TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/29 G308 2160610-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.04.2021
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Entscheidungsdatum

29.04.2021

Norm

ASVG §58
ASVG §59 Abs1
ASVG §67 Abs10
ASVG §83
B-VG Art133 Abs4

Spruch


G308 2160610-1/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Angelika PENNITZ als Einzelrichterin über die mit Vorlageantrag vom 15.03.2017 vorgelegte Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse, Landesstelle Steiermark (vormals: Steiermärkische Gebietskrankenkasse), vom 27.12.2016, Zahl: XXXX , sowie über die Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Gesundheitskasse, Landesstelle Steiermark (vormals: Steiermärkische Gebietskrankenkasse), vom 02.03.2017, Zahl: XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Beschwerdeführer als ehemaliger Geschäftsführer der „ XXXX “ für aushaftende Sozialversicherungsbeiträge auf dem Beitragskonto Nr. XXXX der Österreichischen Gesundheitskasse gemäß § 67 Abs. 10 iVm § 58 Abs. 5 und § 83 ASVG in Höhe von EUR 258.729,39 zuzüglich Verzugszinsen im gemäß § 59 Abs. 1 ASVG gültigen Satz von derzeit 3,38 % p.a. aus dem Betrag von EUR 252.765,42 haftet und verpflichtet ist, diesen Betrag binnen 15 Tagen ab Zustellung dieses Erkenntnisses an die Österreichische Gesundheitskasse zu zahlen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse, Landesstelle Steiermark (vormals: Steiermärkische Gebietskrankenkasse; im Folgenden: belangte Behörde) vom 27.12.2016 wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) als ehemaliger Geschäftsführer der „ XXXX “ (im Folgenden: Primärschuldnerin) der belangten Behörde gemäß § 67 Abs. 10 ASVG in Verbindung mit § 58 Abs. 5 ASVG und § 83 ASVG für aushaftende Sozialversicherungsbeiträge auf dem Beitragskonto Nr. XXXX der Primärschuldnerin im Betrag von EUR 90.091,61 zuzüglich Verzugszinsen im gemäß § 59 Abs. 1 ASVG gültigen Satz von 7,88 % p.a. aus dem Betrage von EUR 88.014,96 schulde und verpflichtet sei, diese Schuld binnen 15 Tagen nach Zustellung dieses Bescheides zu bezahlen.

Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass bei der Primärschuldnerin die ausgewiesene Beitragsschuld trotz gerichtlicher Betreibung nicht zur Gänze eingebracht habe werden können. Im Rahmen eines ersten Sanierungsverfahrens der Primärschuldnerin im Jahr 2012 sei es zu einer tatsächlichen Zahlungsquote von 22,5 % gekommen. Die restliche Forderung sei daher teilweise (bei einer Sanierungsplanquote von 30 %) wiederaufgelebt. Im Jahr 2014 sei ein weiteres Sanierungsverfahren der Primärschuldnerin eröffnet worden, welches im September 2016 gemäß § 152b IO rechtskräftig mit einer Quote von insgesamt 25 % aufgehoben worden sei. Davon seien bisher 5 % bezahlt worden. Die darüber hinausgehende Forderung der belangten Behörde sei somit als uneinbringlich anzusehen. Der BF sei seit 09.05.1996 selbstständig vertretungsbefugter, handelsrechtlicher Geschäftsführer der Primärschuldnerin. Das Verfahren über eine Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG sei bereits im Jahr 2013 aufgenommen worden, habe jedoch aufgrund der neuerlichen Insolvenzeröffnung unterbrochen werden müssen, da der Ausfall nicht mehr bezifferbar gewesen sei. Das Haftungsverfahren sei nach Bestätigung des Sanierungsplanes des zweiten Insolvenzverfahrens der Primärschuldnerin fortgesetzt worden. Anhand der vom BF im Verwaltungsverfahren vorgelegten Unterlagen und den beiden Insolvenzen seien zwei Haftprüfungen, einmal für den Zeitraum Juli 2011 bis März 2012 sowie einmal für den Zeitraum Mai 2013 bis April 2014 durchzuführen gewesen. Dabei habe sich bei der Haftungsprüfung für die erste Insolvenz unter Anrechnung der geleisteten Teilquoten sowie der Zahlung gemäß IESG eine Haftungssumme von EUR 26.103,78 und für die zweite Insolvenz unter Berücksichtigung der Anfechtung sowie des Wiederauflebens von Forderungen und Quotenzahlungen auf die erste Insolvenz ein Haftungsbetrag von EUR 63.987,83, in Summe daher EUR 90.091,61 ergeben. Die vom BF vorgelegten Unterlagen seien als nachvollziehbar und plausibel beurteilt, sowie als Grundlage für die Haftungsprüfung herangezogen worden. Hinsichtlich der zweiten Insolvenz sei die vollständige Erfüllung des Sanierungsplanes (Quote 25 %) fingiert und bereits jetzt zur Gänze auf die Haftung angerechnet worden. Aus einem Vergleich der Zahlungsquoten mit den übrigen Gläubigern der Primärschuldnerin ergebe sich eine rechnerische Ungleichbehandlung der belangten Behörde im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern der Primärschuldnerin. Die Anfechtung im Insolvenzverfahren sei zu berücksichtigen, da durch die Anfechtung die Zahlungen rückwirkend unwirksam geworden und somit auch die sozialversicherungsrechtlichen Pflichten nicht erfüllt worden seien.

Der Bescheid samt der – einen integrierenden Bestandteil bildenden – Rückstandsaufstellung vom 27.12.2016 wurde dem BF nach einem Zustellversuch am 28.12.2016 durch Hinterlegung beim Zustellpostamt am 28.12.2016 zugestellt.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der BF mit am 25.01.2017 bei der belangten Behörde eingelangtem Schreiben fristgerecht (Poststempel 20.01.2017) das Rechtsmittel der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid aufheben und aussprechen, dass eine Haftung des BF nicht bestehe; in eventu den angefochtenen Bescheid aufheben und das Verfahren an die belangte Behörde zurückverweisen.

Begründend wurde im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass der BF im Rahmen des Haftungsverfahrens Unterlagen vorgelegt habe, welche belegen würden, dass eine Haftung seinerseits nicht vorliege. Eine schuldhafte Verletzung der ihm auferlegten Pflichten liege nicht vor. Zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten der Beiträge sei es ihm nicht möglich gewesen, sämtliche Forderungen zu bedienen. Aus der Haftungsberechnung ergebe sich auch, dass nicht alle übrigen Gläubiger der Primärschuldnerin zur Gänze bedient worden seien. Es sei eine Zahlungsstockung vorgelegen und sobald als möglich Zahlungen an die belangte Behörde geleistet worden, welche die belangte Behörde jedoch nach erfolgreicher Anfechtung durch den Insolvenzverwalter wieder rückerstatten habe müssen. eine Haftung sei daher nicht gegeben, da eine Schlechterstellung der belangten Behörde nicht vorgelegen sei. Eher habe die belangte Behörde höhere Zahlungen erhalten als die übrigen Gläubiger. Es werde außerdem auf die Rechtsprechung zur Haftungsberechnung nach § 25a BUAG verwiesen, wonach ein einheitlicher Beobachtungszeitraum zu bilden sei und die innerhalb dieses Zeitraumes geleisteten Zahlungen auf fällig gewordene Beitragsverbindlichkeiten einerseits sowie die Gesamtsumme aller Verbindlichkeiten (einschließlich der Sozialversicherungsbeiträge) der Summe aller geleisteten Zahlungen im Beobachtungszeitraum andererseits gegenüberzustellen wären. Eine Benachteiligung der belangten Behörde im Beobachtungszeitraum liege nicht vor.

3. Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 02.03.2017 wurde die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der BF als Geschäftsführer der Primärschuldnerin der belangten Behörde gemäß § 67 Abs. 10 ASVG iVm § 58 Abs. 5 ASVG und § 83 ASVG für aushaftende Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt EUR 102.022,66 zuzüglich Verzugszinsen im gemäß § 59 Abs. 1 ASVG gültigen Satz von 7,88 % p.a. bis 31.12.2016 und 3,38 % ab 01.01.2017 aus dem Betrag von EUR 99.670,99 hafte und verpflichtet sei, diese Schuld binnen 15 Tagen nach Zustellung dieses Bescheides zu bezahlen.

Begründend wurde im Wesentlichen auf den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde verwiesen, jedoch ausgeführt, dass es bei der Haftungsberechnung für den Zeitraum Mai 2013 bis April 2014 für den Monat April 20014 zu einem Übertragungsfehler aus den Unterlagen des BF gekommen sei, sodass sich aus der erfolgten Korrektur eine Änderung der Höhe des Haftungsbetrages ergebe. Zur Zahlungsanfechtung werde außerdem auf die vom BF eingewandte Judikatur des VwGH (2012/08/0227) verwiesen, wonach im Insolvenzverfahren tatsächlich und erfolgreich angefochtene Zahlungen den Insolvenzgläubigern gegenüber als unwirksam erklärt würden und die Forderung insoweit wieder auflebe und als Insolvenzforderung geltend zu machen sei. Der Gemeinschuldner habe als Folge der Rechtsunwirksamkeit seiner Leistung seine Verpflichtung nicht erfüllt. Es liege daher im Falle einer erfolgreichen Zahlungsanfechtung im Insolvenzverfahren auch keine im Rahmen der Ermittlung der Haftungssumme wegen Gläubigerungleichbehandlung zu berücksichtigende wirksame Zahlung vor. Der Betrag aus der erfolgreich angefochtenen Zahlung komme dem haftenden Vertreter aber letztlich insofern zu Gute, als dieser Betrag dann im Rahmen der Quote an alle Gläubiger – sohin auch an den Zahlungsempfänger – ausgeschüttet werde und damit der Haftungsrahmen reduziert werde. Der Einwand der unrichtigen Berechnung des Haftungsbetrages durch die belangte Behörde in Folge der Entscheidung des VwGH zur Zahl 2012/08/0227 sei unter Verweis auf Kommentare und ältere Judikatur nicht richtig.

Die Beschwerdevorentscheidung wurde dem BF nach einem Zustellversuch am 03.03.2017 durch Hinterlegung beim Zustellpostamt am 04.03.2017 zugestellt.

4. Mit am 21.03.2013 bei der belangten Behörde eingelangtem Schreiben stellte der BF fristgerecht (Poststempel 16.03.2017) einen Vorlageantrag an das Bundesverwaltungsgericht ohne weitere bzw. ergänzende Begründung.

5. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde vorgelegt und langten dort am 07.06.2017 ein.

Der Vorlagebericht der belangten Behörde vom 07.06.2017 entspricht inhaltlich im Wesentlichen der Begründung der Beschwerdevorentscheidung. Ergänzend wurde ausgeführt, dass eine weitere Zahlung in Höhe von 5 % aus dem zweiten Insolvenzverfahren (2014-2016) nicht als schuldbefreiend angenommen worden sei, da am 24.02.2017 ein dritter Insolvenzantrag gegen die Primärschuldnerin eingebracht worden und am 30.03.2017 erneut ein Insolvenzverfahren, diesmal aber als Konkursverfahren, eröffnet worden sei. Der BF sei nach wie vor Geschäftsführer der Primärschuldnerin. Darüber hinaus wurde die von der belangten Behörde erfolgte Berechnung des Haftungsbetrages neuerlich genau dargelegt und ausgeführt, weshalb ihrer Ansicht nach eine Berechnung entsprechend der Rechtsprechung des VwGH zur Zahl 2012/08/0227 nach Ansicht der belangten Behörde nicht mit der herrschenden Lehre und bisherigen Judikatur vereinbar sei und im Fall des BF und der Primärschuldnerin (einem Produktionsbetrieb) im Verhältnis zu einem Dienstleistungsbetrieb dadurch eine rund 50 % höhere Haftung erwachse. Aufgrund des neuerlichen Insolvenzverfahrens in Form eines Konkursverfahrens sehe nunmehr das Ausmaß der konkret anzurechnenden Quote nicht fest, die grundsätzliche Uneinbringlichkeit der Forderung jedoch schon. Der Haftungsbetrag könne daher nicht mit endgültiger Höhe festgesetzt werden.

Es werde beantragt, das Verfahren bis zum Vorliegen einer Quotenprognose im dritten Insolvenzverfahren als Vorfrage auszusetzen, die Beschwerde abzuweisen und die Haftung des BF als Geschäftsführer der Primärschuldnerin dem Grunde nach zu bestätigen und den Haftungsbetrag selbst zu bemessen.

6. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.06.2017 wurde dem BF der Vorlagebericht der belangten Behörde vom 07.06.2017 zur Stellungnahme binnen drei Wochen übermittelt.

