2015 darauf reagiert werden hätte müssen.

Dass die Notwendigkeit zur Setzung neuer Maßnahmen zur Reduktion der Stickstoffdioxidbelastung erkannt wurde, ergibt sich nicht zuletzt aus folgenden Passagen des Evaluierungsberichts 2017 zum Luftreinhalteprogramm 2013:

"Stickstoffdioxid aufgrund Dieselmotoremissionen weiterhin hoch

Obwohl die Stickstoffdioxidwerte der letzten Jahre einen leicht sinkenden Trend aufweisen, wird im Nahbereich stark befahrener Straßen der Jahresgrenzwert von Stickstoffdioxid weiterhin überschritten. Im Luftreinhalteprogramm 2013 wurden große Erwartungen in die Einführung der Abgasklasse Euro-6 für Diesel-Pkw (ab 01.09.2014) gesetzt. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Luftreinhalteprogramms (Feb. 2014) war die betrügerische Manipulation von Euro-5 Dieselfahrzeugen durch den Volkwagenkonzern noch nicht bekannt. Nachdem im Herbst 2015 dieser Betrugsfall publik wurde, wurden auch Abgasmessungen bei den neuesten Euro-6 Dieselfahrzeugen unter realen Bedingungen auf der Straße durchgeführt. Alle getesteten Euro-6 Diesel-Pkw haben zwar die NOx-Grenzwerte am Prüfstand eingehalten, auf der Straße, unter realen Bedingungen, lagen diese aber zumeist um ein Vielfaches, im Schnitt um einen Faktor 6, höher als der Grenzwert. Diese Erkenntnisse machen eine Neubewertung der bestehenden Maßnahmen notwendig.

Ausblick

Zwar sinkt aufgrund des technischen Fortschrittes (trotz Diesel-Abgasskandal) der Ausstoß von Stickstoffoxiden aus dem Straßenverkehr, aber nicht in dem nötigen Ausmaß, um die gesetzlichen Grenzwerte flächendeckend einzuhalten.

Nur durch eine Verringerung des Verkehrsaufkommens, insbesondere von Dieselfahrzeugen, kann mittelfristig mit einer deutlichen Reduktion der Langzeitbelastung von Stickstoffdioxid gerechnet werden."

Es war daher davon auszugehen, dass die zuständigen Stellen jedenfalls seit 2016 darüber in Kenntnis waren, dass die vorgesehenen und gesetzten Maßnahmen zur Reduktion der Stickstoffdioxidbelastung nicht ausreichend sind.

Rechtliche Grundlagen:

Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa:

Artikel 13 Abs 1 - Grenzwerte und Alarmschwellen für den Schutz der menschlichen Gesundheit

(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass überall in ihren Gebieten und Ballungsräumen die Werte für Schwefeldioxid, PM10, Blei und Kohlenmonoxid in der Luft die in Anhang XI festgelegten

Grenzwerte nicht überschreiten.

Die in Anhang XI festgelegten Grenzwerte für Stickstoffdioxid und Benzol dürfen von dem dort festgelegten Zeitpunkt an nicht mehr überschritten werden.

Die Einhaltung dieser Anforderungen wird nach Anhang III beurteilt.

Die in Anhang XI festgelegten Toleranzmargen sind gemäß Artikel 22 Absatz 3 und Artikel 23 Absatz 1 anzuwenden.

Artikel 23 Abs 1 - Luftqualitätspläne

(1) Überschreiten in bestimmten Gebieten oder Ballungsräumen die Schadstoffwerte in der Luft einen Grenzwert oder Zielwert zuzüglich einer jeweils dafür geltenden Toleranzmarge, sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass für diese Gebiete oder Ballungsräume Luftqualitätspläne erstellt werden, um die entsprechenden in den Anhängen XI und XIV festgelegten Grenzwerte oder Zielwerte einzuhalten.

Im Falle der Überschreitung dieser Grenzwerte, für die die Frist für die Erreichung bereits verstrichen ist, enthalten die Luftqualitätspläne geeignete Maßnahmen, damit der Zeitraum der Nichteinhaltung so kurz wie möglich gehalten werden kann. Die genannten Pläne können zusätzlich gezielte Maßnahmen zum Schutz empfindlicher Bevölkerungsgruppen, einschließlich Maßnahmen zum Schutz von Kindern, vorsehen.

