TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/9 W278 2239163-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.04.2021
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Entscheidungsdatum

09.04.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
Dublin III-VO Art28 Abs2
FPG §76 Abs2 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z4
VwGVG §35 Abs1
VwGVG §35 Abs3

Spruch


W278 2239163-2/ 15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HABITZL als Einzelrichter, über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen die fortdauernde Anhaltung in Schubhaft seit 10.02.2021 zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß Artikel 28 Abs. 2 der Verordnung EU Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO) iVm § 76 Abs. 2 Z. 3 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § Artikel 28 Abs. 2 der Verordnung EU Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO) iVm § 76 Abs. 2 Z. 3 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III. Gemäß § 35 Abs. 1 und 3 VwGVG iVm § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen in Höhe von EUR 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 04.07.2020 in Rumänien einen Antrag auf internationalen Schutz und reiste nach Österreich weiter.

2. Der Beschwerdeführer hält sich seit ungefähr Juli/August 2020 in Österreich auf. Er hat sich in Österreich behördlich nicht gemeldet um seinen illegalen Aufenthalt im Verborgenen fortzusetzen.

3. Der Beschwerdeführer wurde am 22.01.2021 von einer Polizeistreife in Wien aufgehalten, als er ohne Beleuchtung mit einem Rad am Gehsteig fuhr. Er war gerade als Zeitungszusteller unterwegs. Der Beschwerdeführer wurde bei Schwarzarbeit betreten.

4. Der Beschwerdeführer wurde nach dem FPG wegen der Verwaltungsübertretung des unrechtmäßigen Aufenthalts in Österreich angezeigt.

5. Der Beschwerdeführer stellte nach seiner Festnahme einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer wurde am 22.01.2021 anschließend vom Bundesamt einvernommen. Dort gab er an, dass er in Indien zehn Jahre lang die Schule besucht und in der Familienlandwirtschaft gearbeitet habe. Er spreche Punjabi als Muttersprache sowie etwas Englisch. Er sei vor zwei Jahren aus Delhi mit dem Flugzeug nach Serbien eingereist, habe in Rumänien einen Asylantrag gestellt aber noch keinen Bescheid bekommen. Seit etwa Juli 2020 befinde er sich in Österreich. Seine Wohnadresse in Österreich wisse er nicht. Er arbeite illegal als Zeitungszusteller, verdiene etwa EUR 300,00 netto im Monat und sei nicht krankenversichert. Barmittel habe er keine.

6. Mit Mandatsbescheid vom 22.01.2021 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs 2 Z 3 iVm Art 28 Abs 1 und 2 Dublin-III-VO die Schubhaft zum Zwecke der Sicherstellung des Überstellungsverfahrens angeordnet.

7. Am 23.01.2021 fand eine Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Der Beschwerdeführer gab an, dass er im Jänner 2020 den Entschluss gefasst habe von Indien auszureisen. Sein Ziel sei England gewesen, da der Schlepper dieses Land ausgesucht habe. Er sei 1,5 Jahre in Serbien gewesen. Anschließend habe er sich einen Monat lang in Rumänien aufgehalten, wo er nicht habe bleiben wollen. Dort habe er einen negativen Bescheid erhalten. Die Zustände im rumänischen Lager seien sehr ärmlich gewesen. Er sei nicht bereit freiwillig nach Rumänien zurückzukehren, er wolle in Österreich bleiben. Er habe Indien wegen Grundstücksstreitigkeiten seiner Familie verlassen.

8. Das BFA leitete ein Konsultationsverfahren mit Rumänien ein und stellte am 27.01.2021 ein erstes Gesuch auf Wiederaufnahme. Im Gesuch wurde ausgeführt, dass der BF Indien gen Serbien verlassen habe, wo er eineinhalb Jahre gelebt habe. Danach sei er nach Rumänien gereist, wo er um Asyl angesucht habe. Nach einem Monat habe er Rumänien wieder verlassen und sei nach Österreich weitergereist. Da der BF in Rumänien am 04.07.2020 um Asyl angesucht und die Mitgliedsstaaten in der Zwischenzeit nicht verlassen habe, sei von einer Zuständigkeit Rumäniens für den Antrag des BF auf internationalen Schutz auszugehen.

9. Mit Schriftsatz vom 29.01.2021 erhob der BF durch seine Rechtsvertretung Beschwerde gegen den Mandatsbescheid vom 22.01.2021 und die darauf gegründete Anhaltung. Das BVwG führte eine mündliche Beschwerdeverhandlung durch, in welcher ua der BF einvernommen wurde. Er gab im Wesentlichen an, er sei gesund. Seine Familie lebe in Indien. In Österreich lebe er zu dritt in einer Wohnung und gehe seit etwa sechs Monaten einer illegalen Beschäftigung als Zeitungsausträger nach. Mangels Dokumenten habe er sich nicht wohnsitzlich gemeldet. Er habe in Rumänien zweimal einen Asylantrag gestellt, der erste sei abgewiesen worden. Vor seinem Aufgriff in Österreich habe er nicht gewusst, dass man hier um Asyl ansuchen müsse. Aus Österreich ausgereist sei er nicht. Er sei einen Monat in Rumänien gewesen, sein Zielland sei England gewesen. Er wolle dringlich aus der Schubhaft entlassen werden und sei auch bereit nach Rumänien auszureisen oder einem gelinderen Mittel nachkommen. In der Schubhaft werde er verrückt.

10. Mit Erkenntnis des BVwG vom 04.02.2021 wurde die Beschwerde des BF gegen den Mandatsbescheid vom 22.01.2021 abgewiesen und zudem festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen. Die Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.

11. Mit Schreiben vom 10.02.2021 lehnten die rumänischen Behörden die Übernahme des BF ab. Begründet wurde dies damit, dass der BF das Gebiet der Mitgliedsstaaten nach seiner Ausreise für zumindest drei Monate verlassen haben könnte, sodass Rumänien nicht mehr zuständig sei.

