TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/10 L506 2239982-1

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Veröffentlicht am 10.03.2021
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Entscheidungsdatum

10.03.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch


L506 2239982-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. GABRIEL als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Pakistan, vertreten durch die BBU, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , Erstaufnahmestelle West, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß den § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3 und § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 als unbegründet abgewiesen.


B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

1.Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend BF), ein pakistanischer Staatsangehöriger moslemischen Glaubens und Angehöriger der Volksgruppe der Arain, stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Anlässlich der Erstbefragung am 13.01.2021 gab der BF zu seinen Daten an, dass er am XXXX in XXXX in der Provinz Punjab geboren, islamischen Glaubens sei und der Volksgruppe der Arain angehöre. Er habe in seinem Heimatland acht Jahre die Grundschule besucht und sei Arbeiter gewesen. In seinem Heimatland seien seine Eltern und seine drei Schwestern aufhältig. Er habe vor ca. drei Jahren den Ausreiseentschluss gefasst und sei über den Iran, die Türkei, Griechenland (20monatiger Aufenthalt), Nordmazedonien, Serbien (4monatiger Aufenthalt), Rumänien und Ungarn nach Österreich gereist.

Als Ausreisegrund gab der BF an, seine Familie und er hätten Feindschaften in Pakistan, durch welche sie ständig bedroht seien; er sei auch mehrmals angegriffen und am linken Arm verletzt worden und seien ihm auch die Zähne ausgeschlagen worden. Dies seien alle Ausreisegründe und werde er im Rückkehrfall getötet werden.

3. Mit Verfahrensanordnung vom 21.01.2021 gem. § 29 Abs. 3 und § 15a AsylG wurde der BF informiert, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag im Zulassungsverfahren vollumfänglich abzuweisen. Weiters wurde der BF davon in Kenntnis gesetzt, dass die Zwanzigtagesfrist im Zulassungsverfahren durch diese Mitteilung nicht gelte und er der Meldeverpflichtung unterliege. Ferner erging die Mitteilung, dass er gem. § 52a Abs. 2 BFA-VG verpflichtet sei, ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch zu nehmen.

Die betreffenden Verfahrensanordnungen wurden am selben Tag durch den BF übernommen.

4. Am 04.02.2021 erfolgte eine Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA). Dort gab der BF an, dass er gesund sei und er anlässlich der Erstbefragung die Wahrheit angegeben und keine diesbezüglichen Ergänzungen vorzunehmen habe.

Er habe im Jahr 2016 einen Reisepass ausstellen lassen und Pakistan legal verlassen. Im März oder April 2018 habe er sein Dorf im Bezirk XXXX in der Provinz Punjab verlassen und sei ausgereist.


Zum Ausreisegrund befragt gab der BF zusammengefasst im Wesentlichen an, es habe sich um einen politischen Streit im Jahr 2018 gehandelt, im Zuge dessen er brutal geschlagen worden sei. Als Grund dafür erklärte der BF, es sei wegen Wahlstimmen gewesen und habe es auch einen Vermählungsstreit gegeben. Die Probleme hätten 2017 begonnen und habe es insgesamt zwei Vorfälle gegeben, wobei der BF einen Vorfall im November 2017 und einen weiteren Anfang 2018 zeitlich einordnete. Beim ersten Vorfall seien der BF, sein Vater und drei Gegner, beim zweiten Vorfall der BF und fünf Gegner involviert gewesen. Seine Familie habe Probleme mit Privatpersonen gehabt, wobei es seit seiner Ausreise keine weiteren Vorfälle gegeben habe. Über Nachfrage gab der BF an, seine Familie sei bis jetzt Bedrohungen ausgesetzt gewesen. Den Widerspruch in seinen Angaben erklärte der BF damit, schlecht zu hören. Nachgefragt zur Bedrohung seiner Familie gab der BF an, diese werde über ihn ausgefragt, Vorfälle habe es keine gegeben und lebe die Familie nach wie vor im Heimatdorf. Die Gegner würden nicht angreifen, sondern lediglich den Vater des BF bedrohen. Hinsichtlich des Datums des zweiten Vorfalles gefragt, gab der BF an, sich nicht genau zu erinnern. Gefragt, ob er sich an die Polizei gewendet habe, erklärte der BF, er habe eine Anzeige im September 2017 erstattet und die Gegner hätten zwei Anzeigen gemacht. Nach dem zweiten Vorfall habe er keine Anzeige erstattet, da versucht worden sei, den Streit zu schlichten, dennoch sei er bedroht worden. Er sei nicht unverzüglich nach dem zweiten Vorfall ausgereist, da er keinen Reisepass besessen habe und habe er ein Visum benötigt. Über Vorhalt seiner Angabe, wonach er bereits im Jahr 2016 einen Reisepass beantragt habe, schwieg der BF. Die Frage nach weiteren Gründen für die Asylantragstellung verneinte der BF. Die Frage nach allfälligen Problemen mit der Polizei, Militär oder staatlichen Organen und nach Problemen wegen seiner Religion oder Volksgruppenzugehörigkeit oder einer politischen Tätigkeit seinerseits verneinte der BF. Er habe nicht in einem anderen Landesteil Schutz gesucht, da er sich dort nicht sicher gefühlt habe. Im Rückkehrfall werde er umgebracht. Nachgefragt, erklärte der BF, alle Gründe für seine Asylantragstellung geschildert zu haben.

Über Mitteilung, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen und eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, erklärte der BF, er ersuche um Hilfe, da er Probleme habe. Letztlich teilte der BF mit, es sei ihm seit seinem Aufenthalt in Griechenland bekannt, dass er zuckerkrank sei; er nehme täglich eine Tablette, wisse jedoch nicht, wie diese heiße.

5. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 – 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

Beweiswürdigend führte das BFA aus, dass aufgrund der widersprüchlichen und unplausiblen Angaben des BF diese als unglaubwürdig zu qualifizieren seien.

Hinsichtlich der am Ende der behördlichen Einvernahme angegebenen Diabeteserkrankung hielt das BFA fest, dass der BF dem widersprechend zu Beginn der behördlichen Einvernahme angegeben habe, an keinen Krankheiten zu leiden und keine Medikamente zu benötigen (AS 99), sodass davon ausgegangen werden könne, dass der BF diesem Umstand wenig Bedeutung zugemessen habe.

Das BFA hielt mit näherer Begründung beweiswürdigend fest, dass die seitens des BF geltend gemachten ausreisekausalen Angaben nicht glaubwürdig seien, da die Angaben des BF nicht nachvollziehbar und widersprüchlich sowie vage und unkonkret seien.

Das BFA führte weiter aus, dass eine Verfolgung des BF aus einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention aufgezählten Fluchtgründen nicht habe festgestellt werden können.

Spruchpunkt II. begründete die Behörde zusammengefasst damit, dass das Bestehen einer Gefährdungssituation iSd § 8 Abs 1 Z 1 AsylG zu verneinen sei.

Das BFA hielt weiters fest, dass die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung für den Beschwerdeführer keinen Eingriff in Art. 8 EMRK darstelle und erklärte dessen Abschiebung nach Pakistan für zulässig.

6. Gegen oa. Bescheid erhob der BF durch seinen Vertreter binnen offener Frist vollumfänglich Beschwerde. Zu deren Inhalt im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen (zur Zulässigkeit dieser Vorgangsweise: VwGH 16.12.1999, 99/20/0524).