Diese Luftqualitätspläne müssen mindestens die in Anhang XV Abschnitt A aufgeführten Angaben umfassen und können Maßnahmen gemäß Artikel 24 umfassen. Diese Pläne sind der Kommission

unverzüglich, spätestens jedoch zwei Jahre nach Ende des Jahres, in dem die erste Überschreitung festgestellt wurde, zu übermitteln.

Müssen für mehrere Schadstoffe Luftqualitätspläne ausgearbeitet oder durchgeführt werden, so arbeiten die Mitgliedstaaten gegebenenfalls für alle betreffenden Schadstoffe integrierte Luftqualitätspläne aus und führen sie durch.

§ 9a Immissionsgesetz-Luft (IG-L) – Erstellung von Programmen

(1) Zur Erreichung der Ziele dieses Bundesgesetzes (§ 1) hat der Landeshauptmann unter Bedachtnahme auf nationale Programme gemäß § 6 des Emissionshöchstmengengesetzes-Luft, BGBl. I Nr. 34/2003, Pläne und Programme gemäß § 13 des Ozongesetzes, BGBl. Nr. 210/1992 und erarbeiteten Maßnahmen gemäß § 3 des Klimaschutzgesetzes, BGBl. I Nr. 106/2011, sowie unter Nutzung von Synergieeffekten mit lokalen, regionalen und bundesweiten Energie- und Klimaschutzmaßnahmen

1.

auf Grundlage der Statuserhebung (§ 8) und eines allenfalls erstellten Emissionskatasters (§ 9),

2.

unter Berücksichtigung der Stellungnahmen gemäß § 8 Abs. 5 und 6,

3.

unter Berücksichtigung der Grundsätze gemäß § 9b,

4.

unter Heranziehung der Zeitpunkte, bis zu denen die Grenz- und Zielwerte gemäß der Richtlinie 2008/50/EG eingehalten werden müssen und

5.

auf Grundlage des Programms für die Erreichung des nationalen Ziels für die Reduzierung des AEI gemäß § 19

ein Programm zu erstellen. Darin sind jene Maßnahmen festzulegen, die ergriffen werden, um die Emissionen, die zur Überschreitung des Immissionsgrenzwerts gemäß Anlage 1 oder 2 oder einer Verordnung nach § 3 Abs. 5 oder des AEI geführt haben, in einem Ausmaß zu reduzieren, dass die Einhaltung folgender Grenzwerte,

des Tagesmittelwertes für PM10 gemäß Anlage 1a mit nicht mehr als 35 Überschreitungen pro Jahr,

des um 10 µg/m3 erhöhten Jahresmittelwertes für Stickstoffdioxid gemäß Anlage 1a,

