Entscheidungsdatum
22.03.2021Norm
AuslBG §12bSpruch
W178 2236948-1/9E
W178 2236949-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Drin Maria PARZER als Einzelrichterin und die fachkundige Laienrichterin Maga Nina KESSELGRUBER und den fachkundigen Laienrichter Mag. Thomas METESCH über die Beschwerden der XXXX GmbH und der Frau XXXX , beide vertreten durch Schönherr RAe GmbH, gegen den Bescheid des AMS Gmünd vom 29.06.2020, ABB-Nr: 4065292, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 13.10.2020 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 24.02.2021 zu Recht erkannt:
A)
Den Beschwerden wird stattgegeben und es werden die angefochtenen Bescheide behoben. Es wird gegenüber der nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zuständigen Behörde (Landeshauptfrau von Niederösterreich) bestätigt, dass Frau XXXX , geboren am XXXX 1980, StA Belarus, die Voraussetzungen für die Zulassung als sonstige Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1 AuslBG iVm § 20d Abs 1 Z 3 AuslBG und § 41 Abs. 2 Z 2 NAG für die Beschäftigung bei der Arbeitgeberin XXXX GmbH erfüllt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Wesentliche Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Frau XXXX (Beschwerdeführerin 2-Bf2) hat am 13.02.2020 bei der nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zuständigen Behörde einen Antrag auf Ausstellung einer Rot-Weiß-Rot-Karte als sonstige Schlüsselkraft nach § 12b Z 1 AuslBG für eine Beschäftigung beim Arbeitgeber XXXX GmbH (Beschwerdeführer 1-Bf1) gestellt. Diese hat das AMS Gmünd gemäß § 20d Abs 1 Z 3 AuslBG ersucht, mitzuteilen, ob die Voraussetzungen des § 12b Z 1 AuslBG vorliegen.
2. Das AMS Gmünd hat mit Bescheid vom 29.06.2020 dies mit der Begründung verneint, dass die im Ersatzkraftverfahren vermittelte Arbeitskraft aus nicht nachvollziehbaren Gründen nicht eingestellt worden sei. Die erforderliche Punktzahl nach der Anlage C liege vor.
3. Dagegen haben die XXXX GmbH (Bf1) und Frau XXXX (Bf2) Beschwerde erhoben. Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgebracht, dass trotz der allgemeinen Stellenbeschreibung mit „Dolmetsch“ aus dem Tätigkeits- und Anforderungsprofil zu schließen sei, auch die Kenntnis der Arbeitsweise und des Verwaltungssystems in Belarus sowie die Fähigkeit zur Führung von Vertragsverhandlung bei den Bewerbern vorhanden sein müssen. Diese müssten auch verstehen, inwiefern sich die Projekt- und Bestellabwicklung mit weißrussischen Unternehmen aufgrund einer kulturell bedingten anderen Arbeitsweise unterscheide. Herr XXXX , der sich beworben habe, sei nicht geeignet, weil er diese Erfahrung nicht vorweisen könne. Im Übrigen sei der Genannte nunmehr bei einem anderen Arbeitgeber beschäftigt. Im Hinblick auf die Führung von Verhandlungen und das Übersetzen von Verträgen sei es wichtig, dass die Arbeitskraft ein Mindestmaß an Erfahrung in Zusammenhang mit Baustoffen und Bauweisen mitbringe. Das sei bei Herrn XXXX nicht der Fall.
4. Die belangte Behörde hat mit der Beschwerdevorentscheidung vom 13.10.2020 die Beschwerde abgewiesen und dies damit begründet, dass das im Vermittlungsauftrag nicht explizit angeführte Kriterium der „Erfahrung im Holzbau“ kein Ablehnungsgrund sein könne bzw. in den betrieblichen Notwendigkeiten keine Deckung finde. Auch finde das Kriterium des Führens von Vertragsverhandlungen im Sinne eines objektiven Verständnisses keine Deckung in den betrieblichen Notwendigkeiten, die Bf2 erfülle dieses Kriterium selbst nicht. Die Forderung nach Kenntnissen der Arbeitsweise und des Verwaltungssystems von Belarus stelle ein übersteigertes Anforderungsprofil dar. Das Kriterium der speziellen Erfahrung im Geschäftsbereich des potentiellen Arbeitsgebers als Folge der bisherigen Zusammenarbeit könne im Ersatzkraftverfahren keine Berücksichtigung finden. Ebenso vertrete die belangte Behörde die Ansicht, dass der Bf1 ausschließlich die Anstellung der Bf2 beabsichtige und daher das Ersatzkraftverfahren de facto ablehne. Im Übrigen entspreche die im Vermittlungsauftrag angeführte Arbeitszeit (Vollzeit) nicht dem geplanten Tätigkeitsbild.
