Entscheidungsdatum
16.03.2021Norm
ASVG §7Spruch
W209 2229904-2/2E
Im Namen der Republik!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , XXXX , vertreten durch PwC Legal – Öhner & Partner Rechtsanwälte GmbH, Donau-City-Straße 7, 1220 Wien, gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen, Landesstelle Wien, vom 27.02.2020, betreffend Feststellung der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 3 Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz (GSVG) sowie in der Unfallversicherung gemäß § 8 Abs. 1 Z 3 lit. a Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), dass gemäß § 35b GSVG keine Verpflichtung besteht, Beiträge in der Krankenversicherung zu zahlen, sowie der vorläufigen Beitragsgrundlagen in der Pensionsversicherung zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit beschwerdegegenständlichem Bescheid vom 27.02.2020 stellte die belangte Behörde (im Folgenden: SVS) über Antrag des Beschwerdeführers vom 16.01.2020 fest, dass dieser seit 10.10.2018 der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG sowie der Unfallversicherung nach § 8 Abs. 1 Z 3 lit. a ASVG unterliege (Spruchpunkt 1.), gemäß § 35b GSVG nicht verpflichtet sei, Beiträge in der Krankenversicherung zu zahlen, (Spruchpunkt 2.) und die vorläufige monatliche Beitragsgrundlage in der Pensionsversicherung im Jahr 2018 € 654,25, im Jahr 2019 € 654,25 sowie im Jahr 2020 € 574,36 betrage (Spruchpunkt 3.).
Begründend wurde ausgeführt (zusammengefasst), dass unstrittig feststehe, dass der Beschwerdeführer u.a. angestellter Rechtsanwalt und aus diesem Grund gemäß § 7 Z 1 lit. e ASVG in der Kranken- und Unfallversicherung nach dem ASVG teilversichert sei. Aufgrund dieser Tätigkeit leiste er bereits bis zur Höchstbeitragsgrundlage Beiträge in der Kranken- und Unfallversicherung. Darüber hinaus sei er bei der Rechtsanwaltskammer Wien pensionsversichert und seit 09.10.2018 geschäftsführender Gesellschafter der XXXX GmbH, FN XXXX , deren Geschäftszweig mit "Beteiligungsverwaltung, Erwerb und Veräußerung von Immobilien, Immobilienmanagement" umschrieben sei. Die Gesellschaft verfüge seit 10.10.2018 über eine Gewerbeberechtigung für das "Gastgewerbe in der Betriebsart Hotel" (GISA-Zahl XXXX ). Für diese Tätigkeit erhalte der Beschwerdeführer weder ein Geschäftsführergehalt noch ein sonstiges Entgelt.
Zu Spruchpunkt 1. führte die SVS in rechtlicher Hinsicht aus, dass geschäftsführende Gesellschafter einer GmbH, die Mitglied einer Kammer der gewerblichen Wirtschaft sei, nur dann von der Kranken- und Pensionsversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG ausgenommen seien, solange sie in dieser Eigenschaft nach dem ASVG pflichtversichert seien. Die Pflichtversicherung nach dem ASVG trete hierbei kraft Gesetzes ein, sodass eine Anmeldung nicht erforderlich sei. Eine Voraussetzung für die Vollversicherungspflicht im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG sei die Entgeltlichkeit der Tätigkeit. Bei Unentgeltlichkeit der Beschäftigung sei somit von einer Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG auszugehen (VwGH 2002/08/0003). Der Beschwerdeführer unterliege zwar aufgrund seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt der Pflichtversicherung in der Kranken- und Unfallversicherung nach dem ASVG. Aufgrund seiner Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter der XXXX GmbH sei jedoch keine Pflichtversicherung nach dem ASVG gegeben bzw. könnte eine solche mangels Entgeltlichkeit der Tätigkeit auch gar nicht eintreten. Demnach unterliege der Beschwerdeführer hinsichtlich dieser Tätigkeit der Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG, die unabhängig von der Höhe der Einkünfte aus der Erwerbstätigkeit, selbst bei Verlusten eintrete (vgl. Scheiber in Sonntag, GSVG, § 2 Rz 43 ff). Dem stehe auch die Ausnahme seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt von der Pflichtversicherung nach dem GSVG gemäß § 5 Abs. 1 GSVG nicht entgegen, zumal Versicherungsverhältnisse in der Kranken- und Pensionsversicherung aufgrund anderer gesetzlicher Bestimmungen nach dem Prinzip der Mehrfachversicherung von dieser Ausnahme unberührt blieben und ihrerseits dieses Prinzip und daher auch die Pflichtversicherung aufgrund der Tätigkeit als Rechtsanwalt unberührt ließen (vgl. VwGH 2006/06/0080). Da sämtliche Voraussetzungen für die Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG mit 10.10.2018 gegeben seien, sei die Pflichtversicherung in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung mit diesem Datum festzustellen gewesen.
Zu Spruchpunkt 2. führte die SVS aus, dass der Beschwerdeführer nach den vorliegenden Unterlagen aufgrund seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt in der Krankenversicherung nach dem ASVG bereits die Höchstbeitragsgrundlage erreiche, weswegen ihm derzeit gemäß § 35b GSVG keine Beiträge in der Krankenversicherung vorzuschreiben seien. Dies ändere aber nichts am Bestand der Krankenversicherung nach dem GSVG. Da die Tätigkeit als Rechtsanwalt keine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem ASVG begründe, seien die Voraussetzungen für die Differenzvorschreibung gemäß § 35a GSVG nicht gegeben. Aus diesem Grund seien dem Beschwerdeführer für die Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter der XXXX GmbH Beiträge in der Pensionsversicherung vorzuschreiben. Darüber hinaus seien auch Beiträge in der Unfallversicherung vorzuschreiben, da eine den § 35a und § 35b GSVG entsprechende Regelung in der Unfallversicherung nicht vorgesehen sei.
Zu Spruchpunkt 3. wurde schließlich ausgeführt, dass die festgestellten monatlichen Betragsgrundlagen in der Pensionsversicherung der jeweiligen Mindestbeitragsgrundlage entsprächen, weil der Beschwerdeführer auf Grund seiner Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter keine Einkünfte erzielt habe und in diesem Fall gemäß § 25 Abs. 4 GSVG nur Beiträge zu leisten seien, die sich von der Mindestbeitragsgrundlage berechnen. Sollte sich jedoch nach Vorliegen des Einkommensteuerbescheids für die Jahre 2018 bis 2020 ergeben, dass doch Einkünfte erzielen worden seien, könnten die Beitragsgrundlagen neu festgestellt werden. In diesem Fall trete die endgültige Beitragsgrundlage an die Stelle der vorläufigen Beitragsgrundlage.
2. Dagegen erhob der Beschwerdeführer durch seine rechtliche Vertretung binnen offener Rechtsmittelfrist Beschwerde. Dabei gab er bekannt, dass der der Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt außer Streit stehe und eine von ihm im Verwaltungsverfahren abgegebene Stellungnahme aufrechterhalten und zum Bestandteil der Beschwerde erklärt werde.
In der Beschwerde führte er ergänzend aus, dass das von der belangten Behörde zur Begründung des Spruchpunktes 1. des angefochtenen Bescheides herangezogene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 2006/06/0080) im vorliegenden Fall nicht einschlägig sei. Rechtssatz Nummer 2 zur genannten Entscheidung laute: "Nach § 5 Abs. 1 Z 1 und 2 GSVG 1978 sind u.a. Rechtsanwälte von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem GSVG 1978, der sie auf Grund dieser Tätigkeit an sich nach § 2 Abs. 1 Z 4 leg.cit. unterliegen würden, ausgenommen, wenn sie Anspruch auf gleichwertige Leistungen der Krankenversicherung gegenüber einer Einrichtung der gesetzlichen beruflichen Vertretung haben, der sie angehören, oder wenn sie Leistungsansprüche aus der Krankenversicherung einer verpflichtend abgeschlossenen Selbstversicherung haben, die für sie entweder nach § 16 ASVG oder nach § 14 GSVG 1978 besteht. Diese Bestimmungen bedeuten, dass eine Rechtsanwältin in dieser Tätigkeit von der Pflichtversicherung nach dem GSVG 1978 nur dann ausgenommen ist, wenn sie AUF GRUND DIESER TÄTIGKEIT entweder (auf Grund eines "opting-out" nach § 5 GSVG 1978) "kammerversichert" oder wenn sie in der gesetzlichen Krankenversicherung selbstversichert ist. Versicherungsverhältnisse in der Krankenversicherung, die auf Grund anderer Beschäftigungen oder auf Grund von Pensionsbezügen nach anderen Beschäftigungen bestehen, bleiben nach dem Prinzip der Mehrfachversicherung davon unberührt und lassen ihrerseits dieses Prinzip und daher auch die verpflichtende Krankenversicherung der Beschwerdeführerin auf Grund ihrer Tätigkeit als Rechtsanwältin unberührt (vgl. in diesem Zusammenhang auch § 14b GSVG 1978)."
Mit der Wortfolge "diese(r) Tätigkeit" sei die anwaltliche Tätigkeit gemeint, mit der Wortfolge "andere(r) Beschäftigungen" eben nicht anwaltliche Tätigkeiten. § 16 ASVG betreffe die Versicherung für sogenannte "angestellte Anwälte"; auch das sei zum Zeitpunkt der Entscheidungsfindung noch nicht möglich gewesen. Aussage dieser Entscheidung sei, dass zwar grundsätzlich das Prinzip der Mehrfachversicherung bestehe, es aber sehr wohl Ausnahmen gebe, und zwar u.a. eben dann, wenn "gleichwertige Leistungen der Krankenversicherung gegenüber einer Einrichtung der gesetzlichen beruflichen Vertretung" bestünden. Dies sei im gegenständlichen Fall der Fall.
Rechtssatz Nummer 1 zur genannten Entscheidung wiederhole das Prinzip der Mehrfachversicherung (das vom Beschwerdeführer im Übrigen ja auch nie bestritten worden sei) und ergänze, dass § 5 GSVG 1978 bzw. die mit dieser Bestimmung korrespondierende Bestimmung des § 1 der Satzung der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer für Niederösterreich, Teil C, 2000: Krankenversicherung, von diesem Prinzip nicht abgehe. Selbst der VwGH bestätige also, dass vom Grundsatz der Mehrfachversicherung Ausnahmen bestehen. In VwGH 2006/06/0080 sei er zum Ergebnis gelangt, dass in diesem Fall keine Ausnahme vorgelegen sei. Das bedeute jedoch nicht, dass Ausnahmen niemals zur Anwendung gelangen.
Im Erkenntnis VwGH 2012/01/0143, welches im bekämpften Bescheid der SVS nicht angeführt werde, habe der VwGH folgende Frage geprüft: In diesem Fall habe ein selbständig arbeitender Rechtsanwalt vorgebracht, er sei als Bürgermeister einer bestimmten Marktgemeinde (seit Oktober 2009) bei der Kranken- und Unfallfürsorge für die OÖ Gemeinden krankenversichert. Mit dieser geltend gemachten Versicherung habe der Rechtsanwalt nicht dargetan, dass für ihn eine verpflichtende Selbstversicherung nach § 16 ASVG oder § 14a GSVG bestehe. Er erfülle daher die Voraussetzungen für eine Ausnahme im Sinne des § 2 Abs. 1 der Satzung der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer für Oberösterreich, Teil C 2000: Krankenversicherung, nicht (Rechtssatz Nr. 1 zu VwGH 2012/01/0143).
Wie im ersten Fall habe auch in diesem Fall der Beschwerdeführer (ein Rechtsanwalt) einen Bescheid des Ausschusses einer Rechtsanwaltskammer (der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer) betreffend die Befreiung von der Pflichtversicherung der Gruppen-Krankenversicherung und keinen Bescheid eines Sozialversicherungsträgers bekämpft. Auch für diese Entscheidung sei die jeweilige Satzung der Versorgungseinrichtung (§ 2 Abs. 1 der Satzung der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer für Oberösterreich, Teil C, 2000: Krankenversicherung) wesentlich gewesen. Der VwGH habe eine Ausnahme vom Prinzip der Mehrfachversicherung deshalb abgelehnt, weil der Beschwerdeführer nicht dargetan habe, dass für ihn eine verpflichtende Selbstversicherung nach § 16 ASVG oder § 14a GSVG bestehe. Auch in diesem Fall habe der VwGH also wiederholt, dass vom Grundsatz der Mehrfachversicherung Ausnahmen bestünden. In concreto habe er zwar eine Ausnahme abgelehnt, aber nur weil der Beschwerdeführer die Ausnahme nicht dargetan – also offenbar prozessual nicht vorgebracht – habe.
Im gegenständlichen Fall habe der Beschwerdeführer die SVS jedoch von Anfang an stets darauf hingewiesen, zuletzt in seiner im Verwaltungsverfahren abgegebenen Stellungnahme, dass eine verpflichtende Versicherung nach dem ASVG vorliege. Dies sei im Übrigen von der SVS auch nicht bestritten worden.
In concreto besage die Verordnung der Vertreterversammlung des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages über die Versorgungseinrichtungen der österreichischen Rechtsanwaltskammern für den Fall der Krankheit (Satzung Teil C 2018), welche mit 01.01.2018 in Kraft getreten sei, dass gemäß den §§ 1 und 2 leg.cit. entweder ein Gruppen-Krankenversicherungsvertrag oder eine verpflichtende Selbstversicherung nach § 16 ASVG oder § 14a GSVG abgeschlossen werden müsse. Die Wahl der Versicherung – nämlich der Gruppen-Krankenversicherung oder der verpflichtenden Selbstversicherung – könne daher auch keinen Unterschied in der Beurteilung eines Sachverhalts machen.
Der Beschwerdeführer unterliege sohin einem dem GSVG gleichwertigen verpflichtenden Versicherungsschutz, und zwar unabhängig davon, ob er in die Gruppen-Krankenversicherung oder in die verpflichtende Selbstversicherung optiere. Anders als in den beiden angeführten VwGH-Entscheidungen wolle der Beschwerdeführer auch keine Entbindung von seiner/dieser "Anwalts"(ASVG)-Versicherung. Der Beschwerdeführer vertrete die Ansicht, dass er jedoch aufgrund dieser ASVG-Versicherung von einer weiteren Pflichtversicherung – welche die SVS an seine Tätigkeit als gewerberechtlicher Geschäftsführer der XXXX GmbH knüpfen möchte – befreit sei. Dies deshalb, wie bereits in der Stellungnahme dargelegt, weil er aufgrund seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt von der Pflichtversicherung nach dem GSVG ausgenommen und aufgrund dieser Tätigkeit schon "kammerversichert" sei (wobei, wie oben ausgeführt, zwei Optionen bestünden). Der Beschwerdeführer sei zwar konkret nach dem ASVG versichert, übe aber eine selbständige Erwerbstätigkeit aus.
Dem Argument der SVS – mit Verweis auf VwGH 2006/06/0080 – dass Versicherungsverhältnisse in der Kranken- und Pensionsversicherung aufgrund anderer Beschäftigungen nach dem Prinzip der Mehrfachversicherung unberührt blieben und ihrerseits dieses Prinzip und daher auch die Pflichtversicherung aufgrund der Tätigkeit als Rechtsanwälte unberührt ließen, seien die §§ 2 und 5 GSVG entgegenzuhalten: Der Beschwerdeführer sei vom Anwendungsbereich des GSVG nicht erfasst bzw. ausgenommen (vgl. auch Punkt A der Stellungnahme):
Der Beschwerdeführer wäre aufgrund seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt grundsätzlich nach dem GSVG pflichtversichert. Das Gesetz unterstelle diese Berufsgruppe allerdings zwingend einem anderen Pflichtversicherungsregime. Nun könne diese gesetzliche Anordnung allerdings nicht so verstanden werden, dass Rechtsanwälte aufgrund weiterer Beschäftigungen "nochmal" bzw. "doch wieder" dem GSVG unterstellt werden (von dem sie ja gesetzlich ausgenommen seien). Dieses Verständnis widerspräche nicht nur den §§ 2 und 5 GSVG (und der Satzung bzw. Versorgungseinrichtung der RAK Wien), sondern unterstelle dem GSVG auch einen verfassungswidrigen Inhalt, weil Rechtsanwälte allein aufgrund ihrer Tätigkeit als Anwälte in dieser Frage rechtlich und faktisch schlechter gestellt würden als Nicht-Anwälte; denn Nicht-Anwälte bzw. andere "Freiberufler" unterlägen in dieser Situation nicht doppelt dem GSVG.
Die beiden oben erläuterten Erkenntnisse, nämlich VwGH 2006/06/0080 und VwGH 2012/01/0143, seien im Lichte des Ausgeführten und der aktuellen Rechtslage (neu) zu bewerten. Auch auf das Erkenntnis VwGH 96/08/0185 sei an dieser Stelle nochmal hinzuweisen (siehe dazu auch Beilage ./B: Stellungnahme in Punkt A 1). Insbesondere seien die Besonderheiten des anwaltlichen Berufsrechts, insb. deren Versicherung zu beachten. Die Gesetzesauslegung der SVS sei deshalb auch verfehlt.
Selbst wenn man sich bei der Auslegung der relevanten Gesetzesbestimmungen ausschließlich auf den Wortlaut zurückziehe ("... auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit ..." im Vergleich zu "... auf Grund der Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit ..." gemäß den §§ 2 Abs. 1 Z 4 und 5 Abs. 1 GSVG) wären die §§ 2 und 5 GSVG (und die RAO) im Volltext zu berücksichtigen, die eben explizite Ausnahmen – z.B. für Rechtsanwälte – anordnen und auch nach ihrem Sinn auszulegen seien. Tatsächlich widerspreche selbst der Wortlaut dieser Bestimmungen nicht zwingend dem Verständnis des Beschwerdeführers. Wolle man die Bestimmung ausschließlich so wie von der SVS im gegenständlich bekämpften Bescheid behauptet verstehen (mit Verweis auf ein unreflektiert übernommenes Erkenntnis des VwGH), wären die Bestimmungen sogar widersprüchlich. Dies insbesondere deshalb, weil der Verweis in § 5 Abs. 1 GSVG auf § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG den Anwendungsbereich von § 5 GSVG überschießend einschränken und sinnwidrig unterminieren würde, wenn die Wortfolge "einer selbständigen Erwerbstätigkeit" (§ 5 Abs. 1 GWG) ausschließlich im Sinne von "dieser betrieblichen Tätigkeit" (§ 2 Abs. 1 Z 4 GSVG) interpretiert werden dürfte. Auch bei verfassungskonformer Auslegung der genannten Bestimmungen wäre das Prinzip der Mehrfachversicherung nicht verletzt und beließe der Ausnahme einen sinnvollen Anwendungsbereich.
Tatsächlich sei die vorliegende Frage bis dato höchstgerichtlich nicht abschließend geklärt.
An dieser Stelle wurde ein weiteres Mal auf die Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 06.02.2020 (Beilage ./B) verwiesen. Im Punkt A dieser Stellungnahme seien die Argumente im Einzelnen bereits erläutert und vorgebracht worden.
Schließlich wurde angeregt, das Bundesverwaltungsgericht möge an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art 135 Abs. 4 iVm Art. 89 Abs. 2 B-VG und Art. 140 Abs. 1 B-VG einen Antrag auf Aufhebung der Worfolge "dieser betrieblichen Tätigkeit" in § 2 Abs. 1 Z 4 des Bundesgesetzes vom 11. Oktober 1978 über die Sozialversicherung der in der gewerblichen Wirtschaft selbständig Erwerbstätigen (GSVG 1978) wegen Verfassungswidrigkeit richten oder einen Antrag auf Prüfung dieser Bestimmungen auf deren verfassungskonforme Auslegung richten.
3. Am 08.04.2020 einlangend legte die SVS die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:
Der Beschwerdeführer war während des gesamten beschwerdegegenständlichen Zeitraums Mitglied der Rechtsanwaltskammer Wien und übte eine Beschäftigung als angestellter Rechtsanwalt (im Sinne des § 7 Z 1 lit. e ASVG) aus.
Der monatliche Bruttobezug aus dieser Tätigkeit lag über der Höchstbeitragsgrundlage iSd § 45 ASVG.
Darüber hinaus war der Beschwerdeführer bei der Rechtsanwaltskammer Wien pensionsversichert und seit 09.10.2018, mit einer Kapitalbeteiligung von 50 %, geschäftsführender Gesellschafter der XXXX GmbH, FN XXXX , deren Geschäftszweig die Beteiligungsverwaltung, der Erwerb und die Veräußerung von Immobilien sowie das Immobilienmanagement ist.
Die Gesellschaft verfügte seit 10.10.2018 über eine Gewerbeberechtigung für das "Gastgewerbe in der Betriebsart Hotel" (GISA-Zahl XXXX ).
Für die Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter erhielt der Beschwerdeführer weder ein Geschäftsführergehalt noch sonstige Bezüge.
Die in der im Verwaltungsverfahren abgegebenen Stellungnahme vom 06.02.2020 angeführten weiteren Tätigkeiten des Beschwerdeführers betreffen nicht die "Sache" des vorliegenden Beschwerdeverfahrens, weswegen sich Feststellungen hierzu erübrigten.
2. Beweiswürdigung:
Der oben angeführte Sachverhalt steht auf Grund der Aktenlage als unstrittig fest.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 414 Abs. 1 ASVG kann gegen Bescheide der Versicherungsträger in Verwaltungssachen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch einen Senat vorgesehen ist.
Gemäß § 194 Z 5 GSVG gelten hinsichtlich des Verfahrens zur Durchführung des GSVG die Bestimmungen des Siebenten Teiles des ASVG mit der Maßgabe, dass § 414 Abs. 2 und 3 ASVG nicht anzuwenden ist. Die im ASVG vorgesehene Möglichkeit der Antragstellung auf Entscheidung durch einen Senat kommt daher im Bereich des GSVG nicht zum Tragen. Gegenständlich hat die Entscheidung daher (jedenfalls) durch einen Einzelrichter zu erfolgen.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
Im gegenständlichen Fall gelangen folgende maßgebliche gesetzliche Bestimmungen zur Anwendung:
„Pflichtversicherung in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung
§ 2. (1) Auf Grund dieses Bundesgesetzes sind, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen pflichtversichert:
1. bis 2. …
3. die zu Geschäftsführern bestellten Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, sofern diese Gesellschaft Mitglied einer der in Z 1 bezeichneten Kammern ist und diese Personen nicht bereits aufgrund ihrer Beschäftigung (§ 4 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) als Geschäftsführer der Teilversicherung in der Unfallversicherung oder der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz unterliegen oder aufgrund dieser Pflichtversicherung Anspruch auf Kranken- oder Wochengeld aus der Krankenversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz haben, auch wenn dieser Anspruch ruht, oder auf Rechnung eines Versicherungsträgers Anstaltspflege erhalten oder in einem Kurheim oder in einer Sonderkrankenanstalt untergebracht sind oder Anspruch auf Ersatz der Pflegegebühren gemäß § 131 oder § 150 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes einem Versicherungsträger gegenüber haben;
4. …“
„Beitragsgrundlage
§ 25. (1) bis (3) …
(4) Die Beitragsgrundlage nach Abs. 2 beträgt für jeden Beitragsmonat mindestens den für das jeweilige Beitragsjahr geltenden Betrag nach § 5 Abs. 2 ASVG (Mindestbeitragsgrundlage).
(5) bis (10) …“
„Fälligkeit und Einzahlung der Beiträge zur Pensionsversicherung bei Ausübung
mehrerer versicherungspflichtiger Erwerbstätigkeiten“
§ 35a. (1) Übt eine in der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz pflichtversicherte Person auch eine Erwerbstätigkeit aus, die die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem ASVG begründet, so ist die vorläufige Beitragsgrundlage in der Pensionsversicherung (§ 25a) für die Monate der gleichzeitigen Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem ASVG und nach diesem Bundesgesetz so festzusetzen, dass die Summe aus
1. den Beitragsgrundlagen in der Pensionsversicherung nach dem ASVG (einschließlich der Sonderzahlungen) und
2. den Beitragsgrundlagen in der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz
die Summe der monatlichen Höchstbeitragsgrundlagen nach § 48 für die im Kalenderjahr liegenden Beitragsmonate der Pflichtversicherung voraussichtlich nicht überschreitet; sich deckende Beitragsmonate sind dabei nur einmal zu zählen.
(2) In den Fällen des § 26 Abs. 3 ist der Bemessung der Beiträge eine vorläufige Beitragsgrundlage zugrunde zu legen, die sich in Anwendung des § 26 Abs. 4 und 5 unter Bedachtnahme auf die Beitragsgrundlagen gemäß § 25a und auf die glaubhaft gemachten Beitragsgrundlagen nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz zuzüglich der Sonderzahlungen ergibt.
(3) Ergibt sich in den Fällen des Abs. 1 und 2 nach der Feststellung der endgültigen Beitragsgrundlage, daß noch Beiträge zur Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz zu entrichten sind, so sind diese Beiträge mit dem Ablauf des zweiten Monates des Kalendervierteljahres fällig, in dem die Vorschreibung erfolgt.
(4) Übersteigt die vorläufige Differenzbeitragsgrundlage nach Abs. 1 und 2 die endgültige Differenzbeitragsgrundlage, so sind die auf diesen Differenzbetrag entfallenden Beitragsteile der versicherten Person zu vergüten.“
„Fälligkeit und Einzahlung der Beiträge zur Krankenversicherung
bei Ausübung mehrerer versicherungspflichtiger Erwerbstätigkeiten
§ 35b. (1) Übt eine in der Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz pflichtversicherte Person auch eine oder mehrere Erwerbstätigkeiten aus, die die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem ASVG und/oder B-KUVG begründen, so ist die Beitragsgrundlage in der Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für die Monate der gleichzeitigen Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach diesem und anderen Bundesgesetzen vorläufig so festzusetzen, dass die Summe aus den monatlichen Beitragsgrundlagen (einschließlich der Sonderzahlungen) in der Krankenversicherung nach diesen Bundesgesetzen die Summe der monatlichen Höchstbeitragsgrundlagen nach § 48 für die im Kalenderjahr liegenden Monate der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung voraussichtlich nicht überschreitet (vorläufige Differenzbeitragsgrundlage); sich deckende Monate der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung sind dabei nur einmal zu zählen. Können die vorgenannten Voraussetzungen erst nach Ablauf des Beitragsjahres festgestellt werden, so ist eine vorläufige Festsetzung der Beitragsgrundlage so lange zulässig, als die Summe der monatlichen Beitragsgrundlagen für dieses Kalenderjahr noch nicht endgültig festgestellt werden kann. § 36 Abs. 2 ist anzuwenden.
(2) Abs. 1 ist entsprechend anzuwenden, wenn eine nach diesem Bundesgesetz erwerbstätige pflichtversicherte Person auch eine Pension nach dem ASVG oder nach diesem Bundesgesetz oder eine der in § 1 Abs. 1 Z 7, 12 und 14 lit. b B KUVG genannten Leistungen bezieht.
(3) In den Fällen des § 26 Abs. 3 ist der Bemessung der Beiträge eine vorläufige Beitragsgrundlage zugrunde zu legen, die sich in Anwendung des § 26 Abs. 4 bis 7 unter Bedachtnahme auf die Beitragsgrundlagen nach § 25a und auf die glaubhaft gemachten Beitragsgrundlagen nach dem ASVG und B KUVG zuzüglich der Sonderzahlungen ergibt.
(4) Sobald in den Fällen des Abs. 1 und 2 die Summe aus den Beitragsgrundlagen und Pensionen nach dem ASVG und B KUVG und aus den endgültigen Beitragsgrundlagen (§§ 25 und 26) nach diesem Bundesgesetz feststeht, ist eine endgültige Differenzbeitragsgrundlage in entsprechender Anwendung des Abs. 1 festzustellen.
(5) Ergibt sich nach Feststellung der endgültigen Differenzbeitragsgrundlage nach Abs. 4, dass noch Beiträge zur Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz zu entrichten sind, so sind diese Beiträge mit dem Ablauf des zweiten Monates des Kalendervierteljahres fällig, in dem die Vorschreibung erfolgt. Übersteigt die vorläufige Differenzbeitragsgrundlage die endgültige Differenzbeitragsgrundlage, so sind die auf diesen Differenzbetrag entfallenden Beitragsteile dem/der Versicherten zu vergüten.“
„Ausnahmen von der Vollversicherung
§ 5. (1) Von der Vollversicherung nach § 4 sind – unbeschadet einer nach § 7 oder nach § 8 eintretenden Teilversicherung – ausgenommen:
1. bis 13. …
14. Rechtsanwälte hinsichtlich einer Beschäftigung, die die Teilnahme an der Versorgungseinrichtung einer Rechtsanwaltskammer begründet;
15. bis 17. …
(2) bis (3) …“
§ 7 Z 1 lit. e ASVG:
„Teilversicherung von im § 4 genannten Personen
§ 7. Nur in den nachstehend angeführten Versicherungen sind von den im § 4 genannten Personen auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (teilversichert):
1. in der Kranken- und Unfallversicherung hinsichtlich der nachstehend bezeichneten Beschäftigungsverhältnisse:
a) bis d) …
e) die RechtsanwaltsanwärterInnen und die angestellten Rechtsanwälte/Rechtsanwältinnen, ausgenommen GesellschafterInnen-GeschäftsführerInnen einer Rechtsanwaltsgesellschaft mit beschränkter Haftung;
g) …
2. bis 4. …“
§ 8 Abs. 1 Z 3 lit. a ASVG:
„Sonstige Teilversicherung
§ 8. (1) Nur in den nachstehend angeführten Versicherungen sind überdies auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (teilversichert):
1. bis 2. …
3. in der Unfallversicherung hinsichtlich der nachstehend bezeichneten Tätigkeiten (Beschäftigungsverhältnisse):
a) alle selbständig Erwerbstätigen, die
– Mitglieder einer Wirtschaftskammer oder
– in der Kranken- oder Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG pflichtversichert oder
– in der Krankenversicherung gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 GSVG pflichtversichert
sind; ferner die Gesellschafter/Gesellschafterinnen einer offenen Gesellschaft, die unbeschränkt haftenden Gesellschafter/Gesellschafterinnen einer Kommanditgesellschaft und die zu Geschäftsführern bestellten Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, sofern diese Gesellschaften Mitglieder einer Kammer der gewerblichen Wirtschaft sind;
c) bis m) …
4. bis 5. …
(1a) bis (6) …“
Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:
Vorliegend steht unstrittig fest, dass der Beschwerdeführer im beschwerdegegenständlichen Zeitraum als angestellter Rechtsanwalt beschäftigt war und hinsichtlich dieser Beschäftigung gemäß § 7 Z 1 lit. e ASVG der Teilversicherung in der Kranken- und Unfallversicherung unterliegt.
Strittig ist hingegen, ob er darüber hinaus auch aufgrund seiner Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die Mitglied einer der Kammern der gewerblichen Wirtschaft ist und an der er mit 50 % beteiligt ist, in der Pensions- und Krankenversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG sowie in der Unfallversicherung gemäß § 8 Abs. 1 Z 3 ASVG pflichtversichert ist.
Soweit der Beschwerdeführer gegen die Zulässigkeit einer Mehrfachversicherung in der Kranken- und Unfallversicherung ins Treffen führt, dass eine gesetzes- und verfassungskonforme Interpretation der §§ 2 Abs. 1 Z 4 und 5 Abs. 1 GSVG eine solche verbieten würde, ist dem entgegenzuhalten, dass die genannten Bestimmungen fallgegenständlich gar nicht zu Anwendung gelangen. Die (unstrittige) Einbeziehung in die Teilversicherung gemäß § 7 Z 1 lit. e ASVG setzt nämlich voraus, dass die anwaltliche Tätigkeit im Rahmen eines Dienstverhältnisses gemäß § 4 Abs. 2 ASVG (und nicht aufgrund einer selbständigen Tätigkeit iSd § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG) ausgeübt wurde. Demensprechend ist der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner anwaltlichen Tätigkeit (aufgrund der Teilnahme an der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Wien) gemäß § 5 Abs. 1 Z 14 ASVG von der Vollversicherung nach § 4 ASVG ausgenommen (und nicht gemäß § 5 Abs. 1 GSVG von der Pensions- und Krankenversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 leg.cit.).
Dementsprechend geht auch die Anregung eines Gesetzesprüfungsverfahrens hinsichtlich der Wortfolge "dieser betrieblichen Tätigkeit" in § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG ins Leere, da diese Bestimmung im vorliegenden Fall gar nicht präjudiziell ist.
Zur Zulässigkeit einer Mehrfachversicherung in der gesetzlichen Pflichtversicherung hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 22.01.2013, 2000/08/0069, auch in einem angestellte Rechtsanwälte betreffenden Fall klargestellt, dass im österreichischen Sozialversicherungssystem über weite Gebiete der Grundsatz der Mehrfachversicherung besteht (vgl. etwa die Aufhebung der Subsidiaritäten der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung durch das ASRÄG 1997, BGBl. I Nr. 139/1997, und dazu die Erläuternden Bemerkungen zur RV, Blg NR XX. GP 886, insbesondere 72, 79 f) und mehrfach versichert ist, wer gleichzeitig mehrere sozialversicherungspflichtige Tätigkeiten ausübt (vgl. dazu auch VwGH 04.04.2002, 2000/08/0099; 07.08.2002, 99/08/0068; VfGH Slg. 12739/1990).
Die Einrichtung einer Mehrfachversicherung ist auch nicht verfassungswidrig (Hinweis E VfGH, Slg. 12417/1990).
Dementsprechend erfolgte die (im Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides ausgesprochene) Einbeziehung des Beschwerdeführers in die Krankenversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG sowie in die Unfallversicherung gemäß § 8 Abs. 1 Z 3 lit. a ASVG aufgrund seiner Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter der XXXX GmbH neben der bereits bestehenden Pflichtversicherung in der Kranken- und Unfallversicherung nach dem ASVG aufgrund seiner Beschäftigung als angestellter Rechtsanwalt zu Recht.
Die Geschäftsführereigenschaft eines Gesellschafters ist ein formalisiertes Merkmal der Versicherungspflicht. Die Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG tritt daher unabhängig von der Höhe der Einkünfte aus der Erwerbstätigkeit, selbst bei Verlusten ein (vgl. Scheiber in Sonntag (Hrsg), GSVG9 § 2 Rz 44). Der Umstand, dass der Beschwerdeführer für diese Tätigkeit weder eine Geschäftsführergehalt noch sonstige Einkünfte bezog, führt daher zu keiner anderen Beurteilung.
Was die Einbeziehung des Beschwerdeführers in die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG betrifft, ist festzuhalten, dass es sich bei dem hier gegebenen Anspruch auf Leistungen gegenüber Einrichtungen der Wiener Rechtsanwaltskammer um Vorsorgen mit privatrechtlicher Anspruchsgrundlage handelt. Hinsichtlich der Einbeziehung in die Pensionsversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG ist der Beschwerdeführer daher mit Personen, die in der gesetzlichen Pflichtversicherung mehrfach versichert sind, nicht vergleichbar (vgl. VwGH 16.11.2011, 2011/08/0332).
Soweit er in seiner im Verwaltungsverfahren abgegebenen Stellungnahme vorbrachte, dass er bereits aufgrund seiner Beschäftigung als angestellter Rechtsanwalt "nach dem ASVG versichert" sei und die Pflichtversicherung nach dem ASVG der Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG vorgehe, übersieht er, dass § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG auf eine bestehende Pflichtversicherung in der "Pensionsversicherung" nach dem ASVG abstellt, die jener nach dem GSVG vorgeht, gegenständlich aber keine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem ASVG vorliegt. Darüber hinaus wäre die Pflichtversicherung nach dem GSVG auch nur hinsichtlich einer die Pensionsversicherung nach dem ASVG begründenden "Beschäftigung […] als Geschäftsführer" subsidiär. Dass die Tätigkeit als Geschäftsführer die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem ASVG begründet, scheidet fallgegenständlich jedoch von vornherein aus, weil der Beschwerdeführer mit 50 % an der GmbH beteiligt ist und daher diese Tätigkeit (mangels Weisungsgebundenheit) nicht dem ASVG unterliegen kann (vgl. Scheiber in Sonntag (Hrsg), GSVG9 § 2 Rz 34).
Auch die Feststellung (im Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides), dass der Beschwerdeführer – unbeschadet der aufrechten Krankenversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG – keine Beiträge zur Krankenversicherung zu entrichten hat, erfolgte zu Recht, weil der monatliche Bruttobezug aufgrund der Beschäftigung als angestellter Rechtsanwalt über der Höchstbeitragsgrundlage iSd § 45 ASVG lag und daher die Summe der monatlichen Beitragsgrundlagen aufgrund der gemäß § 7 Z § 1 lit. e ASVG bestehenden Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem ASVG die jeweilige Summe der monatlichen Höchstbeitragsgrundlagen nach § 48 GSVG für die im Kalenderjahr liegenden Monate der Pflichtversicherung überstieg (vgl. § 35b GSVG).
Die von der SVS (im Spruchpunkt 3.) festgestellten monatlichen Betragsgrundlagen in der Pensionsversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG wurden der Höhe nach nicht bestritten und entsprechen (ohnehin) der jeweiligen Mindestbeitragsgrundlage, weswegen diesbezüglich keine Rechtsverletzung des Beschwerdeführers eintreten konnte.
Die Voraussetzungen für eine Differenzvorschreibung gemäß § 35a GSVG liegen – wie die SVS zutreffend ausführte – im gegenständlichen Fall nicht vor. Eine solche käme gemäß Abs. 1 leg.cit. nur im Fall der Ausübung einer Erwerbstätigkeit, die die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem ASVG begründet, in Betracht, die – wie bereits oben dargelegt – fallgegenständlich nicht ersichtlich ist.
Schließlich begegnet es auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, jedes Erwerbseinkommen gesondert bis zur Höchstbeitragsgrundlage der Beitragsberechnung zu Grunde zu legen (vgl. VfSlg. 17260/2004).
Damit erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weswegen sie gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG abzuweisen war.
Entfall der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Der Beschwerdeführer hat einen solchen Antrag gestellt. Der erkennende Richter erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung jedoch nicht für erforderlich, weil der festgestellte Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt erschien und daher durch die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war.
Da auch keine Fragen der Beweiswürdigung auftraten, welche die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig gemacht hätten, stehen dem Entfall der Verhandlung auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen (vgl. u.a. VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0140).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Beitragsgrundlagen Geschäftsführer Gesellschaft Krankenversicherung Mehrfachversicherung Pensionsversicherung Pflichtversicherung Rechtsanwälte Rechtsanwaltskammer Unentgeltlichkeit UnfallversicherungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W209.2229904.2.00Im RIS seit
01.06.2021Zuletzt aktualisiert am
01.06.2021