des Jahresmittelwertes für PM10 gemäß Anlage 1a,

des Jahresmittelwertes für PM2,5 gemäß Anlage 1b,

eines in einer Verordnung gemäß § 3 Abs. 5 festgelegten Immissionsgrenzwertes,

des Halbstundenmittelwertes für Schwefeldioxid gemäß Anlage 1a,

des Tagesmittelwertes für Schwefeldioxid gemäß Anlage 1a,

des Halbstundenmittelwertes für Stickstoffdioxid gemäß Anlage 1a,

des Grenzwertes für Blei in PM10 gemäß Anlage 1a oder

des Grenzwertes für Arsen, Kadmium, Nickel oder Benzo(a)pyren gemäß Anlage 1a

gewährleistet wird oder im Fall des § 8 Abs. 1a der Verpflichtung in Bezug auf den AEI nachgekommen wird. Bei Überschreitung des AEI hat der Landeshauptmann Maßnahmen festzulegen, die in dem Programm gemäß § 19 enthalten sind. Im Programm hat der Landeshauptmann das Sanierungsgebiet (§ 2 Abs. 8) festzulegen. Ein Entwurf des Programms sowie die seiner Erstellung zugrundeliegenden Studien und wesentlichen Grundlagen sind längstens 18 Monate nach Ablauf des Jahres, in dem die Überschreitung eines Immissionsgrenzwerts stattgefunden hat, auf der Internetseite des Landes zu veröffentlichen. Falls der Entwurf vorsieht, Maßnahmen gemäß dem 4. Abschnitt mit Verordnung gemäß § 10 vorzuschreiben, ist der Entwurf für diese Verordnung zusammen mit dem Entwurf des Programms auf der Internetseite des Landes zu veröffentlichen. Jedermann kann zum Entwurf des Programms binnen sechs Wochen Stellung nehmen. Die in ihrem Wirkungsbereich berührten Bundesminister sowie die gesetzlich eingerichteten Interessenvertretungen sind von der Veröffentlichung des Entwurfs und der Möglichkeit zur Stellungnahme in Kenntnis zu setzen. Die Stellungnahmen sind bei der Erstellung des Programms in angemessener Weise zu berücksichtigen.

(1a) Innerhalb von acht Wochen nach der Kundmachung des Programms gemäß Abs. 8 können natürliche Personen, die von der Überschreitung eines Grenzwerts gemäß Abs. 1 unmittelbar betroffen sind, sowie nach § 19 Abs. 7 des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000 (UVP-G 2000), BGBl. Nr. 697/1993, in der jeweils geltenden Fassung, anerkannte Umweltorganisationen im Rahmen ihrer örtlichen Anerkennung, beim Landeshauptmann einen begründeten Antrag auf Überprüfung des Programms in Hinblick auf die Eignung der darin enthaltenen Maßnahmen in ihrer Gesamtheit, die ehestmögliche Einhaltung der in Abs. 1 normierten Grenzwerte sicherzustellen, stellen. Über diesen Antrag hat der Landeshauptmann mit Bescheid zu entscheiden.

(2) Die Errechnung des Beitrags zur Einhaltung der Verpflichtung in Bezug auf den AEI in den Programmen der Landeshauptmänner, in deren Bundesland sich eine Messstelle zur Messung des AEI befindet, hat gemäß Anlage 8 zu erfolgen.

(3) Das Programm kann insbesondere folgende Maßnahmen umfassen:

1.

Maßnahmen gemäß Abschnitt 4,

2.

Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Beschaffung,

3.

Förderungsmaßnahmen im Bereich von Anlagen, Haushalten und Verkehr für emissionsarme Technologien und Verhaltensweisen, die Emissionen reduzieren,

4.

Maßnahmen hinsichtlich des Betriebs von mobilen Motoren,

5.

Maßnahmen zur Optimierung des Winterdienstes und

6.

sonstige Maßnahmen in der Zuständigkeit des Bundes.

Im Programm sind für jede Maßnahme das Gebiet, in dem sie gilt, sowie eine Umsetzungsfrist festzulegen. In das Programm sind Angaben gemäß Anhang XV Z 7 bis 9 der Richtlinie 2008/50/EG aufzunehmen. Im Programm ist die Auswahl der festgelegten Maßnahmen zu begründen. Weiters ist in einem Anhang zum Programm auf im selbständigen Wirkungsbereich der Länder und Gemeinden getroffene Maßnahmen zur Verringerung der Emissionen jener Schadstoffe, für die das Programm erstellt wird, zu verweisen.

(4) Wenn hinsichtlich mehrerer der in Anlage 1 und 2 oder einer Verordnung gemäß § 3 Abs. 5 genannten Schadstoffe eine Grenzwertüberschreitung vorliegt, kann der Landeshauptmann ein integriertes Programm für alle betroffenen Schadstoffe erstellen. Dies gilt sinngemäß für Programme gemäß Abs. 2. Programme für PM10 müssen auch auf die Verringerung der PM2,5-Konzentration abzielen.

(5) Wenn in mehreren Bundesländern Überschreitungen des Grenzwerts des gleichen Schadstoffs aufgetreten sind, ist in Zusammenarbeit der Landeshauptmänner jener Länder, aus deren Gebiet die Emissionen stammen, die maßgeblich zur Überschreitung der Grenzwerte beigetragen haben, ein gemeinsames übergreifendes Programm zu erstellen, das die Einhaltung der Grenzwerte sicherstellt.

