TE Bvwg Erkenntnis 2021/2/4 W170 2195311-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.02.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

04.02.2021

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W170 2195311-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch 1. Rechtsanwalt Dr. Gregor KLAMMER und 2. Verein SUARA, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.04.2018, Zl. 1119818208-171234848, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A) Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. XXXX (in Folge: Beschwerdeführerin) stellte am 02.11.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Im Rahmen des Administrativverfahrens brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, sie sei wegen der Kriegswirren geflüchtet und nach Österreich gekommen, wo sich ihr Ehepartner, den sie über das Internet kennengelernt habe, aufhalte.

3. Nach Durchführung des oben dargestellten Ermittlungsverfahrens wurde der gegenständliche Antrag der Beschwerdeführerin mit im Spruch bezeichneten Bescheid vom 16.04.2018, erlassen am 20.04.2018, hinsichtlich der Zuerkennung des „Status des Asylberechtigten“ abgewiesen. Unter einem wurde dieser der „Status des subsidiär Schutzberechtigten“ zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe keine asylrelevanten Gründe vorgebracht und sei im Wesentlichen wegen des Kriegszustandes und der damit zusammenhängenden Umstände ausgereist.

4. Mit am 14.05.2018 bei der Behörde eingebrachtem Schriftsatz wurde gegen Spruchpunkt I. des im Spruch bezeichneten Bescheides Beschwerde erhoben.

Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführerin drohe wegen ihrer illegalen Ausreise in Zusammenhang mit der Asylantragstellung in Österreich im Falle ihrer Rückkehr asylrelevante Verfolgung.

5. Die Beschwerde wurde samt den bezugnehmenden Verwaltungsakten am 15.05.2018 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt und am 18.10.2019 der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung zugewiesen.

Vom zur Entscheidung berufenen Richter des Bundesverwaltungsgerichtes wurde am 29.01.2021 eine mündliche Verhandlung unter Beiziehung eines Dolmetschers abgehalten, in der die Beschwerdeführerin im Wesentlichen wie bisher ausführte. Im Einvernehmen mit der anwesenden Partei wurde auf die mündliche Verkündung des Erkenntnisses verzichtet, dieses hat somit nunmehr schriftlich zu ergehen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin:

1.1.1. XXXX ist eine volljährige syrische Staatsangehörige, die der Volksgruppe der Kurden sowie der Konfession der Sunniten angehört und deren Identität feststeht.

XXXX hat im Februar 2015 – noch vor deren Ausreise aus Syrien – XXXX , XXXX geb., in dessen Abwesenheit – er wurde von einem Rechtsanwalt vertreten – geheiratet. Sie hat sich von diesem im Mai 2018 in Wien bei einem Gericht scheiden lassen und inzwischen nicht mehr geheiratet. XXXX erwartet von XXXX ein Kind, ansonsten hat sie keine Kinder.

1.1.2. XXXX ist rechtswidrig nach Österreich eingereist, hat am 02.11.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt; im Rahmen des diesbezüglichen Administrativverfahrens wurde XXXX mit im Spruch bezeichneten Bescheid der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

1.1.3. XXXX ist in Österreich unbescholten.

1.2. Feststellungen zum Herkunftsort der Beschwerdeführerin:

XXXX hat angegeben, aus der Stadt Kamishli im Gouvernement Al Hasaka zu stammen; dieses Vorbringen ist glaubhaft. Im Herkunftsgebiet der Beschwerdeführerin hatten zum Zeitpunkt der Ausreise der Beschwerdeführerin und haben zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt die Kurden sowie – beschränkt auf das Regierungsviertel – das syrische Regime bzw. der syrische Staat die Macht in der Hand. Weder hat der IS jemals Kamishli besetzt, noch die türkische Armee.

1.3. Feststellungen zu den Gründen für das Verlassen Syriens durch die Beschwerdeführerin und zu den mutmaßlichen Folgen einer Rückkehr der Beschwerdeführerin nach Syrien:

1.3.1. XXXX hat bei der Erstbefragung und vor dem Bundesamt vorgebracht, dass sie Syrien verlassen habe, weil sie bei ihrem Mann sein möchte und die Lage in Syrien unsicher sei. Sie sei niemals persönlich bedroht worden. Das Vorbringen ist glaubhaft.