Nach kurzer Wiederholung des Sachverhalts wurden die Verletzung von Verfahrensvorschriften, unrichtige Feststellungen aufgrund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens und einer mangelhaften Beweiswürdigung sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht. Eine Abschiebung des BF nach Pakistan stelle eine Verletzung des Art. 3 EMRK dar, eine Rückkehrentscheidung verstoße gegen Art. 8 EMRK.

Das BFA hätte den Sachverhalt hinsichtlich der Angaben des BF, wonach es um Wählerstimmen und eine Vermählung gegangen sei, das Vorbringen des BF genauer hinterfragen müssen; auch habe die Behörde es unterlassen, Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF, der an Diabetes leide, zu treffen, ebenso zur Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit, wozu keine weiteren Ermittlungen erfolgt seien. Wäre der BF entsprechend befragt worden, hätte er seine Ausreisegründe detaillierter angeben können. Auch sei die allgemeine Sicherheitslage sehr angespannt und wäre dem BF, für den keine innerstaatliche Fluchtalternative bestehe, zumindest subsidiärer Schutz zuzuerkennen gewesen.

7. Am 01.03.2021 langte hg. die Beschwerde samt bezug habendem Veraltungsakt in der hg. Gerichtsabteilung ein.

8. Am 02.03.2021 langte hg. eine Mitteilung des BFA ein, wonach der BF mit seinen persönlichen Gegenständen die Betreuungseinrichtung verlassen habe und nach Ablauf einer 24-Stunden-Frist mit XXXX aus der Grundversorgung entlassen worden sei.

9. Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den behördlichen Verwaltungsakt unter zentraler Zugrundelegung der niederschriftlichen Angaben des BF, des Bescheidinhaltes sowie des Inhaltes der gegen den Bescheid des BFA erhobenen Beschwerde. Einsicht genommen wurde zudem in die vom BFA in das Verfahren eingebrachten Erkenntnisquellen betreffend die allgemeine Lage im Herkunftsstaat des BF, die dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensbestimmungen

1.1. Zuständigkeit der entscheidenden Einzelrichterin

1.1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA das Bundesverwaltungsgericht.

1.1.2. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Aufgrund der geltenden Geschäftsverteilung wurde der gegenständliche Verfahrensakt der erkennenden Einzelrichterin zugewiesen, woraus sich deren Zuständigkeit ergibt.

2. Feststellungen (Sachverhalt):

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers wird festgestellt:

Der Beschwerdeführer ist pakistanischer Staatsangehöriger, Moslem und Angehöriger der Volksgruppe der Arain. Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer stammt aus einem Dorf im Distrikt XXXX in der Provinz Punjab. In Pakistan hat der Beschwerdeführer acht Jahre die Schule besucht. Die Familie des Beschwerdeführers (Eltern, drei Schwestern) lebt nach wie vor im Heimatort des Beschwerdeführers in Pakistan.

Der Beschwerdeführer reiste aus Pakistan aus und über den Iran und die Türkei nach Griechenland, wo er sich ca. 20 Monate aufhielt. Im Anschluss reiste der Beschwerdeführer über Nordmazedonien, Serbien, Rumänien und Ungarn illegal in das österreichische Bundesgebiet ein, wo er am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

2.2. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in seinem Heimatstaat Pakistan von Privatpersonen derart massiv bedroht wurde, sodass dieser gezwungen war, Pakistan zu verlassen. Diesbezügliche Probleme können auch pro futuro nicht festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer ist arbeitsfähig, die von ihm vorgebrachte Erkrankung kann nicht festgestellt werden.

Es können keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Gefahr liefe, in Pakistan einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Pakistan in eine existenzgefährdende Notsituation geraten würde oder als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen oder internationalen Konfliktes ausgesetzt wäre.

Zum Entscheidungszeitpunkt konnte auch keine sonstige aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsstaat festgestellt werden.

2.3. In Österreich hat der Beschwerdeführer keine Angehörigen. Er ist kein Mitglied in einem Verein oder sonstigen Organisation.

Der Beschwerdeführer besucht keinen Deutschkurs. Er lebte bis zum Verlassen seiner Unterkunft von der staatlichen Grundversorgung und ist strafrechtlich unbescholten. Der derzeitige Aufenthaltsort des Beschwerdeführers ist unbekannt.

Auch sonst konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.

2.2. Zur Lage im Herkunftsstaat wird festgestellt:

Letzte Änderung: 29.01.2021

Pakistan ist ein Bundesstaat mit den vier Provinzen Punjab, Sindh, Belutschistan und Khyber- Pakhtunkhwa sowie dem Hauptstadtterritorium Islamabad (AA 25.9.2020). Die vormaligen FATA (FederallyAdministered Tribal Areas/ Stammesgebiete unter Bundesverwaltung) sind nach einer Verfassungsänderung im Mai 2018 offiziell in die Provinz Khyber Pakhtunkhwa eingegliedert worden (ET 25.5.2018). Daneben kontrolliert Pakistan die Gebiete Gilgit-Baltistan und Azad Jammu & Kashmir auf der pakistanisch verwalteten Seite Kaschmirs (AA 25.9.2020).

Pakistan ist gemäß seiner Verfassung eine parlamentarische Demokratie. Seit der Unabhängigkeit wurde die demokratische Entwicklung jedoch mehrfach von längeren Phasen der Militärherrschaft unterbrochen. Zuletzt kehrte Pakistan 2008 zur Demokratie zurück. Bei den Parlamentswahlen am 25.7.2018 gewann die bisherige Oppositionspartei Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI). Seit August 2018 führt PTI-Chef Imran Khan als Premierminister eine Koalitionsregierung an (AA 29.9.2020; vgl. USDOS 11.3.2020). Die Wahlbeobachtermission der EU beurteilte den Wahlverlauf am Wahltag als transparent und gut durchgeführt. Allerdings waren Journalisten und Medien von starken Einschränkungen und Beschneidungen der Meinungsfreiheit betroffen, was zu einem außerordentlichen Maß an Selbstzensur geführt hat. Auch wurde im Vorfeld der Wahl systematisch versucht, die frühere Regierungspartei durch Fälle von Korruption, Missachtung des Gerichts und Anschuldigungen gegen ihre Führer und Kandidaten zu untergraben (EU- EOM 27.7.2018). Unabhängige Beobachter berichten von technischen Verbesserungen beim Wahlablauf, jedoch war die Vorwahlzeit geprägt von Einflussnahmen durch Militär und Nachrichtendienste (USDOS 11.3.2020; vgl. HRW 28.7.2018). Zudem wurde die Wahl überschattet von einer Reihe gewalttätiger Zwischenfälle in verschiedenen Provinzen; von Strafverfahren, die gegen Mitglieder der Regierungspartei eingeleitet worden waren; und vom Vorwurf des Premierministers, das Militär habe sich eingemischt (EASO 10.2019).

Das pakistanische Parlament besteht gemäß der Verfassung von 1973 aus zwei Kammern. Die Nationalversammlung hat insgesamt 342 Mitglieder, wobei 60 Sitze für Frauen und 10 für Nicht-Muslime reservierte sind. Die Sitze in der Nationalversammlung werden den einzelnen Provinzen auf der Grundlage der Bevölkerungszahl zugewiesen, die in der letzten vorhergehenden Volkszählung offiziell veröffentlicht wurde (NAP o.D).

Das pakistanische Militär ist ein wichtiger Akteur in der pakistanischen Politik, insbesondere in den Bereichen innere Sicherheit, Außenpolitik und Wirtschaft. In den ersten Monaten des Jahres 2019 haben die wirtschaftlichen Probleme des Landes (höhere Steuern und steigende Inflation) die Regierung unter Druck gesetzt. Anfang 2018 entstand in Pakistan die Paschtuni- sche Tahafuz-(Schutz-)Bewegung (PTM), eine Bürgerrechtsbewegung, die sich für die Rechte der paschtunischen Minderheit des Landes einsetzt (EASO 10.2019).

Die im September gegründete PDM (Demokratische Bewegung Pakistan) plant landesweite Proteste gegen die Regierung unter Premierminister Imran Khan. Elf Parteien unterschiedlicher politischer Strömungen haben sich dem Bündnis angeschlossen. Die Politiker fordern unter anderem eine Neuwahl und Khans Rücktritt (ORF 25.10.2020).

Quellen:

•        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.9.2020): Pakistan: Politisches Porträt, https://www.au swaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/pakistan-node/politisches-portraet/205010, Zugriff

15.10.2020

•        AA-Auswärtiges Amt [Deutschland] (29.9.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan (Stand: Juni 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2 038580/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelev ante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Pakistan_%28Stand_Juni_2020%29%2C_29.09.2020. pdf, Zugriff 15.10.2020

•        EASO - European Asylum Support Office (10.2019): Pakistan Security Situation, https://www. ecoi.net/en/file/local/2019113/2019_EASO_Pakistan_Security_Situation_Report.pdf , Zugriff

16.10.2020

•        EUEOM - European Union Election Observation Mission Islamic Republic of Pakistan (27.7.2018): Preliminary Statement - Positive changes to the legal framework were overshadowed by restrictions on freedom of expression and unequal campaign opportunities, https://eeas.europa.eu/sites/e eas/files/eu_eom_pakistan_2018_-_preliminary_statement_on_25_july_elections.pdf, Zugriff

15.10.2020

•        ET - The Express Tribune (25.5.2018): Senate passes FATA-KP merger bill with 71-5 vote, https: //tribune.com.pk/story/1718734/1-ppp-pti-set-throw-weight-behind-k-p-fata-merger-bill-senate/, Zugriff 15.10.2020

•        HRW - Human Rights Watch (28.7.2018): Controversial Election in Pakistan, https://www.hrw.org/ news/2018/07/28/controversial-election-pakistan , Zugriff 15.10.2020

•        NAP - National Assembly of Pakistan [Pakistan] (o.D): About the National Assembly, http://www. na.gov.pk/en/composition.php , Zugriff 15.10.2020

•        ORF (25.10.2020): Zehntausende versammeln sich in Pakistan gegen Regierung, https://orf.at/s tories/3186671/, Zugriff 27.10.2020

•        USDOS - US Department of State [USA] (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Pakistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026342.html, Zugriff 15.10.2020

1        Sicherheitslage

Letzte Änderung: 29.01.2021

Die Sicherheitslage in Pakistan ist landesweit unterschiedlich und wird von verschiedenen Faktoren wie politischer Gewalt, Gewalt von Aufständischen, ethnischen Konflikten und konfessioneller Gewalt beeinflusst. Die Sicherheitslage im Inneren wird auch von Auseinandersetzungen mit den Nachbarländern Indien und Afghanistan beeinflusst, die gelegentlich gewalttätig werden (EASO 10.2020).

Pakistan dient weiterhin als sicherer Hafen für bestimmte regional ausgerichtete terroristische Gruppen. Es erlaubt Gruppen, die gegen Afghanistan gerichtet sind, einschließlich der afghanischen Taliban und der mit ihnen verbundenen HQN [Anm.: the Haqqani Network], sowie Gruppen, die gegen Indien gerichtet sind, einschließlich LeT [Anm.: Lashkar-e Taiba] und der mit ihr verbundenen Frontorganisationen und JeM [Anm.: Jaish-e Muhammad], von seinem Territorium aus zu operieren (USDOS 24.6.2020). Andererseits führen Armee und Polizei auch weiterhin Kampagnen gegen militante und terroristische Gruppen durch (USDOS 11.3.2020; vgl. AA 29.9.2020). Die Operation Radd-ul-Fasaad des Militärs, die 2017 begonnen wurde, wurde das ganze Jahr 2019 über fortgesetzt. Radd-ul-Fasaad ist eine landesweite Antiterrorismuskampagne mit dem Ziel, die Errungenschaften der Operation Zarb-e-Azb (2014-2017) zu konsolidieren, mit der ausländische und einheimische Terroristen in den ehemaligen FATA bekämpft wurden. Die Sicherheitsbehörden schwächen terroristische Gruppen auch, indem sie mutmaßliche Terroristen und Bandenmitglieder festnehmen, welche den Militanten angeblich logistische Unterstützung leisten (USDOS 11.3.2020).

Terroristische Gewalt und Menschenrechtsverletzungen durch (nicht)-staatliche Akteure tragen zu Menschenrechtsproblemen bei. Angriffe von militanten und terroristischen Gruppen, darunter die pakistanischen Taliban (TTP; Tehrik-e-Taliban Pakistan), Lashkar-e-Jhangvi und die Provinz Chorasan im islamischen Staat (ISIS-K), richten sich gegen Zivilisten, Journalisten, Gemeindeführer, Sicherheitskräfte, Vollzugsbeamte und Schulen. Hunderte von Menschen wurden 2019 durch Sprengsätze, Selbstmordattentate und andere Formen der Gewalt getötet oder verletzt. Angriffe der genannten Gruppen richten sich häufig gegen religiöse Minderheiten (USDOS

11.3.2020) .

Tatsächlich ist seit 2009 ein allmählicher Rückgang der Terroranschläge und der Zahl der Opfer zu verzeichnen. Kontinuierliche Einsatz- und Überwachungskampagnen der Sicherheitskräfte gegen militante Gruppen und polizeiliche Antiterrorabteilungen sowie einige Antiextremismusmaßnahmen im Rahmen des Nationalen Aktionsplans, haben dazu beigetragen, diesen rückläufigen Trend ab 2013 aufrechtzuerhalten (USDOS 24.6.2020). Auch 2019 war das Maß an Gewalt geringer, als in den vergangenen Jahren. Dies steht mit einem allgemeinen Rückgang der terroristischen Aktivitäten in Zusammenhang (USDOS 11.3.2020). Die Zahl sicherheitsrelevanter Zwischenfälle ist also weiter rückläufig, bei gleichzeitiger Stagnation in einigen Landesteilen. Laut dem ThinkTank Pakistan Institute for Peace Studies (PIPS) gab es im Jahr 2019 insgesamt 229 Terroranschläge in Pakistan (13% weniger verglichen mit 2018), bei denen 357 Personen ums Leben gekommen sind (40% weniger als 2018). Größte Unruheherde bleiben die ehemaligen Stammesgebiete (besonders Nordwaziristan) und Belutschistan. Die aktivsten gegen den pakistanischen Staat gerichteten Terrorgruppen sind die TTP sowie belutschische Separatisten (AA 29.9.2020; vgl. USDOS 24.6.2020). Beide verübten in den vergangenen Monaten eine Serie von tödlichen Anschlägen auf Sicherheitskräfte (AA 29.9.2020). Auch ISIS-K ist aktiv. Separatistische militante Gruppen führen Terroranschläge gegen verschiedene Ziele in den Provinzen Belutschistan und Sindh durch (USDOS 24.6.2020). Gewisse Teile von Belutschistan und dem pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet sind weiter nicht gänzlich unter staatlicher Kontrolle. Dies begünstigt neben dem Terrorismus auch den Schmuggel sowie Menschen- und Drogenhandel (AA 29.9.2020).