(5a) Sind Überschreitungen eines Grenzwerts in einem Bundesland maßgeblich auf Emissionen aus einem anderen Bundesland zurückzuführen, ist in Zusammenarbeit sowohl des Landeshauptmanns, in dessen Gebiet der Immissionsgrenzwert überschritten wurde, als auch des Landeshauptmanns, aus dessen Gebiet ein maßgeblicher Teil der Emissionen stammt, ein gemeinsames übergreifendes Programm zu erstellen, das die Einhaltung der Grenzwerte sicherstellt.

(6) Das Programm ist alle drei Jahre nach seiner Kundmachung insbesondere in Bezug auf seine Wirksamkeit zur Erreichung der Ziele dieses Bundesgesetzes zu evaluieren und erforderlichenfalls zu überarbeiten. Der Evaluierungsbericht sowie gegebenenfalls der Entwurf des überarbeiteten Programms und die seiner Erstellung zugrundeliegenden Studien und wesentlichen Grundlagen und, sofern der Entwurf vorsieht, Maßnahmen gemäß dem 4. Abschnitt mit Verordnung gemäß § 10 vorzuschreiben, auch der Entwurf für diese Verordnung, sind spätestens ein Jahr nach Beginn der Evaluierung auf der Internetseite des Landes zu veröffentlichen. Jedermann kann zum Entwurf des überarbeiteten Programms binnen sechs Wochen Stellung nehmen. Die in ihrem Wirkungsbereich berührten Bundesminister sowie die gesetzlich eingerichteten Interessenvertretungen sind von der Veröffentlichung des Entwurfs und der Möglichkeit zur Stellungnahme in Kenntnis zu setzen. Abs. 1a ist sinngemäß anzuwenden, mit der Maßgabe, dass der Antrag innerhalb von acht Wochen nach der Kundmachung des überarbeiteten Programms zu erfolgen hat. Das überarbeitete Programm ist spätestens 18 Monate nach Beginn der Evaluierung auf der Internetseite des Landes kundzumachen.

(7) Sofern gemäß § 8 Abs. 8 der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft die Statuserhebung erstellt, hat dieser auch das Programm zu erstellen und zu evaluieren sowie die Bescheide gemäß Abs. 1a und 11 zu erlassen.

(8) Das Programm ist spätestens 21 Monate nach Ablauf des Jahres, in dem die Grenz- oder Zielwertüberschreitung gemessen oder die Überschreitung des AEI durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ausgewiesen wurde, auf der Internetseite des Landes und auf der Internetseite des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft kundzumachen. Der Landeshauptmann bzw. der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft in den Fällen des Abs. 7 hat die Informationen über das Programm gemäß den Bestimmungen der Richtlinie 2008/50/EG zu erstellen. Diese Informationen sind vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft gesammelt gemäß den Bestimmungen der Richtlinie 2008/50/EG an die Europäische Kommission zu übermitteln.

(Anm.: Abs. 9 aufgehoben durch Art. 2 Z 5, BGBl. I Nr. 73/2018)

(10) Überschreitet der Wert eines Luftschadstoffs den Grenzwert gemäß Anlage 1 oder 2 oder einer Verordnung gemäß § 3 Abs. 5 oder den Alarmwert gemäß Anlage 4 infolge der Emissionen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder besteht die Gefahr einer solchen Überschreitung, hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Konsultationen mit den zuständigen Behörden des anderen Mitgliedstaates einzuleiten mit dem Ziel, das Problem zu beheben. Wenn die Statuserhebung ergibt, dass die Überschreitung eines Grenz- oder Zielwerts ausschließlich durch Emissionen im Ausland verursacht wurde, entfällt die Erstellung eines Programms gemäß Abs. 1 und 4.