Daraufhin leitete das BFA ein Remonstrationsverfahren ein und replizierte mit Schreiben vom 12.02.2021, dass für die Annahme der rumänischen Behörden keinerlei Anhaltspunkte bestünden und die diesbezügliche Beweislast bei Rumänien liege.

Hierauf ersuchten die rumänischen Behörden mit Schriftsatz vom 15.02.2021, beim BFA eingelangt am 26.02.2021, um die Durchführung einer Einvernahme mit dem BF, um seinen zwischenzeitlichen Aufenthalt nach der Ausreise aus Rumänien zu ermitteln.

Das BFA führte sodann am 03.03.2021 eine weitere Einvernahme mit dem BF durch, in welcher er unter anderem angab, von Indien nach Serbien geflogen, dann über den Landweg nach Rumänien und von dort weiter nach Österreich gelangt zu sein.

Am 17.03.2021 langte die Zustimmung Rumäniens zur Wiederaufnahme des BF ein.

12. Am 29.03.2021 wurde der BF vor dem BFA erneut niederschriftlich einvernommen. Hier führte er im Wesentlichen aus, einer Außerlandesbringung nach Rumänien stehe entgegen, dass es ihm dort nicht gefalle. Im Flüchtlingslager habe es kein Essen gegeben und auch das Geld habe nicht für die Versorgung gereicht. Die Betten seien mit Motten verseucht und schmutzig gewesen.

13. Mit Bescheid vom selben Tag wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 22.01.2021, ohne in die Sache einzutreten, zurückgewiesen und festgestellt, dass für die Prüfung des Antrages Rumänien zuständig sei (Spruchpunkt I.). Zudem wurde gegen den BF eine Anordnung zur Außerlandesbringung erlassen und erklärt, dass seine Abschiebung nach Rumänien zulässig sei (Spruchpunkt II.). Eine gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 08.04.2021, den Verfahrensparteien zugestellt am selben Tag, abgewiesen.

14. Die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung wurde zuletzt seitens des BFA mit Aktenvermerken vom 04.03.2021 und 31.03.2021 amtswegig geprüft.

15. Am 01.04.2021 langte ein Beschwerdeschriftsatz hinsichtlich der fortdauernden Anhaltung des BF in Schubhaft ab 10.02.2021 beim BVwG ein. Hierin wurde ausgeführt, die Anhaltung des BF ab dem genannten Tag erweise sich aufgrund des Ablehnungsschreibens Rumäniens als rechtswidrig. Das Remonstrationsverfahren stelle ein fakultatives Verfahren dar, aufgrund dessen der BF nicht länger in Schubhaft habe angehalten werden dürfen. Zudem habe das BFA zu lange mit der von den rumänischen Behörden geforderten Einvernahme des BF zugewartet und so die Haft abermals in unzulässiger Weise verlängert. Beantragt wurden die Erklärungen, dass die Anhaltung des BF seit 10.02.2021 rechtswidrig gewesen sei und die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung nicht vorlägen sowie die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung. Ein Antrag auf Kostenersatz wurde nicht erstattet.

16. Das BFA erstattete mit Schriftsatz vom 02.04.2021 Stellungnahme und führte aus, die weitere Anhaltung des BF sei zu Recht erfolgt, da ein Remonstrationsverfahren mit Rumänien eingeleitet worden sei. Zudem sei die Frist in weiterer Folge ab dem Wegfall des Durchführungsaufschubes gemäß § 16 Abs. 4 BFA-VG zu berechnen. Die Behörde habe auf eine möglichst kurze Anhaltedauer hingewirkt. Die Anhaltung sei auch verhältnismäßig. Beantragt wurden die Beschwerdeabweisung sowie Kostenersatz.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

A. Feststellungen:

1. Zur Person des Beschwerdeführers und den allgemeinen Voraussetzungen für die Schubhaft:

1.1. Der Beschwerdeführer besitzt die österreichische Staatsbürgerschaft nicht, er besitzt auch keine Staatsbürgerschaft eines EU-Mitgliedstaates, er ist indischer Staatsangehöriger. Der Beschwerdeführer ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

1.2. Der Beschwerdeführer ist gesund und haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim Beschwerdeführer vor. Der Beschwerdeführer hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung.

1.3. Der BF stellte zunächst am 04.07.2020 in Rumänien einen Antrag auf internationalen Schutz und reiste schon nach etwa einem Monat nach Österreich weiter, wo er zunächst im Verborgenen lebte und erst nach seinem Aufgriff am 22.01.2021 ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

1.4. Er ist strafgerichtlich unbescholten.

1.5. Mit Mandatsbescheid vom 22.01.2021 wurde über den BF gemäß Art 28 Abs. 1 und 2 Dublin-III-VO iVm § 76 Abs. 2 Z. 3 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Überstellungsverfahrens angeordnet. Eine Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 04.02.2021 abgewiesen.

1.6. Der BF wird seit 22.01.2021 in Schubhaft angehalten.

1.7. Seit 29.03.2021 besteht gegen den Beschwerdeführer eine Anordnung zur Außerlandesbringung. Gegen diese wurde – einlangend 06.04.2021 – Beschwerde erhoben. Mit Erkenntnis des BVwG vom 08.04.2021 wurde die Beschwerde abgewiesen.

1.8. Die Abschiebung des BF nach Rumänien ist für den 15.04.2021 geplant.

2. Zu Fluchtgefahr, Sicherungsbedarf und Verhältnismäßigkeit der Anhaltung:

2.1. Der BF hat vor den Behörden und dem Gericht unterschiedliche Angaben zu seinem Namen und zu seinem Geburtsort und seiner Wohnadresse in Indien und weiters zu seinen Gründen für die späte Asylantragstellung in Österreich gemacht.

2.2. Der Beschwerdeführer hat sich in Rumänien dem Asylverfahren durch Untertauchen entzogen. Der Beschwerdeführer hatte nicht vor, in Österreich langfristig zu bleiben, sondern von dort weiter zu reisen. Er stellte nach der Festnahme in Missbrauchsabsicht einen Antrag auf Asyl um sich der Anhaltung bzw. einer Abschiebung zu entziehen.