5. Am 24.02.2021 fand eine mündliche Verhandlung statt. Es wurde der Geschäftsführer der Bf1, Herr XXXX einvernommen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Frau XXXX , geboren am XXXX 1980, ist Staatsbürgerin von Belarus. Sie hat das Studium der deutschen und englischen Sprache in Belarus abgeschlossen (2002). Sie hat ein Jahr als Sekretärin und Dolmetscherin gearbeitet. Anschließend hat sie von 2003 bis 2020 als Lektorin an einer Universität in Belarus Deutsch unterrichtet. Sie ist ehrenamtlich als Vorstandsmitglied u.a. bei der Österreichisch-Belarussisch-Gesellschaft tätig; in diesem Rahmen organisiert sie Reisen für kulturelle und wirtschaftliche Delegationen nach Belarus und organisiert Treffen mit staatlichen Behörden.
Sie hat für die XXXX GmbH bereits fallweise als Dolmetscherin zur Unterstützung des Geschäftsführers bei Geschäftsbesuchen in Belarus gearbeitet.
Herr Roland XXXX ist Geschäftsführer der XXXX GmbH (Bf1). 100 %ige Gesellschafterin der XXXX GmbH ist die XXXX GmbH, deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer Herr XXXX ist.
Die Bf1 verfügt über eine Gewerbeberechtigung „Holzbaugewerbetreibender eingeschränkt auf auszuführenden Tätigkeiten wie Zimmerei, Zuschnitt und Montage von Bausystemen und Fertigteilen“ und eine solche für Handelsgewerbe, eingeschränkt auf den Handel mit Baumaterialien.
Geschäftsbereiche der Bf1 sind der Baustoffhandel, der Aufbau von Fertigteilhäuser und das Anbieten von Massivholz- Blockhäusern in traditioneller Bauweise , die von den Kunden beim Bestellvorgang im Betrieb der Bf1 individuell gestaltet und bestellt werden. Diese Holzhäuser in Blockbauweise werden in Belarus gefertigt, die Aufgabe der Bf2 ist u.a die Kommunikation der konkreten Wünsche der Kunden und der Beschaffenheit des Holzhauses an die Geschäftspartner in Belarus.
Die Bf1 hat seit Jahren umfassende Geschäftsbeziehungen zu Belarus, es werden neben Holz als Rohstoff auch Fertigteilhäuser und Leimhölzer importiert, es bestehen Rahmenverträge mit Unternehmen aus Belarus. Es bestehen auch Geschäftsbeziehungen nach England.
Der Geschäftsführer der Bf1, Herr XXXX , unternimmt viele Geschäftsreisen nach Belarus zu den Geschäftspartnern; dafür werden Dolmetscher vor Ort engagiert. Für die laufende Kommunikation von Gmünd aus werden ebenfalls Dolmetscher engagiert, wobei die Kommunikation mit den Auftraggebern in Belarus in den meisten Fällen über Email läuft.
Die Tätigkeit der Bf2 für die Bf1 soll sich wie folgt gestalten: Kommunikation der Aufträge nach Belarus, im Besonderen in Zusammenhang mit der Bestellung von handgefertigten Blockhäusern; dafür ist bereits die Teilnahme an Kundengespräche zur Erfassung der Kundenwünsche notwendig; zur Tätigkeit der Bf2 soll auch die weitere Betreuung des jeweiligen Auftrages bei Rückfragen aus Belarus und Unklarheiten bzw. bei weiterem Gesprächsbedarf seitens der Besteller der Häuser gehören. Weiters ist die laufende Betreuung der Geschäftsbeziehungen zu den Geschäftspartnern in Belarus geplant, die Teilnahme an Vertragsverhandlungen mit belarussischen Geschäftspartnern, die Recherche zu weiteren potentiellen Geschäftspartnern in Belarus. Ein Teil der Beschäftigung werden Übersetzungsdienste für Englisch und Russisch wie Weißrussisch und Begleitung bei Geschäftsreisen sein. Auch für die Geschäftsbeziehungen zu England wird die Bf2 eingesetzt werden. Es wird sich um eine Vollzeitbeschäftigung handeln. Es ist ein Gehalt von € 3.330,--(Wert 2021) zugesagt.
