TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/23 L518 2202645-1

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Veröffentlicht am 23.03.2021
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Entscheidungsdatum

23.03.2021

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9 Abs3
FPG §46
FPG §52 Abs9
FPG §55
VwGVG §29 Abs5

Spruch



L518 2202645-1/14E
L518 2202647-1/6E

Gekürzte Ausfertigung des am 8.3.2021 mündlich verkündeten Erkenntnisses:

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dr. STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerden von XXXX , geb. XXXX , StA. ARMENIEN, die minderjährige Beschwerdeführerin XXXX , geb. XXXX , StA. ARMENIEN vertreten durch XXXX , alle vertreten durch die BBU, gegen die Bescheide des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, vom 29.06.2018, Zl. XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.03.2021, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird betreffend der Erstbeschwerdeführerin hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. als unbegründet abgewiesen.

Insoweit wider die Erstbeschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde, wird der Beschwerde Folge gegeben, der Bescheid behoben und festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist und dem BF aus Gründen des Art. 8 EMRK gem. § 55 Asylgesetz 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" erteilt.

Hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin wird Spruchpunkt I. abgewiesen. Insoweit der P2 gem. § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien abgewiesen wurde, wird der Beschwerde folgegegeben, der Bescheid behoben und der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien zuerkannt.

Im Übrigen werden die nachfolgenden Spruchpunkte der Bescheide ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Zu A)

Es konnte nicht festgestellt werden, dass den Beschwerdeführern im Heimatland eine begründete Furcht vor einer asylrelevanten Verfolgung droht. Ebenso konnte unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände nicht festgestellt werden, dass sie im Falle einer Rückkehr nach Armenien der Gefahr einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung iSd GFK ausgesetzt wären.

Auch konnte unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Armenien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde oder für die Beschwerdeführer als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Es kamen auch keine jeweils in der Person der Beschwerdeführer liegende Gründe, die einer Abschiebung entgegenstehen würden, wie beispielsweise eine lebensbedrohliche Erkrankung, zum Vorschein.

Die Erstbeschwerdeführerin gab an, dass sowohl sie, als auch ihre Tochter gesund sind und keinerlei gesundheitliche Beeinträchtigung haben.

Da im Hinblick auf die oben dargelegten Abwägungen zum Entscheidungszeitpunkt das Interesse der Erstbeschwerdeführerin an der Aufrechterhaltung des Privat- und/oder Familienlebens in Österreich im konkreten Fall die in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten öffentlichen Interessen überwiegt und die Erlassung einer Rückkehrentscheidung einen nicht nur vorübergehenden Eingriff in das Recht auf Privat- und/oder Familienleben darstellen würde, war der Beschwerde diesbezüglich stattzugeben und gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist.

Da die Erstbeschwerdeführerin einen Nachweis über die Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 5 IntG vorgelegt hat (Teilnahme an einem Werte- und Orientierungskurs, allgemein anerkannter Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse zumindest auf dem A2-Sprachniveau), war der beschwerdeführenden Partei daher gleichzeitig der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ gemäß § 55 AsylG für die Dauer von 12 Monaten zu erteilen.

Es liegen sohin die Voraussetzungen des § 55 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018 in Verbindung mit § 9 Abs. 4 IntG, in der Fassung BGBl. I Nr. 86/2017, in Verbindung mit § 11 Abs. 2 IntG vor, und ist der P1 somit gemäß § 55 Abs. 1 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen.

Sonderbestimmungen für das Familienverfahren

Familienverfahren im Inland

§ 34. (1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;

3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG).

Angesichts der oben dargelegten Ausführungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiter ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Gemäß § 29 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, kann das Erkenntnis in gekürzter Form ausgefertigt werden, wenn von den Parteien auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof verzichtet oder nicht binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift gemäß Abs. 2a leg. cit. eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 leg. cit. von mindestens einem der hiezu Berechtigten beantragt wird. Die gekürzte Ausfertigung hat den Spruch sowie einen Hinweis auf den Verzicht oder darauf, dass eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 nicht beantragt wurde, zu enthalten.

Diese gekürzte Ausfertigung des nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 8.3.2021 verkündeten Erkenntnisses ergeht gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG, da ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG innerhalb der zweiwöchigen Frist durch die hierzu Berechtigten nicht gestellt wurde.

Schlagworte

Aufenthaltsberechtigung plus ersatzlose Teilbehebung Familienverfahren gekürzte Ausfertigung Integrationsvereinbarung Interessenabwägung mangelnde Asylrelevanz non refoulement private Interessen Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:L518.2202645.1.00

Im RIS seit

31.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

31.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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