1.3.2. XXXX hat in der Beschwerde und vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgebracht, dass ihr darüber hinaus auf Grund der rechtswidrigen Ausreise in Zusammenschau mit der Herkunft aus einem „Rebellengebiet“ und der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz Verfolgung drohe. Das Vorbringen ist mit der allgemeinen Lage in Syrien nicht in Einklang zu bringen. Darüber hinaus hat XXXX – von den allgemeinen Problemen wegen des Krieges abgesehen – eine Verfolgung ihrer Person oder auch von Verwandten ausdrücklich verneint. Zwar hat diese angegeben, dass sie entführt oder vergewaltigt werden könnte, konnte dies aber nicht näher begründen. Auch hat diese angedeutet, dass die Kurden sie rekrutieren könnten, diesbezüglich besteht keine reale Gefahr.

Die Eltern der XXXX befinden sich noch im Herkunftsgebiet in Kamishli, XXXX ist mit diesen in Kontakt.

XXXX hat – nachdem sie XXXX geheiratet hatte – Syrien im Mai 2016 legal verlassen und ist in den Libanon gereist, um bei der Österreichischen Botschaft in Bezug auf ihren Mann ein Einreisevisum zu erhalten; sie ist im Juni 2016 wieder legal nach Syrien zurückgereist.

Die Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz durch XXXX in Österreich ist dem syrischen Regime bzw. den syrischen Behörden nicht bekannt geworden.

1.4. Zu den Folgen einer illegalen Ausreise aus Syrien im Fall der Rückkehr ist festzustellen, dass die syrische Regierung die Ausstellung von Reisepässen oder anderen wichtigen Dokumenten aufgrund der politischen Einstellung einer Person, deren Verbindung zu oppositionellen Gruppen oder der Verbindung zu einem geographischen Gebiet, in dem die Opposition dominiert, verweigern kann. Das syrische Regime verlangt außerdem ein Ausreisevisum und schließt regelmäßig den Flughafen Damaskus und Grenzübergänge, angeblich aus Sicherheitsgründen. Grenzen sind zum Teil für den Personenverkehr geschlossen bzw. können ohne Vorankündigung kurzfristig geschlossen werden. Infolge der COVID-19-Pandemie wurden sowohl der Flughafen Damaskus als auch die Grenzen zu den Nachbarländern geschlossen. Es gab jedoch bereits wieder Lockerungen für Reisen in das Ausland als auch bei der Einreise nach Syrien. Der Flugbetrieb am internationalen Flughafen in Damaskus wurde wiederaufgenommen. Es kommt jedoch zu verstärkten Einreisekontrollen, Gesundheitsprüfungen und Einreisesperren.

Grundsätzlich genießen syrische Staatsbürger Reisefreiheit; sie können Syrien frei verlassen, wenn sie einen gültigen Reisepass besitzen und über einen funktionierenden Grenzübergang – etwa auch am Flughafen von Damaskus – ausreisen. Die Ausreise ist mit einer Gebühr verbunden. Eine Ausreisegenehmigung benötigen Beamte (iSv Angestellte des Staates), Berufssoldaten und wehrpflichtige Männer zwischen 18 und 42 Jahren. Im Falle der Rückkehr einer nicht rechtmäßig ausgereisten Person drohen Geld- und Haftstrafen, die insbesondere bei Nichtbenützen eines Grenzüberganges bis zu zwei Jahre sein können; Berufssoldaten, die ohne entsprechende Genehmigung ausreisen, werden als Deserteure behandelt. Insbesondere am Flughafen von Damaskus werden zurückkehrende Syrer auch hinsichtlich ihrer Ausreise und hinsichtlich allfälliger Fahndungen etwa wegen Verbrechen, regimekritischen Aktivitäten oder Ansichten, und Einberufungsbefehlen überprüft. Personen, die unter ein unten dargestelltes Risikoprofil fallen, können mit realer Wahrscheinlichkeit mit Isolationshaft und Folter rechnen, ebenso werden Rückkehrende inhaftiert, weil ein Familienmitglied, etwa wegen Nichtbeachtens eines Einberufungsbefehls, gesucht wird. Die genannten Risikogruppen sind:

•        Personen mit einer (unterstellten) oppositionellen Gesinnung;

•        Personen, die aus einem Gebiet stammen, das von der Opposition beherrscht wird oder wurde, vor allem wehrfähige Männer;

•        Wehrdienstflüchtige;

•        Deserteure und

•        Exiloppositionelle, insbesondere Teilnehmer an regimekritischen Demonstrationen.