Die Bf1 hat im Ersatzkraftverfahren nach Aufforderung des AMS als Basis für den Vermittlungsauftrag vom 11.02.2020 folgendes Anforderungsprofil bekanntgegeben:
Berufsbezeichnung: Dolmetscherin
Detaillierte Tätigkeitsbeschreibung: Korrespondenz (und Geschäftsabwicklungen schriftlich und telefonisch*) mit Geschäftspartnern** in Belarus und England, Übersetzen von Verträgen in Deutsch, Englisch und Russisch, Kenntnis von Arbeitsweisen und Verwaltungssystem in Belarus, Vertragsverhandlungen führen.
Anmerkungen: *-Formulierung nur in AMS-Inserat, **-Formulierung nur in Anforderungsprofil Die beiden Varianten sind nach Auffassung des Gerichts trotz der Unterschiede in der Wortwahl inhaltlich gleich.
Dieses Anforderungsprofil wurde als Stellenangebot an drei arbeitslos gemeldete Personen übermittelt bzw. in den Medien des AMS veröffentlicht. Eine davon hat dem AMS Gmünd mitgeteilt, dass sie sich nicht als ausreichend qualifiziert erachtet. Eine weitere Person hat sich wegen der fehlenden weißrussischen Sprachkenntnisse als für ungeeignet erklärt. Beide Einschätzungen wurden von der belangten Behörde akzeptiert. Weiters hat sich Herr XXXX beworben, die seitens der Bf1 abgelehnt wurde, mit der Begründung, dass dieser hauptsächlich im Marketing und Analysen von Markt und Projekten im Export tätig war. Bei der Bf1 seien die Bereiche vielmehr im Bereich des Imports von speziellen Holzbauweisen und Produkten, sowie die Zusammenarbeit mit bestehenden Firmenkontakten. Die von der Bf1 vorgeschlagene Arbeitskraft habe sich mittlerweile Kenntnisse angeeignet.
Herr XXXX hat sich in der Zwischenheit bei der belangten Behörde als Arbeitssuchender abgemeldet und steht daher für die gegenständliche Beschäftigung nicht mehr zur Verfügung.
2. Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem Akt des AMS, insbesondere auch aus den Unterlagen aus dem Ersatzkraftverfahren (Vermittlungsauftrag, Unterlagen aus dem elektronischen Verkehr des AMS mit Bewerberinnen und Bewerbern- EAMS).
Ebenso ergeben sie sich aus dem Antrag an die NAG-Behörde, der Arbeitgebererklärung und dem sonstigen Parteienvorbringen. Weiters beruhen die Feststellungen auf den Firmenbuchauszügen und dem Gewerberegister (GISA)-auszügen.
Weiters wurden miteinbezogen: Artikel aus der Zeitschrift „Holzmagazin“ vom 17.11.2020, betriebliche Unterlagen betreffend Geschäftskontakte mit Belarus, vorgelegt im Verfahren vor dem BVwG.
Ebenso ergeben sich die Sachverhaltsfeststellungen aus dem Lebenslauf der Bf2 sowie den überzeugenden Aussagen des Vertreters der Bf1 in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG.
Die nachvollziehbaren Schilderungen des geplanten Umfangs und Inhalts der Tätigkeit im Betrieb der Bf1 lässt die Schaffung einer Vollzeitstelle als nachvollziehbar und in den betrieblichen Notwendigkeiten begründet erscheinen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 20f AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservices, die in Angelegenheiten des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ergangen sind, das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Zu A)
§ 41 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG):
(1) Drittstaatsangehörigen kann ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ erteilt werden, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles mit Ausnahme des § 11 Abs. 2 Z 2 erfüllen und eine schriftliche Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 20d Abs. 1 Z 1 AuslBG vorliegt.
(2) Drittstaatsangehörigen kann ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ erteilt werden, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles mit Ausnahme des § 11 Abs. 2 Z 2 erfüllen und
[…]
2. eine schriftliche Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 20d Abs. 1 Z 3 AuslBG vorliegt.
[…]
Gemäß § 20d Abs 1 AuslBG haben besonders Hochqualifizierte, Fachkräfte sowie sonstige Schlüsselkräfte und Studienabsolventen den Antrag auf eine „Rot-Weiß-Rot – Karte“, Schlüsselkräfte gemäß § 12c den Antrag auf eine „Blaue Karte EU“ und ausländische Künstler den Antrag auf eine „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ gemeinsam mit einer schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, die im Antrag angegebenen Beschäftigungsbedingungen einzuhalten, bei der nach dem NAG zuständigen Behörde einzubringen. Der Antrag kann auch vom Arbeitgeber für den Ausländer im Inland eingebracht werden. Die nach dem NAG zuständige Behörde hat den Antrag, sofern er nicht gemäß § 41 Abs. 3 Z 1 oder 2 NAG zurück- oder abzuweisen ist, unverzüglich an die nach dem Betriebssitz des Arbeitgebers zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Prüfung der jeweiligen Zulassungsvoraussetzungen zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle hat den Regionalbeirat anzuhören und binnen vier Wochen der nach dem NAG zuständigen Behörde – je nach Antrag – schriftlich zu bestätigen, dass die Voraussetzungen für die Zulassung
[…]
3. als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1,
[…]
erfüllt sind. Die nach dem NAG zuständige Behörde hat die regionale Geschäftsstelle über die Erteilung des jeweiligen Aufenthaltstitels unter Angabe der Geltungsdauer zu verständigen. Bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen hat die regionale Geschäftsstelle die Zulassung zu versagen und den diesbezüglichen Bescheid unverzüglich der nach dem NAG zuständigen Behörde zur Zustellung an den Arbeitgeber und den Ausländer zu übermitteln.
Gemäß § 12b Z1 AuslBG (Ausländerbeschäftigungsgesetz) werden Ausländer zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft zugelassen, wenn sie die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage C angeführten Kriterien erreichen und für die beabsichtigte Beschäftigung ein monatliches Bruttoentgelt erhalten, das mindestens 50 vH oder, sofern sie das 30. Lebensjahr überschritten haben, mindestens 60 vH der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, zuzüglich Sonderzahlungen beträgt, und sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind. Bei Studienabsolventen gemäß Z 2 entfällt die Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall.
Gemäß § 4 Abs 1 AuslBG ist einem Arbeitgeber ist auf Antrag eine Beschäftigungsbewilligung für den im Antrag angegebenen Ausländer zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt (Arbeitsmarktprüfung), wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen und
….
2. die Gewähr gegeben erscheint, dass der Arbeitgeber die Lohn- und Arbeitsbedingungen einschließlich der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften einhält,
3. keine wichtigen Gründe in der Person des Ausländers vorliegen, wie wiederholte Verstöße infolge Ausübung einer Beschäftigung ohne Beschäftigungsbewilligung während der letzten zwölf Monate,
4. die Beschäftigung, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nicht bereits begonnen hat,
5. der Arbeitgeber während der letzten zwölf Monate vor der Antragseinbringung nicht wiederholt Ausländer entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes beschäftigt hat,
6. die Vereinbarung über die beabsichtigte Beschäftigung (§ 2 Abs. 2) nicht aufgrund einer gemäß dem Arbeitsmarktförderungsgesetz, BGBl. Nr. 31/1969, unerlaubten Arbeitsvermittlung zustande gekommen ist und der Arbeitgeber dies wusste oder hätte wissen müssen,
7. der Arbeitgeber den Ausländer auf einem Arbeitsplatz seines Betriebes beschäftigen wird, wobei eine Zurverfügungstellung des Ausländers an Dritte unbeschadet des § 6 Abs. 2 nicht als Beschäftigung im eigenen Betrieb gilt,
8. die Erklärung über die Verständigung des Betriebsrates oder der Personalvertretung von der beabsichtigten Einstellung des Ausländers vorliegt und
9. der Arbeitgeber nicht hinsichtlich des antragsgegenständlichen oder eines vergleichbaren Arbeitsplatzes innerhalb von sechs Monaten vor oder im Zuge der Antragstellung
a) einen Arbeitnehmer, der das 50. Lebensjahr vollendet hat, gekündigt hat oder
b) die Einstellung eines für den konkreten Arbeitsplatz geeigneten Arbeitnehmers, der das 50. Lebensjahr vollendet hat, abgelehnt hat, es sei denn, er macht glaubhaft, dass die Kündigung oder die Ablehnung der Einstellung nicht aufgrund des Alters des Arbeitnehmers erfolgt ist.
Gemäß § 4b AuslBG lässt die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes (§ 4 Abs. 1) die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung zu, wenn für die vom beantragten Ausländer zu besetzende offene Stelle weder ein Inländer noch ein am Arbeitsmarkt verfügbarer Ausländer zur Verfügung steht, der bereit und fähig ist, die beantragte Beschäftigung zu den gesetzlich zulässigen Bedingungen auszuüben. Unter den verfügbaren Ausländern sind jene mit Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, EWR-Bürger, Schweizer, türkische Assoziationsarbeitnehmer (§ 4c) und Ausländer mit unbeschränktem Arbeitsmarktzugang (§ 17) zu bevorzugen. Der Prüfung ist das im Antrag auf Beschäftigungsbewilligung angegebene Anforderungsprofil, das in den betrieblichen Notwendigkeiten eine Deckung finden muss, zu Grunde zu legen. Den Nachweis über die zur Ausübung der Beschäftigung erforderliche Ausbildung oder sonstige besondere Qualifikationen hat der Arbeitgeber zu erbringen.
Judikatur zum Ersatzkraftverfahren nach § 4b AuslBG:
Es ist auf die Erk des VwGH, Zl. Ra 2019/09/0141 vom 29.01.2020 und Ra 2018/09/0136 vom 20. März 2019 zu verweisen:
Es ist grundsätzlich Sache des Beschäftigers, das Anforderungsprofil hinsichtlich des zu besetzenden Arbeitsplatzes und der konkreten von der Arbeitskraft zu leistenden Tätigkeiten auf abstrakte Weise festzulegen. Der Beschäftiger hat zwar nach § 4b Abs. 1 letzter Satz AuslBG den Nachweis über die zur Ausübung der Beschäftigung erforderliche Ausbildung oder sonstige besondere Qualifikationen der gewünschten Arbeitskraft zu erbringen. Die Behörde ist in diesem Rahmen aber grundsätzlich an das von der antragstellenden Partei formulierte Anforderungsprofil gebunden (vgl. VwGH 10.9.2015, Ro 2015/09/0011; 15.9.2011, 2009/09/0149; 15.5.2008, 2005/09/0106).
3.2 Im konkreten Fall:
3.2.1 Die Bf2 kann unbestritten die nach der Anlage C erforderliche Punkteanzahl von 55 nachweisen.
3.2.2 Das in Aussicht gestellte Gehalt erfüllt nunmehr nach der Erhöhung die Voraussetzungen des § 12b Z 1 AuslBG, weil es 60 % der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage (3.330,-- für 2021,--) erreicht.
3.2.3 Anforderungsprofil und Ersatzkraftverfahren
Ein Verfahren zur Vermittlung von Ersatzkräften nach § 4b Abs. 1 AuslBG bezweckt den Vorrang von Inländern und ihnen gleichgestellten ausländischen Arbeitnehmern bei der Arbeitsvermittlung sicher zu stellen. Mit Hilfe dieser Bestimmung soll in rechtsstaatlichen Grenzen aus arbeitsmarktpolitischen Gründen die Möglichkeit für einen lenkenden Einfluss auf die Beschäftigung von Ausländern im Bundesgebiet gewährleistet sein. Zugleich dient ein solches Verfahren dem vom Gesetz gewünschten Ergebnis, dass die freie Stelle besetzt und der Bedarf des Arbeitgebers nach seinem Anforderungsprofil entsprechenden Arbeitskräften befriedigt wird (vgl. 2013/09/0070 vom 24.01.2014, E 2007/09/0199).
Grundsätzlich ist es im Verfahren über einen Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung Sache des Beschäftigers, das Anforderungsprofil hinsichtlich des zu besetzenden Arbeitsplatzes und der konkret von der Arbeitskraft zu leistenden Tätigkeiten auf abstrakte Weise festzulegen, vgl. die oben wiedergegebene Judikatur des VwGH.
Gemäß § 4b Abs. 1 AuslBG ist der Prüfung der Arbeitsmarktlage das im Antrag angegebene Anforderungsprofil aber nur insoweit zu Grunde zu legen, als es in den betrieblichen Notwendigkeiten eine Deckung findet. Der Beschäftiger hat nach dem AuslBG den Nachweis über die zur Ausübung der Beschäftigung erforderliche Ausbildung oder sonstige besondere Qualifikationen der gewünschten Arbeitskraft zu erbringen. Bei der Prüfung der Arbeitsmarktlage ist das vom Dienstgeber angegebene Anforderungsprofil aber nur insoweit zu Grunde zu legen, als es in den betrieblichen Notwendigkeiten eine Deckung findet (vgl. u.a. VwGH vom 24.01.2014, 2013/09/0070).
