TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/15 L524 1229815-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.03.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

15.03.2021

Norm

BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs4 Z4
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55
NAG §11

Spruch


L524 1229815-2/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei, vertreten durch RA Dr. Rudolf MAYER, Währinger Straße 3/14, 1090 Wien, gegen die Spruchpunkte I. bis IV. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.08.2020, Zl. XXXX , betreffend Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt befristetem Einreiseverbot, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.01.2021, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, reiste im Oktober 2001 illegal nach Österreich und stellte am 19.10.2001 einen Asylantrag. Dieser Antrag wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 03.03.2010, E6 229.815-0/2008-10E, gemäß §§ 7 und 8 AsylG 1997 als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerdeführer verblieb illegal in Österreich und verfügt seit 30.11.2011 über Aufenthaltstitel. Zuletzt wurde ihm der von 01.12.2017 bis 01.12.2018 gültige Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ erteilt. Am 23.11.2018 stellte der Beschwerdeführer einen Verlängerungsantrag.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 07.08.2020, Zl. XXXX , wurde gemäß § 52 Abs. 4 Z 4 FPG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Türkei zulässig sei (Spruchpunkt II.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.). Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde.

Mit Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.09.2020, L524 1229815-2/4Z, wurde der Beschwerde gegen Spruchpunkt V. stattgegeben und dieser gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Am 21.01.2021 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, an der der Beschwerdeführer und das BFA als Parteien teilnahmen. Die Ehegattin, die Tochter und der Bruder des Beschwerdeführers wurden als Zeugen einvernommen.

II. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, reiste im Oktober 2001 illegal in Österreich ein und stellte am 19.10.2001 einen Asylantrag. Dieser Antrag wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 03.03.2010, E6 229.815-0/2008-10E, gemäß §§ 7 und 8 AsylG 1997 als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerdeführer verblieb illegal in Österreich. Am 20.11.2011 wurde ihm erstmals ein Aufenthaltstitel erteilt. Zuletzt wurde ihm der von 01.12.2017 bis 01.12.2018 gültige Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ erteilt. Am 23.11.2018 stellte der Beschwerdeführer einen Verlängerungsantrag.

In Österreich leben die Mutter, der Bruder, die Ehefrau und die drei Kinder des Beschwerdeführers sowie Onkel und Cousins. Die Mutter des Beschwerdeführers hat einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot Karte plus“, der Bruder hat einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“.

Der Vater des Beschwerdeführers ist bereits verstorben. Drei Schwestern des Beschwerdeführers leben in der Türkei. Vom 04.08.2012 bis 20.08.2012 und vom 18.07.2018 bis 22.07.2018 hielt sich der Beschwerdeführer in der Türkei auf. Bei seinen Aufenthalten in der Türkei wohnt der Beschwerdeführer in einer Wohnung in XXXX . Die Mutter des Beschwerdeführers fährt alle sechs Monate in die Türkei, wo sie sich ca. einen Monat bei einer Tochter in XXXX aufhält.

Der Beschwerdeführer ist seit 2003 verheiratet und hat mit seiner Frau, die auch seine Cousine ist, drei gemeinsame Kinder. Die Ehegattin lebt seit ca. 30 Jahren in Österreich. Sie hat einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“. Sie bezieht Sozialhilfe und Kinderbeihilfe und hat ca. € 1.000,? im Monat zur Verfügung. Die Kinder des Beschwerdeführers sind 16, zehn und sieben Jahre alt. Auch die Kinder verfügen über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“. Die Ehefrau des Beschwerdeführers spricht nicht Deutsch. Die Umgangssprache der Ehegattin mit ihrer Familie ist Türkisch.

Die Ehegattin kümmert sich während der Gefängnisaufenthalte des Beschwerdeführers um die gemeinsamen Kinder. Familienangehörige der Ehegattin (Tanten, Onkel, Cousins, Cousinen) leben in XXXX , Türkei. Die Ehegattin hält sich ca. alle drei Jahre für ca. einen Monat in der Türkei zu Urlaubszwecken bei ihren Schwägerinnen auf.

Der Beschwerdeführer ist gelernter Dachdecker. Der Beschwerdeführer war von August bis Dezember 2015, von Juli bis Dezember 2016, von Juli bis Dezember 2017 und von April bis Dezember 2018 berufstätig. Ansonsten bezog der Beschwerdeführer (beginnend mit Dezember 2015) Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe. Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer von 2003 bis 2018 immer berufstätig war. Der Beschwerdeführer hat Schulden in Höhe von ca. € 20.000,?. Der Beschwerdeführer spricht Deutsch und Türkisch. Der Beschwerdeführer ist gesund.

Der Beschwerdeführer wurde insgesamt sieben Mal strafgerichtlich verurteilt:

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts XXXX vom 04.12.2012, ZI. XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Diebstahls nach Einbruch nach den §§ 127, 129 Z 1 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Der Beschwerdeführer hat am 10.07.2012 mit einem Mittäter einen Geldwechselautomaten samt € 120,? Bargeld durch Einbruch den Verfügungsberechtigten weggenommen, wobei sie den Diebstahl begingen, indem sie ein Fenster aufzwängten, in die Räumlichkeiten einstiegen, den Geldwechselautomaten aus der Verankerung rissen und abtransportierten.

Mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 10.10.2014, ZI. XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt. Der Beschwerdeführer hat vorschriftswidrig Suchtgifte erworben und besessen, wobei er die Straftaten ausschließlich zum persönlichen Gebrauch begangen hat, nämlich (1.) im Zeitraum Ende September 2012 bis 06.04.2014 durch mehrfachen Erwerb und Besitz unbekannter Mengen Marihuana (THC) und Methamphetamin und Besitz bis zum jeweiligen Eigenkonsum und (2.) durch Besitz von 0,1 Gramm Methamphetamin anlässlich der Sicherstellung durch Polizeibeamte am 06.02.2014.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts XXXX vom 27.01.2016, ZI. XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 zweiter und dritter Fall SMG, des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter und sechster Fall und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten und einer Geldstrafe von 120 Tagessätze à € 4,?, sohin gesamt € 480,? verurteilt. Der Beschwerdeführer hat Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b) übersteigenden Menge aus Tschechien aus- und in Österreich eingeführt und zwar (1.) im Sommer 2013 eine unbekannte Menge Crystal (2.) Ende 2013/Anfang 2014 zumindest 22 Gramm Crystal (3.) im August/September 2014 12 Gramm Crystal (4.) im Oktober 2014 7 Gramm Crystal und (5.) im Oktober/November 2014 in zwei bis drei mit einem PKW durchgeführten Schmuggelfahrten eine unbekannte Menge Crystal. Der Beschwerdeführer hat Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b) übersteigenden Menge anderen teils gewinnbringend, teils unentgeltlich überlassen und verschafft, indem er (1.) im Zeitraum von September 2014 bis Dezember 2014 in vier bis fünf Teilverkäufen jeweils 0,5 Gramm Crystal um jeweils € 30,? bis € 50,? sowie einmal 2 Gramm Crystal um € 150,? einer Person verkaufte und mehrmals geringe Mengen unentgeltlich überließ (2.) im Zeitraum von Oktober 2013 bis Oktober 2014 in zwei bis drei Angriffen jeweils 0,5 Gramm Crystal um € 20,? bis € 50,? an eine Person verkaufte (3.) im Zeitraum von Oktober 2013 bis Oktober 2014 in drei bis vier Angriffen jeweils 0,5 Gramm Crystal um € 30,? bis € 50,? an eine Person verkaufte (4.) im Zeitraum von Oktober 2013 bis Oktober 2014 in mehreren Angriffen eine insgesamt unbekannte Menge Crystal teils entgeltlich zum Grammpreis von € 80,? bis € 100,? und teils unentgeltlich vier Personen überließ (5.) im Zeitraum Anfang Dezember 2014 bis Jänner 2015 in mehreren Teilverkäufen insgesamt 6 bis 7 Gramm Crystal zum Grammpreis von € 100,? sowie 3 Gramm Kokain als Ersatz für zuvor verkaufte 5 Gramm angebliches Crystal um € 500,? an eine Person verkaufte (6.) im Zeitraum von Oktober/November 2013 bis Jänner 2014 in vier Teilverkäufen insgesamt 4,5 Gramm Crystal zum Grammpreis von € 100,? an eine Person verkaufte und dieser Person mehrfach geringe Mengen Crystal unentgeltlich überließ (7.) im Zeitraum von August 2014 bis November 2014 einer Person in mehreren Angriffen insgesamt 8 bis 9 Gramm Crystal teils unentgeltlich, teils als Gegenleistung für Chauffeurdienste bzw. für die Zurverfügungstellung von dessen PKW für die oben angeführten Schmuggelfahrten überließ (8.) im Februar 2015 eine geringe Menge Crystal unentgeltlich an eine Person überließ (9.) im Winter 2014/2015 mehrfach geringe Mengen Cannabiskraut an eine Person zum gemeinsamen Konsum überließ (10.) im Zeitraum von 2013 bis 2014 eine unbekannte Menge Crystal an unbekannte Abnehmer verkaufte und (11.) im Zeitraum von April 2014 bis Jänner 2015 unbekannte Abnehmer etwa ein- bis zweimal wöchentlich an ihm bekannte Crystalverkäufer vermittelte, wofür er von diesen teilweise Provisionen von 0,2 Gramm Crystal erhielt. Der Beschwerdeführer hat im Zeitraum von 07.04.2104 bis 29.08.2015, mit Ausnahme seiner Zeit in Haft von 16.03. bis 16.06.2015, ausschließlich zum persönlichen Gebrauch Suchtgifte erworben und bis zum Eigenkonsum bzw. bis zur polizeilichen Sicherstellung besessen und zwar insgesamt unbekannte Mengen Crystal, Cannabis, Kokain und „Subutex“, die teils aus den Schmuggelfahrten und teils aus Ankäufen von unbekannten, jedoch auch bekannten Verkäufern stammten.

Mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 22.11.2016, ZI. XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des Besitzes einer Waffe trotz Waffenverbots gemäß § 50 Abs. 1 Z 3 WaffG zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt. Der Beschwerdeführer hat ab einem nicht näher bekannten Zeitpunkt bis zur polizeilichen Sicherstellung am 30.07.2016, wenn auch nur fahrlässig, eine Waffe, nämlich ein Klappmesser mit dolchartig ausgebildeter Klinge besessen, obwohl ihm dies nach § 12 WaffG verboten ist.

Mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 09.11.2018, ZI. XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen zahlreicher Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster, zweiter und achter Fall, Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt. Mildernd war das umfassende Geständnis. Erschwerend waren die zahlreichen Tatwiederholungen, zwei einschlägige Vorstrafen, der sehr rasche Rückfall sowie der weitere Umstand, dass ein Teil der Straftaten auch bei anhängigem Strafverfahren begangen wurde. Dieser Verurteilung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Beschwerdeführer hat vorschriftswidrig Suchtgifte erworben, besessen und teilweise einem anderen überlassen, wobei er die Straftaten ausschließlich zum persönlichen Gebrauch begangen hat, nämlich:

1.       im Zeitraum 30.08. 2015 bis 08.01.2018 durch Erwerb und Besitz unbekannter Mengen Cannabiskraut (THC) zwei- bis dreimal wöchentlich sowie durch Erwerb und Besitz unbekannter Mengen Methamphetamin (Crystal Meth) drei- bis viermal monatlich;

2.       durch Erwerb und Besitz von 0,1 Gramm Methamphetamin am 03.11.2017 und Besitz bis zur Sicherstellung durch Polizeibeamte am 04.11.2017;

3.       durch Erwerb und Besitz einer Ecstasy Tablette „Nespresso“ am 18.11.2017 (0,4 Gramm MDMA) und Besitz bis zur polizeilichen Sicherstellung am 24.11.2017;

4.       durch Erwerb und Besitz unbekannter Mengen Ecstasy (MDMA) im Zeitraum 30.08.2015 bis 23.11.2017;

5.       durch Erwerb und Besitz von 18 Gramm Crystal Meth (Methamphetamin) im Zeitraum Juni 2017 bis Anfang August 2017 von einer näher genannten Person und Besitz bis zum Konsum;

6.       durch Erwerb und Besitz von zwei Gramm Cannabiskraut (THC) Ende Juni 2017 von einer näher genannten Person

7.       durch Erwerb und Besitz von einem Gramm Kokain am 07.01.2018 von einer bislang unbekannten Person und Besitz des Suchtgiftes bis zur polizeilichen Sicherstellung am 08.01.2018;

8.       durch Erwerb und Besitz unbekannter Mengen Cannabiskraut (THC) und Kokain in Form eines Joints bzw. zweier „Nasen“ am 08.01.2018;

9.       durch Erwerb und Besitz von 0,25 Gramm Kokain im Zeitraum März 2018 bis April 2018 sowie 0,25 Gramm Heroin, wobei er die Suchtgifte gemeinsam mit einer näher genannten Person konsumierte;

10.      durch Erwerb und Besitz von wiederholten Malen zwei bis drei Gramm Kokain und 0,5 Gramm bis einem Gramm Methamphetamin (Crystal Meth) sowie fünf bis 10 Gramm Cannabiskraut (THC) in einem im Jahr 2018 zurückliegenden Tatzeitpunkt bis zumindest Juni 2018.

Mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 13.08.2019, ZI. XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen zahlreicher Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt. Mildernd war das Geständnis. Erschwerend waren die drei einschlägigen Vorstrafen, der sehr rasche Rückfall und zahlreiche Tatwiederholungen. Der Beschwerdeführer hat zwischen Jänner 2018 und 25.02.2019 wiederholte Male vorschriftswidrig Suchtgifte erworben und besessen, wobei er in mehrfachen Angriffen eine insgesamt unbekannte Menge Marihuana (THC) sowie Crystal Meth (Methamphetamin) von bislang unbekannten Personen erworben und bis zum jeweiligen Eigenkonsum besessen hat, wobei er am 25.02.2019 bei Betretung durch die Polizei im Besitz von 12,7 Gramm Marihuana (THC) war und er sämtliche Straftaten ausschließlich zum persönlichen Gebrauch begangen hat.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts XXXX vom 15.05.2020, ZI. XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG, der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 siebter Fall SMG, der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG und des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 22 Monaten verurteilt. Dieser Verurteilung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Beschwerdeführer hat vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b) übersteigenden Menge anderen teils durch gewinnbringenden Verkauf überlassen und zwar:

1.       zwischen Ende Juli 2019 und Anfang September 2019 in Teilmengen zu 0,3 Gramm zu je € 60,? bis € 70,? insgesamt 6 Gramm Methamphetamin und 20 bis 25 Gramm Cannabiskraut zum Preis von € 50,?/3 Gramm an eine näher genannte Person;

2.       im Zeitraum 25.05.2019 bis Ende Jänner 2020 in Teilmengen zu ca. 0,3 Gramm insgesamt ca. 100 Gramm Methamphetamin kostenlos an eine näher genannte Person;

3.       von Juni 2019 bis Anfang September 2019 insgesamt ca. 10 Gramm Methamphetamin zum Grammpreis von € 100,? an eine näher genannte Person;

4.       zwischen Juni 2019 und Mitte Dezember 2019 in Teilmengen zu 0,2 Gram um je € 50,? insgesamt 5 Gramm Methamphetamin an eine näher genannte Person;

5.       von Februar 2019 bis Dezember 2019 5,4 Gramm Methamphetamin in Teilmengen zu 0,2 bzw. 0,4 Gramm je € 50,? bis € 100,? an eine näher genannte Person;

6.       im Jahr 2019 20 Gramm Cannabiskraut zum Grammpreis zwischen € 10,? und € 20,? sowie kostenlos drei Konsumeinheiten Methamphetamin an eine näher genannte Person;

7.       im November 2019 ein Gramm Methampethamin um € 100,? an eine näher genannte Person;

8.       Mitte November 2019 kostenlos eine Konsumeinheit Methamphetamin an eine näher genannte Person;

9.       im Juni 2019 insgesamt 0,45 Gramm Methamphetamin zum Preis von € 50,?/0,15 Gramm an eine näher genannte Person;

10.      im August 2019 0,4 Gramm Methamphetamin zum Grammpreis von € 100,? an eine näher genannte Person;

11.      zwischen Ende Mai 2019 und Anfang 2020 eine unbekannte Menge Cannabiskraut zum gemeinsamen Konsum an eine näher genannte Person;

12.      im Sommer 2019 eine unbekannte Menge Cannabiskraut zum gemeinsamen Konsum an eine näher genannte Person;

13.      zwischen Juli 2019 und Oktober 2019 insgesamt 3 Gramm Methamphetamin zum Grammpreis von € 100,? an eine näher genannte Person;

14.      Ende 2019/Anfang 2020 0,9 Gramm Methamphetamin an eine näher genannte Person;

Der Beschwerdeführer hat vorschriftswidrig Suchtgift erworben, besessen und anderen angeboten, indem er

1.       im Sommer 2019 eine unbekannte Menge Cannabiskraut einer näher genannten Person offerierte,

2.       ausschließlich zum persönlichen Gebrauch ab zumindest Ende Mai 2019 bis 13.02.2020 eine insgesamt unbekannte Menge Heroin, MDMA, Methamphetamin, Amphetamin und Cannabiskraut erwarb und bis zum Eigenkonsum bzw. bis zu nachgenannten polizeilichen Sicherstellung besaß, nämlich

a.       am 08.011.2019 1,1 Gramm Cannabiskraut und eine „Joint“ mit Tabak-Cannabis-Gemisch;

b.       am 28.11.2019 0,4 Gramm Methamphetamin (mit einer Reinheit von 79 +/- 0,43 %)

c.       am 11.01.2020 2,1 Gramm Cannabiskraut und 0,3 Gramm Tabak-Cannabis-Gemisch,

d.       am 10.02.2020 eine Konsumeinheit Heroin und einen „Joint“ mit Tabak-Cannabis-Gemisch;

Der Beschwerdeführer hat außerdem zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt 2018 mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, eine näher genannte Person unter Vorgabe, ihm Cannabiskraut zu verschaffen, zur Übergabe von € 40,? verleitet, wodurch der Genannte mit diesem Betrag an seinem Vermögen geschädigt wurde.

Der Beschwerdeführer befand sich von 16.03.2015 bis 16.06.2015, 01.03.2017 bis 01.06.2017, 25.02.2019 bis 24.05.2019 in Haft. Seit 13.02.2020 befindet sich der Beschwerdeführer erneut in Haft. Das errechnete Strafende ist der 13.04.2022.

Zur Türkei:

Gemäß der Verfassung besitzt jede Person mit seiner Persönlichkeit verbundene unantastbare, unübertragbare, unverzichtbare Grundrechte und Grundfreiheiten. Diese können gemäß Art. 13 der Verfassung nur durch Gesetz und mit der Maßgabe eingeschränkt werden, dass ihr Wesenskern unberührt bleibt. Die Beschränkungen dürfen nicht gegen Wortlaut und Geist der Verfassung, die Notwendigkeiten einer demokratischen Gesellschaftsordnung und der laizistischen Republik sowie gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Diesen Grundsätzen steht der Kampf gegen den Terrorismus als zentrale Rechtfertigung für die Einschränkung der Grund- und Freiheitsrechte gegenüber (ÖB 10.2019).

Die Türkei hat eine weit gefasste Definition von Terrorismus, die auch Verbrechen gegen die verfassungsmäßige Ordnung und die innere und äußere Sicherheit des Staates umfasst, die die Regierung regelmäßig einsetzt, um die legitime Ausübung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu kriminalisieren (USDOS 1.11.2019; vgl. ÖB 10.2019). Dieser Terrorismusbegriff ist mit dem Grundrechtsschutz unvereinbar (ÖB 10.2019). Das Europaparlament sieht die Antiterrormaßnahmen als Missbrauch zur Legitimation der Verstöße gegen die Menschenrechte und fordert die Türkei nachdrücklich auf, bei ihren Antiterrormaßnahmen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren und ihre Rechtsvorschriften zur Terrorbekämpfung an die internationalen Menschenrechtsnormen anzupassen (EP 13.3.2019).

Der EGMR spielt im Land eine besonders wichtige Rolle. Mit der Einführung der Individualbeschwerde seit September 2012 beruft sich das Verfassungsgericht noch häufiger auf die EMRK. Im Zuge des massenhaften strafrechtlichen Vorgehens gegen mutmaßliche Anhänger der Gülen-Bewegung kam es zu einer deutlichen Zunahme der Individualbeschwerden beim EGMR, die jedoch in der Regel am Erfordernis der innerstaatlichen Rechtswegerschöpfung scheitern (AA 14.6.2019). Im Jahr 2018 stellte der EGMR Verstöße gegen die EMRK in 142 Fällen (von 146) fest, die sich hauptsächlich auf das Recht auf ein faires Verfahren (41), die Meinungsfreiheit (40), das Recht auf Freiheit und Sicherheit (29), die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit (11), unmenschliche oder erniedrigende Behandlung (11) und das Verbot von Folter (10) bezogen (EC 29.5.2019; vgl. ECHR 1.2019a). Im Berichtszeitraum 2018 wurden vom EGMR 6.717 neue Anträge registriert (ECHR 1.2019b; vgl. EC 29.5.2019). Auf dem Höhepunkt 2017 waren es 25.978 (ECHR 1.2019b). Im Rahmen des verstärkten Überwachungsverfahrens gibt es derzeit 410 Verfahren gegen die Türkei (EC 29.5.2019). Mit Stand 31.10.2019 waren 8.700 Verfahren aus der Türkei, das waren 14,5% aller Fälle, am EGMR anhängig (ECHR 12.11.2019).

Die Türkei schaffte 2004 die Todesstrafe für alle Straftaten ab. Die letzte Hinrichtung erfolgte 1984 (AI 7.2018). Obwohl die Türkei dem Protokoll 13 der EMRK beigetreten ist, werden weiterhin von Regierungsvertretern, einschließlich des Präsidenten, Erklärungen zur Möglichkeit der Wiedereinführung der Todesstrafe abgegeben (EC 29.5.2019).

Die medizinische Primärversorgung ist flächendeckend ausreichend. Die sekundäre und post-operationelle Versorgung dagegen oft mangelhaft, nicht zuletzt aufgrund der mangelhaften sanitären Zustände und Hygienestandards in den staatlichen Spitälern, vor allem in ländlichen Gebieten und kleinen Provinzstädten (ÖB 10.2019). Trotzdem hat sich das staatliche Gesundheitssystem in den letzten Jahren strukturell und qualitativ erheblich verbessert - vor allem in ländlichen Gegenden sowie für die arme, (bislang) nicht krankenversicherte Bevölkerung. Auch wenn Versorgungsdefizite - vor allem in ländlichen Provinzen - bei der medizinischen Ausstattung und im Hinblick auf die Anzahl von Ärzten bzw. Pflegern bestehen, sind landesweit Behandlungsmöglichkeiten für alle Krankheiten gewährleistet. Landesweit wächst die Zahl der Krankenhäuser (2017: 1.518), davon ca. 60% in staatlicher Hand mit einer Kapazität von knapp 226.000 Betten. Die Behandlung bleibt für die bei der staatlichen Krankenversicherung Versicherten mit Ausnahme der „Praxisgebühr“ gratis (AA 14.6.2019).

Die Gesundheitsreform ist als Erfolg zu werten, da mittlerweile 90% der Bevölkerung eine Krankenversicherung haben, und die Müttersterblichkeit bei Geburt um 70%, und die Kindersterblichkeit um 2/3 gesunken ist. Die Welt-Bank warnt jedoch vor explodierenden Kosten. Zahlreiche Ärzte kritisieren die sinkende Qualität der Behandlungen aufgrund der reduzierten Konsultationsdauer und der geringeren Ressourcen pro Patient (ÖB 10.2019).

Grundsätzlich können sämtliche Erkrankungen in staatlichen Krankenhäusern angemessen behandelt werden, insbesondere auch chronische Erkrankungen wie Krebs, Niereninsuffizienz (Dialyse), Diabetes, Aids, Drogenabhängigkeit und psychiatrische Erkrankungen. Wartezeiten in den staatlichen Krankenhäusern liegen bei wichtigen Behandlungen/Operationen in der Regel nicht über 48 Stunden. Im Fall von Krebsbehandlungen kann nach aktuellen Medienberichten aufgrund des gesunkenen Wertes der türkischen Währung keine ausreichende Versorgung mit bestimmten Medikamenten aus dem Ausland gewährleistet werden; es handelt sich aber nicht um ein flächendeckendes Problem (AA 14.6.2019).

Das neu eingeführte, seit 2011 flächendeckend etablierte Hausarztsystem ist von der Eigenanteil-Regelung ausgenommen. Nach und nach hat das Hausarztsystem die bisherigen Gesundheitsstationen (Sa?l?k Oca??) abgelöst und zu einer dezentralen medizinischen Grundversorgung geführt. Die Inanspruchnahme des Hausarztes ist freiwillig (AA 14.6.2019).

Um vom türkischen Gesundheits- und Sozialsystem profitieren zu können, müssen sich in der Türkei lebende Personen bei der türkischen Sozialversicherungsbehörde (Sosyal Guvenlik Kurumu - SGK) anmelden. Gesundheitsleistungen werden sowohl von privaten als auch von staatlichen Institutionen angeboten. Sofern Patienten bei der SGK versichert sind, sind Behandlungen in öffentlichen Krankenhäusern kostenlos. Die Kosten von Behandlungen in privaten Krankenhäusern werden von privaten Versicherungen gedeckt. Versicherte der SGK erhalten folgende Leistungen kostenlos: Impfungen, Diagnosen und Laboruntersuchungen, Gesundheitschecks, Schwangerschafts- und Geburtenbetreuung, Notfallbehandlungen. Beiträge sind einkommensabhängig und fangen bei Lira 76,75 an (IOM 2019).

Rückkehrer aus dem Ausland werden bei der SGK-Registrierung nicht gesondert behandelt. Sobald Begünstigte bei der SGK registriert sind, gelten Kinder und Ehepartner/-in automatisch als versichert und profitieren von einer kostenlosen Gesundheitsversorgung. Rückkehrer können sich bei der ihrem Wohnort nächstgelegenen SKG-Behörde registrieren (IOM 2019).

Abgeschobene türkische Staatsangehörige werden von der Türkei rückübernommen. Das Verfahren ist jedoch oft langwierig. Probleme von Rückkehrern infolge einer Asylantragstellung im Ausland sind nicht bekannt. Nach Artikel 23 der türkischen Verfassung bzw. Paragraf 3 des türkischen Passgesetzes ist die Türkei zur Rückübernahme türkischer Staatsangehöriger verpflichtet, wenn zweifelsfrei der Nachweis der türkischen Staatsangehörigkeit vorliegt (ÖB 10.2019).

III. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers und zu seiner illegalen Einreise in Österreich, der Stellung eines Asylantrags und der Abweisung des Asylantrags ergeben sich aus dem Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 03.03.2010, E6 229.815-0/2008-10E. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer nach der Abweisung seines Asylantrags illegal in Österreich verblieb, gründet sich darauf, dass der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung auf die Frage, ob er nach der Abweisung des Asylantrags in die Türkei zurückkehrte angab, dass nicht in die Türkei zurückgekehrt sei, sondern in Österreich geblieben sei (OZ 16, S 4f). Da dem Beschwerdeführer erst im November 2011 ein Aufenthaltstitel erteilt wurde, erfolgte die Feststellung, dass der Beschwerdeführer von März 2010 bis November 2011 illegal in Österreich aufhältig war.

Die Feststellungen zu den Aufenthaltstiteln und dem Verlängerungsantrag des Beschwerdeführers ergeben sich aus einem IZR-Auszug.

Die Feststellungen zur Berufstätigkeit des Beschwerdeführers und zum Bezug von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe ergeben sich aus einem Sozialversicherungsdatenauszug (AS 811 bis 814) und seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung (OZ 16, S 4). Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer von 2003 bis 2018 immer berufstätig war. Die Ehegattin des Beschwerdeführers behauptete dies zwar, doch widerspricht diese Behauptung dem Sozialversicherungsdatenauszug, aus dem nur die festgestellten Berufstätigkeiten und der Bezug von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe hervorgehen. Wenn der Beschwerdeführer Arbeitslosengeld und Notstandshilfe bezogen hat, steht zweifelsfrei fest, dass er nicht berufstätig war. Daran kann die bloße Behauptung der Ehegattin, er hätte gearbeitet, nichts ändern.

Die Feststellungen zu den Aufenthalten in der Türkei in den Jahren 2012 und 2018 ergeben sich aus Ein- und Ausreisestempeln im Reisepass des Beschwerdeführers (AS 609).

Die Feststellungen zu den in Österreich und der Türkei lebenden Familienangehörigen und dem Aufenthaltsort des Beschwerdeführers in der Türkei ergeben sich aus seiner Stellungnahme vom 25.04.2019 (AS 395 bis 398). Die Feststellungen zur Ehegattin ergeben sich aus ihren Angaben vor dem BFA (AS 711 bis 715). Die Feststellung zur Umgangssprache der Ehegattin und ihren Aufenthalten in der Türkei ergeben sich aus den Angaben in der mündlichen Verhandlung (OZ 16, S 8 und 10). Die Feststellungen zu den Aufenthalten seiner Mutter in der Türkei ergeben sich aus seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung (OZ 16, S 4). Die Feststellungen zu den Aufenthaltstiteln der Kinder, der Ehegattin, des Bruders und der Mutter des Beschwerdeführers ergeben sich aus IZR-Auszügen. Die Feststellung zum Bezug von Sozialhilfe und Kinderbeihilfe und die Feststellung, dass die Ehegattin ca. € 1.000,? im Monat zur Verfügung hat, ergeben sich aus den Angaben in der mündlichen Verhandlung (OZ 16, S 8 und 11).

Die Feststellungen zu den Verurteilungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus den angeführten Strafurteilen. Die Feststellungen zu den Haften, der aktuellen Haft und dem errechneten Haftende ergeben sich aus Vollzugsinformationen (AS 797 bis 809).

Die Feststellung zu den Schulden des Beschwerdeführers ergibt sich aus seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung (OZ 16, S 4).

Die Feststellungen zur Situation bei Rückkehr in die Türkei beruhen auf dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, welches bereits vom BFA im angefochtenen Bescheid herangezogen wurde. Den Feststellungen zur Situation in der Türkei wurde nicht substantiiert entgegengetreten.

IV. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Rückkehrentscheidung (Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides):

1. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:

§ 52 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) lautet auszugsweise:

„Rückkehrentscheidung

§ 52. (1) – (3) …

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1.         - 3. …
4.         der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder
5.         …

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) – (8) …

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.“

§ 11 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) lautet auszugsweise:

„Allgemeine Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel

§ 11. (1) …

(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn
1.         der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;
2.         der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;
3.         der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;
4.         der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;
5.         durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden;
6.         der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, rechtzeitig erfüllt hat, und
7.         in den Fällen der §§ 58 und 58a seit der Ausreise in einen Drittstaat gemäß § 58 Abs. 5 mehr als vier Monate vergangen sind.

(3) …

(4) Der Aufenthalt eines Fremden widerstreitet dem öffentlichen Interesse (Abs. 2 Z 1), wenn
1.         sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde oder
2.         …

(5) - (7) …“

§ 9 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) lautet auszugsweise:

„Schutz des Privat- und Familienlebens

§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1.         die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2.         das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3.         die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4.         der Grad der Integration,
5.         die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6.         die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7.         Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8.         die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9.         die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.“

2. Der Beschwerdeführer hatte einen bis 01.12.2018 gültigen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot Karte plus“ und stellte vor dessen Ablauf einen Verlängerungsantrag. Er ist daher gemäß § 24 Abs. 1 NAG bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

Wenn der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht, ist gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, eine Rückkehrentscheidung zu erlassen. Ein solcher Versagungsgrund liegt nach §11 Abs. 2 Z 1 NAG vor, wenn der Aufenthalt des Fremden öffentlichen Interessen widerstreitet. Dieses Kriterium ist gemäß § 11 Abs. 4 Z 1 NAG dann erfüllt, wenn der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.

Es ist daher zu prüfen, ob der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.

Bei der Prüfung, ob die Annahme, dass der (weitere) Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde, gerechtfertigt ist, muss eine das Gesamtverhalten des Fremden berücksichtigende Prognosebeurteilung vorgenommen werden. Dabei hat die Behörde im Fall von strafgerichtlichen Verurteilungen gestützt auf das diesen zu Grunde liegende Fehlverhalten (zu ergänzen: unter Berücksichtigung der Art und Schwere der Straftat) eine Gefährdungsprognose zu treffen. Die damit erforderliche, auf den konkreten Fall abstellende individuelle Prognosebeurteilung ist jeweils anhand der Umstände des Einzelfalles vorzunehmen (vgl. VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0062 unter Hinweis auf VwGH 14.04.2011, 2008/21/0257).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in Bezug auf Suchtgiftdelinquenz bereits wiederholt festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (vgl. VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0249 unter Hinweis auf VwGH 20.12.2012, 2011/23/0554, mwN).

Außerdem besteht ein großes öffentliches Interesse an der Einhaltung der waffengesetzlichen Bestimmungen (vgl. VwGH 03.05.2005, 2005/18/0076).

Der Beschwerdeführer wurde sieben Mal strafgerichtlich verurteilt. Fünf Verurteilungen betrafen Verbrechen und Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz und eine Verurteilung betraf einen Verstoß gegen das Waffengesetz. Erstmals im Jahr 2014 wurde der Beschwerdeführer wegen Verstößen gegen das Suchtmittelgesetzt verurteilt. Weitere solche Verurteilungen folgten in den Jahren 2015, 2018, 2019 und 2020. Die erfahrungsgemäß hohe Wiederholungsgefahr ist durch diese Verurteilungen des Beschwerdeführers geradezu erwiesen. Schließlich ist zu bedenken, dass der Beschwerdeführer Schulden in Höhe von € 20.000,? hat, die ebenso eine Wiederholungsgefahr als wahrscheinlich erscheinen lassen.

Den letzten drei Verurteilung nach dem Suchtmittelgesetz lagen folgende Tatumstände zu Grunde:

Der Beschwerdeführer hat im Zeitraum 2015 bis 2018 vorschriftswidrig Suchtgifte erworben, besessen und teilweise einem anderen überlassen, wobei er die Straftaten ausschließlich zum persönlichen Gebrauch begangen hat. Hierfür wurde er 2018 wegen zahlreicher Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster, zweiter und achter Fall, Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt. Mildernd war das umfassende Geständnis. Erschwerend waren die zahlreichen Tatwiederholungen, zwei einschlägige Vorstrafen, der sehr rasche Rückfall sowie der weitere Umstand, dass ein Teil der Straftaten auch bei anhängigem Strafverfahren begangen wurde. Der Beschwerdeführer hat vorschriftswidrig Suchtgifte erworben, besessen und teilweise einem anderen überlassen, wobei er die Straftaten ausschließlich zum persönlichen Gebrauch begangen hat, nämlich: (1.) im Zeitraum 30.08. 2015 bis 08.01.2018 durch Erwerb und Besitz unbekannter Mengen Cannabiskraut (THC) zwei- bis dreimal wöchentlich sowie durch Erwerb und Besitz unbekannter Mengen Methamphetamin (Crystal Meth) drei- bis viermal monatlich; (2.) durch Erwerb und Besitz von 0,1 Gramm Methamphetamin am 03.11.2017 und Besitz bis zur Sicherstellung durch Polizeibeamte am 04.11.2017; (3.) durch Erwerb und Besitz einer Ecstasy Tablette „Nespresso“ am 18.11.2017 (0,4 Gramm MDMA) und Besitz bis zur polizeilichen Sicherstellung am 24.11.2017; (4.) durch Erwerb und Besitz unbekannter Mengen Ecstasy (MDMA) im Zeitraum 30.08.2015 bis 23.11.2017; (5.) durch Erwerb und Besitz von 18 Gramm Crystal Meth (Methamphetamin) im Zeitraum Juni 2017 bis Anfang August 2017 von einer näher genannten Person und Besitz bis zum Konsum; (6.) durch Erwerb und Besitz von zwei Gramm Cannabiskraut (THC) Ende Juni 2017 von einer näher genannten Person (7.) durch Erwerb und Besitz von einem Gramm Kokain am 07.01.2018 von einer bislang unbekannten Person und Besitz des Suchtgiftes bis zur polizeilichen Sicherstellung am 08.01.2018; (8.) durch Erwerb und Besitz unbekannter Mengen Cannabiskraut (THC) und Kokain in Form eines Joints bzw. zweier „Nasen“ am 08.01.2018; (9.) durch Erwerb und Besitz von 0,25 Gramm Kokain im Zeitraum März 2018 bis April 2018 sowie 0,25 Gramm Heroin, wobei er die Suchtgifte gemeinsam mit einer näher genannten Person konsumierte; (10.) durch Erwerb und Besitz von wiederholten Malen zwei bis drei Gramm Kokain und 0,5 Gramm bis einem Gramm Methamphetamin (Crystal Meth) sowie fünf bis 10 Gramm Cannabiskraut (THC) in einem im Jahr 2018 zurückliegenden Tatzeitpunkt bis zumindest Juni 2018.

Der Beschwerdeführer hat zwischen Jänner 2018 und 25.02.2019 wiederholte Male vorschriftswidrig Suchtgifte erworben und besessen, wobei er in mehrfachen Angriffen eine insgesamt unbekannte Menge Marihuana (THC) sowie Crystal Meth (Methamphetamin) von bislang unbekannten Personen erworben und bis zum jeweiligen Eigenkonsum besessen hat, wobei er am 25.02.2019 bei Betretung durch die Polizei im Besitz von 12,7 Gramm Marihuana (THC) war und er sämtliche Straftaten ausschließlich zum persönlichen Gebrauch begangen hat. Hierfür wurde der Beschwerdeführer 2019 wegen zahlreicher Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt. Mildernd war das Geständnis. Erschwerend waren die drei einschlägigen Vorstrafen, der sehr rasche Rückfall und zahlreiche Tatwiederholungen.

Der Beschwerdeführer hat zwischen Jänner 2018 und 25.02.2019 wiederholte Male vorschriftswidrig Suchtgifte erworben und besessen, wobei er in mehrfachen Angriffen eine insgesamt unbekannte Menge Marihuana (THC) sowie Crystal Meth (Methamphetamin) von bislang unbekannten Personen erworben und bis zum jeweiligen Eigenkonsum besessen hat, wobei er am 25.02.2019 bei Betretung durch die Polizei im Besitz von 12,7 Gramm Marihuana (THC) war und er sämtliche Straftaten ausschließlich zum persönlichen Gebrauch begangen hat.

Zuletzt hat der Beschwerdeführer im Zeitraum Mai 2019 bis Anfang 2020 vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b) übersteigenden Menge anderen teils durch gewinnbringenden Verkauf überlassen. Der Beschwerdeführer hat vorschriftswidrig Suchtgift erworben, besessen und anderen angeboten. Dafür wurde der Beschwerdeführer 2020 wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG, der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 siebter Fall SMG, der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG und des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 22 Monaten verurteilt. Der Beschwerdeführer hat vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b) übersteigenden Menge anderen teils durch gewinnbringenden Verkauf überlassen und zwar: (1.) zwischen Ende Juli 2019 und Anfang September 2019 in Teilmengen zu 0,3 Gramm zu je € 60,? bis € 70,? insgesamt 6 Gramm Methamphetamin und 20 bis 25 Gramm Cannabiskraut zum Preis von € 50,?/3 Gramm an eine näher genannte Person; (2.) im Zeitraum 25.05.2019 bis Ende Jänner 2020 in Teilmengen zu ca. 0,3 Gramm insgesamt ca. 100 Gramm Methamphetamin kostenlos an eine näher genannte Person; (3.) von Juni 2019 bis Anfang September 2019 insgesamt ca. 10 Gramm Methamphetamin zum Grammpreis von € 100,? an eine näher genannte Person; (4.) zwischen Juni 2019 und Mitte Dezember 2019 in Teilmengen zu 0,2 Gram um je € 50,? insgesamt 5 Gramm Methamphetamin an eine näher genannte Person; (5.) von Februar 2019 bis Dezember 2019 5,4 Gramm Methamphetamin in Teilmengen zu 0,2 bzw. 0,4 Gramm je € 50,? bis € 100,? an eine näher genannte Person; (6.) im Jahr 2019 20 Gramm Cannabiskraut zum Grammpreis zwischen € 10,? und € 20,? sowie kostenlos drei Konsumeinheiten Methamphetamin an eine näher genannte Person; (7.) im November 2019 ein Gramm Methamphetamin um € 100,? an eine näher genannte Person; (8.) Mitte November 2019 kostenlos eine Konsumeinheit Methamphetamin an eine näher genannte Person; (9.) im Juni 2019 insgesamt 0,45 Gramm Methamphetamin zum Preis von € 50,?/0,15 Gramm an eine näher genannte Person; (10.) im August 2019 0,4 Gramm Methamphetamin zum Grammpreis von € 100,? an eine näher genannte Person; (11.) zwischen Ende Mai 2019 und Anfang 2020 eine unbekannte Menge Cannabiskraut zum gemeinsamen Konsum an eine näher genannte Person; (12.) im Sommer 2019 eine unbekannte Menge Cannabiskraut zum gemeinsamen Konsum an eine näher genannte Person; (13.) zwischen Juli 2019 und Oktober 2019 insgesamt 3 Gramm Methamphetamin zum Grammpreis von € 100,? an eine näher genannte Person und (14.) Ende 2019/Anfang 2020 0,9 Gramm Methamphetamin an eine näher genannte Person. Der Beschwerdeführer hat vorschriftswidrig Suchtgift erworben, besessen und anderen angeboten, indem er im Sommer 2019 eine unbekannte Menge Cannabiskraut einer näher genannten Person offerierte und ausschließlich zum persönlichen Gebrauch ab zumindest Ende Mai 2019 bis 13.02.2020 eine insgesamt unbekannte Menge Heroin, MDMA, Methamphetamin, Amphetamin und Cannabiskraut erwarb und bis zum Eigenkonsum bzw. bis zu nachgenannten polizeilichen Sicherstellung besaß, nämlich (a) am 08.011.2019 1,1 Gramm Cannabiskraut und eine „Joint“ mit Tabak-Cannabis-Gemisch; (b) am 28.11.2019 0,4 Gramm Methamphetamin (mit einer Reinheit von 79 +/- 0,43 %), (c) am 11.01.2020 2,1 Gramm Cannabiskraut und 0,3 Gramm Tabak-Cannabis-Gemisch und (d) am 10.02.2020 eine Konsumeinheit Heroin und einen „Joint“ mit Tabak-Cannabis-Gemisch. Der Beschwerdeführer hat außerdem zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt 2018 mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, eine näher genannte Person unter Vorgabe, ihm Cannabiskraut zu verschaffen, zur Übergabe von € 40,? verleitet, wodurch der Genannte mit diesem Betrag an seinem Vermögen geschädigt wurde.

Das vom Beschwerdeführer gezeigte Verhalten lässt eine massive Herabsetzung der inneren Hemmschwelle und das Vorliegen einer hohen kriminellen Energie erkennen. Der Beschwerdeführer wird seit neun Jahren regelmäßig straffällig und selbst während eines anhängigen Strafverfahrens wurde er erneut straffällig. In einer Stellungnahme an das BFA vom April 2019 entschuldigte sich der Beschwerdeführer zwar für seine Fehler und behauptete, dass der Aufenthalt in der Haftanstalt für ihn eine Erfahrung gewesen sei, die er nie wieder erleben möchte (AS 397), allerdings zeigt die erneute Haft seit 13.02.2020, dass es sich dabei nur um leere Worte handelte und das Haftübel keine Verhaltensänderung beim Beschwerdeführer bewirkt. Zu seinen Verurteilungen gab der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung auch nur an, dass er damals süchtig gewesen sei und keine guten Gedanken gehabt habe. Es steht daher außer Zweifel, dass das vom Beschwerdeführer gezeigte Verhalten ein Fehlen einer Verbundenheit zu rechtsstaatlich geschützten Werten sowie Interessen und Rechten anderer erkennen lässt und eine schwerwiegende Beeinträchtigung öffentlicher Interessen darstellt. Es muss von einer nachdrücklichen Manifestierung der Gefährlichkeit ausgegangen werden.

Der Wohlverhaltenszeitraum des Fremden in Freiheit ist üblicherweise umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden manifestiert hat (vgl. VwGH 26.04.2018, Ra 2018/21/0027 unter Hinweis auf VwGH 22.01.2015, Ra 2014/21/0009). Der Beschwerdeführer befindet sich derzeit in Haft. Ein Wohlverhaltenszeitraum liegt daher noch nicht vor. Von einem Gesinnungswandel und einer positiven Zukunftsprognose kann der nicht ausgegangen werden.

Der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers würde daher die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden. Damit widerstreitet der Aufenthalt des Beschwerdeführers öffentlichen Interessen gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 NAG.

Der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels steht somit ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG entgegen, weshalb gemäß § 52 Abs. 4 Z 4 FPG eine Rückkehrentscheidung zu erlassen ist.

3. Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung ist unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK ihre Verhältnismäßigkeit am Maßstab des § 9 BFA-VG zu prüfen. Nach dessen Abs. 1 ist nämlich (ua) die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei Beurteilung dieser Frage ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101; 20.10.2016, Ra 2016/21/0198). Das gilt aber nicht nur für die Rückkehrentscheidung und für das in § 9 Abs. 1 BFA-VG weiters ausdrücklich genannte Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG, sondern auch für das – nur bei gleichzeitiger Erlassung einer Rückkehrentscheidung zulässige – Einreiseverbot iSd § 53 FPG, in dessen Abs. 2 und 3 in Bezug auf die Bemessung der Dauer auch die Abwägung nach Art. 8 EMRK angesprochen wird (vgl. VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0062 unter Hinweis auf VwGH 03.09.2015, Ra 2015/21/0111; 30.06.2016, Ra 2016/21/0179).

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Vom Prüfungsumfang des Begriffes des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

Unter dem „Privatleben“ sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Der Beschwerdeführer ist mit einer türkischen Staatsangehörigen verheiratet und hat mit ihr drei gemeinsame Kinder, die ebenso türkische Staatsangehörige sind. Durch die Rückkehrentscheidung erfolgt daher ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers.

Es ist zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK, in verhältnismäßiger Weise verfolgt.

Vom Prüfungsumfang des Begriffes des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Familiäre Beziehungen unter Erwachsenen fallen dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. VwGH 25.06.2019, Ra 2019/14/0260 unter Hinweis auf VwGH 02.08.2016, Ra 2016/18/0049). Hinsichtlich der Mutter und des Bruders des Beschwerdeführers sind keine zusätzlichen Merkmale der Abhängigkeit hervorgekommen, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. VfGH 09.06.2006, B 1277/04; VwGH 17.11.2009, 2007/20/0955). Diesbezüglich liegt daher kein Eingriff in ein Familienleben vor.

Die Rückkehrentscheidung bewirkt eine zeitweilige Trennung des Beschwerdeführers von seiner Ehefrau und seinen Kindern. Dies ist aber gerechtfertigt, da dem öffentlichen Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme auf Grund der gravierenden Straffälligkeit des Beschwerdeführers ein sehr großes Gewicht zukommt.

Die durch eine aufenthaltsbeendende Maßnahme bewirkte Trennung von Familienangehörigen ist im großen öffentlichen Interesse an der Verhinderung von Suchtgiftkriminalität in bestimmten Konstellationen in Kauf zu nehmen (vgl. VwGH 15.04.2020, Ra 2019/18/0270 unter Hinweis auf VwGH 5.10.2017, Ra 2017/21/0174; VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0271).

Eine Trennung von einem österreichischen oder in Österreich dauerhaft niedergelassenen Ehepartner ist im Ergebnis nur dann gerechtfertigt, wenn dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme insgesamt ein sehr großes Gewicht beizumessen ist, wie insbesondere bei Straffälligkeit des Fremden (vgl. VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0162 unter Hinweis auf VwGH 23.03.2017, Ra 2016/21/0199; VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0271).

Insbesondere schwerwiegende kriminelle Handlungen – etwa nach dem SMG –, aus denen sich eine vom Fremden ausgehende Gefährdung ergibt, können die Erlassung einer Rückkehrentscheidung daher auch dann tragen, wenn diese zu einer Trennung von Familienangehörigen führt (vgl. VwGH 28.11.2019, Ra 2019/19/0359 unter Hinweis auf VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0174; 26.06.2019, Ra 2019/21/0034).

Es liegen auch unter Beachtung des Kindeswohles keine außergewöhnlichen Umstände vor, die eine Verletzung des Art. 8 EMRK erkennen lassen. Gerade wenn ein Kind auf die Pflege und Obsorge durch einen Elternteil angewiesen ist, könnte eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gegen diesen Elternteil eine Verletzung nach Art. 8 EMRK darstellen, wenn dem Kind eine Ausreise mit diesem nicht zumutbar wäre (vgl. VwGH 18.10.2012 unter Hinweis auf VwGH 20.12.2011, 2011/23/0254). Der Beschwerdeführer befand sich von 16.03.2015 bis 16.06.2015, 01.03.2017 bis 01.06.2017 und 25.02.2019 bis 24.05.2019 in Haft. Seit 13.02.2020 befindet sich der Beschwerdeführer erneut in Haft. Das errechnete Haftende ist der 13.04.2022. Während der vergangenen Gefängnisaufenthalte sowie des aktuellen Gefängnisaufenthalts des Beschwerdeführers kümmert sich die Ehefrau des Beschwerdeführers alleine um die drei Kinder. Es sind keine Anhaltspunkte für eine enge Bindung des Beschwerdeführers zu seinen Kindern hervorgekommen. Die Ehegattin kam in der Vergangenheit alleine mit ihren drei Kindern zurecht. Es ist auch nicht hervorgekommen, dass die Kinder auf die Pflege und Obsorge durch den Beschwerdeführer angewiesen wären. Die Ehegattin bezieht Sozialhilfe und Kinderbeihilfe und hat ca. € 1.000,? im Monat zur Verfügung. Der Beschwerdeführer kann seine Ehegattin und seine Kinder auch von der Türkei aus finanziell unterstützen. Außerdem halten sich die Mutter, ein Bruder und weitere Verwandte des Beschwerdeführers in Österreich auf, auf deren Unterstützung die Ehegattin zurückgreifen kann.

Dem Beschwerdeführer steht es auch frei, seine Bindungen zur Ehefrau und den Kindern in Österreich durch briefliche, telefonische oder elektronische Kontakte aufrecht zu erhalten, da die Kinder zum Zeitpunkt der Haftentlassung des Beschwerdeführers 18 Jahre, zwölf Jahre und knapp zehn Jahre alt sein werden (vgl. VwGH 23.02.2017, Ra 2016/21/0235).

Dem Vater eines Kindes (und umgekehrt) kommt grundsätzlich das Rechts auf persönlichen Kontakt zu (vgl. VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0128 unter Hinweis auf VwGH 16.5.2012, 2011/21/0277, mwN; vgl. etwa auch VfGH 12.10.2016, E 1349/2016). Dieser Kontakt kann durch Besuche der Ehegattin und der Kinder in der Türkei aufrechterhalten werden. Die Ehegattin hält sich ca. alle drei Jahre zu Urlaubszwecken für ca. einen Monat in der Türkei auf und lebt dabei bei ihren Schwägerinnen in XXXX . Der Familie steht damit auch eine Wohnmöglichkeit zur Verfügung. Die Ehegattin konnte keine Gründe nennen, die gegen Besuche in die Türkei sprechen würden. Sie wich der Frage in der mündlichen Verhandlung mehrfach aus. Ihren Aussagen kann nur entnommen werden, dass sie lieber in Österreich wohnen möchte. Mit den Besuchsmöglichkeiten ist auch Art. 24 Abs. 3 GRC (der Art. 2 Abs. 1 Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern entspricht), wonach jedes Kind Anspruch auf regelmäßige persönliche Beziehungen und direkten Kontakt zu beiden Elternteilen hat, nicht verletzt, weil der Kontakt nicht ausgeschlossen oder verunmöglicht wird.

Der Beschwerdeführer hält sich seit Oktober 2001 und damit seit mehr als 19 Jahren in Österreich auf.

Es trifft zwar zu, dass im Rahmen einer Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt eines Fremden in der Regel von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen ist (vgl. VwGH 01.02.2019, Ra 2019/01/0027, mwN). Diese Rechtsprechung betraf allerdings nur Konstellationen, in denen sich aus dem Verhalten des Fremden – abgesehen vom unrechtmäßigen Verbleib in Österreich – sonst keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ergab. Die "Zehn-Jahres-Grenze" spielte in der bisherigen Judikatur nur dann eine Rolle, wenn einem Fremden kein – massives – strafrechtliches Fehlverhalten vorzuwerfen war (vgl. VwGH 28.02.2019, Ra 2018/01/040

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten