Entscheidungsdatum
28.04.2021Norm
B-VG Art130 Abs1 Z2Text
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Ing. Mag. Andreas Ferschner als Einzelrichter über die Maßnahmenbeschwerde des A, vertreten durch B Rechtsanwälte OG in ***, betreffend der Errichtung einer Sperranlage vor der Liegenschaft EZ *** KG *** durch die Stadtgemeinde *** und der Beeinträchtigung der Liegenschaft des Beschwerdeführers durch diese Sperranlage, den
BESCHLUSS
gefasst:
1. Die Beschwerde, Herr A sei durch die Errichtung einer Sperranlage vor seiner Liegenschaft durch unmittelbare verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt an der Zufahrt zu seinem Grundstück gehindert worden, wird gemäß § 28 Abs. 6 VwGVG zurückgewiesen.
2. Gemäß § 35 Absatz 1 und 3 VwGVG in Verbindung mit § 1 Ziffer 3, 4 und 5 VwG-Aufwandersatzverordnung, BGBl II 2013/517, hat der Beschwerdeführer der Stadtgemeinde *** Aufwandersatz (Vorlage-, Schriftsatz, Verhandlung) in der Höhe von 887,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstigen Zwang zu leisten.
3. Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig (§ 25a VwGG).
Begründung:
I. Gang des Verfahrens
Mit Schriftsatz vom 16. November 2020 brachte der Beschwerdeführer die gegenständliche Maßnahmenbeschwerde ein und brachte im Wesentlichen vor, dass er grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft EZ *** in der KG *** sei. Anfang Oktober sei an der nordwestlichen Seite der Liegenschaft ein Metallpfeiler auf der Straße errichtet worden. Dies sei vor dem Zugang zum Gastgarten geschehen. Das Aufstellen sei vom Bürgermeister beauftragt worden um die Zufahrt um Eigengrund des Beschwerdeführers zu unterbinden. Ein Verwaltungsrechtliches Genehmigungsverfahren habe nicht stattgefunden. Die Einfahrt sei nicht benutzbar. Der Beschwerdeführer sei auch nicht verständigt worden über die Maßnahme. Das Blockieren der Zufahrt sei als bauliche Maßnahme zu qualifizieren, da ein Verwaltungsorgan des Bürgermeisters im Bereich der Hoheitsverwaltung individuell nach außen relativ verfahrensfrei (unmittelbar) einen Zwang (Blockieren) tätige. Es reiche, wenn die Behörde in abstracto zur Setzung der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt befugt sei. Eine Subsidiarität der Beschwerde liege nicht vor, weil kein im Verwaltungsweg bekämpfbarer Bescheid erlassen worden sei.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat am 23.2.2021 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt in der Beweis erhoben wurde durch die Einvernahme des Beschwerdeführers und die Einvernahme des Bürgermeisters der Stadtgemeinde ***. Weiters wurden Urkunden und Lichtbilder betreffend der Liegenschaft bzw. der in Frage stehenden Zufahrt vorgelegt.
II. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat erwogen:
Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers ist klar ersichtlich – und stellten dies auch alle Beteiligten außer Streit -, dass die Sperranlage auf einem Grund der Stadtgemeinde *** errichtet wurde. Es handelt sich dabei um eine Maßnahme zum Schutz der Fußgänger und Radfahrer, da in diesem Bereich eine Begegnungszone beginne. Der Beschwerdeführer führte weites in seiner Beschwerde an, dass die Zufahrt schon seit langer Zeit bestehe und genutzt werde. Durch die Errichtung der Sperranlage sei dies nicht mehr möglich.
Rechtlich folgt daraus:
Gegenstand von Maßnahmenbeschwerden sind Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Nach der Rechtsprechung des VwGH liegt die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dann vor, wenn ein Verwaltungsorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig einen Befehl erteilt oder Zwang ausübt und dieser Akt gegen individuell bestimmte Adressaten gerichtet ist. Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person liegt nur vor, wenn es keines dazwischen geschalteten weiteren Handelns mehr bedarf, um den geforderten Zustand herzustellen. (vgl. Hauer/Keplinger; Kommentar zum SPG, 4. Auflage, Seite 813ff)
Als unverzichtbares Merkmal eines Verwaltungsaktes in der Form eines „Befehls“ gilt nach ständiger Rechtsprechung, „dass dem Befehlsadressaten eine bei Nichtbefolgung unverzüglich einsetzende physische Sanktion angedroht wird“. (vgl. VwGH 29.7.1998, Zl. 97/01/0448) Daher reicht beispielsweise nicht aus, wenn für den Fall der Zuwiderhandlung ein Übel bloß in weiterer Ferne in Aussicht gestellt wird. (Vgl. etwa VfSlg. 10.664/1985; bloße Androhung einer Anzeige)
Das Absperren eines Gebietes mit der Wirkung, dass Autobusse in dieses nicht einfahren können (siehe VfSlg. 10861/1986), bzw. die Errichtung eines „Sperrriegels“ (siehe VfSlg. 10.315/1984) wurden nach der Rechtsprechung nicht als Akte unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt angesehen.
Der vorliegende Fall gleicht dem Fall der Errichtung eines Sperrriegels für Autobusse und kann daher davon ausgegangen werden, dass auch hier kein Akt einer unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt vorliegt. Darüber hinaus wurde dem Beschwerdeführer keine Sanktion bei Benutzung der Zufahrt trotz Absperrung (man denke zb. an ein Motorrad) angedroht.
Im Übrigen macht der Beschwerdeführer geltend, dass ihm durch die Sperranlage die Benutzung der Zufahrt mit seinem Fahrzeug nicht möglich sei, er darauf aber ein Recht habe, da diese Zufahrt schon lange Zeit genutzt werde. Der Ausspruch ob diese Forderung – höchstwahrscheinlich beruft sich der Beschwerdeführer auf ein Servitutrecht – zurecht besteht oder nicht, obliegt den ordentlichen Gerichten, sodass der Beschwerdeführer auf den Zivilrechtsweg verwiesen wird.
Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren nach Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die belangte Behörde die unterlegene Partei (Abs.2). Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei (Abs.3).
Daher war die belangte Behörde die obsiegende Partei und der Beschwerdeführer unterliegende Partei. Aufwandsersatz ist nur auf Antrag der Partei zu leisten. Ein solcher Antrag wurde im Zuge der Verhandlung durch die Stadtgemeinde *** gestellt. Dabei wurde zur Recht Aufwandersatz für die Vorlage und die Verhandlung in der Höhe von 887,20 Euro geltend gemacht.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Schlagworte
Maßnahmenbeschwerde; Anfechtungsgegenstand; Zurückweisung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.M.35.001.2020Zuletzt aktualisiert am
04.06.2021