Zwar kommt es vor, dass Personen ohne Grund bei der Einreise verhaftet werden, aber ein reales Risiko der Beschwerdeführerin ist diesbezüglich nicht zu erkennen; dies ergibt sich im Wesentlichen daraus, dass diese Berichte nur vereinzelt sind und zum Teil anekdotenhaft, d.h. unüberprüfbar, erzählt werden; hierbei verkennt das Bundesverwaltungsgericht aber nicht, dass die Möglichkeit einer grundlosen Inhaftierung besteht und es diesbezüglich auch nachvollziehbare (wenn auch regelmäßig mit einer dem Opfer unterstellten politischen Gesinnung verbundene) Berichte gibt.

Die YPG wird vom syrischen Regime nicht als Opposition gesehen, es gibt wesentliche Vereinbarungen zwischen der YPG und dem syrischen Regime.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Beweiswürdigung zu 1.1.:

2.1.1. Die Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin gründen sich im Wesentlichen auf den vorgelegten, unbedenklichen Reisepass und den diesbezüglich glaubhaften Angaben der Beschwerdeführerin.

Die Feststellungen zum Familienstand ergeben sich aus den Angaben der Beschwerdeführerin.

2.1.2. Die Feststellungen zur rechtswidrigen Einreise nach Österreich, zur Stellung des Antrags auf internationalen Schutz und zum diesbezüglich geführten Administrativverfahrens ergeben sich aus der Aktenlage.

2.1.3. Die Feststellung der Unbescholtenheit gründet sich auf die im Verfahren eingeholte Strafregisterauskunft.

2.2. Beweiswürdigung zu 1.2.:

Die Feststellungen zum Herkunftsgebiet der Beschwerdeführerin gründen sich auf die diesbezüglich hinreichend gleichbleibenden und diesbezüglich glaubwürdigen Aussagen derselben.

Dass zum Zeitpunkt der Flucht im Herkunftsgebiet der Beschwerdeführerin die Kurden bzw. im Regierungsviertel das syrische Regime bzw. der syrische Staat die Macht in der Hand hatten, ergibt sich ebenso aus der Länderinformation der Staatendokumentation zu Syrien vom 18.12.2020 (siehe Seite 11 f) wie dass dies heute noch der Fall ist (siehe S. 13 f); darüber hinaus ist auf die Nachschau auf https://syria.liveuamap.com/ am 27.01.2021 zu verweisen, die den Parteien unwidersprochen vorgehalten wurde.

2.3. Beweiswürdigung zu 1.3.:

2.3.1. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin im gegenständlichen behördlichen Asylverfahren (siehe Feststellungen zu 1.3.1.) ergibt sich ebenso aus der Aktenlage, wie dass darüberhinausgehende Gründe für das Verlassen Syriens nicht vorgebracht wurden. Dass das Vorbringen vor dem Bundesamt glaubhaft ist, ergibt sich daraus, dass dieses gleichbleibend und schlüssig war und mit der Situation in Syrien in Einklang zu bringen ist.