Insgesamt dokumentierte PIPS im Jahr 2019 433 Vorfälle von Gewalt. Die Gesamtzahl der Gewaltvorfälle führte zu 588 Todesopfer und 1.030 Verletzte. Mehr als die Hälfte der Gewaltvorfälle (229 Vorfälle) wurden laut PIPS als terroristische Angriffe bezeichnet. Im Vergleich zu 2018 ist die Zahl der gewalttätigen Vorfälle um etwa 15 % zurückgegangen (EASO 10.2020).

Es besteht jedoch weiterhin landesweit-auch in den Großstädten Islamabad, Rawalpindi, Laho- re, Karachi - eine Gefahr für terroristische Anschläge seitens der TTP sowie religiös motivierter oder separatistischer Gruppen, insbesondere durch Sprengstoffanschläge und Selbstmordattentate. Die Terroranschläge richten sich vor allem gegen Streitkräfte, Sicherheitsdienste, Polizei, Märkte, Einrichtungen der Infrastruktur sowie gegen religiöse Stätten (Moscheen, Schreine, Kirchen) (AA 27.10.2020; vgl. USDOS 11.3.2020).

Die Regierung betreibt fünf De-Radikalisierungslager, wo religiöse Erziehung, Berufsausbildung, Beratung und Therapie angeboten wird. Eine pakistanische NGO verwaltet das auf Jugendliche ausgerichtete Sabaoon Rehabilitation Center im Swat-Tal, das sie in Zusammenarbeit mit dem pakistanischen Militär gegründet hatte (USDOS 24.6.2020).

Anzahl der Anschläge von 1.1.2020-31.7.2020 (EASO 10.2020)

Quellen:

•        AA-Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.12.2020): Pakistan: Reise- und Sicherheitshinweise (Stand

21.12.2020) , https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/pakistan-node/pakistans icherheit/204974#content_1, Zugriff 21.12.2020

•        AA-Auswärtiges Amt [Deutschland] (29.9.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan (Stand: Juni 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2 038580/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelev ante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Pakistan_%28Stand_Juni_2020%29%2C_29.09.2020. pdf, Zugriff 21.12.2020

•        EASO - European Asylum Support Office (10.2020): Pakistan Security Situation, https://www.ecoi .net/en/file/local/2040057/10_2020_EASÜ_CÜI_Report_Pakistan_Security_situation.pdf, Zugriff

21.12.2020

•        USDOS - US Department of State [USA] (24.6.2020): Country Report on Terrorism 2019 - Chapter 1- Pakistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2032437.html, Zugriff 21.12.2020

•        USDOS - US Department of State [USA] (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Pakistan, https://www.state.goV/reports/2019-country-reports-on-human-rights-practices/p akistan/, Zugriff 21.12.2020

2        Rechtsschutz, Justizwesen

Letzte Änderung: 29.01.2021

Das Gesetz garantiert die Unabhängigkeit der Justiz (USDOS 11.3.2020). Nach der Verfassung ist die politische Gewalt zwischen Legislative, Exekutive und Judikative aufgeteilt. In der Praxis wird diese Aufteilung in Pakistan jedoch nicht strikt eingehalten (BS 2020). Die pakistanische Verfassung und die gesamte pakistanische Rechtsordnung basieren weitgehend auf dem britischen Rechtssystem. Wenngleich gemäß Art. 227 der Verfassung alle Gesetze grundsätzlich im Einklang mit der Scharia stehen müssen, ist deren Einfluss auf die Gesetzgebung trotz Be-

Stehens des Konsultativorgans Council of Islamic Ideology jedoch eher beschränkt, abgesehen von bestimmten Bereichen wie beispielsweise den Blasphemiegesetzen (ÖB 5.2020).

Der Supreme Court ist das pakistanische Höchstgericht und kann sich in Fällen von öffentlichem Interesse auch der Rechtsdurchsetzung bei Grundrechtsverletzungen, die gemäß Verfassung in die Zuständigkeit der High Courts fällt, annehmen. Die fünf High Courts fungieren u.a. als Berufungsinstanz gegen Beschlüsse und Urteile von Special Courts sowie als Aufsichts- und Kontrollorgane für alle ihnen unterstehenden Gerichte. Ferner bestehen Provinz- und Bezirksgerichte, Zivil- und Strafgerichte sowie spezialisierte Gerichte für Steuern, Banken und Zoll. Des Weiteren existiert gemäß Verfassung ein Federal Shariat Court, der zur Prüfung von Rechtsvorschriften auf ihre Vereinbarkeit mit den Vorgaben des Islam angerufen wird und diesbezüglich auch von sich aus tätig werden kann. Er fungiert zusätzlich zum Teil als Rechtsmittelinstanz in Delikten nach den Hudood Ordinances von 1979, die eine v.a. Frauen stark benachteiligende Islamisierung des Strafrechts brachten und durch den Protection of Women (Criminal Law Amendment) Act 2006 in Teilen etwas entschärft wurden. In Azad Jammu und Kaschmir (AJK) sowie in Gilgit-Baltistan gibt es eigene Justizsysteme (ÖB 5.2020).

Die oberen Gerichte und der Supreme Court werden allerdings als glaubwürdig eingestuft (US- DOS 11.3.2020).

Im Zivil-, Straf- und Familienrecht gibt es öffentliche Verhandlungen, es gilt die Unschuldsvermutung, und es gibt die Möglichkeit einer Berufung. Angeklagte haben das Recht auf Anhörung und auf Konsultation eines Anwalts. Die Kosten für die rechtliche Vertretung vor den unteren Gerichten muss der Angeklagte übernehmen, in Berufungsgerichten kann auf öffentliche Kosten ein Anwalt zur Verfügung gestellt werden (USDOS 11.3.2020). Das National Accountability Bureau (Antikorruptionsbehörde) kann Verdächtige 15 Tage lang ohne Anklageerhebung festhalten (mit gerichtlicher Zustimmung verlängerbar) und ihnen vor der Anklageerhebung den Zugang zu einem Rechtsbeistand verweigern. Für Straftaten im Rahmen dieser Behörde kann keine Kaution hinterlegt werden, und nur dessen Vorsitzender ist befugt, über die Freilassung von Gefangenen zu entscheiden (USDOS 11.3.2020; vgl. BS 2020).

Die Justiz verteidigt ihre nach Ende der Militärherrschaft zurückgewonnene Unabhängigkeit und bemüht sich, den Rechtsstaat in Pakistan zu stärken. Gleichzeitig steht sie weiterhin unter dem Einfluss der mächtigen pakistanischen Armee. Erhebliche Unzulänglichkeiten im Justizapparat und Schwächen bei der Durchsetzung des geltenden Rechts bestehen fort. Die Gerichte und das pakistanische Rechtssystem sind hochgradig ineffizient (AA 29.9.2020). Zudem ist die Justiz in der Praxis oft von externen Einflüssen beeinträchtigt: Korruption, Einschüchterung und Unsicherheit; einem großen Rückstau an Fällen und niedrigen Verurteilungsquoten bei schweren Straftaten; von Angst vor Repressionen durch extremistische Elemente bei Fällen von Terrorismus, Blasphemie oder öffentlichkeitswirksamen politischen Fällen (USDOS 11.3.2020; vgl. HRCP/FIDH 10.2019; HRW 14.3.2020). Viele Gerichte unterer Instanzen bleiben für Korruption und den Druck von wohlhabenden Personen und einflussreichen religiösen und politischen Akteuren anfällig. Es gibt Beispiele, wo Zeugen, Staatsanwälte oder ermittelnde Polizisten in High Profile Fällen von unbekannten Personen bedroht oder getötet wurden. Verzögerungen in zivilen und Kriminalfällen sind auf ein veraltetes Prozessrecht, unbesetzte Richterstellen, ein schlechtes Fallmanagement und eine schwache rechtliche Ausbildung zurückzuführen. Der Rückstand sowohl in den unteren als auch in den höheren Gerichten beeinträchtigt den Zugang zu Rechtsmitteln oder eine faire und effektive Anhörung (USDOS 11.3.2020). Zivile Streitigkeiten, insbesondere wegen Eigentum und Geld, sind ein häufiger Grund für Mordfälle in Pakistan. Die oftmals Jahrzehnte dauernden Verzögerungen bei Urteilen durch Zivilgerichte können zu außergerichtlicher Gewaltanwendung zwischen den Streitparteien führen (JPP 4.10.2018).

De facto spielt in weiten Landesteilen das staatliche Recht für die meisten Pakistaner kaum eine Rolle. Rechtsstreitigkeiten werden nach Scharia-Recht oder nach lokalen Rechtsbräuchen gelöst. Im WJP Rule of Law Index belegt Pakistan Platz 120 von 128 untersuchten Staaten (AA

29.9.2020) . Neben dem bisher dargestellten staatlichen Justizwesen bestehen also vor allem in ländlichen Gebieten Pakistans auch informelle Rechtsprechungssysteme und Rechtsordnungen, die auf traditionellem Stammesrecht beruhen. Hier drohen vor allem Frauen menschenunwürdige Bestrafungen (ÖB 5.2020).

Quellen:

•        AA-Auswärtiges Amt [Deutschland] (29.9.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan (Stand: Juni 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local72 038580/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelev ante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Pakistan_%28Stand_Juni_2020%29%2C_29.09.2020. pdf, Zugriff 17.12.2020

•        BS - Bertelsmann Stiftung (2020): BTI 2020 - Country Report Pakistan, https://www.ecoi.net/en/fi le/local/2029416/country_report_2020_PAK.pdf, Zugriff 17.12.2020

•        HRCP/FIDH - Human Rights Commission of Pakistan / International Federation for Human Rights (10.2019): Punished for being vulnerable; How Pakistan executes the poorest and the most margi- nalized in society, https://www.fidh.org/IMG/pdf/pakistan740angweb.pdf, Zugriff 17.12.2020

•        HRW - Human Rights Watch (14.3.2020): World Report 2020 - Pakistan, https://www.ecoi.net/de/ dokument/2022680.html , Zugriff 18.12.2020

•        JPP-Justice Project Pakistan (4.10.2018): Counting the Condemned - Data Analysis of Pakistan's Use of the Death Penalty, https://www.jpp.org.pk/wp-content/uploads/2018/10/2018_10_04_Cou nting-the-Condemned-Final.pdf, Zugriff 17.12.2020

•        ÖB - Österreichische Botschaft Islamabad [Österreich] (5.2020): Asylländerbericht Pakistan

•        USDOS - US Department of State [USA] (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Pakistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026342.html, Zugriff 17.12.2020

3        Sicherheitsbehörden

Letzte Änderung: 29.01.2021

Die Sicherheitsbehörden Pakistans bestehen aus der Polizei, die dem Innenministerium untersteht, Geheimdiensten (AA 29.9.2020), dem Heer, das dem Verteidigungsministerium untersteht (MoD o.D.) sowie militärischen Hilfstruppen, die dem Innenministerium unterstehen (EASO

10.2020) .

Die polizeilichen Zuständigkeiten sind zwischen nationalen und regionalen Behörden aufgeteilt. Die Bundespolizei (Federal Investigation Agency, FIA) ist zuständig für die Bereiche Einwanderung, organisierte Kriminalität, Interpol und verfügt über eine Abteilung zur Terrorismusbekämpfung (Counter Terrorism Wing - CTWI). Pakistan verfügt über einen Auslands-/Inlands- nachrichtendienst (Directorate for Inter-Service Intelligence, ISI), einen Inlandsnachrichtendienst (Intelligence Bureau, IB) sowie einen militärischen Nachrichtendienst (Military Intelligence, MI). Das IB ist für Diplomatenschutz, Abwehr terroristischer Bedrohungen im Inland sowie Ermittlungen bei Kapitalverbrechen zuständig. Der ISI wird vom Militär dominiert. Seine Aufgabe, die nationalen Interessen Pakistans zu schützen, ermöglicht ihm ein Tätigwerden in den unterschiedlichsten Bereichen. De jure untersteht der ISI dem Verteidigungsministerium, de facto jedoch dem jeweiligen Armeechef (Chief of Army Staff). Eine effektive zivile Kontrolle über die militärischen Geheimdienste gibt es nicht (AA 29.9.2020).

Frontier Corps (FC) und Rangers sind paramilitärische Hilfstruppen, die dem Innenministerium unterstehen. FC sind in Khyber Pakhtunkwa und Belutschistan und die Rangers in Punjab und

Sindh stationiert. Sie unterstützen die örtlichen Strafverfolgungsbehörden u.a. bei der Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung sowie bei der Grenzsicherung (EASO 10.2020).

Unter dem Deckmantel der Terrorbekämpfung begehen Armee und Sicherheitskräfte v.a. in den Provinzen Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa regelmäßig menschenrechtsrelevante Verletzungen. Ein nach wie vor ungelöstes, tabuisiertes Problem sind in diesem Zusammenhang die sog. enforced disappearances, das „Verschwindenlassen“ von unliebsamen, v.a. armeekritischen Personen (AA 29.9.2020).

Die Effizienz der Arbeit der Polizeikräfte variiert von Bezirk zu Bezirk und reicht von gut bis ineffizient (USDOS 11.3.2020). In der Öffentlichkeit genießt die vor allem in den unteren Rängen schlecht ausgebildete, gering bezahlte und oft unzureichend ausgestattete Polizei kein hohes Ansehen. So sind u.a. die Fähigkeiten und der Wille der Polizei im Bereich der Ermittlung und Beweiserhebung gering. Staatsanwaltschaft und Polizei gelingt es häufig nicht, belastende Beweise in gerichtsverwertbarer Form vorzulegen (AA 29.9.2020). Zum geringen Ansehen der Polizei tragen Korruptionsanfälligkeit, unrechtmäßige Übergriffe und Verhaftungen sowie Misshandlungen von in Polizeigewahrsam Genommenen ebenso bei (AA 29.9.2020; vgl. HRCP

4.2020) .

