TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/29 W209 2228896-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.03.2021
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Entscheidungsdatum

29.03.2021

Norm

ASVG §113 Abs1 Z1
ASVG §113 Abs2
ASVG §4
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W209 2228896-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , XXXX , XXXX , vertreten durch Mag. Jürgen PAYER, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Neuer Markt 1, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) vom 03.12.2019, GZ: VA/ED-FP-0369/2019, betreffend Vorschreibung eines Beitragszuschlages gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) in Höhe von € 1.400,00 wegen unterlassener Anmeldung zur Pflichtversicherung der Dienstnehmer XXXX , VSNR XXXX , und XXXX , VSNR XXXX , nach Beschwerdevorentscheidung vom 29.01.2020 und am 24.03.2021 durchgeführter mündlicher Verhandlung zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und die Beschwerdevorentscheidung dahingehend abgeändert, dass ein Beitragszuschlag gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG in Höhe von € 1.000,00 wegen unterlassener Anmeldung des Dienstnehmers XXXX , VSNR XXXX , zur Pflichtversicherung vorgeschrieben wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 03.12.2019 schrieb die belangte Behörde (im Folgenden: ÖGK) der Beschwerdeführerin gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG einen Beitragszuschlag in der Höhe von € 1.400,00 vor, weil sie es unterlassen habe, die Dienstnehmer XXXX , VSNR XXXX , (im Folgenden: MA) und XXXX , VSNR XXXX (im Folgenden: ET) vor Arbeitsantritt zur Pflichtversicherung zu melden. Begründend wurde ausgeführt, dass im Rahmen einer am 06.07.2019 durchgeführten Kontrolle der Finanzpolizei festgestellt worden sei, dass für die oben angeführten Dienstnehmer die Anmeldung vor Arbeitsantritt nicht erstatten worden sei. Der vorgeschriebene Beitragszuschlag setze sich aus dem Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung in Höhe von € 800,00 und dem Teilbetrag für den Prüfeinsatz in Höhe von € 600,00 zusammen.

2. Dagegen erhob die Beschwerdeführer binnen offener Rechtsmittelfrist Beschwerde, die im Wesentlichen damit begründet wurde, dass die Beschwerdeführerin, die einen großen Teil ihrer Pension in der Türkei verbringe, für Renovierungsarbeiten an ihrem Haus einen vermeintlich sachkundigen und verlässlichen Baumeister beauftragt hätte, der sämtliche Schritte – auch im Zusammenhang mit dessen Dienstnehmern – übernehmen sollte. Es sei niemals ein Dienstverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und den Betretenen vorgelegen. Aus den Angaben der Beschwerdeführerin, dass sie ET seit einigen Monaten kenne, könne nicht geschlossen werden, dass sie diese Person tatsächlich persönlich kenne. Schon gar nicht könne daraus geschlossen werden, dass sie mit dieser Person ein Dienstverhältnis vereinbart habe. Aus den Angaben des ET lasse sich wiederum nicht folgern, dass die Beschwerdeführerin jemals Kontakt zum betretenen MA gehabt habe bzw. mit diesem ein Dienstverhältnis geschlossen habe, zumal letzterer den Angaben des ET zufolge zu keinem Zeitpunkt in Kontakt mit der Beschwerdeführerin gestanden sei. Diese habe die genannte Person weder gekannt noch beauftragt. Es habe sich lediglich um eine freundschaftliche Hilfsleistung zwischen den Betretenen gehandelt, die unter keinen Umständen der Beschwerdeführerin zuzurechnen sei. Da die Beschwerdeführerin unter diesen Umständen nicht darauf bauen und entsprechend disponieren habe können, dass die Betretenen ihr an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit zur Verfügung stehen, liege kein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vor. Auch eine Bindung der Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse seien nicht gegeben. Die Beschwerdeführerin habe die Sanierung des Hauses einem vermeintlich sachkundigen Baumeister übergeben, der sich um die ordnungsgemäße Anmeldung seiner Dienstnehmer und die sachgerechte Arbeitserbringung auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin kümmern hätte sollen. Darüber hinaus hätten sich die Beschwerdeführerin und ihr Lebensgefährte während der Arbeiten überwiegend im Ausland aufgehalten. Ebenso könne aus dem Umstand, dass MA seinem Freund lediglich sein Auto geborgt habe, nicht abgeleitet werden, dass mit der Beschwerdeführerin ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestanden habe. Zudem liege kein Betrieb vor. Es könne daher nicht ohne weiteres von Dienstverhältnissen im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG ausgegangen werden. Darüber hinaus seien im vorliegenden Fall lediglich unbedeutende Folgen gegeben, weil es sich vorliegend allenfalls um die erstmalige verspätete Anmeldung handle. Insbesondere müsse berücksichtigt werden, dass die Beschwerdeführerin aufgrund ihres oftmaligen Aufenthalts in der Türkei auf die Übernahme sämtlicher notwendiger behördliche Schritte durch den Bauleiter vertraut habe und die Risiken dieses Vertrauensvorschusses – womöglich auch durch ihr bereits hohes Alter bedingt – nicht mehr in vollem Umfang einsehen habe können. Darüber hinaus habe die Beschwerdeführerin nicht sämtliche, auf Türkisch geführten Gespräche zwischen dem Bauleiter und ihrem Lebensgefährten verstanden.