2.3.2. Das darüberhinausgehende Vorbringen in der Beschwerde und vor dem Bundesverwaltungsgericht (siehe 1.3.2.) ergibt sich aus der Aktenlage; dass dieses mit allgemeinen Lage in Syrien nicht in Einklang zu bringen ist, ergibt sich aus dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin zwar illegal aus Syrien ausgereist ist, aber ansonsten überhaupt keine dem syrischen Regime bekannten Eigenschaften aufweist, die auch nur in irgendeiner Weise den Schluss nahelegen, dass die syrischen Behörden ihr eine oppositionelle Gesinnung unterstellen. Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass die syrischen Behörden mit den kurdischen Autoritäten zusammenarbeiten und diese daher – anders als etwa die FSA oder islamistische Gruppen – nicht als Opposition sehen. Dass die Beschwerdeführerin in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist den syrischen Behörden nicht bekannt geworden, da es den österreichischen Behörden verboten ist, solche Informationen mit ausländischen Behörden zu teilen und kein Anzeichen für einen Bruch dieser Norm zu sehen ist sowie die Beschwerdeführerin nicht vorgebracht hat, dass sie dieses Faktum den syrischen Behörden mitgeteilt hat. Darüber hinaus ist die Beschwerdeführerin bereits einmal – nach der Hochzeit mit dem oben genannten Ex-Mann – legal und – nach ihren eigenen Angaben – ohne Probleme aus Syrien aus- und wieder zurückgereist, also unterstellen die syrischen Behörden der Beschwerdeführerin auch auf Grund der inzwischen wieder getrennten Verbindung zu ihrem Ex-Mann keine oppositionelle Gesinnung. Ein anderer Grund hiefür ist nicht zu sehen. Daher droht der Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr allenfalls eine Möglichkeit, dass sie an der Grenze festgenommen wird, aber keine hinreichende Wahrscheinlichkeit.

Das Vorbringen, dass man die Beschwerdeführerin entführen und vergewaltigen könnte, wurde ohne nähere Begründung in den Raum gestellt. Dass die Kurden schwangere Frauen oder Frauen mit kleinen Kindern nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zwangsrekrutieren, ergibt sich aus der Länderinformation der Staatendokumentation zu Syrien vom 18.12.2020, S. 54 f. Nach diesem Bericht können Frauen einen freiwilligen Militärdienst in den kurdischen Einheiten leisten, wobei es gleichzeitig auch Berichte von Zwangsrekrutierungen von Frauen und minderjährigen Mädchen gibt, wobei diese bloß vereinzelt geblieben sind und damit kein reales Risiko begründen.

Dass sich die Eltern der Beschwerdeführerin noch in Kamishli befinden, hat diese selbst angegeben; die Feststellungen zur Ausreise in den Libanon und der anschließenden Rückkehr ergeben sich aus den entsprechenden Stempeln im Reisepass sowie den korrespondierenden Aussagen der Beschwerdeführerin.

2.4. Die Feststellungen zu 1.4. ergeben sich zum ersten Absatz im Wesentlichen aus der Länderinformation der Staatendokumentation zu Syrien vom 18.12.2020, S. 78, zum zweiten Absatz im Wesentlichen aus dem UNHCR InterimsIeitfaden zum internationalen Schutzbedarf von Asylsuchenden aus Syrien: Aufrechterhaltung der UNHCR-Position aus dem Jahr 2017; hier hinsichtlich der Frage, wem eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird auf S. 24, hinsichtlich der Rückkehr vor allem auf S. 32 f. Es ist den Berichten nicht zu entnehmen, dass alle Rückkehrer grundsätzlich verfolgt werden und hat die Beschwerdeführerin insbesondere schon eine Rückkehr nach Syrien – wenn auch nach legaler Ausreise, aber schon als Frau eines im Ausland befindlichen Syrers – hinter sich. Im Unterschied zu damals hat sie nunmehr die illegale Ausreise zu verantworten, kann dafür aber nachweisen, dass sie mit dem im Ausland befindlichen Syrer nicht mehr verheiratet ist.

An dieser Einschätzung ändert auch der von der Beschwerdeführerin vorgelegte EASO-Bericht nichts, auch wenn dieser ausdrücklich anführt, dass das Fehlen von gegen das Regime gerichteten Aktivitäten keine sichere Heimkehr garantiert („that refraining from anti-regime activities does not guarantee safe return“); das entspricht den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts, da auch noch andere Faktoren dazukommen und nicht nur auf das Fehlen regimekritischer Aktivitäten abgestellt wird.

Hinsichtlich des letzten Absatzes ist auf die Länderinformation der Staatendokumentation zu Syrien vom 18.12.2020, vor allem S. 11 f, zu verweisen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

1. Gemäß § 3 AsylG 2005 ist Asylwerbern auf Antrag der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft gemacht wurde, dass diesen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, droht und dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG 2005 offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG 2005 gesetzt hat. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 AsylG 2005 ist unter Herkunftsstaat der Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt, oder – im Falle der Staatenlosigkeit – der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes zu verstehen. Dies ist im vorliegenden Fall zweifellos Syrien, da die Beschwerdeführerin syrische Staatsangehörige ist.