3.2.4 Die Bf2 erfüllt nach Auffassung des Gerichts die im Anforderungsprofil genannten Voraussetzungen des Arbeitgebers.
Bezüglich der Einwände der belangten Behörde ist anzuführen, dass der Vertreter der Bf1 nachvollziehbar konkretisiert hat, dass für die gegenständliche Beschäftigung kein Fachwissen über Holzbau notwendig ist, sondern nur eine gewisse Vorerfahrung im Geschäftsbereich der Bf1 erwünscht ist. Die wesentliche Voraussetzung ist die Kenntnis der kulturellen Besonderheiten in den Geschäftsbeziehungen und das Wissen über die Besonderheiten des Verwaltungsgeschehens in Belarus, neben den umfassenden Sprachkenntnissen.
Hinsichtlich des Inhalts des Kriteriums des Führens von Vertragsverhandlungen konnte in der mündlichen Verhandlung geklärt werden, dass solche Verhandlungen in Zusammenhang mit dem bestehenden Geschäftsbereich und den Rahmenverträgen gemeint sind, die betrieblich bedingt sind und zu denen die Bf2 nach den Feststellungen auch befähigt ist; im Bereich der Erweiterung der Geschäftskontakte soll die Bf2 mögliche Geschäftspartner recherchieren und die Vertragsanbahnung begleiten. Auch diese Aufgabe kann die Bf2 erfüllen.
Im Übrigen hätte die belangte Behörde bei Zweifel an der betrieblichen Notwendigkeit einzelner Kriterien und bei Unklarheiten und sonstigen Einwände des Anforderungsprofil den Versuch zu unternehmen gehabt, vor der Ersatzkraftsuche mit dem Vertreter der Bf1 diese zu klären gehabt.
Das Anforderungsprofil so wie es von der Bf1 der belangten Behörde bekanntgegeben wurde, ist mit den betrieblichen Notwendigkeiten in Einklang zu bringen.
3.2.4. Ergebnis des Ersatzkraftverfahrens:
Als Ergebnis der durchgeführten Arbeitsmarktprüfung nach § 4b AuslBG steht jedenfalls fest, dass von den nach Auffassung des AMS in Frage kommenden Bewerber und Bewerberinnen zwei unbestritten nicht geeignet waren. Bezüglich der dritten Person, Herrn XXXX , war im bisherigen Verfahren strittig, ob er für die Beschäftigung geeignet ist. Herr XXXX hat dem AMS gemeldet, dass er nicht mehr arbeitssuchend ist. Im Zuge des Verfahrens hat sich daher herausgestellt, dass der Genannte um jetzigen Entscheidungszeitpunkt nicht (mehr) zur Verfügung steht, sodass auf diese Frage, ob er geeignet ist, nicht mehr einzugehen ist.
Der Bf1 kann nicht vorgeworfen werden, die Stellung jeder Ersatzkraft von vornherein abzulehnen. Er hatam Ersatzkraftverfahren angemessen mitgewirkt.
Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass ein Ersatzkraftverfahren auf Basis eines die betrieblichen Notwendigkeiten abbildenden Anforderungsprofils durchgeführt wurde und nachweislich keine geeignete Ersatzkraft gefunden werden konnte.
Es liegen daher auch die Voraussetzungen des § 4 Abs 1 iVm § 4b AuslBG vor.
Da auch die sonstigen Voraussetzungen nach § 12b Z 1. AuslBG gegeben sind, war wie im Spruch zu entscheiden.
Zu B) Zur Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Entscheidung basiert nach Auffassung des Gerichts auf einer eindeutigen Gesetzesbestimmung. Die hier zu klärende strittige Frage liegt auf der Ebene der Interpretation.
Schlagworte
Anforderungsprofil Arbeitsmarktprüfung Ausländerbeschäftigung Ersatzkraft Rot-Weiß-Rot-Karte SchlüsselkraftEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W178.2236949.1.00Im RIS seit
31.05.2021Zuletzt aktualisiert am
31.05.2021