2.3. Der Beschwerdeführer hält die Meldevorschriften in Österreich nicht ein. Er versucht sich vor den Behörden verborgen zu halten. Er verübte in Österreich Schwarzarbeit und wurde dabei auf frischer Tat betreten.

2.4. Der Beschwerdeführer achtet die österreichische Rechtsordnung nicht. Der Beschwerdeführer ist nicht bereit freiwillig nach Rumänien zurückzukehren. Bei einer Entlassung aus der Schubhaft wird der Beschwerdeführer untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten um sich einer Abschiebung zu entziehen.

2.5. Der Beschwerdeführer ist nicht vertrauenswürdig und auch nicht kooperationswillig. Er befand sich bislang von 31.01.2021 bis 02.02.2021, 15.03.2021 bis 18.03.2021 und von 31.03.2021 bis 08.04.2021 in Hungerstreik.

2.6. Gegen den BF besteht eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme.

2.7. Der BF stellte bereits in Rumänien und Österreich Anträge auf internationalen Schutz, er machte hierzu falsche Angaben.

2.8. Das BFA führte das Verfahren zur Außerlandesbringung zügig. Bereits am 27.01.2021 wurde ein Ersuchen um Übernahme an Rumänien gerichtet. Dieses wurde mit 10.02.2021 abgelehnt. Daraufhin wurde mit Schreiben vom 12.02.2021 seitens Österreichs ein Remonstrationsverfahren eingeleitet. Mit Schreiben vom 26.02.2021 (datiert mit 15.02.2021) ersuchten die rumänischen Dublinbehörden um eine Befragung des BF hinsichtlich der Details seines zwischenzeitlichen Aufenthaltes. Der BF wurde am 03.03.2021 niederschriftlich befragt und den rumänischen Behörden am selben Tag die Niederschrift und eine Zusammenfassung der relevanten Angaben des BF auf Englisch übermittelt. Nunmehr liegt seit 17.03.2021 die Zustimmung zur Wiederaufnahme des BF nach Rumänien vor. Ebenso ist ein gültiges Laissez-Passer für die Überstellung des BF nach Rumänien vorliegend. Die Überstellung des BF ist für den 15.04.2021 geplant.

2.9. Der BF ist grundsätzlich gesund und haftfähig.

3. Familiäre und soziale Komponente:

3.1 Der Beschwerdeführer hat in Österreich weder Verwandte noch enge soziale Anknüpfungspunkte. Er ist beruflich nicht verankert und verfügt über keinen gesicherten Wohnsitz. Er spricht nicht Deutsch und hat keinerlei Vermögen.

3.2. Der Mittbewohner des BF wäre bereit diesen bei sich wohnen zu lassen, wobei der Mitbewohner selber keine Aufenthaltsberechtigung mehr hat und er auch nicht Hauptmieter der Wohnung ist.

II. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vorliegenden Akten des BFA und des Bundesverwaltungsgerichtes. Einsicht genommen wurde in das Melderegister, in das Strafregister, das Zentrale Fremdenregister, das Strafregister und die Anhaltedatei.

Der Sachverhalt ist zudem in weiten Teilen nicht strittig. In der Beschwerde wurde das Vorliegen erheblicher Fluchtgefahr nicht bestritten, sondern lediglich die Rechtswidrigkeit der Anhaltung aufgrund des Ablehnungsschreibens der rumänischen Behörden vom 10.02.2021 behauptet und die vorgeblich mangelnde Raschheit der Verfahrensführung durch das BFA bemängelt.

1. Zur Person des Beschwerdeführers und den allgemeinen Voraussetzungen für die Schubhaft:

Die Feststellungen in 1.1. ergeben sich aus dem IZR und den Angaben des BF. An seinem in 1.2. festgestellten Gesundheitszustand, sind keine Zweifel aufgekommen. Beeinträchtigungen wurden auch nicht behauptet. Aus seiner Krankenakte geht hervor, dass er zwischenzeitlich an Hautjucken und Schlafstörungen leidet. Aufgrund seiner mehrmaligen Hungerstreiks ist ebenso keine Haftunfähigkeit eingetreten.


Die Feststellungen in 1.3. sind aus dem IZR sowie der Erstbefragung ersichtlich. Seine strafgerichtliche Unbescholtenheit (1.4.) ist einem aktuellen Strafregisterauszug zu entnehmen.

Der Mandatsbescheid vom 22.01.2021 wie auch das in der Folge ergangene Erkenntnis des BVwG sowie der Bescheid des BFA vom 29.03.2021 und das Erkenntnis des BVwG vom 08.04.2021 sind im Akt einliegend (1.5. und 1.7.). Die Anhaltung seit 22.01.2021 geht aus der Anhaltedatei hervor (1.6.).

Die geplante Abschiebung lässt sich aus der im Akt vorhandenen Transferinformation, in welcher der BF aufscheint, entnehmen (1.8.).

2. Zu Fluchtgefahr, Sicherungsbedarf und Verhältnismäßigkeit der Anhaltung:

Die unterschiedlichen Angaben des BF ergeben sich aus seinen Einvernahmeprotokollen wie auch dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 04.02.2021. In der Einvernahme vom 03.03.2021 etwa führte der BF – im Gegensatz zu seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG –an, er habe nicht gewusst, wo er um Asyl ansuchen könne. In der Verhandlung gab er im Widerspruch hierzu an, er habe gar nicht gewusst, dass man um Asyl ansuchen müsse (2.1.).

Die Feststellungen in 2.2. ergeben sich zunächst aus der Asylantragstellung des BF in Rumänien, was seinen eigenen Angaben und dem EURODAC-Eintrag entspricht. Dass er nicht in Österreich verbleiben wollte führte er selbst aus, indem er angab, sein Ziel sei England gewesen. Die Asylantragstellung in Missbrauchsabsicht ergibt sich daraus, dass er seinen Antrag in Österreich erst nach seinem Aufgriff stellte und sich zunächst viele Monate lang im Verborgenen aufhielt. Auf seine widersprüchlichen Angaben hierzu, wurde bereits verwiesen (2.2.).

Da der BF bislang nicht gemeldet war, sich jedoch evident bereits seit den Sommermonaten des Jahres 2020 in Österreich aufhält und weiters aus dem Akt hervorgeht, dass er bei der Verübung von Schwarzarbeit, namentlich der unangemeldeten Zustellung von Zeitungen, betreten wurde, waren die Feststellungen in 2.3. zu treffen. Hieraus ergibt sich zudem, dass er die österreichische Rechtsordnung nicht achtet. Der BF gab vor dem BFA an, nicht nach Rumänien zurückzuwollen. So zuletzt in seiner Einvernahme am 29.03.2021. Dass er in der Verhandlung vor dem BVwG anderes behauptete, kann im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten und die sonstigen Ausführungen nur als bloße Schutzbehauptung gewertet werden. Zudem ist dies seiner Vertrauenswürdigkeit zusätzlich abträglich. So beteuerte der BF in der Verhandlung mehrfach, er wolle nur entlassen werden, dann würde er auch freiwillig nach Rumänien zurückkehren, um später vor dem BFA vorzubringen, er wolle keinesfalls zurück, da die Zustände in Rumänien unhaltbar gewesen seien. Dass der BF im Fall einer Entlassung untertauchen würde, stellt sich dem erkennenden Gericht aufgrund des Gesamtverhaltens des BF, seinen widersprüchlichen Angaben, der Tatsache, dass er weiterzureisen gedachte und im Inland seinen Schutzantrag erst nach monatelangem Leben im Verborgenen stellte, klar da. Es ist nicht ersichtlich, weshalb der BF sein bereits erprobtes Verhalten – sich dem fremdenrechtlichen Verfahren zu entziehen – hinkünftig ändern sollte (2.4.).

Seine Kooperationsbereitschaft vermochte der BF ebenso wenig glaubhaft zu machen. Seine unwahren Angaben und seine mehrfachen Bemühungen, durch Hungerstreik die Schubhaft vorläufig zu beenden lassen vor dem Hintergrund seiner unmittelbar bevorstehenden Aufenthaltsbeendigung und seines bisher gezeigten Verhalten nicht erwarten, dass er sich nach seiner Entlassung aus der Schubhaft tatsächlich seiner Rücküberstellung nach Rumänien stellen wird. Verstärkt wird dieser Eindruck dadurch, dass der BF im bisherigen Verfahren in wesentlichen Punkten unrichtige Angaben gemacht hat. Er hat unrichtige Angaben zu seiner Adresse und dem Geburtsort gemacht. Er hat bei der Erstbefragung angegeben nicht freiwillig nach Rumänien zu wollen und in Österreich bleiben zu wollen. Aus der Einvernahme vor dem BVwG vom 04.02.2021, in welcher der Mitbewohner des BF als Zeuge vernommen wurde, geht zudem hervor, dass der BF tatsächlich nicht vorhatte in Österreich zu bleiben. Der BF hat unterschiedliche Angaben zu seinem Zielland in der EU gemacht. Er hat unterschiedliche Angaben zu seinem Wohnort in Österreich sowie zu seinen sozialen Kontakten gemacht. Er hat unrichtige und widersprüchliche Angaben dazu gemacht, aus welchen Gründe er sich in Österreich nicht gemeldet bzw. erst sehr spät einen Asylantrag gestellt hat. Der BF ist persönlich unglaubwürdig. Die Hungerstreiks des BF ergeben sich aus der Anhaltedatei (2.5.).

Die Anordnung zur Außerlandesbringung vom 29.03.2021 ist im Akt einliegend (2.6.).

Der BF gab in der Verhandlung vor dem BVwG am 04.02.2021 an, er habe in Rumänien zwei Anträge auf internationalen Schutz gestellt, was laut EURODAC-Abfrage nicht der Wahrheit entspricht (2.7.).

Die entsprechenden Dokumente zum Konsultationsverfahren mit Rumänien sowie das Laissez-Passer und die Transferinformation für den 15.02.2021 sind vorliegend (2.8.)

Hinsichtlich der Feststellung in 2.9. kann auf die Ausführungen zu 1.2. verwiesen werden.

3. Familiäre und soziale Komponente:

3.1. Dass der BF keine Verwandten in Österreich hat, gab er selbst vor der Behörde und dem Gericht an. Seine mangelnde berufliche Verankerung ergibt sich daraus, dass er lediglich unangemeldet der Schwarzarbeit nachging und zu einer legalen Berufstätigkeit im Inland gar nicht befugt ist. Eine Meldeadresse im Inland hat der BF nicht, er konnte lediglich bei einem Bekannten Unterschlupf finden. Dieser lebt in einer durch seinen Cousin gemieteten Wohnung und ist selbst im Inland nicht aufenthaltsberechtigt. Als gesichert ist der Wohnsitz des BF damit nicht anzusehen. Dass der BF kein Vermögen hat, ist aus der Anhaltedatei ersichtlich und zudem seinen eigenen Angaben zu entnehmen. Dass der BF Deutsch beherrscht, wurde nicht behauptet und es ergaben sich hierfür auch keinerlei Anhaltspunkte (3.1.).

Wie sich aus dem Verhandlungsprotokoll vom 04.02.2021 ergibt, würde der Mitbewohner des BF diesen zwar bei sich wohnen lassen (3.2.), jedoch ist sein Mitbewohner nicht Hauptmieter, geht selber einer illegalen Tätigkeit nach und verfügt über keine Aufenthaltsberechtigung mehr für Österreich. Es besteht zwischen dem BF und dem Mitbewohner auch kein enges Naheverhältnis, dass den BF von einer Flucht abhalten würde.

III. Rechtliche Beurteilung

1. Rechtliche Grundlagen:

§§ 76, 77 und 80 Fremdenpolizeigesetz (FPG), § 22a Abs 4 Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Verfahrensgesetz (BFA-VG) und Art 1, 2 und 28 Dublin-III-VO und Artikel 5 Dublin Ill-Durchführungsverordnung lauten auszugsweise:

Schubhaft (FPG)


„§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen. 

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Gelinderes Mittel (FPG)

§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1.         in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2.         sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
2.         eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen;

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Dauer der Schubhaft (FPG)

§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft (BFA-VG)

§ 22a (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn:
1.         in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2.         sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
2.         eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen;

(…)

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen

Gegenstand (Dublin III VO - Verordnung EU Nr. 604/2013)

Art 1. Diese Verordnung legt die Kriterien und Verfahren fest, die bei der Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, zur Anwendung gelangt.

Haft (Dublin III VO - Verordnung EU Nr. 604/2013)

Art 28. (1)

(1) Die Mitgliedstaaten nehmen eine Person nicht allein deshalb in Haft, weil sie dem durch diese Verordnung festgelegten Verfahren unterliegt.

(2) Zwecks Sicherstellung von Überstellungsverfahren, dürfen die Mitgliedstaaten im Einklang mit dieser Verordnung, wenn eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, nach einer Einzelfallprüfung die entsprechende Person in Haft nehmen und nur im Falle dass Haft verhältnismäßig ist und sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen.

(3) Die Haft hat so kurz wie möglich zu sein und nicht länger zu sein, als bei angemessener Handlungsweise notwendig ist, um die erforderlichen Verwaltungsverfahren mit der gebotenen Sorgfalt durchzuführen, bis die Überstellung gemäß dieser Verordnung durchgeführt wird.

Wird eine Person nach diesem Artikel in Haft genommen, so darf die Frist für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs einen Monat ab der Stellung des Antrags nicht überschreiten. Der Mitgliedstaat, der das Verfahren gemäß dieser Verordnung durchführt, ersucht in derartigen Fällen um eine dringende Antwort. Diese Antwort erfolgt spätestens zwei Wochen nach Eingang des Gesuchs. Wird innerhalb der Frist von zwei Wochen keine Antwort erteilt, ist davon auszugehen, dass dem Aufnahme- bzw. Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die Person aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen.

Befindet sich eine Person nach diesem Artikel in Haft, so erfolgt die Überstellung aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat, sobald diese praktisch durchführbar ist und spätestens innerhalb von sechs Wochen nach der stillschweigenden oder ausdrücklichen Annahme des Gesuchs auf Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person durch einen anderen Mitgliedstaat oder von dem Zeitpunkt an, ab dem der Rechtsbehelf oder die Überprüfung gemäß Artikel 27 Absatz 3 keine aufschiebende Wirkung mehr hat.

Hält der ersuchende Mitgliedstaat die Fristen für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs nicht ein oder findet die Überstellung nicht innerhalb des Zeitraums von sechs Wochen im Sinne des Unterabsatz 3 statt, wird die Person nicht länger in Haft gehalten. Die Artikel 21, 23, 24 und 29 gelten weiterhin entsprechend.

(4) Hinsichtlich der Haftbedingungen und der Garantien für in Haft befindliche Personen gelten zwecks Absicherung der Verfahren für die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat, die Artikel 9, 10 und 11 der Richtlinie 2013/33/EU.

Definitionen (Dublin III VO - Verordnung EU Nr. 604/2013)

Art 2 Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

(…)

lit n) „Fluchtgefahr“ das Vorliegen von Gründen im Einzelfall, die auf objektiven gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und zu der Annahme Anlass geben, dass sich ein Antragsteller, ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser, gegen den ein Überstellungsverfahren läuft, diesem Verfahren möglicherweise durch Flucht entziehen könnte.

Artikel 5 Dublin Ill-Durchführungsverordnung

Ablehnende Antwort

(1) Vertritt der ersuchte Mitgliedstaat nach Prüfung der Unterlagen die Auffassung, dass sich aus ihnen nicht seine Zuständigkeit ableiten lässt, erläutert er in seiner ablehnenden Antwort an den ersuchendenden Mitgliedstaat ausführlich sämtliche Gründe, die zu der Ablehnung geführt haben.

(2) Vertritt der ersuchende Mitgliedstaat die Auffassung, dass die Ablehnung auf einem Irrtum beruht, oder kann er sich auf weitere Unterlagen berufen, ist er berechtigt, eine neuerliche Prüfung seines Gesuchs zu verlangen. Diese Möglichkeit muss binnen drei Wochen nach Erhalt der ablehnenden Antwort in Anspruch genommen werden. Der ersuchte Mitgliedstaat erteilt binnen zwei Wochen eine Antwort. Durch dieses zusätzliche Verfahren ändern sich in keinem Fall die in Artikel 18 Absätze 1 und 6 und Artikel 20 Absatz 1 Buchstabe b) der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vorgesehenen Fristen.

2. Zur Judikatur:

Die innerstaatliche Regelung der Schubhaftgründe ist vor dem Hintergrund unionsrechtlichen Sekundärrechts zu lesen, das die maßgeblichen Voraussetzungen für die Haft - jedenfalls gegen nichtbegünstigte Drittstaatsangehörige - vorgibt. Neben der „Dublin-Verordnung", die unmittelbar anzuwenden ist, sind das einerseits die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (Rückführungs-RL), insbesondere deren Art. 15, und andererseits die Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (Neufassung) (Aufnahme-RL), insbesondere deren Art. 8.

Art. 28 Abs. 3 Unterabs. 2 Dublin III-VO verkürzt für Personen, die nach Art. 28 Dublin III-VO in Haft genommen worden sind, die in Art. 21, 23 und 24 Dublin III-VO vorgesehenen Fristen für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuches auf einen Monat ab Stellung des Antrages auf internationalen Schutz und die in Art. 22 bzw. Art. 25 Dublin III-VO normierte Frist für die Antwort auf dieses Gesuch bzw. für den Eintritt der Zustimmungsfiktion durch Verschweigung auf zwei Wochen nach Eingang des Gesuchs. Art. 28 Abs. 3 Unterabs. 3 Dublin III-VO verkürzt in diesen Fällen die in Art. 29 Dublin III-VO vorgesehene Frist für die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat auf sechs Wochen. An diese verkürzten Fristen nach Art. 28 Abs. 3 Dublin III-VO knüpft Art. 28 Abs. 3 Unterabs. 4 Dublin III-VO an, indem er anordnet, dass die Haft bei Überschreiten der Fristen nicht aufrechterhalten werden darf (VwGH 26.4.2018, Ro 2017/21/0010). Insoweit enthält die Dublin III-VO zeitliche Grenzen für die Schubhaft. Eine weitere Grenze ergibt sich - unabhängig von der Einhaltung der in Art. 28 Abs. 3 Dublin III-VO festgelegten Fristen - aber aus Art. 28 Abs. 4 der Verordnung iVm Art. 9 Abs. 1 der Aufnahmerichtlinie. Demnach rechtfertigen Verzögerungen in den Verwaltungsverfahren, die nicht dem Antragsteller zuzurechnen sind, keine Fortdauer von Schubhaft, sodass also dem Dublin-Regime unterliegende Personen im Fall derartiger, die Unverhältnismäßigkeit der Anhaltung bewirkender Verzögerungen, nicht weiter in Schubhaft belassen werden dürfen (VwGH vom 29.05.2018, Ra 2018/21/0005).

Vor dem Hintergrund der Vorgaben des Art. 2 lit. n Dublin III-VO vermögen ausschließlich die Tatbestände des § 76 Abs. 3 FPG "Fluchtgefahr" an sich zu konstituieren. Der demonstrative Charakter des § 76 Abs. 3 FPG kommt demgegenüber lediglich insofern zum Tragen, als neben den dort genannten Tatbeständen andere Aspekte nur im Rahmen der abschließend vorzunehmenden konkreten Bewertung aller im Einzelfall maßgeblichen Gesichtspunkte miteinbezogen werden können (VwGH vom 26.04.2018, Ro 2017/21/0010).

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Zum Erfordernis der „erheblichen“ Fluchtgefahr iSd Art 28 Abs. 2 Dublin III-VO äußerte sich der VwGH dahingehend, dass hierunter allgemein eine solche Fluchtgefahr zu verstehen sei, die in ihrer Intensität über das hinausgehe, was unter Art. 2 lit. n leg cit als solche definiert werde. Auch wenn (abstrakte) Fluchtgefahr aufgrund entsprechenden „Vorverhaltens“ (hier: verlassen des Grundversorgungsquartiers um unterzutauchen) iSd § 76 Abs. 3 Z 3 FPG erfüllt sei, heiße das noch nicht, dass auch erhebliche Fluchtgefahr vorliege. Ein über einfache Fluchtgefahr hinausgehendes Ausmaß müsse stets im Einzelfall, beruhend auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage, in vertretbarer Weise vorgenommen werden (VwGH 29.06.2017, Zl. 2017/21/0011).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

In jüngster Rechtsprechung betonte der VwGH, dass bei der Beurteilung eines – ohne vorherigem Ermittlungsverfahren ergangenen – Mandatsbescheides, Wertungen und etwaige Begründungsmängel aus der Perspektive der Behörde zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides zu betrachten seien. Der Verwaltungsgerichtshof verwies dabei darauf, dass schon mehrfach in der Judikatur des Gerichtshofes zum Ausdruck gebracht worden sei, dass unzureichend begründete Schubhaftbescheide zwar rechtswidrig und demzufolge nach Maßgabe der erhobenen Schubhaftbeschwerde für rechtswidrig zu erklären seien. Das heiße jedoch nicht, dass jeder Begründungsmangel eine solche Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides bewirke, sondern nur ein wesentlicher Mangel, also ein solcher, der zur Folge habe, dass die behördliche Entscheidung in ihrer konkreten Gestalt die konkret verhängte Schubhaft nicht zu tragen vermochte (vgl. VwGH 5.10.2017, Ro 2017/21/0007, Rn. 10 und 13, mwN). Ob ein wesentlicher Begründungsmangel vorliege, sei stets eine Frage des Einzelfalls, daher nicht generell zu klären und als einzelfallbezogene Beurteilung grundsätzlich nicht revisibel, wenn diese Beurteilung auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage in vertretbarer Weise vorgenommen wurde (vgl. nochmals VwGH 5.10.2017, Ro 2017/21/0007, Rn. 14). Es stellt daher ein Verkennen der Rechtslage dar, wenn übersehen wird, dass ein nach § 76 Abs. 4 FPG im Mandatsverfahren erlassener Schubhaftbescheid definitionsgemäß iSd 57 Abs. 1 AVG „ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren“ ergeht. Ein Schubhaftbescheid wäre nur dann rechtswidrig, wenn es bei seiner Erlassung aus damaliger Sicht nicht rechtens war, über eine Person Schubhaft nach dem in Anspruch genommenen Tatbestand und zu dem genannten Sicherungszweck zu verhängen (vgl. VwGH 16.5.2019, Ra 2018/21/0122, Rn. 9, mwN); sei es, weil die im Schubhaftbescheid genannten Gründe die Schubhaft nicht zu tragen vermochten, sei es, weil die entscheidungswesentlichen Gründe auf ihrerseits unschlüssig begründeten oder - in für das BFA erkennbarer Weise - tatsachenwidrigen Annahmen beruhten. Ist jedoch die Wertung des BFA aus dessen Perspektive zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses nicht zu beanstanden, so kann demnach diesbezüglich nicht von einem Begründungsmangel bzw. einer Rechtswidrigkeit des Bescheides ausgegangen werden (vgl. VwGH 19.11.2020, Ra 2020/21/0004)