Mangelnde Bestrafung von Übergriffen, begangen von Angehörigen der Sicherheitskräfte, trägt zu einem Klima der Straflosigkeit bei. Interne Ermittlungen und Strafen können bei Übergriffen bzw. Misshandlungen vom Generalinspektor, den Bezirkspolizeioffizieren, den District Nazims, Provinzinnenministern oder Provinzministerpräsidenten, dem Innenminister, dem Premierminister und den Gerichten angeordnet werden. Die Exekutive und Polizeibeamte sind ebenfalls dazu befugt, in solchen Fällen eine strafrechtliche Verfolgung zu empfehlen, die gerichtlich angeordnet werden muss. Das Gerichtssystem bleibt das einzige Mittel, um Missbrauch durch Sicherheitskräfte zu untersuchen (USDOS 11.3.2020).

Nach der Integration der FATA in die Provinz Khyber Pakhtunkhwa im Mai 2018 wurde die Provinzpolizei auch in den ehem. FATA tätig, jedoch muss erst neues Personal aufgenommen und ausgebildet werden, um die ehem. FATA komplett abzudecken (USDOS 11.3.2020).

Insgesamt sind die Polizeikapazitäten in Pakistan begrenzt, was auf fehlende Ressourcen, schlechte Ausbildung, unzureichende und veraltete Ausrüstung und konkurrierenden Druck von Vorgesetzten, politischen Akteuren, Sicherheitskräften und der Justiz zurückzuführen ist. In der öffentlichen Wahrnehmung ist ein hohes Maß an Korruption bei der Polizei weitverbreitet [siehe Kapitel Korruption], insgesamt ist das Ansehen der Polizei in der Öffentlichkeit gering. Inländische und internationale Beobachter sehen das Militär als eine der fähigsten Organisationen in Pakistan. Es verfügt über erhebliche Macht und dominiert die Außen- und Sicherheitspolitik. Militärangehörige werden gut bezahlt, und eine Karriere beim Militär ist hoch angesehen, nicht nur wegen der Vorteile, sondern auch wegen des hohen gesellschaftlichen Ansehens und der Verbindungen, die Militärangehörige genießen (DAFT 20.2.2019).

Quellen:

•        AA-Auswärtiges Amt [Deutschland] (29.9.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan (Stand: Juni 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local72 038580/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelev ante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Pakistan_%28Stand_Juni_2020%29%2C_29.09.2020. pdf, Zugriff 16.12.2020

•        DAFT - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (20.2.2019): Country Information Report Pakistan, https://www.ecoi.net/de/dokumentensuche/?asalt=8b1bb51cc9&country%5B% 5D=pak&countryOperator=should&srcId%5B%5D=12005&srcIdOperator=should&useSynonyms =Y&sort_by=origPublicationDate&sort_order=desc , Zugriff 16.12.2020

•        EASO - European Asylum Support Office (10.2020): Pakistan Security Situation, https://www.ecoi .net/en/file/local/2040057/10_2020_EAS0_C0I_Report_Pakistan_Security_situation.pdf, Zugriff

16.12.2020

•        MoD - Ministry of Defense [Pakistan] (o.D.): Ministry OverView, http://www.mod.gov.pk/, Zugriff

16.12.2020

•        HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (4.2020): State of Human Rights in 2019, http: //hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/uploads/2020/04/REPORT_State-of-Human-Rights-in-2019-2 0190503.pdf, 18.12.2020

•        USDOS - US Department of State [USA] (11.3.2020): Country Reports on Human Rights Practices 2019 - Pakistan, https://www.ecoi.net/en/document/2026342.html, Zugriff 16.12.2020

4        Folter und unmenschliche Behandlung

Letzte Änderung: 29.01.2021

Obwohl die Verfassung Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung verbietet, enthält das Strafgesetzbuch keinen speziellen Abschnitt gegen Folter (USDOS 11.3.2020; vgl. HRW 14.1.2020). Folter im Polizeigewahrsam ist jedoch bislang nicht strafbar (AA 29.9.2020).

Folter im Gewahrsam der Sicherheitskräfte und in Gefängnissen gilt als weitverbreitet. Gefoltert wird u.a., um bei polizeilichen Ermittlungen Geständnisse oder Kooperation zu erzwingen; besonders vulnerabel sind Angehörige von Minderheiten und marginalisierten Gruppen. In Fällen mit terroristischem Hintergrund oder von Landesverrat gibt es häufig Berichte über die Anwendung von Folter durch Sicherheitskräfte. Letztere entziehen sich oft gerichtlicher Kontrolle. Unter Folter erzwungene Geständnisse sind zwar als Beweismittel vor Gericht grundsätzlich nicht zugelassen, dies gilt aber laut Gesetz zur Bekämpfung des Terrorismus nicht für Geständnisse gegenüber ranghohen Beamten und Offizieren (AA 29.9.2020). Die meisten Menschen, die einer Straftat angeklagt sind, werden so lange gefoltert, bis sie gestehen - auch wenn sie ein Verbrechen gar nicht begangen haben. Die Polizei kennt keine gewaltfreien Ermittlungs-/Verhör- methoden. Pakistan wird oft dafür kritisiert, dass es grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung und Bestrafung von Personen zulässt, die nicht nur krimineller, sondern auch ziviler Vergehen beschuldigt werden (Dawn 21.2.2019). Berichten zufolge ist es aufgrund körperlicher Misshandlungen während der Haft zum Tod einiger Tatverdächtiger gekommen (USDOS

11.3.2020) . Es liegen keine zuverlässigen Daten über Todesfälle in der Haft in Pakistan vor, aber Menschenrechtsgruppen weisen auf einen Anstieg der Fälle von Folter durch die Polizei hin. Dabei ist Polizeifolter in Pakistans bevölkerungsreichster Provinz Punjab weiter verbreitet als in anderen Teilen des Landes (HRCP 30.4.2020; vgl. AI 30.1.2020).

Die Regierung unternimmt keine ernsthaften Anstrengungen, um die Anwendung von Folter einzudämmen. Täter - vor allem Angehörige der Polizei, Militär und Geheimdiensten - agieren ungestraft. Lange Prozessverzögerungen und das Versäumnis, die für die Tötungen Verantwortlichen zu bestrafen und strafrechtlich zu verfolgen, trugen zu einer Kultur der Straflosigkeit bei (USDOS 11.3.2020). Die Strafverfolgung ist landesweit generell so unzureichend, dass bisher selbst in Fällen von Folter mit Todesfolge Täter so gut wie nie verurteilt wurden (AA 29.9.2020; vgl. USDOS 11.3.2020). In einigen wenigen Fällen wurden Verantwortliche vom Dienst suspendiert und Untersuchungen angeordnet (AA 29.9.2020). Medien und zivilgesellschaftliche Organisationen berichteten über Fälle von Personen, die in der Provinz Punjab in Polizeigewahrsam starben, angeblich aufgrund von Folter. Medienberichten zufolge ketteten und misshandelten die Entführer die Gefangenen jede Nacht, um ihre Familien zu zwingen, Geld für ihre Freilassung zu zahlen. Der Generalinspekteur der Polizei im Punjab leitete Ermittlungen in diesen Fällen ein und verhaftete einige der beteiligten Polizeibeamten (USDOS 11.3.2020). Im August 2019 beschuldigte die Anti-Korruptionsbehörde des Punjab Polizeibeamte in Lahore, Verdächtige in einer geheimen Haftzelle zu halten und zu foltern. Die Polizei von Punjab ordnete eine Untersuchung an (HRW 14.1.2020).

Nach einer Reihe von Todesfällen in Haft installierte die Polizei von Peshawar in allen örtlichen Gefängnissen Überwachungskameras, versorgte die Anstalten mit lebensrettenden Medikamenten und schulte Mitarbeiter (HRCP 30.4.2020).