Es ist daher zu prüfen, ob der Beschwerdeführerin in Syrien vor deren Ausreise Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK gedroht hat oder im Falle einer Rückkehr drohen würde, wobei auf Grund der rechtskräftigen Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführerin mangels hinreichender Sachverhaltsänderung eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht zur Verfügung steht (vgl. VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0011 bis 0016).

2. Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, droht einer Person, die sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; ebenso droht entsprechende Verfolgung einer Person, die staatenlos ist und sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in den Herkunftsstaat zurückzukehren. Es ist auszuführen, dass § 3 Abs. 1 AsylG auf den Flüchtlingsbegriff (drohende Verfolgung im Herkunftsstaat) im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK verweist. Danach ist entscheidend, ob glaubhaft ist, dass den Fremden in ihrem Herkunftsstaat Verfolgung droht. Dies ist dann der Fall, wenn sich eine mit Vernunft begabte Person in der konkreten Situation der Asylwerber unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat fürchten würde (VwGH 24.06.2010, 2007/01/1199). Weiters setzt die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung nicht voraus, dass der Asylwerber vor seiner Ausreise eine individuell gegen ihn gerichtete Verfolgungshandlung bereits erlitten haben müsste oder ihm zumindest eine solche bereits konkret angedroht worden wäre; eine derartige Befürchtung ist auch dann gerechtfertigt, wenn die Verhältnisse im Heimatland des Asylwerbers dergestalt sind, dass die Angst vor der vorgebrachten, drohenden Verfolgung objektiv nachvollziehbar ist (siehe VwGH 25.01.1996, 95/19/0008, wenn auch zum Asylgesetz 1991, BGBl. Nr. 8/1992 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 76/1997, jedoch unter Bezugnahme auf den Flüchtlingsbegriff der GFK).

Die von der Beschwerdeführerin begründete Befürchtung, im Falle der Rückkehr nach Syrien wegen der illegalen Ausreise, wegen der Antragstellung in Österreich und der Abstammung aus einem Oppositionsgebiet verfolgt zu werden, ist nicht mit der allgemeinen Lage in Syrien in Einklang zu bringen, da die Beschwerdeführerin aus dem Kurdengebiet stammt, das nicht als oppositionelles Gebiet gesehen wird und deren Antragstellung in Österreich den syrischen Behörden nicht bekannt ist sowie die Antragstellerin keinerlei Eigenschaften aufweist, die sie als oppositionell erscheinen lassen. Daher besteht diesbezüglich kein reales Risiko ihrer Verfolgung durch das syrische Regime.

Alleine die Gefahr, entführt und vergewaltigt zu werden, begründet keine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen; darüber hinaus wurde diese Befürchtung nur unsubstantiiert in den Raum gestellt, obwohl die Beschwerdeführerin im Herkunftsgebiet zu ihren Eltern zurückkehren könnte und somit unter dem Schutz ihrer Familie stehen würde. Die Befürchtung, von den Kurden zwangsrekrutiert zu werden, führt auch zu keiner realen Gefahr einer Verfolgung, da die Zwangsrekrutierung von Frauen zwar durch die Kurden erfolgen mag, aber es sich hiebei nur um vereinzelte Berichte handelt; insbesondere betrifft die Zwangsrekrutierung nicht schwangere Frauen oder Frauen mit Kindern.

Daher ist kein Grund zu sehen, warum der Beschwerdeführerin eine asylrelevante Verfolgung drohen sollte und die Beschwerde dementsprechend abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die für die Lösung des Falles relevante Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter A) dargestellt und ist dieser gefolgt; es ist daher keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zu erkennen.

Schlagworte

Asylantragstellung asylrechtlich relevante Verfolgung Asylverfahren begründete Furcht vor Verfolgung Glaubhaftmachung Glaubwürdigkeit mündliche Verhandlung Verfolgungsgefahr Verfolgungshandlung wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W170.2195311.1.00

Im RIS seit

31.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

31.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten