TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/13 W154 2157260-2

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Veröffentlicht am 13.04.2021
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Entscheidungsdatum

13.04.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z1
FPG §76 Abs3
VwGVG §35 Abs3

Spruch


W154 2157260-2/19E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. KRACHER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA.: Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, vom 22.05.2017, Zl. 1097780600-170590492, und gegen die Anhaltung in Schubhaft seit 22.05.2017, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 31.05.2017 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 76 Abs. 3 FPG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. (Schriftliche Ausfertigung des am 31.05.2017 mündlich verkündeten Erkenntnisses)

III. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG iVm VwG-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 517/2013 hat der Beschwerdeführer dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsbürger, stellte am 02.12.2015 erstmals in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 12.10.2016, zugestellt am 14.10.2016, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 02.12.2015 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III). Als Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV).

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.01.2017 als unbegründet abgewiesen.

2. Am 04.04.2017 wurde der BF vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen § 27 (2a) zweiter Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten unbedingt und sechs Monaten bedingt, auf eine Probezeit drei Jahren, rechtskräftig verurteilt.

Aufgrund der angeführten rechtskräftigen Verurteilung wurde eine Rückkehrentscheidung i.V.m. einem befristeten Einreiseverbot seitens des BFA gegen den Beschwerdeführer erlassen. Die Entscheidung wurde dem BF nachweislich am 26.4.2017 zugestellt und blieb unbekämpft.

3. Am 28.4.2017 stellte der Beschwerdeführer einen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Dieses Verfahren wurde mit Bescheid des BFA vom 10.5.2017 negativ entschieden, gleichzeitig wurde eine Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot erlassen.

4. Am 19.5.2017 wurde der Beschwerdeführer der nigerianischen Botschaft vorgeführt. Der Beschwerdeführer konnte als nigerianischer Staatsbürger identifiziert werden. Eine Ausstellung eines Heimreisezertifikates wurde seitens der nigerianischen Delegation zugesichert.

5. Am 22.5.2017 wurde der Beschwerdeführer aus der Strafhaft entlassen und mittels Festnahmeauftrages in ein Polizeianhaltezentrum überstellt.

6. Mit im Spruch angeführten Mandatsbescheid wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Die belangte Behörde stützte die Fluchtgefahr dabei auf § 76 Abs. 3 Z 1 und 9 FPG. die Behörde begründete ihre Entscheidung damit, dass der Beschwerdeführer bereits in der Vergangenheit bewiesen habe, dass er sich nicht an die österreichische Rechtsordnung halten würde. Er verfüge über keinen ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet und besitze keine Barmittel bzw. ein Reisedokument. Er könne sich seinen Aufenthalt nicht finanzieren und sei kurz nach seiner Einreise bereits straffällig geworden und im Bundesgebiet untergetaucht. Durch die Stellung eines Folgeantrages auf internationalen Schutz habe er die Vorführung zur nigerianischen Delegation verhindern bzw. verzögern wollen und somit auch die Abschiebung in sein Heimatland verhindern wollen. Die belangte Behörde gehe davon aus, dass der Beschwerdeführer nun in Kenntnis sei, dass ein Heimreisezertifikat für seine Person durch die nigerianischen Behörden ausgestellt werde und dass er bei einem Verfahren auf freiem Fuß im Bundesgebiet untertauchen und sich so seiner geplanten Abschiebung in sein Heimatland entziehen werde. Er sei aus dem Grundversorgung am 7.4.2017 abgemeldet worden und könne daher nicht mehr in die Grundversorgung zurückkehren. Bei seiner Einvernahme am 22.5.2017 habe er sich aufgrund der Unterschriftenverweigerung der Behörde gegen unkooperativ gezeigt. Die Sicherung der Abschiebung sei erforderlich, dass sich der Beschwerdeführer aufgrund seines Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen habe. Es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer auch zukünftig nicht gewillt sein werde, die Rechtsvorschriften einzuhalten. Aus seiner Wohn- und Familiensituation, aus der fehlenden sonstigen Verankerung des Beschwerdeführers in Österreich sowie aufgrund seines bisherigen Verfahrens kann geschlossen werden, dass ein beträchtliches Risiko des Untertauchens hinsichtlich des Beschwerdeführers vorliege. Er verfüge darüber hinaus nicht über ausreichende Barmittel, um seinen unrechtmäßigen Aufenthalt aus eigenem zu beenden. Er sei behördlich nicht gemeldet und somit für das fremdenrechtliche Verfahren nicht greifbar. Zu Österreich bestünden keine beruflichen, sozialen oder starken familiären Bindungen. Die Familie des Beschwerdeführers lebe in Nigeria, in Österreich habe er keine Angehörigen. Er gehe keiner legalen Beschäftigung nach und verfahrensrelevante Integration sei nicht erkennbar. Aufgrund seiner Straffälligkeit bereits kurze Zeit nach seiner Einreise habe der Beschwerdeführer eindeutig gezeigt, dass er weder Integrationswillens habe noch die österreichischen Rechtsvorschriften zu achten bereit sei. Hinsichtlich der Anordnung für belangte Behörde aus, dass sie davon ausgehe, dass bei dem Beschwerdeführer das gelindere Mittel nicht ausreichen sei, zumal er nicht bereit sei, sich an die österreichischen Rechtsnormen zuhalten. Er sei in Kenntnis, dass seine Abschiebung in sein Heimatland bevorstehe, er habe auch schon einmal durch sein unkooperatives Verhalten die Vorführung zur nigerianischen Delegation verhindern bzw. verzögern wollen. Er habe keinen ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet, er habe auch nicht die nötigen finanziellen Mittel, um selbst für einen Wohnsitz aufkommen zu können, da er nicht mehr in die Grundversorgung übernommen werden könne. Im Fall des Beschwerdeführers bestehe aufgrund seiner persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund seines bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens, weshalb der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung der Abschiebung vereitelt würde. Es liege somit eine ultima- ratio- Situation vor, die Anordnung der Schubhaft unabdingbar erfordere und eine Verfahrensführung, während derer er sich in Freiheit befindet, ausschließen würde. Aufgrund des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers sei davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie die Haftfähigkeit des Beschwerdeführers, gegeben seien.

7. Gegen den Bescheid, die Schubhaftanordnung sowie die fortdauernde Anhaltung in Schubhaft erhob der Beschwerdeführer durch seine bevollmächtigte Vertretung am 26.05.2017 Beschwerde und begründete diese im Wesentlichen mit der Unverhältnismäßigkeit der Haft und der Nichtanwendung eines gelinderen Mittels.

In der Beschwerde wurde beantragt, den bekämpften Bescheid zu beheben und auszusprechen, dass die Anordnung der Schubhaft und die bisherige Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig erfolgt seien, ebenso beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen aufzutragen.

8. Mit der Vorlage der Beschwerde gab das Bundesamt eine Stellungnahme ab, in der sie nach Darlegung des relevanten Sachverhaltes insbesondere auf das Risiko, dass der Beschwerdeführer untertauchen werde, um sich der Abschiebung nach Nigeria zu entziehen, Bezug nahm. Darüber hinaus führte das BFA an, dass die Identität des Beschwerdeführers seitens der nigerianischen Delegation am 19.5.2017 habe bestätigt werden können und der Ausstellung eines Heimreisezertifikates zugestimmt worden sei, weshalb der Beschwerdeführer somit für den Charter am 22.6.2017 angemeldet werden könne.

Am Ende der Stellungnahme beantragte die belangte Behörde die Abweisung der Beschwerde sowie den Ersatz der verzeichneten Kosten.

9. Am 31.05.2017 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt.

Dabei erfolgte - wie im Spruch festgehalten - eine mündliche Verkündung des Spruchpunktes II. gemäß § 29 Abs. 2 VwGVG.

Mit Schriftsatz vom 9.6.2017 beantragte der BF durch seine bevollmächtigte Vertretung die schriftliche Ausfertigung des am 31.05.2017 mündlich verkündeten Erkenntnisses.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1.    Zum Verfahrensgang:

Der unter Punkt I. wiedergegebene Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

1.2.    Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist nigerianischer Staatsangehöriger und nicht österreichischer Staatsbürger, er ist volljährig.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 12.10.2016, zugestellt am 14.10.2016, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 02.12.2015 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III). Als Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV).

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.01.2017 als unbegründet abgewiesen.

Am 28.4.2017 stellte der Beschwerdeführer einen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Dieses Verfahren wurde mit Bescheid des BFA vom 10.5.2017 negativ entschieden, gleichzeitig wurde eine Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot erlassen. Diese Entscheidung erwuchs in Folge in Rechtskraft.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich weder familiäre, noch berufliche oder soziale Anknüpfungspunkte.

1.3.    Zu den Voraussetzungen der Schubhaft:

Gegen den Beschwerdeführer besteht seit dem 11.05.2017 eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung.

Der Beschwerdeführer ist gesund und haftfähig.

Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer wurde seitens der nigerianischen Botschaft zugesichert. Die Abschiebung des Beschwerdeführers ist für 22.06.2017 geplant.

1.4.    Zum Sicherungsbedarf:

Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht einmal ansatzweise integriert und verfügt weder über soziale noch familiäre oder berufliche Anknüpfungspunkte. Er war nie legal beschäftigt und verfügt aktuell weder über eine Unterkunft, noch über hinreichende Mittel, um seinen Aufenthalt im Bundesgebiet auch nur mittelfristig zu finanzieren. Der Beschwerdeführer war außer in behördlicher Anhaltung lediglich kurzfristig amtlich gemeldet.

Der Beschwerdeführer ist nicht willens, die österreichische Rechtsordnung zu achten.

2.       Beweiswürdigung

2.1.    Zum Verfahrensgang:

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes sowie den vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2.    Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu Alter und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers sind unstrittig und ergeben sich aus dem Verfahrensakt.

Die Feststellung zu den in Österreich geführten Asylverfahren des Beschwerdeführers und dass gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung besteht, ergibt sich aus dem Verfahrensakt sowie dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellung hinsichtlich der familiären, sozialen und beruflicher Verhältnisse des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem Verfahrensakt sowie aus den Aussagen des Beschwerdeführers im Verfahren.

2.3.    Zu den Voraussetzungen der Schubhaft:

Die Feststellung, dass gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung besteht, ergibt sich aus dem Verfahrensakt.

Hinsichtlich des Gesundheitszustandes und der Hafttauglichkeit stützt sich die Feststellung auf die Tatsache, dass bis zum Entscheidungszeitpunkt keine gegenteiligen Informationen an das Gericht ergangen sind und es im Rahmen des Verfahrens auch keine Anhaltspunkte für gesundheitliche Beschwerden des Beschwerdeführers gab.

Die Feststellung hinsichtlich der seitens der nigerianischen Botschaft in Aussicht genommenen Ausstellung eines Heimreisezertifikates und der für 22.6.2017 geplanten Abschiebung des Beschwerdeführers resultiert aus der Stellungnahme der belangten Behörde vom 29.05.2017.

2.4.    Zum Sicherungsbedarf:

Die Feststellung hinsichtlich der sozialen, familiären und beruflichen Integration des Beschwerdeführers ergibt sich aus den expliziten Aussagen des Beschwerdeführers im Verfahren.

Die Feststellung hinsichtlich der behördlichen Meldung des Beschwerdeführers in Österreich ergibt sich aus einer Anfrage an das Zentrale Melderegister.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer nicht willens ist, die österreichische Rechtsordnung zu achten, ergibt sich aus der strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers, die aus der Anfrage an das Strafregister zu ersehen ist.

3.       Rechtliche Beurteilung

Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 25/2016 idgF, lautet:

„§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1.       er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2.       er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3.       gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

Zu Spruchteil A)

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn

1.       dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2.       die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1.       ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

2.       ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3.       ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4.       ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5.       ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6.       ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a.       der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b.       der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c.       es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7.       ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8.       ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen oder Meldeverpflichtungen gemäß §§ 56 oder 71 FPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder 15a AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9.       der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Zur Frage der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides und der Anhaltung in Schubhaft seit 22.05.2017:

Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit dem der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist – wenn sich das erst später herausstellt – umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; vgl. VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

Die „Fluchtgefahr“ ist in Österreich im § 76 Abs. 3 FPG (oben unter Punkt II.2. wiedergegeben) gesetzlich definiert. Der Beschwerdeführer hat sich in Österreich vor der Anordnung der Schubhaft bereits zeitweise im Verborgenen gehalten und war für die Behörde nicht greifbar.

Die belangte Behörde begründete die Fluchtgefahr im Wesentlichen mit der mangelnden Mitwirkung am Verfahren. Zudem wurde auch die mangelnde soziale Verankerung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet – insbesondere dem Fehlen familiärer Bindungen, das Fehlen einer (legalen) Erwerbstätigkeit und eines gesicherten Wohnsitzes sowie nicht ausreichender Existenzmittel zur Begründung der Fluchtgefahr herangezogen.

Dies ist aus den Ausführungen im angefochtenen Mandatsbescheid klar ersichtlich. Das Bundesamt stützte sich bei Feststellung der Fluchtgefahr somit erkennbar auf die Ziffer 1 des § 76 Abs. 3 FPG und prüfte zudem den Grad sozialer Verankerung in Österreich gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG.

Die belangte Behörde kam darüber hinaus zutreffend zu der Auffassung, dass der Beschwerdeführer über keine Bindungen in Österreich verfügt, auf Grund welcher anzunehmen sein könnte, dass er sich bis zur Überstellung den Behörden nicht entziehen werde. Auf Grund dieser Erwägungen ging das Bundesamt zutreffend davon aus, dass im Falle des Beschwerdeführers insgesamt Fluchtgefahr in einem hinreichenden Ausmaß bestand und konnte das auch für den konkreten Einzelfall schlüssig und nachvollziehbar begründen. Dieser Einschätzung wurde in der Beschwerde im Übrigen erneut nicht substanziell entgegengetreten.

Auf Grund der klar erkennbaren Fluchtgefahr und dem bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers konnte auch nicht mit der Anwendung gelinderer Mittel das Auslangen gefunden werden:

Dem Bundesamt ist darin beizupflichten, dass sich im Falle des Beschwerdeführers weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen: Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht familiär gebunden; es gibt keine feststellbaren Sozialkontakte von hinreichender Intensität, um eine Verankerung im Bundesgebiet annehmen zu können. Auf Grund der Fluchtgefahr überwogen daher – wie im angefochtenen Bescheid richtig dargelegt - die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung die Interessen des Beschwerdeführers an der Abstandnahme von der Anordnung der Schubhaft und ist diese als Ultima-ratio-Maßnahme notwendig. Eine hinreichende finanzielle Sicherheitsleistung ist dem Beschwerdeführer nicht möglich.

Aus diesen Gründen ist die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid vom 22.05.2017 und die Anhaltung in Schubhaft ab 22.05.2017 abzuweisen.

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ist festzustellen, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen:

Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Der VwGH hat zum Fortsetzungsausspruch gemäß § 83 Abs. 4 erster Satz FPG in der bis 31.12.2013 geltenden Fassung ausgesprochen, dass der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) im Rahmen seines Ausspruchs gemäß § 83 Abs. 4 FPG aF nicht an die im Schubhaftbescheid herangezogenen Rechtsgrundlagen gebunden ist, sondern die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft nach allen Richtungen zu prüfen hat; er ist auch nicht nur „ermächtigt“, einen „weiteren bzw. neuen Anhaltegrund für die Fortsetzung der Schubhaft zu schaffen“, sondern bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens zu einem positiven und (nur) bei deren Fehlen zu einem negativen Fortsetzungsausspruch verpflichtet. Verneint der UVS daher das Vorliegen der Voraussetzungen für die weitere Anhaltung in Schubhaft, so bedeutet dieser Ausspruch von Gesetzes wegen die Unzulässigkeit der (Fortsetzung der) Schubhaft auf Grund jeglichen zum Bescheiderlassungszeitpunkt geltenden Schubhafttatbestandes, unabhängig davon, ob der UVS dessen Voraussetzungen (erkennbar) geprüft und dies seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (VwGH 15.12.2011, Zl. 2010/21/0292; 28.08.2012, Zl. 2010/21/0388 mwN). Diese Rechtsprechung des VwGH ist unverändert auf den Fortsetzungsausspruch des Bundesverwaltungsgerichtes nach der inhaltlich gleichlautenden Bestimmung des § 22a Abs. 3 BFA-VG übertragbar.

An den Gründen, die zur Anordnung der Schubhaft am 22.05.2017 geführt haben, hat sich substanziell nichts geändert. Im gegenständlichen Fall ist daher die Ziffer 1 des § 76 Abs. 3 FPG (nachweislich) erfüllt. Hinweise für einen substanziellen Grad der sozialen Verankerung des Beschwerdeführers im Sinne der Z 9 leg.cit. sind wie dargelegt im Verfahren nicht hervorgekommen (und wurden auch in der Beschwerde nicht schlüssig dargelegt). Hinsichtlich der Z 9 ist überdies festzuhalten, dass schon nach dem Wortlaut der Bestimmung (einzelne) „soziale Anknüpfungspunkte“ für sich alleine nicht ausreichen, der Verhängung einer Schubhaft entgegenzustehen. Vielmehr geht es um den „Grad der sozialen Verankerung in Österreich“, wobei familiäre Beziehungen, eine legale Erwerbstätigkeit, Existenzmittel und gesicherter Wohnraum exemplarisch genannt werden.

In Zusammenschau mit den obigen Ausführungen besteht damit aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts kein Zweifel, dass im gegenständlichen Fall nach wie vor eine Fluchtgefahr seitens des Beschwerdeführers sowie ein erhebliches staatliches Interesse an der Sicherstellung einer Abschiebung zu bejahen ist.

In einem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium – im vorliegenden Fall ist ein zeitnaher Abschiebungstermin geplant und dieser dem BF zur Kenntnis gebracht worden – reichen weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier in typisierender Betrachtungsweise die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (vgl. VwGH 20.02.2014, Zl. 2013/21/0178; 19.03.2014, Zl. 2013/21/0138).

Ein Sicherungsbedarf zur Durchführung einer Rückführung in den Herkunftsstaat ist somit weiterhin gegeben.

Aus den oben dargelegten Erwägungen ergibt sich auch, dass im gegenständlichen Fall die Anwendung des gelinderen Mittels weiterhin nicht ausreichend ist, um den Sicherungsbedarf zu erfüllen. Damit liegt die geforderte „Ultima-ratio-Situation“ für die Verhängung oder Fortsetzung der Schubhaft vor und erweist sich diese auch als verhältnismäßig.

Da zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit der raschen Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zu rechnen ist – diese ist für 22.06.2017 in Aussicht genommen -, erweist sich die derzeit absehbare Anhaltedauer in Schubhaft auch als nicht unverhältnismäßig.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Zum Kostenersatz:

Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegene Partei daher kein Kostenersatz. Die belangte Behörde ist auf Grund der Rechtmäßigkeit der Schubhaftanordnung und der Anhaltung in Schubhaft in allen Punkten obsiegende Partei, weshalb sie Anspruch auf Kostenersatz (im beantragten Umfang) hat.

Kommissionsgebühren, Dolmetschergebühren und Barauslagen sind im gegenständlichen Verfahren nicht angefallen.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

In der Beschwerde findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Insbesondere ergibt sich zudem aus der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die besondere Relevanz der Rechtskraft von Entscheidungen.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Fluchtgefahr Folgeantrag Fortsetzung der Schubhaft gelinderes Mittel Kostenersatz Mittellosigkeit öffentliche Interessen Rückkehrentscheidung schriftliche Ausfertigung Schubhaft Sicherungsbedarf Straffälligkeit Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Ultima Ratio Untertauchen Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W154.2157260.2.00

Im RIS seit

04.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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