3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 29.01.2020 wurde die Beschwerde abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass feststehe, dass die Betretenen am 06.07.2019 im Rahmen einer Kontrolle der Finanzpolizei auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin beim Ausladen von Baumaterial und Werkzeug aus einem Pkw für die Beschwerdeführerin arbeitend angetroffen worden seien, ohne von dieser vor Arbeitsantritt zur Sozialversicherung angemeldet worden zu sein. ET sei zudem auch am 03.09.2019 auf der Liegenschaft der Beschwerdeführerin im Beisein einer weiteren Person beim Montieren des Rahmens einer Steckdose angetroffen worden, wobei er das benötigte Material zuvor gemeinsam mit der Beschwerdeführerin und deren Lebensgefährten, Herrn XXXX , in einem Baumarkt besorgt habe. Beide Personen seien bis dato nicht zur Sozialversicherung gemeldet worden. Bis dato sei noch kein Meldeverstoß der Beschwerdeführerin rechtskräftig festgestellt worden. ET habe angegeben, im Auftrag der Beschwerdeführerin gegen Kostenersatz Fliesen gekauft und verlegt zu haben. Er sei stundenweise tätig geworden und habe dafür jeweils zwischen € 20 und € 100 erhalten. MA sei ein Freund von ihm gewesen und habe ihm beim Materialtransport geholfen. Letzterer habe auch einfaches Werkzeug auf die Baustelle gebracht und sei ebenfalls für die Beschwerdeführerin entgeltlich tätig geworden. Zum Betretungszeitpunkt habe er über eine Gewerbeberechtigung als „Entrümpler“ verfügt. Die Beschwerdeführerin habe sich bei der Kontrolle am 06.07.2019 im Ausland aufgehalten und keine Vorkehrungen getroffen, während ihrer Abwesenheit die Arbeitsaufnahme von Personen zu verhindern. Die Angaben der Beschwerdeführerin, MA habe ET lediglich das Auto geborgt und sei nur zufällig auf der Baustelle anwesend gewesen, seien unglaubwürdig, weil sie im Widerspruch zu den Angaben im Strafantrag bzw. der Sofortmeldung stünden. Darüber hinaus entspreche es der Lebenserfahrung, dass auf einer Baustelle mehrere Personen gemeinsam tätig seien. Auch die Verantwortung der Beschwerdeführerin, sie habe einen vermeintlich sachkundigen Baumeister, der sämtliche behördliche Schritte, auch in Zusammenhang mit dessen Dienstnehmern, übernehmen hätte sollen, beauftragt, stehe in Widerspruch zum Verfahrensakt. Beim vermeintlichen Baumeister handle es sich allem Anschein nach um ET. Dieser verfüge über keine Gewerbeberechtigung und keine unternehmerische Struktur und habe im Zeitraum von 07.07.2019 bis 23.09.2019 Notstandshilfe bezogen. Entgegen dem Beschwerdevorringen sei die Liegenschaft der Beschwerdeführerin als Betrieb im Sinne des § 34 Abs. 1 ArbVG (und damit auch im Sinne des ASVG) zu qualifizieren und als „organisatorische Einheit“ anzusehen, weil die Arbeiter nach Rücksprache mit dem Lebensgefährten der Bauherrin gemeinsam an diesem Ort und unter Verwendung von auf die Baustelle gebrachtem Werkzeug und Arbeitsmaterial das Haus der Beschwerdeführerin sanieren hätten sollen. Die auf der Baustelle verrichteten Arbeitsergebnisse seien auch fortgesetzt im Sinne des § 34 Abs. 1 ArbVG erzielt worden, weil die Arbeiten aufgrund der Umstände des Falles absehbar außergewöhnlich lange dauern hätten sollen. Die tatsächliche Anordnungsbefugnis der Dienstgeberin, mag sie auch durch ihren Lebensgefährten zum Ausdruck gekommen sein, ergebe sich aus den Sanierungsarbeiten selbst, da die zu verrichtenden Arbeiten einer laufenden Konkretisierung bedurft hätten. Sie sei außerdem befugt gewesen, die gemachte Arbeit zu kontrollieren und habe dies auch gemacht, was aus dem Umstand zu folgern ist, dass sie mit den verrichteten Arbeiten nicht zufrieden gewesen sei. Beide Betretenen seien auf der Liegenschaft der Beschwerdeführerin tätig gewesen, hätten über keine unternehmerische Struktur verfügt und das von ihr bereitgestellte Arbeitsmaterial verwendet. Die Verwendung eigenen Werkzeugs sei für sich kein unterscheidungsfähiges Kriterium, weil das auch im Bereich der unselbstständig Beschäftigten vorkomme, wie die Regelung von Werkzeuggeldern (Vergütungen, die der Dienstnehmer vom Dienstgeber zwecks Anschaffung, Instandhaltung und den Betrieb von für seine Tätigkeit erforderlichen Arbeitsgeräten erhält) in lohngestaltenden Vorschriften zeigen würden. Auch die Verwendung eines eigenen Kraftfahrzeuges schließe ein Dienstverhältnis keineswegs aus (vgl. die Regelungen zum Kilometergeld). In beiden Fällen lägen entgeltliche Tätigkeiten vor. Das Bestehen einer – in diesem Fall nicht einschlägigen Gewerbeberechtigung – vermöge eine Pflichtversicherung nach dem ASVG nicht auszuschließen. Nicht entscheidend für die Dienstgebereigenschaft einer aus der Betriebsführung unmittelbar berechtigten und verpflichteten Person sei es, ob sie den Betrieb selbst oder durch dritte Personen (Organe, Bevollmächtigte, Beauftragte, Familienangehörige, Dienstnehmer usw.) führt, wenn ihr nur (auch) im Falle der Betriebsführung durch dritte Personen (weiterhin) zumindest die rechtliche Möglichkeit einer Einflussnahme auf die Betriebsführung zustehe (vgl. u.a. das Erkenntnis des VwGH vom 25. Jänner 1994, Zl. 92/08/0264). Die Beschwerdeführerin sei als Dienstgeberin anzusehen, auch wenn sie die Organisation der Arbeiten an ihren Lebensgefährten delegiert habe, weil die Baustelle auf ihre Rechnung und Gefahr geführt worden sei. Sie habe nämlich das Arbeitsmaterial und die Arbeiter bezahlt. Außerdem hätte sie als Liegenschaftseigentümerin die Gefahr unsachgemäßer Arbeitsausführung zu tragen und nach Vollendung der Sanierung den Vorteil der Wertsteigerung ihres Wohnhauses zu tragen gehabt. Das Fehlen der subjektiven Vorwerfbarkeit des Meldeverstoßes schließe die Verhängung eines Beitragszuschlages nach § 113 Abs. 1 ASVG nicht aus, denn dieser sei nicht als Verwaltungsstrafe, sondern als eine (neben der Bestrafung nach den §§ 111, 112 ASVG ermöglichte) wegen des durch die Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwandes in der Verwaltung sachlich gerechtfertigte weitere Sanktion für die Nichteinhaltung der Meldepflicht und damit als ein Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung zu werten (VwGH 13.09.2017, Ra 2017/08/0076, vgl. zur Qualifikation des Beitragszuschlages als Pauschalersatz für den Verwaltungsaufwand überdies VfGH 07.03.2017, G 407/2016-17, G 24/2017-4). Im gegenständlichen Fall liege ein erstmaliger Meldeverstoß der Beschwerdeführerin vor, von dem zwei Personen betroffen seien. Die Folgen des Meldeverstoßes seien jedoch nicht als unbedeutend einzustufen, da eine Anmeldung der Betretenen zur Sozialversicherung für den Betretungstag bis heute nicht erfolgt sei. Demnach sei die Verhängung des vorliegenden Beitragszuschlages sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu Recht erfolgt. Zur Folgekontrolle am 03.09.2019 werde ein separates Verfahren geführt.

4. Auf Grund des von der Beschwerdeführerin rechtzeitig erstatteten Vorlageantrages legte die ÖGK die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens am 25.02.2020 einlangend dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

5. Mit Schreiben vom 15.01.2021 teilte die Bezirkshauptmannschaft Krems über Ersuchen des Bundesverwaltungsgerichtes mit, dass in dem bei ihr anhängigen Strafverfahren betreffend die beschwerdegegenständliche Betretung ein Beschwerdeverfahren beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich anhängig sei.

6. Mit E-Mail vom 05.02.2021 teilt das Arbeitsmarktservice Niederösterreich (im Folgenden: AMS) über Ersuchen des Bundesverwaltungsgerichtes mit, dass ET am 07.08.2020 niederschriftlich befragt worden sei und dabei angegeben habe, dass er der Beschwerdeführerin und deren Lebensgefährten, welche er schon lange kenne, bloß geholfen habe. Sofern er gegenüber der Finanzpolizei angegeben habe, dass er dafür Geld erhalten habe, so sei dies lediglich als Ersatz für ein Zugticket erfolgt, welches er zuvor gekauft habe, um dorthin zu kommen. Er habe nicht schwarzgearbeitet, sondern nur geholfen. Er sei dort öfters auf Besuch, weil er sich im Grünen wohlfühle.

7. Mit Urkundenvorlage vom 11.03.2021 übermittelte der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin Erkenntnisse des Verwaltungsgerichts Niederösterreich, mit denen die Strafverfahren wegen Übertretungen des ASVG sowie des AuslBG aufgrund der Betretungen am 06.07.2019 und 03.09.2019 im Wesentlichen mit der Begründung eingestellt wurden, dass die Beschwerdeführerin einen gewissen Baumeister XXXX mit den Arbeiten beauftragt habe, der sich wiederum der Betretenen als Dienstnehmer bedient habe, und die Beschwerdeführerin daher als Dienstgeberin im Sinne des § 35 ASVG ausscheide.

8. Am 24.03.2021 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an welcher die Beschwerdeführerin, ihr Rechtsvertreter und eine Vertreterin der belangten Behörde teilnahmen. Im Rahmen der Verhandlung wurden die am 06.07.2019 und 03.09.2019 Betretenen sowie der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin als Zeugen einvernommen. Der oben erwähnte Baumeister XXXX wurde trotz entsprechender Aufforderung durch das Bundesverwaltungsgericht von der beschwerdeführenden Partei nicht stellig gemacht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:

Im Zuge einer am 06.07.2019 von Organen der Sicherheitspolizei im Zuge ihrer Streifentätigkeit vor dem Haus XXXX durchgeführten Kontrolle wurden XXXX , VSNR XXXX , (im Folgenden: MA) und XXXX VSNR XXXX , (im Folgenden: ET) beim Ausladen von Werkzeug und Baumaterial aus einem Pkw angetroffen, ohne vorher zur Pflichtversicherung gemeldet worden zu sein.

Die Liegenschaft steht im Eigentum der Beschwerdeführerin.

Sie und ihr Lebensgefährte, Herr XXXX , hatten ET immer wieder tageweise mit Hilfsarbeiten am Haus der Beschwerdeführerin beauftragt. Das Material wurde teilweise gemeinsam, teilweise von ET besorgt, in jedem Fall aber von der Beschwerdeführerin bezahlt.

ET wurde für seine Arbeitsleistung von der Beschwerdeführerin bar bezahlt. ET verfügte weder über einen Gewerbeschein noch über eine unternehmerische Infrastruktur und bezog im Zeitpunkt der Kontrolle Notstandshilfe.

Nicht festgestellt werden konnte, dass die Beschwerdeführerin den oben erwähnten Baumeister XXXX (im Folgenden: B) mit Sanierungsarbeiten beauftragt hatte und ET dessen Dienstnehmer war.

MA ist ein Freund des ET und half diesem auf dessen Ersuchen unentgeltlich beim Transport von Material und Werkzeug. Darüber hinaus verrichtete er auf der Baustelle keine Tätigkeiten.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Betretung stimmen mit den dienstlichen Wahrnehmungen der Beamten der Polizeiinspektion XXXX überein, die in der im Akt befindlichen Sofortmeldung vom 06.07.2019 dokumentiert sind und von allen Beteiligten sowohl im Verwaltungsverfahren als auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht bestätigt wurden.

Strittig war, ob ET und MA seitens der Beschwerdeführerin und deren Lebensgefährten mit den Arbeiten beauftragt wurden und von diesen dafür Geld erhielten.

ET gab in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht dazu an, von der Beschwerdeführerin und ihrem Lebensgefährten fallweise für Hilfsarbeiten am Haus herangezogen worden zu sein und dafür immer wieder Beträge in Höhe von € 20,00 bis € 400,00 von ihnen erhalten zu haben. Im Wesentlichen gleichlautende Angaben machte er auch gegenüber den Beamten der Polizeiinspektion XXXX sowie gegenüber der Finanzpolizei (im Zuge der zweiten Betretung am 03.09.2019).

Auch die Beschwerdeführerin gab gegenüber der Finanzpolizei zunächst an, dass sie und ihr Lebensgefährte ET schon länger kennen würden und mit ihm eine „Vereinbarung“ getroffen hätten. Von einem Baumeister B, der mit der Durchführung der Sanierungsarbeiten beauftragt worden wäre, war im gesamten erstinstanzlichen Verfahren noch keine Rede.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zum – erstmals mit Urkundenvorlage vom 11.03.2021 vorgebrachten – angeblichen Auftrag an den Baumeister B befragt, führte die Beschwerdeführerin aus, dass sich dieser bei ihr (nur mit dem Vornamen) vorgestellt habe, nachdem sie sich in ihrem Bekanntenkreis erkundigt habe, wer die Sanierungsarbeiten an ihrem Haus günstig durchführen könne. Sie habe sodann dem Baumeister B beim ersten Treffen € 20.000 in bar übergeben. Einen Beleg oder eine sonstige Bestätigung dafür habe sie nicht erhalten. Es gebe auch keine Zeugen für die Geldübergabe. Sie habe den Baumeister B nur zwei Mal gesehen, davon einmal nur „zufällig“ beim McDonald‘s in XXXX . Den vollständigen Namen kenne sie nicht. Auch über eine Telefonnummer oder sonstige Kontaktdaten verfüge sie nicht.

Demgegenüber gab die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich im Widerspruch dazu an, dass die Übergabe der € 20.000,-- an den Baumeister B beim McDonald‘s in XXXX stattgefunden habe, bei der auch ET anwesend gewesen sei (S, 5 des Erkenntnisses des LVwG NÖ vom 16.02.2021).

Der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin gab in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht wiederum an, den Baumeister B noch nie in seinem Leben, auch nicht zufällig, gesehen zu haben. Demgegenüber gab jedoch ET in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht glaubhaft an, schon lange Jahre mit dem Sohn des Lebensgefährten der Beschwerdeführerin befreundet zu sein, weswegen anzunehmen ist, dass der Lebensgefährte den B zumindest schon öfters gesehen haben muss.

ET gab in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ebenfalls glaubhaft an, dass der besagte Baumeister B ein guter Freund von ihm sei und mit vollem Namen XXXX heiße.

Damit erscheint auch die Rechtfertigung der Beschwerdeführerin, sie habe den Baumeister B nicht zur Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht stellig machen können, weil sie weder den vollständigen Namen kenne noch über alle Kontaktdaten von ihm verfüge, nicht glaubhaft, zumal sie nur den ET danach fragen hätte müssen.

Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass ET bei der Betretung durch Beamte der Polizeiinspektion XXXX am 06.07.2019 den Angaben der Polizeibeamten folgend die Beschwerdeführerin in der Türkei anrief. Wäre besagter B tatsächlich mit den Sanierungsarbeiten beauftragt worden und ET nur ein Arbeiter von ihm gewesen, hätte ET wohl in erster Linie den Baumeister B kontaktiert.

Darüber hinaus widerspricht es jeglicher Lebenserfahrung, dass die Beschwerdeführerin jemanden, den sie nicht kannte und zuvor noch nie gesehen hatte, ohne weitere Erkundungen einzuholen und ohne ihren Lebensgefährten, der ein Landsmann des angeblichen Baumeisters ist, darüber zu unterrichten, € 20.000 übergibt und sich hierfür nicht einmal eine Bestätigung ausstellen lässt.

Aufgrund der über weite Strecken widersprüchlichen, im Laufe des Verfahrens gesteigerten und nicht nachvollziehbaren Angaben der Beschwerdeführerin und ihres Lebensgefährten war den schlüssigen und das gesamte Verfahren hindurch gleichbleibenden Angaben des ET zu folgen, der als am Verfahren Unbeteiligter auch keinen Grund hatte, die Unwahrheit zu sagen, und in der Verhandlung auch einen sehr glaubwürdigen Eindruck machte.

Dies gilt auch für dessen Angaben hinsichtlich der Bezahlung des von ihm beschafften Materials durch die Beschwerdeführerin sowie der unentgeltlichen Beiziehung seines Freundes MA, der ihn nur zur Baustelle gebracht habe, weil er über keinen Führerschein verfüge. Letzteres wurde auch von dem getrennt von ET dazu befragten MA in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht bestätigt.

Dem Vorbringen der belangten Behörde in der Beschwerdevorentscheidung, wonach die Angaben des ET unglaubwürdig seien, weil sie im Widerspruch zu seinen Angaben im Strafantrag bzw. der Sofortmeldung stünden, ist entgegenzuhalten, dass ET in der Niederschrift vom 03.09.2019 sehr wohl angab, dass MA ihm nur einen Freundschaftsdienst geleistet habe. In der Sofortmeldung vom 06.07.2019 ist hingegen lediglich die Rede davon, dass ET und MA angegeben hätten, dass sie für die Beschwerdeführerin Sanierungsarbeiten im Haus durchgeführt hätten. Eine Niederschrift, in welcher die Angaben des ET und MA nachprüfbar dokumentiert worden wären, wurde jedoch nicht aufgenommen. Schließlich werden deren Angaben auch von den von den Polizeibeamten angefertigten Fotos gestützt, auf welchen MA mit sauberer Straßenkleidung und Flip-Flops – offenbar auf ET wartend –mit seinem Handy spielend zu sehen ist, während ET schmutzige Arbeitskleidung trägt.

Dass ET gegenüber dem AMS abweichend davon angab, seinerseits nur im Rahmen eines Freundschafts- bzw. Gefälligkeitsdienstes für die Beschwerdeführerin und ihren Lebensgefährten tätig geworden zu sein, war dies wohl dem Umstand geschuldet, dass er damit versuchte, dem Widerruf und der Rückforderung der Notstandshilfe zu entgehen, und daher als reine Schutzbehauptung zu werten.

Ob von der Beschwerdeführerin bzw. von ihrem Lebensgefährten noch weitere Personen mit den Durchführungen von Arbeiten beauftragt wurden, konnte dahingestellt bleiben, zumal vorliegend ausschließlich das – für das Bundesverwaltungsgericht aus den o.a. Erwägungen feststehende – (fallweise) entgeltliche Tätigwerden des ET für die Beschwerdeführerin (am 06.07.2019) entscheidungswesentlich war. Insofern war daher auch dem Beweisantrag der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung nach Einvernahme des XXXX zum Beweis, dass dieser mit Renovierungsarbeiten betraut wurde, nicht zu folgen.

Die bis dato nicht erfolgte Anmeldung des ET zur Pflichtversicherung ist in den Verwaltungsakten dokumentiert.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 414 Abs. 1 ASVG kann gegen Bescheide der Versicherungsträger in Verwaltungssachen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

§ 414 Abs. 2 ASVG sieht in den in § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG aufgezählten Angelegenheiten die Entscheidung durch einen Senat unter Laienrichterbeteiligung vor, wenn dies von einer Partei beantragt wird; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind.

Im vorliegenden Fall stellt die Frage der Versicherungspflicht eine Vorfrage dar und liegt somit eine Angelegenheit vor, die auf Antrag eine Senatszuständigkeit unter Beteiligung fachkundiger Laienrichter begründen würde. Mangels Antrages liegt jedoch Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 ASVG von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 ASVG nur eine Teilversicherung begründet.

Nach § 4 Abs. 2 1. Satz ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Unter Entgelt sind die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält (§ 49 ASVG).

Für die Beurteilung von Sachverhalten nach dem ASVG ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre (§ 539a ASVG).

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

Nach § 35 Abs. 1 1. Satz ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne des ASVG unter anderem derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 ASVG pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

Gemäß § 113 Abs. 1 ASVG können unter anderem Dienstgebern Beitragszuschläge vorgeschrieben werden, wenn

1. die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde oder

2. die vollständige Anmeldung zur Pflichtversicherung nach § 33 Abs. 1a Z 2 nicht oder verspätet erstattet wurde oder

3. das Entgelt nicht oder verspätet gemeldet wurde oder

4. ein zu niedriges Entgelt gemeldet wurde.

Der Beitragszuschlag setzt sich gemäß § 113 Abs. 2 ASVG im Fall des Abs. 1 Z 1 nach einer unmittelbaren Betretung im Sinne des § 111a [Abgabenbehörden des Bundes, deren Prüforgane Personen betreten haben] aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf € 400 je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich auf € 600.

Gemäß § 113 Abs. 3 ASVG kann bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf € 300 herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen.

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Im vorliegenden Fall ist zunächst als Vorfrage zu klären, ob eine gemäß § 33 Abs. 1 ASVG meldepflichtige Beschäftigung der Betretenen vorlag und die Beschwerdeführerin als Dienstgeberin verpflichtet gewesen wäre, diese vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden.

Als Dienstgeber im Sinne des ASVG gilt gemäß § 35 Abs. 1 ASVG derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter anstelle des Entgeltes verweist.

Grundsätzlich ist der Beschwerdeführerin darin beizupflichten, dass der bloße Umstand, dass sie Eigentümerin des Hauses ist, an dem die hier in Rede stehenden Arbeiten durchgeführt wurden, keinen Betrieb begründet (vgl. VwGH 20.03.2014, 2012/08/0024). Das Fehlen einer maßgeblichen betrieblichen Struktur steht der Dienstgebereigenschaft der Beschwerdeführerin aber nicht entgegen (vgl. VwGH 14.02.2013, 2011/08/0115).

Da die Beschwerdeführerin nicht als Inhaberin eines Betriebes zu qualifizieren ist, in dem die betretenen Personen integriert gewesen wären, ist für die Dienstgebereigenschaft iSd § 35 Abs. 1 ASVG entscheidend, ob die Baustelle auf Rechnung und Gefahr der Beschwerdeführerin geführt worden ist (vgl. VwGH 07.09.2011, 2008/08/0165).

Zur Frage, auf wessen Rechnung und Gefahr ein Betrieb (die Tätigkeit) geführt wird, vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht, dass dies jene Person ist, die nach rechtlichen (und nicht bloß tatsächlichen) Gesichtspunkten aus den im Betrieb getätigten Geschäften unmittelbar berechtigt und verpflichtet wird. Es kommt darauf an, wen das Risiko des Betriebs im Gesamten unmittelbar trifft; dieser Person muss im Fall der Betriebsführung durch Dritte zumindest die rechtliche Möglichkeit einer Einflussnahme auf die Betriebsführung (durch Weisung, Kontrolle etc. vor allem in Bezug auf das im Blick stehende Beschäftigungsverhältnis) zustehen (vgl. zuletzt 27.08.2019, Ra 2016/08/0074 mHa VwGH VwGH 28.09.2018, Ra 2015/08/0080; eingehend auch Julcher in Mosler/Müller/Pfeil (Hrsg.), Der SV-Komm (179. Lfg.), § 35 ASVG Rz 11 ff; mwN).

Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, leistete der betretene ET für die Beschwerdeführerin fallweise entgeltliche Hilfsdienste. Somit traf jedenfalls die Beschwerdeführerin das Risiko einer potenziell längeren Dauer der Arbeiten. Schließlich hätten Verzögerungen zu Mehrkosten ihrerseits geführt, indem sie ET für die zusätzliche Arbeit bezahlen hätte müssen. Auch der Umstand, dass das Arbeitsmaterial vollständig von der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellt wurde, stützt dieses Ergebnis.

Dass die Beschwerdeführerin in rechtlicher Hinsicht Einfluss auf die Arbeiten nehmen konnte, ist in ihrer Eigenschaft als Eigentümerin der Liegenschaft als gegeben anzunehmen. Vor diesem Hintergrund ist die Beschwerdeführerin daher als Dienstgeberin anzusehen.

Bei den verrichteten Arbeiten handelte es sich um manuelle Tätigkeiten, die ihrer Art nach keine höhere Qualifikation erforderten. ET brachte im Wesentlichen nur seine eigene Arbeitskraft ein und verfügten über keine eigene Betriebsorganisation. Aus einem solchen Erwerbstätigen wird auch dann keine selbständiger Erbringer von Werkleistungen, wenn die genannten Dienstleistungen gedanklich in einzelne zeitlich bzw. mengenmäßig bestimmte Abschnitte zerlegt und diese Abschnitte sodann zu "Werken" mit einer "gewährleistungstauglichen Leistungsverpflichtung" erklärt werden (vgl. VwGH 24.04.2014, 2013/08/0258, mwN). Eine selbstständige Erwerbstätigkeit im Rahmen eines Werkvertrages lag daher nicht vor.

Wird jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen, d.h. arbeitend, unter solchen Umständen angetroffen, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, dann ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinne auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. VwGH 21.04.2004, 2003/08/0182).

Soweit von der Beschwerdeführerin vorgebracht wurde, dass sie einen Baumeister mit der Durchführung der Arbeiten beauftragt habe und sich dieser des ET als Dienstnehmer bedient hätte, ist darauf hinzuweisen, dass sich dieses Vorbringen im Rahmen der mündlichen Verhandlung als unrichtig darstellte, wodurch fallgegenständlich keine atypischen Umstände vorliegen, die der Qualifikation der Beschwerdeführerin als Dienstgeberin entgegenstehen.

In Ermangelung eines Betriebes des Beschäftigers, in den der Beschäftigte integriert gewesen ist, reicht das bloße Vorliegen einfacher manueller Arbeiten im Allgemeinen aber nicht aus, um (schon deshalb) vom Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG ausgehen zu können (vgl. etwa VwGH 13.11.2013, 2013/08/0146; 20.3.2014, 2012/08/0024; sowie VwGH 31.7.2014, 2012/08/0253; 28.9.2018, Ra 2015/08/0080). Allein die Tatsache, dass die verrichtete Tätigkeit keine besondere Qualifikation erfordert, lässt nämlich – ohne Hinzutreten weiterer Umstände – noch keine Vermutung zu, die im Sinn der genannten Rechtsprechung die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht berechtigen könnte, ohne weitere Erhebungen von einem Dienstverhältnis auszugehen. Ist eine Vermutung der genannten Art, die die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht berechtigen könnte, von einem Dienstverhältnis nach § 4 Abs. 2 ASVG auszugehen, nicht zu bejahen, so ist anhand näherer Umstände des Falles zu klären, ob bei der Erfüllung der übernommenen Arbeitspflicht die Merkmale persönlicher Abhängigkeit vom Empfänger der Arbeit gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist (vgl. VwGH 31.7.2014, 2012/08/0253; 13.11.2013, 2013/08/0146).

Zwar unterliegt die Beschäftigung auch dann der Meldepflicht des § 33 Abs. 1 ASVG, wenn persönliche Abhängigkeit vernein wird. Zu beachten ist allerdings, dass eine Pflichtversicherung als (persönlich unabhängiger) freier Dienstnehmer nach § 4 Abs. 4 Z 1 ASVG die Erbringung von Dienstleistungen für einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereiches (Vereinsziel usw.) voraussetzt. Die Erbringung von Dienstleistungen im privaten Bereich ist daher von der Pflichtversicherung als freier Dienstnehmer nach § 4 Abs. 4 ASVG ausgeschlossen (vgl. VwGH 13.11.2013, 2013/08/0146, mwN; sowie VwGH 17.11.2004, 2002/08/0211).

Ob bei Erfüllung einer übernommenen Arbeitspflicht die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeit gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist, hängt – im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffspaares – davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder – wie bei anderen Formen einer Beschäftigung (z.B. auf Grund eines freien Dienstvertrages im Sinn des § 4 Abs. 4 ASVG) – nur beschränkt ist (vgl. VwGH [verstärkter Senat] 10.12.1986, 83/08/0200, VwSlg. 12.325/A). Unterscheidungskräftige Kriterien der Abgrenzung der persönlichen Abhängigkeit von der persönlichen Unabhängigkeit sind nur die Bindungen des Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie z.B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeit) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt. Erlaubt im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien ebenso wie die Art des Entgelts und der Entgeltleistung (§ 49 ASVG), die an sich in der Regel wegen des gesonderten Tatbestandscharakters des Entgelts für die Dienstnehmereigenschaft nach § 4 Abs. 2 ASVG für das Vorliegen persönlicher Abhängigkeit nicht aussagekräftig sind, von maßgeblicher Bedeutung sein (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 20.02.2020, Ra 2019/08/0171, mwN).

Vorliegend stellt der Arbeitsort kein unterscheidungskräftiges Kriterium dar, da im Falle von Arbeiten an einem Einfamilienhaus eine Bindung daran auch bei einem selbständig Erwerbstätigen gegeben wäre.

Was die Gebundenheit in Bezug auf die Arbeitszeit und das arbeitsbezogene Verhalten anlangt, ist jedoch festzuhalten, dass es sich fallgegenständlich um Hilfsarbeiten handelte, bei denen der Ausführende über keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum verfügte. Infolgedessen war die Bestimmungsfreiheit des ET somit zumindest an jenen Tagen, an denen er für die Beschwerdeführerin tätig wurde (so auch am Tage der Betretung), weitgehend ausgeschaltet und nicht nur beschränkt, was im Lichte der oben angeführten Judikatur für die Annahme persönlicher Abhängigkeit spricht.

Da auch das Material von der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellt wurde, stand der Beschwerdeführerin letztlich auch über die Verwendung dieser Arbeitsmittel ein Weisung- und auch Kontrollrecht zu, sodass im gegenständlichen Fall die persönliche Abhängigkeit des ET letzlich zu bejahen ist.

Letzterem wurde zudem (zumindest konkludent) eine Entlohnung zugesichert, sodass auch Entgeltlichkeit gegeben ist.

Die wirtschaftliche Abhängigkeit ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit und findet ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel (vgl. VwGH 19.03.1984, 81/08/0061).

Demensprechend ist davon ausgehen, dass ET (zumindest am Tag der Betretung) als (persönlich und wirtschaftliche abhängiger) Dienstnehmer für die Beschwerdeführerin tätig war. Die belangte Behörde ging somit im Ergebnis zu Recht davon aus, dass die Beschwerdeführerin den ET entgegen § 33 Abs. 1 ASVG nicht vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet hat.

Wie den Feststellungen weiters zu entnehmen ist, wurde hingegen MA lediglich aufgrund eines unentgeltlichen Freundschaftsdienstes für ET tätig. Damit mangelt es schon an der erforderlichen Entgeltlichkeit der Tätigkeit, wodurch ein Dienstverhältnis des MA zur Beschwerdeführerin iSd § 4 Abs. 2 ASVG bereits von vornherein auszuschließen ist.

Dementsprechend kann der Beschwerdeführerin vorliegend auch nur die nicht erfolgte Anmeldung des ET zur Sozialversicherung zur Last gelegt werden.

Gemäß § 113 Abs. 3 ASVG kann bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf € 300 herabgesetzt werden.

Unbedeutende Folgen liegen nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann nicht vor, wenn die Anmeldung des Dienstnehmers zum Zeitpunkt der Kontrolle noch nicht nachgeholt worden ist, sodass das typische Bild eines Meldeverstoßes vorliegt (VwGH 11.07.2012, 2010/08/0137).

Es kann daher der Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Folgen des Meldeverstoßes nicht als unbedeutend erkannt hat, da im gegenständlichen Fall bislang überhaupt keine Meldung erstattet wurde.

Die Beschwerde hat auch keine die rechtzeitige Meldung hindernden Umstände aufgezeigt, die den Fall als besonders berücksichtigungswürdig iSd § 113 Abs. 3 letzter Satz ASVG erscheinen lassen könnten. Dementsprechend erfolgte die Vorschreibung des Beitragszuschlages (hinsichtlich der Beschäftigung des Dienstnehmers ET) auch der Höhe nach zu Recht.

Da jedoch mit MA kein meldepflichtiges Dienstverhältnis vorlag, erfolgte die Vorschreibung eines Beitragszuschlages für seine nicht erfolgte Anmeldung zu Unrecht, weswegen die Beschwerdevorentscheidung, mit welcher der Ausgangsbescheid bestätigt wurde, dahingehend abzuändern war, dass ein Beitragszuschlag gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG – bestehend aus dem Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung in Höhe von € 400,00 und dem Teilbetrag für den Prüfeinsatz in Höhe von € 600,00 – nur hinsichtlich der unterlassenen Anmeldung des Dienstnehmers ET vorgeschrieben wird.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Beitragszuschlag Dienstgebereigenschaft Dienstnehmereigenschaft Dienstverhältnis Entgelt Herabsetzung Meldeverstoß persönliche Abhängigkeit Teilstattgebung wirtschaftliche Abhängigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W209.2228896.1.00

Im RIS seit

01.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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