7. Die Stellungnahme des BF vom 11.07.2017 langte am 17.07.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Vorlagebericht der belangten Behörde inhaltlich nicht richtig sei und eine schuldhafte Verletzung der Geschäftsführerpflichten durch den BF nicht vorliege. Eine Ratenzahlung sei von der belangten Behörde abgelehnt worden, daher habe er den offenen Betrag auf einmal zahlen müssen, ohne gewusst zu haben, dass dies in einem Insolvenzverfahren zu einer Anfechtungsklage führen würde. Über den gesamten Beobachtungszeitraum ergebe sich, dass eine Benachteiligung der belangten Behörde gegenüber anderen Gläubigern tatsächlich nicht erfolgt sei. Er ersuche der Beschwerde stattzugeben und den Bescheid ersatzlos zu beheben.

8. Mit am 21.11.2018 beim Bundesverwaltungsgericht einlangender Stellungnahme der belangten Behörde vom 21.11.2018 wurde mitgeteilt, dass das dritte Insolvenzverfahren über die Primärschuldnerin am 18.09.2017 gemäß § 139 IO aufgehoben und eine Quote von 17,40 % ausgeschüttet worden sei. Aufgrund der nunmehr bekannten Quote sei eine Anpassung der Haftungsberechnung vorzunehmen, sodass der Haftungsbetrag für die zweite Insolvenz nunmehr EUR 53.824,70 betrage und sich daher insgesamt ein Haftungsbetrag (nach Addition des Haftungsbetrages aus dem ersten Insolvenzverfahrens in Höhe von EUR 26.103,78) von nunmehr EUR 79.928,48 ergebe.

9. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.01.2019 wurde das gegenständliche Verfahren gemäß §§ 31 Abs. 1, 34 Abs. 3 VwGVG bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) zur Zahl Ra 2016/08/0170 über die Amtsrevision der belangten Behörde gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.09.2016, G308 2125480-1/7E, ausgesetzt.

Mit Beschluss des VwGH vom 19.08.2020, Ra 2016/08/0170, wurde die Revision zurückgewiesen.

10. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes an die belangte Behörde und den BF vom 02.10.2020 wurde gemäß § 34 Abs. 3 VwGVG die Fortsetzung des ausgesetzten Verfahrens mitgeteilt. Der BF sowie die belangte Behörde wurden zudem auf die Ausführungen im Beschluss des VwGH vom 19.08.2020, Ra 2016/08/0170, sowie im Erkenntnis des VwGH vom 27.04.2020, Ro 2020/08/0001, und die daraus hervorgehende Klarstellung in Bezug auf die Bildung eines Beurteilungszeitraumes sowie die konkrete Berechnung von Haftungsbeträgen gemäß § 67 Abs. 10 ASVG hingewiesen und die belangte Behörde in der Folge ersucht, eine erneute Berechnung der Ungleichbehandlung sowie eines allfälligen Haftungsbetrages entsprechend dieser klarstellenden und aktuellen Rechtsprechung durchzuführen und deren Berechnung dem Bundesverwaltungsgericht binnen vier Wochen zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus wurde auch dem BF entsprechendes Parteiengehör eingeräumt.

11. Nach Fristverlängerung langte die schlussendliche Version der aufgetragenen Neuberechnung des Haftungsbetrages entsprechend der Rechtsprechung des VwGH und Stellungnahme der belangten Behörde vom 09.12.2020 am 15.12.2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Demnach seien infolge der im Haftungszeitraum vorliegenden zwei Insolvenzverfahren zwei Haftungsperioden (Beurteilungszeiträume), nämlich für 2012 (Beurteilungszeitraum von 06/2011 bis 03/2012) sowie für 2014 (Beurteilungszeitraum von 12/2013 bis 04/2014) zu bilden.

Der Haftungsrahmen für den Beurteilungszeitraum 2012 betrage EUR 81.190,84, jener für den Beurteilungszeitraum 2014, unter Addition der angefochtenen Zahlungen in Höhe von EUR 182.581,27, hingegen EUR 192.956,40.