Quellen:

•        AA-Auswärtiges Amt [Deutschland] (29.9.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan (Stand: Juni 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2 038580/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelev ante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Pakistan_%28Stand_Juni_2020%29%2C_29.09.2020. pdf, Zugriff 16.12.2020

•        AI - Amnesty International (30.1.2020): Human Rights in Asia-Pacific; Review of 2019 - Pakistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2023879.html , Zugriff 16.12.2020

•        Dawn (21.2.2019): Focus on torture, https://www.dawn.com/news/1465108/focus-on-torture , Zugriff 16.12.2020

•        HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (30.4.2020): State of Human Rights in 2019, http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/uploads/2020/04/REPORT_State-of-Human-Rights-in-20 19-20190503.pdf, Zugriff 16.12.2020

•        HRW - Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 - Pakistan, https://www.ecoi.net/de/ dokument/2022680.html , Zugriff 16.12.2020

•        USDOS - US Department of State [USA] (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Pakistan https://www.ecoi.net/de/dokument/2026342.html , Zugriff 16.12.2020

5        Korruption

Letzte Änderung: 29.01.2021

Korruption bleibt in allen Bereichen der öffentlichen Verwaltung, der Justiz und bei den Sicherheitsorganen weitverbreitet (AA29.9.2020; vgl. USDOS 11.3.2020). Von der international tätigen Compliance-Plattform GAN wird das Risiko, mit Korruption konfrontiert zu werden, für folgende Bereiche als hoch eingestuft: Justizsystem, Polizei, öffentlicher Dienst, Steuer-, Grund- und

Zollverwaltung sowie öffentliche Beschaffung (GAN 10.2020). Das Gesetz sieht zwar strafrechtliche Sanktionen für Korruption von Amtsträgern vor, aber die Regierung setzt das Gesetz im Allgemeinen nicht wirksam um (USDOS 11.3.20200; vgl. GAN 10.2020). Korruption ist in Politik und Regierung allgegenwärtig, und verschiedene Politiker und Inhaber öffentlicher Ämter sind mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert, darunter Bestechung, Erpressung, Nepotismus, Klientelismus und Veruntreuung. Auch innerhalb des Justizsystems ist Korruption verbreitet. Es gibt Berichte, wonach Gerichtsbedienstete Zahlungen zur Erleichterung von Verwaltungsverfahren verlangen. Die unteren Instanzen des Justizsystems sind korrupt, ineffizient und dem Druck von höherrangigen Richtern sowie prominenten, wohlhabenden, religiösen und politischen Persönlichkeiten ausgesetzt (USDOS 11.3.2020). Auch die Polizei ist sehr korruptionsanfällig (AA 29.9.2020; vgl. GAN 10.2020) - innerhalb der unteren Ebenen der Polizei ist Korruption üblich. Einige Polizisten erheben Gebühren für die Registrierung echter Anzeigen und nehmen Bestechungsgelder für die Registrierung falscher Anzeigen an. Auch Bestechungsgelder zur Vermeidung von Anklagen (USDOS 11.3.2020) sowie Korruption im Zivilstandswesen sind weit verbreitet (AA 29.9.2020).

Die neue Regierung unter Imran Khan hat zwar weitreichende Reformen in der Korruptionsbekämpfung versprochen. Dennoch nimmt Pakistan im Corruption Perceptions Index von Trans- parency International 2019 Platz 120 von 180 Ländern ein (TI 1.2020) - im Jahr zuvor war es Platz 117 gewesen (TI 1.2019). Das National Accountability Bureau (NAB) dient als höchste Antikorruptionsbehörde mit dem Auftrag, Korruption durch Sensibilisierung, Prävention und Durchsetzung zu beseitigen. Das NAB und andere Ermittlungsbehörden, darunter das Federal Board of Revenue, die State Bank of Pakistan, die Antinarcotics Force und die Federal Investigation Agency, führen Untersuchungen zu Korruption, Steuerhinterziehung und Geldwäsche durch (USDOS 11.3.2020).

Quellen:

•        AA-Auswärtiges Amt [Deutschland] (29.9.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan (Stand: Juni 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2 038580/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Behcht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelev ante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Pakistan_%28Stand_Juni_2020%29%2C_29.09.2020. pdf, Zugriff 19.10.2020

•        GAN - GAN Integrity Inc. (10.2020): Pakistan Corruption Report, https://www.business-anti-corr uption.com/country-profiles/pakistan , Zugriff 14.12.2020

•        TI - Transparency International (1.2020): Corruption Perceptions Index 2019, https://images.trans parencycdn.org/images/2019_CPI_Report_EN_200331_141425.pdf, Zugriff 19.10.2020

•        TI - Transparency International (1.2019): Corruption Perceptions Index 2018, https://images.trans parencycdn.org/images/CPI_2018_Executive_Summary_EN.pdf, Zugriff 19.10.2020

•        USDOS - US Department of State [USA] (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Pakistan, https://www.ecoi.net/en/document/2026342.html, Zugriff 19.10.2020

6        NGOs und Menschenrechtsaktivisten

Letzte Änderung: 29.01.2021

Einerseits sieht die pakistanische Verfassung die Vereinigungsfreiheit vorbehaltlich bestimmter gesetzlicher Einschränkungen vor (USDOS 11.3.2020; vgl. AA 29.9.2020). Zivilgesellschaftliche Menschenrechtsorganisationen können sich in Pakistan betätigen (AA 29.9.2020). In den meisten Teilen Pakistans werden Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit in einem angemessenen Maße gewahrt (BS 29.4.2020). Die NGO Human Rights Commission of Pakistan (HRCP) befasst sich mit der Aufklärung und Bekämpfung von Menschenrechtsverletzungen jeder Art. In allen Landesteilen gibt es Provinzbüros und freiwillige Helfer, die Menschenrechtsverletzungen anzeigen oder ihnen angezeigte Fälle aufnehmen, Fakten sammeln und gegebenenfalls die Fälle der Justiz zuführen. Neben der HRCP beschäftigt sich eine Vielzahl weiterer Organisationen und engagierter Einzelpersonen mit verschiedenen Aspekten des Schutzes der Menschenrechte (AA 29.10.2020).

Andererseits setzt die aktuelle Regierung das im Jahr 2015 begonnene harte Vorgehen gegen in- und ausländische NGOs fort (FH 4.3.2020). Internationalen NGOs, welche gegen die strategischen, sicherheitspolitischen, wirtschaftlichen oder sonstigen Interessen Pakistans arbeiten, kann die Genehmigung entzogen werden (BS 29.4.2020). Die Geheimdienste überwachen und kontrollieren diese Organisationen. Bedrohungen und Einschränkungen erfolgen, wenn ihre Arbeit die staatlichen Sicherheitsorgane berührt (AA 29.9.2020). Es gibt glaubwürdige Berichte über Einschüchterung, Belästigung und Überwachung verschiedener NGOs durch Regierungsbehörden. Zudem nutzt die Regierung den Registrierungsprozess für NGOs, um dieArbeitsweise internationaler Menschenrechtsgruppen zu behindern (HRW 14.1.2020). Bis Jänner 2019 waren nur 74 von 141 internationalen NGOs, die seit 2015 einen Registrierungsantrag gestellt hatten, zugelassen worden (FH 4.3.2020). Diese Verzögerung von Genehmigungsanträgen (NOC / NoObjection Certificate) sowie finanzielle Tragbarkeit und operative Unsicherheit schränken die Aktivitäten internationaler NGOs erheblich ein. Auch inländische NGOs werden, trotz Vorliegen aller Genehmigungen, staatlicherseits schikaniert (USDOS 11.3.2020).

