TE Vwgh Beschluss 1997/4/10 97/19/0355

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Veröffentlicht am 10.04.1997
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §45 Abs1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über 1.) den "Rekurs gegen den Beschluß vom 19.12.1996" und 2.) den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens, beide betreffend das hg. Verfahren Zl. 96/19/1911, der mj. C in S, vertreten durch den Magistrat der Landeshauptstadt St. Pölten-Jugendabteilung und Dr. P, Rechtsanwalt in S, als bestellter Verfahrenshelfer, den Beschluß gefaßt:

Spruch

1. Der Rekurs gegen den hg. Beschluß vom 19. Dezember 1996, Zl. 96/19/1911-7, mit dem das Beschwerdeverfahren zufolge Zurückziehung der Beschwerde gemäß § 33 Abs. 1 VwGG eingestellt wurde, wird zurückgewiesen.

2. Dem Antrag auf Wiederaufnahme des mit dem zu

1. genannten Beschluß beendeten Verfahrens wird stattgegeben.

Begründung

Die Beschwerdeführerin brachte am 26. Juni 1996, vertreten durch ihren obsorgeberechtigten Vater und den Verfahrenshelfer, die zur hg. Zl. 96/19/1911 protokollierte Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. Oktober 1995, Zl. 116.278/3-III/11/95, ein, mit dem ihr Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung abgewiesen worden war.

Mit Beschluß vom 6. August 1996, Zl. 96/19/1911-3, wurde in diesem Verfahren das Vorverfahren eingeleitet. Am 9. Oktober 1996 legte die belangte Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Mit einem undatierten, beim Verwaltungsgerichtshof am 6. November 1996 eingelangten Schreiben erklärte der Vater der Beschwerdeführerin (unter anderem), die zur Zl. 96/19/1911 eingebrachte Beschwerde zurückzuziehen. Dem zufolge stellte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 19. Dezember 1996, Zl. 96/19/1911-7, das Verfahren gemäß § 33 Abs. 1 VwGG ein. Dieser Beschluß wurde dem Verfahrenshelfer am 30. Jänner 1997 zugestellt.

Mit dem vorliegenden, am 11. Februar 1997 zur Post gegebenen Schriftsatz erhebt nunmehr die Beschwerdeführerin "Rekurs" gegen den obgenannten Beschluß vom 19. Dezember 1996 und stellt gleichzeitig den Antrag auf Wiederaufnahme des durch diesen Beschluß beendeten Beschwerdeverfahrens.

Sie verweist in diesem Zusammenhang auf den Beschluß des Bezirksgerichtes St. Pölten vom 5. August 1996, GZ 1 P XY/96h-18, mit dem dem Vater der Beschwerdeführerin sowohl die Personensorge wie auch die Vormundschaft entzogen und diese bis zum rechtskräftigen Abschluß des Obsorgeverfahrens an den Magistrat der Landeshauptstadt St. Pölten-Jugendabteilung übertragen worden seien. Da die Zurückziehung der Beschwerde von einer dazu nicht berechtigten Person erfolgt sei, könne diese keine Rechtswirksamkeit für die Beschwerdeführerin entfalten.

Soweit die Beschwerdeführerin einen "Rekursantrag" auf ersatzlose Aufhebung des Beschlusses vom 19. Dezember 1996, Zl. 96/19/1911-7, stellt, erweist sich dieser als unzulässig; eine derartige Entscheidung und damit auch ein darauf abzielender Antrag ist weder im VwGG noch sonst vorgesehen.

Hingegen kommt dem Antrag auf Wiederaufnahme des durch den obgenannten Beschluß beendeten Verfahrens Berechtigung zu.

Gemäß § 45 Abs. 1 VwGG ist die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluß abgeschlossenen Verfahrens auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn (Z. 1) das Erkenntnis oder der Beschluß durch eine gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist.

Im vorliegenden Fall hat der Vater der Beschwerdeführerin in seinem am 6. November 1996 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Schreiben erklärt, die - von ihm als gesetzlichen Vertreter eingebrachte - Beschwerde zurückzuziehen. Er hat damit versucht, eine inhaltliche Erledigung der Beschwerde zu verhindern. Dabei kann dahingestellt bleiben, in Verfolgung welcher - offenbar außerhalb des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens liegenden - Ziele dies geschah.

Der Vater der Beschwerdeführerin war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr ihr gesetzlicher Vertreter. Da - wie der Verwaltungsgerichtshof erhoben hat - der erwähnte Beschluß des Bezirksgerichtes St. Pölten vom Vater der Beschwerdeführerin bereits übernommen worden war, mußte ihm der dadurch erfolgte Entzug der Vertretungsbefugnis bekannt sein. Dessen ungeachtet hat er eine Prozeßerklärung vor dem Verwaltungsgerichtshof in einem Verfahren abgegeben, in dem er zuvor als gesetzlicher Vertreter (zu Recht) eingeschritten war. Er hat dabei durch Verschweigen des Umstandes, daß ihm keine Vertretungsbefugnis mehr zukam, den Verwaltungsgerichtshof darüber getäuscht. Diese Täuschung war auch ursächlich für das Zustandekommen des Beschlusses vom 19. Dezember 1996, Zl. 96/19/1911-7. Der Vater der Beschwerdeführerin als nicht am Verfahren beteiligter Dritter (vgl. den hg. Beschluß vom 8. September 1976, Slg. 5001/F) hat somit im Sinne des § 45 Abs. 1 Z. 1 VwGG den mehrfach genannten Beschluß vom 19. Dezember 1996 erschlichen.

Dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens war daher stattzugeben.

Ein Ausspruch über Kosten konnte schon deshalb unterbleiben, da solche nicht verzeichnet wurden.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997190355.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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