Bei der Gleichbehandlung ergebe sich eine neue Berechnung wie folgt:

Für den Beurteilungszeitraum 2012 ergebe sich ein Verbindlichkeitenstand bei Dritten am Ende des Beurteilungszeitraumes in Höhe von EUR 727.594,74 und seien im Beurteilungszeitraum auf diese Gläubiger EUR 1.739.210,38 geleistet worden. Der Endstand der Beitragsverbindlichkeiten habe EUR 174.916,65 betragen und seien in diesem Zeitraum darauf Zahlungen im Ausmaß von EUR 123.165,08 geleistet worden. Daher ergebe sich, aus auf Gesamtverbindlichkeiten (daher Verbindlichkeiten und Zahlungen an Dritte zuzüglich Verbindlichkeiten und Zahlungen an die belangte Behörde) im Beurteilungszeitraum von EUR 2.764.886,85 insgesamt Zahlungen in Höhe von EUR 1.862.375,46 geleistet worden seien, was einer Gesamtzahlungsquote von 67,36 % entspreche. Die Sozialversicherungs-Zahlungsquote betrage hingegen bei Gesamtverbindlichkeiten in Höhe von EUR 298.081,73 und Zahlungen von EUR 123.165,08 lediglich 41,32 %, sodass eine Ungleichbehandlung der belangten Behörde in Höhe von 26,04 % im Verhältnis zur Gesamtzahlungsquote bestanden habe. Die Beitragsverbindlichkeiten in Höhe von EUR 298.081,73 multipliziert mit 26,04 % ergebe somit einen neuen Haftungsbetrag in Höhe von EUR 77.617,13.

Für den Beurteilungszeitraum 2014 ergebe sich ein Verbindlichkeitenstand bei Dritten am Ende des Beurteilungszeitraumes in Höhe von EUR 342.170,22 und seien im Beurteilungszeitraum auf diese Gläubiger EUR 1.727.563,63 geleistet worden. Der Endstand der Beitragsverbindlichkeiten habe EUR 106.866,88 betragen und seien in diesem Zeitraum darauf Zahlungen im Ausmaß von EUR 287.092,40 geleistet worden, wobei davon Zahlungen in Höhe von EUR 173.848,52 erfolgreich angefochten worden und daher nicht zu berücksichtigen wären, sodass im Ergebnis auf Beitragsverbindlichkeiten EUR 113.243,88 geleistet worden wären. Daher ergebe sich, aus auf Gesamtverbindlichkeiten (daher Verbindlichkeiten und Zahlungen an Dritte zuzüglich Verbindlichkeiten und Zahlungen an die belangte Behörde) im Beurteilungszeitraum von EUR 2.463.693,19 insgesamt Zahlungen in Höhe von EUR 1.840.807,57 geleistet worden seien, was einer Gesamtzahlungsquote von 74,72 % entspreche.

Die Sozialversicherungs-Zahlungsquote betrage hingegen bei Gesamtverbindlichkeiten in Höhe von EUR 393.959,28 und Zahlungen von EUR 113.243,88 (Zahlungen in Höhe von EUR 287.092,40 abzüglich angefochtene Zahlungen in Höhe von EUR 173.848,52) lediglich 28,75 %, sodass eine Ungleichbehandlung der belangten Behörde in Höhe von 45,97 % im Verhältnis zur Gesamtzahlungsquote bestanden habe. Die Beitragsverbindlichkeiten in Höhe von EUR 393.959,28 multipliziert mit 45,97 % ergebe somit einen neuen Haftungsbetrag in Höhe von EUR 181.112,26.

Eine Addition beider Haftungsbeträge aus den beiden Beurteilungszeiträumen ergäbe daher einen Haftungsbetrag von EUR 258.729,39.

Es werde daher beantragt, die Beschwerde mit der Maßgabe abzuweisen, dass der BF für einen Betrag in Höhe von EUR 258.729,39 zuzüglich Verzugszinsen im Ausmaß von 3,38 % p.a. aus einem Betrag von EUR 252.765,42 binnen 15 Tagen zu bezahlen habe.

12. Die Stellungnahme und Neuberechnung des Haftungsbetrages der belangten Behörde vom 09.12.2020 wurde dem BF mit Parteiengehör vom 07.01.2021 zur Stellungnahme bis 31.01.2021 übermittelt.

Der BF ersuchte daraufhin um Fristverlängerung, die ihm bis 28.02.2021 eingeräumt wurde.

13. Am 25.02.2021 langte die Stellungnahme des BF beim Bundesverwaltungsgericht ein. Darin führte der BF im Wesentlichen aus, dass die vorgelegte Neuberechnung der belangten Behörde für den ersten Beurteilungszeitraum (01.07.2011 bis 31.03.2012) richtig sei. Hingegen sei die Neuberechnung für den zweiten Beurteilungszeitraum (01.05.2013 bis 30.04.2014) nur dann richtig, wenn die angefochtenen Zahlungen nicht berücksichtigt würden. Die später vom Insolvenzverwalter angefochtenen Zahlungen in Höhe von EUR 173.848,52 seien in Absprache mit der belangten Behörde vom BF einbezahlt worden, sodass dieser Betrag bei der Beurteilung der Ungleichbehandlung der Gläubiger nicht unberücksichtigt bleiben könne. Würden diese Zahlungen berücksichtigt werden, so ergebe sich eine Ungleichbehandlung von lediglich 1,84 %. Auf die Anfechtung durch den Insolvenzverwalter habe der BF als enthobener Geschäftsführer zudem keinen Einfluss gehabt. Es werde ersucht, die angefochtenen Zahlungen zu berücksichtigen.

Beigelegt wurden ua. eine vom BF vorgelegte Vergleichsrechnung bei Berücksichtigung der angefochtenen Zahlungen.

14. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 08.03.2021 wurde der belangten Behörde die Stellungnahme des BF vom 25.02.2021 zur Gegenäußerung binnen drei Wochen übermittelt.

Eine Stellungnahme langte bis dato nicht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF vertrat die ehemals zur Firmenbuchnummer FN XXXX eingetragene „ XXXX “ (zwischenzeitlich: „ XXXX in Liqu.“; Primärschuldnerin) mit Sitz in der politischen Gemeinde XXXX und später in der politischen Gemeinde XXXX von 09.05.1996 bis 14.01.2017 und dann wieder ab 19.01.2017 bis zur amtswegigen Löschung der Firma gemäß § 40 FBG mit 07.05.2019 als deren einziger zur selbstständigen Vertretung befugter Geschäftsführer (vgl. Firmenbuchauszug zu FN XXXX vom 27.04.2021).

1.2. Über das Vermögen der Primärschuldnerin wurde am XXXX .2012 vor dem Landesgericht XXXX zur Zahl XXXX ein Sanierungsverfahren eröffnet, in dessen Rahmen die belangte Behörde EUR 188.411,48 als Forderung wegen aushaftender Sozialversicherungsbeiträge für den Zeitraum Juni 2011 bis März 2012 (Fälligkeitszeiträume 01.07.2011 bis 31.03.2012) anmeldete. Mit Beschluss des Landesgerichtes XXXX vom XXXX .2012 wurde der Sanierungsplan (ursprüngliche Quote 30 %) rechtskräftig bestätigt und das Sanierungsverfahren aufgehoben. Tatsächlich kam es im Rahmen dieses Sanierungsplanes zu einer Quotenzahlung durch die Primärschuldnerin in Höhe von 22,50 %, daher EUR 42.392,58. Seitens des IESG wurden für diesen Zeitraum EUR 45.641,15 geleistet (vgl. ua. Vorlagebericht vom 07.06.2017; Firmenbuchauszug zu FN XXXX vom 27.04.2021; Haftungsneuberechnung der belangten Behörde vom 09.12.2020; Außerstreitstellung durch BF mit Stellungnahme vom 25.02.2021).