Zudem ist sowohl für Menschenrechts- als auch für Hilfsorganisationen die Arbeit nicht nur in den ehemaligen Stammesgebieten (FATA) sondern auch in Belutschistan nur sehr eingeschränkt möglich. Mehrere Entführungen und Ermordungen von Aktivisten in den vergangenen Jahren haben dazu geführt, dass die meisten Organisationen ihre Arbeit in diesen Landesteilen eingestellt haben (AA 29.9.2020).

Quellen:

•        AA-Auswärtiges Amt [Deutschland] (29.9.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan (Stand: Juni 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2 038580/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelev ante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Pakistan_%28Stand_Juni_2020%29%2C_29.09.2020. pdf, Zugriff 14.12.2020

•        BS - Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report - Pakistan, https://www.ecoi.net /en/file/local/2029416/country_report_2020_PAK.pdf, Zugriff 14.12.2020

•        FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Pakistan, https://www.ecoi.net/de/ dokument/2030906.html , Zugriff 14.12.2020

•        HRW - Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 - Pakistan, https://www.ecoi.net/en/ document/2022680.html , Zugriff 14.12.2020

•        USDOS - US Department of State [USA] (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Pakistan, https://www.ecoi.net/en/document/2026342.html, Zugriff 19.9.2020

•        

7        Ombudsmann

Letzte Änderung: 29.01.2021

Das Amt einer Föderalen Ombudsmann (Wafaqi Mohtasib) wurde 1983 geschaffen (Gov Pak 1983/2002). Der Ombudsmann führt unabhängige Ermittlungen zu Beschwerden über Fehlleistungen der Bundesverwaltung („maladministration") durch. Die Einschaltung des Ombudsmannes ist kostenlos und steht jedem Menschen offen. Der Ombudsmann behandelt jedoch keine Beschwerden, die laufende Gerichtsverfahren, ausländische Angelegenheiten oder Verteidigungsangelegenheiten betreffen. Es gibt unabhängige Ombudsmänner für Steuer-, Versi- cherungs- und Bankangelegenheiten, sowie bei Belästigung von Frauen am Arbeitsplatz (FOP o.D.).

Weiters gibt es Ombudsmänner, die von den Provinzen eingesetzt werden und die für Beschwerden gegen die Provinzverwaltungsbehörden zuständig sind (OM PJ o.D.; vgl. OM KP o.D.; OM SD o.D.). Es gibt einen Ombudsmann für Gefängnisinsassen mit einem zentralen Büro in Islamabad, sowie mit Büros in jeder Provinz. Das Sekretariat des föderalen Ombudsmannes für den Schutz vor Belästigung ist durch einen Gesetzesbeschluss des Parlaments im März 2010 eingerichtet worden. Das Gesetz verlangt die Einrichtung von zuständigen Ombudsmännern in jeder Provinz. Sindh, Gilgit-Balitstan, Punjab, Khyber Pakhtunkhwa und auch Belutschistan haben diese eingerichtet (USDOS 11.3.2020; vgl. Dawn 3.1.2019; TN 12.2.2020). Alle Regierungsstellen und privaten Büros sind verpflichtet, den Verhaltenskodex des föderalen Ombudsmannes bezüglich des Schutzes vor Belästigung an einem prominenten Ort in der Organisation und am Arbeitsplatz auszuhängen. Das Nichteinhalten dieser Bestimmung ist strafbar (TN 12.2.2020).

Quellen:

•        Dawn - (3.1.2019): KP gets first anti-harassment ombudsperson, https://www.dawn.com/news/14 55134 , Zugriff 14.12.2020,

•        FOP - Federal Ombudsman of Pakistan [Pakistan] (o.D.): What We Do, http://www.mohtasib.gov .pk/# , Zugriff 14.12.2020, S 4ff

•        Gov Pak - Government of Pakistan [Pakistan] (1983/2002): Establishment of the Office of Wafaqi Mohtasib (Ombudsman) Order, 1983, (Amended and updated vide Ordinance No. LXXII of 2002), www.theioi.org/downloads/68p6k/presidential-order-1983.pdf, Zugriff 14.12.2020,

•        OM KP - Provincial Ombudsman Khyber Pakhtunkhwa [Pakistan] (o.D.): Welcome to Ombudsman Office Peshawar, Khyber Pakhtunkhwa, https://www.ombudsmankp.gov.pk/, Zugriff 14.12.2020

•        OM PJ - Office of the Ombudsman Punjab [Pakistan] (o.D.): Ombudsman's Message, http://www. ombudsmanpunjab.gov.pk/, Zugriff 14.12.2020

•        OM SD - Provincial Ombudsman (Mohtasib) Sindh [Pakistan] (o.D.): Message from the Mohtasib- e-Aala Sindh (Ombudsman Sindh), http://www.mohtasibsindh.gov.pk/, Zugriff 14.12.2020

•        TN - The News (12.2.2020): Parliament should have been united on issues of women: Kashmala, https://www.thenews.com.pk/print/612803-parliament-should-have-been-united-on-issues-of-wo men-kashmala , Zugriff 14.12.2020

•        USDOS - US Department of State [USA] (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Pakistan, https://www.ecoi.net/en/document/2026342.html, Zugriff 14.12.2020

12       Religionsfreiheit

Letzte Änderung: 29.01.2021

Laut provisorischer Volkszählung von 2017 sind 96 % der ca. 210 Millionen Einwohner Pakistans Sunniten oder Schiiten. Laut Regierungsangaben setzen sich die restlichen 4 % aus Ahmadi Muslimen, Christen, Hindus, Zoroastriern, Bahai, Sikhs, Buddhisten, Kalasha, Kihal und Jainis- ten zusammen. Ca. 80-85 % der muslimischen Einwohner Pakistans sind Sunniten und 15-20 % Schiiten (USDOS 10.6.2020; vgl. CIA 19.8.2020). Laut Verfassung sind Angehörige der Qadiani oder der Lahori-Gruppe (Ahmadis) keine Muslime (USDOS 10.6.2020).

Artikel 2 der pakistanischen Verfassung erklärt den (sunnitischen) Islam zur Staatsreligion. Artikel 227 der pakistanischen Verfassung bindet das Rechtssystem an das islamische Recht. Der Shari’ah Act 1991 hat die Scharia zum höchsten Gesetz in Pakistan gemacht. Somit sind alle Gesetze in Pakistan im Einklang mit der Scharia auszulegen (BAMF 5.2020; vgl. USDOS

10.6.2020) . Grundsätzlich hat jede Person die Freiheit, ihre Religion selbst zu bestimmen und diese auch zu wechseln. Artikel 20 der Verfassung von 1973 garantiert die freie Religionsausübung (AA 29.9.2020; vgl. USDOS 10.6.2020) und auch das Recht, seine eigene Religion zu propagieren (USDOS 10.6.2020).

Nach wie vor bestehen aber jene Bestimmungen im Blasphemiegesetz, welche einen Vorwand für Gewalt gegen religiöse Minderheiten sowie für willkürliche Verhaftungen und Strafverfo

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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