Vom Begriff der aufschiebenden Wirkung im Sinn des Art. 28 Abs. 3 Unterabs. 3 Dublin III-VO ist auch die "automatische" Aussetzung der Überstellung nach Art. 27 Abs. 3 lit. b Dublin III-VO erfasst, dem das in §§ 16 Abs. 2 Z 1, Abs. 4 und 17 Abs. 1 BFA-VG nach nationalem österreichischen Recht vorgesehene Modell entspricht. Von diesem Verständnis geht auch der EuGH im Urteil EuGH 13.9.2017, C-60/16, ausdrücklich aus, indem er in Beantwortung der vierten Vorlagefrage darauf hinweist, dass die zweite mit Art. 28 Abs. 3 Unterabs. 3 Dublin III-VO eingeführte Frist für die Durchführung der Überstellung zu dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, ab dem der Rechtsbehelf oder die Überprüfung gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO keine aufschiebende Wirkung mehr hat, wobei es nicht darauf ankommt, ob dem Rechtsbehelf oder der Überprüfung im Sinn des Art. 27 Abs. 3 lit. a und b Dublin III-VO ex lege aufschiebende Wirkung zukommt oder deren Gewährung im Sinn des Art. 27 Abs. 3 lit. c Dublin III-VO von einem Antrag der betroffenen Person abhängig gemacht wird. (VwGH 26.04.2018, Ro 2017/21/0010)

3. Rechtlich folgt daraus:

Zu Spruchteil A)

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Beim BF liegt erhebliche Fluchtgefahr vor. Er hat sowohl in Österreich als auch in Rumänien einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Er hat sich seinem Asylverfahren in Rumänien entzogen. Er hatte nie vor, langfristig in Österreich zu bleiben, sondern er wollte in andere Mitgliedsstaaten weiterreisen. Der BF hat sich sehr lange in Österreich verborgen gehalten und ist der Schwarzarbeit nachgegangen. Er hat sich nicht gemeldet, um sich vor den Behörden verborgen zu halten. Den Asylantrag in Österreich stellte der BF erst, nachdem er festgenommen wurde. Er stellte diesen in Missbrauchsabsicht um sich der Festnahme und einer Abschiebung nach Rumänien zu entziehen. Er hat sich – trotz Kenntnis über die Meldeverpflichtung und dem Verbot der Schwarzarbeit – in Österreich vor den Behörden verborgen gehalten und wurde auf frischer Tat bei der Schwarzarbeit betreten. Er hat mehrfach unrichtige Angaben zu seinem Geburtsort und seiner Adresse in Indien gemacht. Er hat mehrfach unrichtige Angaben vor dem Gericht und den Behörden gemacht. Er kooperiert nicht mit den Behörden und war bereits mehrmals in Hungerstreik um seine Freilassung zu erzwingen. Der BF ist nicht vertrauenswürdig.

Es besteht zwischen dem Mitbewohner des BF und dem BF keine enge Bindung und kein enges Persönliches Verhältnis. Der BF ist in Österreich nicht verwurzelt. Er geht keiner legalen Beschäftigung nach. Er ist vermögenslos und vermag keine Deutschkenntnisse nachzuweisen.

Es sind daher Sicherungsbedarf sowie erhebliche Fluchtgefahr gegeben. Mit einem gelinderen Mittel kann kein Auslangen gefunden werden, da beim BF erhebliche Fluchtgefahr besteht und in Anbetracht des Vorverhaltens des BF auch hinkünftig nicht mit einer Kooperationsbereitschaft zu rechnen ist. Die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit kommt schon aufgrund seiner mangelnden finanziellen Mittel nicht in Betracht.

Der Argumentation in der Beschwerde, wonach der BF nach dem ablehnenden Schreiben Rumäniens unverzüglich zu enthaften gewesen sei, ist nicht zu folgen. Das Konsultationsverfahren mit den rumänischen Behörden erfolgte mängelfrei, die rumänischen Behörden wurden über die zur Entscheidung erforderlichen Sachverhaltselemente in Kenntnis gesetzt, den erneuten Informationsersuchen wurde umgehend und fristgerecht nachgekommen. Das BFA leitete bereits am 27.01.2021 – somit erst wenige Tage nach der Antragstellung durch den BF – das Konsultationverfahren mit Rumänien ein. Aus den genannten Rechtsvorschriften ergibt sich nicht, dass das BFA im Falle der Durchführung eines Remonstrationsverfahrens zu einer umgehenden Enthaftung des BF verpflichtet gewesen wäre. Vielmehr war das Verfahren mit Rumänien am 10.02.2021 noch nicht abgeschlossen. Eine zeitliche Ausuferung der Haftdauer war schon aufgrund der engen zeitlichen Grenzen des Art. 5 Abs. 2 Dublin Ill-Durchführungsverordnung nicht zu befürchten. Es erfolgte jeweils zügig und fristgerecht ein behördliches Vorgehen – dies sowohl im Hinblick auf die österreichischen als auch die rumänischen Behörden. Die, von den rumänischen Dublin-Behörden gewünschte, Einvernahme zur Eruierung des Aufenthalts des BF wurde bereits am 03.03.2021, sohin fünf Tage nach Einlangen des Schreibens am 26.02.2021, durchgeführt. Den Ausführungen, das BFA habe mit der Einvernahme über zwei Wochen zugewartet und damit seine Verpflichtung, auf eine möglichst kurze Schubhaftdauer hinzuwirken, verletzt, ist somit der Boden entzogen. Die ausdrückliche Zustimmung zur Wiederaufnahme des BF erfolgte mit 17.03.2021. Die in Art 28 Abs. 3 3. UA Dublin-III-VO genannte sechswöchige Überstellungsfrist begann damit mit diesem Tag zu laufen. In weiterer Folge wurde dem BF am 29.03.2021, innerhalb dieser Frist, der Bescheid hinsichtlich der Anordnung zur Außerlandesbringung und der Zurückweisung seines Antrages auf internationalen Schutz zugestellt. Der BF erhob gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde, die am 06.04.2021 beim BVwG eingebracht wurde. Dies hat – im Lichte der zitierten Judikatur – gemäß § 16 Abs. 4 BFA-VG zur Folge, dass die mit dem genannten Bescheid verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung des BF nach Rumänien wiederum bis zum genannten Zeitpunkt nicht durchführbar ist. Die Frist würde mit Wegfall dieses Hindernisses erneut zu laufen beginnen.

Aus der in der Beschwerde zitierten Judikatur ist, da weder eine Verzögerung im Verwaltungsverfahren vorliegt, noch Fristen verletzt wurden oder die sechswöchige Frist ab Zustimmungserteilung abgelaufen ist, nichts gewonnen. In VwGH 29.05.2018, Ro 2018/21/0005, lag eine dem Verwaltungsverfahren zurechenbare Verzögerung vor, die im gegenständlichen Fall nicht stattgefunden hat.

In der Beschwerde wird weiters unter Hinweis auf VwGH 23.01.2019, Ra 2017/20/0205, darauf hingewiesen, dass es dem Zweck der Verordnung – nämlich der Normierung verkürzter Fristen um die Anhaltung in Haft so kurz wie möglich zu halten – widerspricht, dass Betroffene Personen von einem Verfahren abhängig sind, auf dessen Dauer sie durch ihr Zutun keinen Einfluss nehmen können. Hierzu ist anzumerken, dass der EuGH eben deswegen die Relevanz der engen zeitlichen Grenzen des Art. 5 Abs. 2 Dublin-III-DurchführungsVO hervorhob. Diese wurden im hier gegenständlichen Verfahren jeweils (im Gegensatz zum Sachverhalt in der zitierten Rechtssache) eingehalten. Wie erwähnt war daher eine gar unbegrenzte Verfahrensdauer in keinster Weise zu befürchten. Im Gegensatz zum Beschwerdevorbringen, wäre es jedoch als zweckwidrig zu erachten, eine Person sofort nach einem – wie hier nicht zu Recht ergangenen – Ablehnungsschreiben aus der Haft zu entlassen.

Auch die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung ab 10.02.2021 war gegeben. So steht die Überstellung des BF unmittelbar bevor. Die Zustimmung Rumäniens sowie eine durchsetzbare Anordnung zur Außerlandesbringung und ein gültiges Laissez-Passer liegen vor. Der BF ist grundsätzlich gesund und haftfähig. Betrachtet man die Interessen des BF an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine sozialen Verhältnisse im Inland zeigt sich, dass der Beschwerdeführer weder einen gesicherten Wohnsitz, eine berufliche Verankerung noch derartige soziale Verbindungen im Inland hat, die im Rahmen der gerichtlichen und behördlichen Abwägung die Entscheidung zu Gunsten einer Freilassung zu beeinflussen ausreichend waren. Hinzu kommt, die Verpflichtung Österreichs, eine unrechtmäßige Weiterreise des BF in weitere Mitgliedsstaaten zu verhindern. Die Dauer der Anhaltung ist zudem, wie ausgeführt, im rechtlichen Rahmen geblieben und die Behörde führte das Verfahren zügig.

Da die zulässige Höchstanhaltedauer nicht überschritten war, erhebliche Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung gegeben waren, war die Beschwerde abzuweisen. Die Anhaltung in Schubhaft erweist sich auch ab dem 10.02.2021 als rechtmäßig.

3.2. Zu Spruchpunkt II.:

Der BF befindet sich zum Zeitpunkt der Entscheidung in Schubhaft, es ist daher eine Entscheidung über die Fortsetzung der Schubhaft zu treffen.

Unter Berücksichtigung der Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der Schubhaft besteht aus Sicht des erkennenden Gerichtes kein Zweifel, dass im gegenständlichen Fall auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 FPG iVm Artikel 28 Abs. 2 der Verordnung EU Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO) auch weiterhin erhebliche Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf vorliegt.

Unter Berücksichtigung der Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der Schubhaft besteht aus Sicht des erkennenden Gerichtes kein Zweifel, dass im gegenständlichen Fall auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z. 1 (Nichtmitwirken am Verfahren zur aufenthaltsbeendenden Maßnahme, mangelnde Kooperationsbereitschaft), 3 (Vorliegen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme), Z 6a und 6c (Antragstellung in Rumänien und Österreich, geplante Weiterreise des BF) und 9 FPG (kein Vermögen oder Einkommen, fortgesetzte Missachtung des Meldegesetzes, keine engen sozialen Beziehungen im Inland, kein gesicherter Wohnsitz, Verrichtung illegaler Tätigkeiten) Fluchtgefahr vorliegt.

Wie oben ausgeführt ist die Schubhaft auch verhältnismäßig. Das Bundesamt hat auf eine möglichst kurze Schubhaftdauer hingewirkt. Eine Abschiebung innerhalb der höchstmöglichen Schubhaftdauer ist für die kommende Woche geplant. Die Zustimmung Rumäniens und ein Laissez-Passer liegen bereits vor. Der BF ist gesund und die weitere Anhaltung ist ihm, vA im Verhältnis zu den zu Spruchpunkt I. bereits genannten öffentlichen Interessen, zumutbar.

Aus den oben dargelegten Erwägungen ergibt sich auch, dass im gegenständlichen Fall die Anwendung eines gelinderen Mittels aufgrund der mangelnden Vertrauenswürdigkeit des BF nicht ausreichend ist, um den Sicherungsbedarf zu erfüllen. Damit liegt die geforderte „Ultima-ratio-Situation“ für die Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft auch weiterhin vor und erweist sich diese – im Hinblick auf die zu erwartende weitere Haftdauer von weniger als einer Woche - auch als verhältnismäßig.

Sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose haben bei dem BF ein erhöhtes Risiko des Untertauchens sowie einen Sicherungsbedarf ergeben. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).

Es war daher festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

3.3. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Der BF hat auch nicht dargelegt, welche Ausführungen er in einer mündlichen Verhandlung hätten treffen wollen, die ein anderes Verfahrensergebnis bewirken hätten können. Bei den in der Beschwerdeschrift angeführten Argumenten handelte es sich um Bedenken rechtlicher Natur. Hinzukommt, dass der BF erst in jüngster Vergangenheit mehrfach vor dem BFA und dem BVwG einvernommen wurde und sämtliche Niederschriften vorliegen. Insgesamt war daher im konkreten

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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