(11) Natürliche Personen, die von der Überschreitung eines Grenzwerts gemäß Abs. 1 unmittelbar betroffen sind, sowie nach § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannte Umweltorganisationen im Rahmen ihrer örtlichen Anerkennung können beim Landeshauptmann einen begründeten Antrag auf Erstellung eines Programms gemäß Abs. 1 oder, soweit ein Programm bereits erstellt wurde, einen Antrag auf dessen Überarbeitung gemäß Abs. 6 oder auf Anordnung von im Programm grundgelegten Maßnahmen gemäß dem 4. Abschnitt mit Verordnung gemäß § 10 stellen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 oder 6 für die Erstellung oder Überarbeitung des Programms hat der Landeshauptmann unverzüglich mit dessen Erstellung oder Überarbeitung zu beginnen. Maßnahmen gemäß dem 4. Abschnitt sind mit Verordnung gemäß § 10 anzuordnen oder der Landeshauptmann hat mittels Bescheid festzustellen, dass die beantragten Maßnahmen, insbesondere unter Bedachtnahme auf die in § 9b normierten Grundsätze zur Erreichung der Ziele dieses Bundesgesetzes (§ 1 Abs. 1), nicht erforderlich sind. Bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen für die Erstellung oder Überarbeitung des Programms gemäß Abs. 1 oder 6 hat der Landeshauptmann einen Bescheid über das Nichtvorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zu erlassen.

(12) Natürlichen Personen, die von der Überschreitung eines Grenzwerts gemäß Abs. 1 unmittelbar betroffen sind, sowie nach § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannten Umweltorganisationen im Rahmen ihrer örtlichen Anerkennung steht das Recht zu, gegen Bescheide gemäß Abs. 1a oder 11 eine Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht zu erheben.

(13) Bei der Stellung eines Antrags gemäß Abs. 1a oder 11 sowie der Erhebung einer Beschwerde gemäß Abs. 12 haben natürliche Personen ihre unmittelbare Betroffenheit glaubhaft zu machen. Unmittelbar betroffen ist, wer aufgrund der Überschreitung eines Grenzwerts gemäß Abs. 1 in seiner Gesundheit gefährdet ist. Umweltorganisationen haben Informationen und Daten anzufügen, aus denen ihre Anerkennung gemäß § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 hervorgeht. Im Antrag oder der Beschwerde ist begründet darzulegen, weshalb die Voraussetzungen für die Erstellung oder Überarbeitung eines Programms vorliegen oder weshalb die im Programm enthaltenen Maßnahmen in ihrer Gesamtheit ungeeignet erscheinen, die ehestmögliche Einhaltung der in Abs. 1 normierten Grenzwerte sicherzustellen.

§ 10 Immissionsgesetz-Luft (IG-L) – Anordnung von Maßnahmen

(1) Maßnahmen gemäß den §§ 13 bis 16 sind auf Grundlage des Programms gemäß § 9a vom Landeshauptmann oder Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, sofern dieser gemäß § 9a Abs. 7 zuständig ist, spätestens 21 Monate nach Ablauf des Jahres, in dem die Grenzwertüberschreitung festgestellt oder die Überschreitung des AEI durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ausgewiesen wurde, mit Verordnung anzuordnen. In der Verordnung ist das Sanierungsgebiet, in dem die jeweilige Maßnahme gilt, festzulegen. Weiters ist anzugeben, ob die Maßnahmen direkt wirken oder von der Behörde (§ 17) mit Bescheid anzuordnen sind. Es können auch über das Programm hinausgehende Maßnahmen angeordnet werden, sofern diese nicht dem Inhalt des Programms widersprechen und nicht unverhältnismäßig in bestehende Rechte eingreifen.

(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 17, BGBl. I Nr. 58/2017)

(3) Bei Erlassen der Verordnung sind die Grundsätze gemäß § 9b zu berücksichtigen.

(4) Führt eine Evaluierung eines Programms gemäß § 9a Abs. 6 zu einer nicht nur unerheblichen Überarbeitung des Programms, sind erforderlichenfalls geänderte Maßnahmen gemäß Abs. 1 mit Verordnung anzuordnen.

§ 14 Abs 1 Immissionsgesetz-Luft (IG-L) – Maßnahmen für Kraftfahrzeuge

(1) Für Kraftfahrzeuge im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 1 KFG 1967, BGBl. Nr. 267, oder für bestimmte Gruppen von Kraftfahrzeugen können Geschwindigkeitsbeschränkungen und zeitliche und räumliche Beschränkungen

Quelle: Landesverwaltungsgericht Salzburg LVwg Salzburg, https://www.salzburg.gv.at/lvwg
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