1.3. In weiterer Folge wurde über das Vermögen der Primärschuldnerin mit Beschluss des Landesgerichtes XXXX vom XXXX .2014 zur Zahl XXXX neuerlich ein Konkursverfahren eröffnet, in dessen Rahmen die belangte Behörde erst insgesamt EUR 106.866,88 als Forderung wegen aushaftender Sozialversicherungsbeiträge für den Zeitraum April 2013 bis April 2014 (Fälligkeitszeiträume 01.05.2013 bis 30.04.2014) sowie teilweise wiederaufgelebter Forderungen aufgrund der nicht vollständig erhaltenen Quote aus dem ersten Sanierungsverfahren 2012 anmeldete. In diesem Insolvenzverfahren wurde ein Anfechtungsprozess des Insolvenzverwalters gegen die belangte Behörde geführt, in dessen Folge die Zahlungen des BF an die belangte Behörde vom 19.02.2014, vom 20.02.2014, vom 21.02.2014 und vom 14.03.2014 in Höhe von insgesamt EUR 182.581,27 für unwirksam erklärt wurden (sodass rückwirkend mit der Anfechtung die Beitragszahlungen für April 2013 bis April 2014 wieder unberichtigt aushafteten). Daraufhin erfolgte eine Nachtrags-Forderungsanmeldung durch die belangte Behörde in Höhe der erfolgreich angefochtenen Zahlungen von EUR 182.581,27. Mit Beschluss des Landesgerichtes XXXX vom XXXX .2016 zur Zahl XXXX wurde ein Sanierungsplan mit einer Zahlungsquote von 25 % rechtskräftig bestätigt und der Konkurs aufgehoben. In der Folge wurden auf die aus dem ersten Insolvenzverfahren teilweise wiederaufgelebten Forderungen EUR 5.427,93 und auf die Forderungen im zweiten Insolvenzverfahren eine Quote in Höhe von 10 %, daher EUR 28.944,82 von der Primärschuldnerin geleistet. Seitens des IESG wurden für diesen Zeitraum EUR 37.321,61 geleistet (vgl. ua. Vorlagebericht vom 07.06.2017; Firmenbuchauszug zu FN XXXX vom 27.04.2021; Haftungsneuberechnung der belangten Behörde vom 09.12.2020; Außerstreitstellung durch BF mit Stellungnahme vom 25.02.2021).

1.4. Nachdem es auch aufgrund des Sanierungsplanes im Verfahren XXXX nur zu einer teilweisen Quotenzahlung (nämlich 10 % statt den im Sanierungsplan enthaltenen 25 %) gekommen war, wurde mit Beschluss des Landesgerichtes XXXX vom XXXX .2017 zur Zahl XXXX abermals ein Konkurs eröffnet und dieser mit Beschluss des Landesgerichtes XXXX vom XXXX .2018 gemäß § 139 IO mit einer Quote von 17,404 % wieder aufgehoben. Hinsichtlich der Forderungen der belangten Behörde für den Zeitraum 01.07.2011 bis 31.03.2012 (kurz: Haftungszeitraum 2012) wurden daher EUR 13.758,98 von der Primärschuldnerin geleistet, hinsichtlich der Forderung der belangten Behörde für den Zeitraum 01.05.2013 bis 30.04.2014 EUR 30.225,33 (vgl. ua. Vorlagebericht vom 07.06.2017; Firmenbuchauszug zu FN XXXX vom 27.04.2021; Haftungsneuberechnung der belangten Behörde vom 09.12.2020; Außerstreitstellung durch BF mit Stellungnahme vom 25.02.2021).

1.5. Zum Beurteilungszeitraum 01.07.2011 bis 31.03.2012 (Beurteilungszeitraum 2012) ist daher festzustellen wie folgt:

Ausgehend von einer Forderungsanmeldung der belangten Behörde im ersten Insolvenzverfahren in Höhe von EUR 188.411,48, abzüglich einer tatsächlichen Insolvenzquote von 22,50 % (daher EUR 42.392,58), abzüglich tatsächlich geleisteter IESG-Zahlungen in Höhe von EUR 45.641,15, abzüglich der Quote aus dem zweiten Insolvenzverfahren (17 S 33/2014t) in Höhe von EUR 5.427,93 sowie abzüglich der Quote aus dem dritten Insolvenzverfahren (17 S 15/2017z) in Höhe von EUR 13.758,98 ergibt sich für diesen Beurteilungszeitraum ein äußerster Haftungsrahmen in Höhe von EUR 81.190,84.

In diesem Zeitraum bestand eine Gesamtforderung der belangten Behörde an aushaftenden Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von EUR 298.081,73 (Rückstand am Ende des Beurteilungszeitraumes in Höhe von EUR 174.916,65 zuzüglich in diesem Zeitraum geleisteter Zahlungen in Höhe von EUR 123.165,08). Im selben Zeitraum wurden von der Primärschuldnerin auf diese aushaftenden Sozialversicherungsbeiträge EUR 123.165,08 bezahlt. Die Zahlungsquote betrug daher 41,32 % (EUR 123.165,08*100/ EUR 298.081,73) (vgl. unbestrittene Stellungnahme der belangten Behörde vom 09.12.2020 samt Berechnungsblatt sowie dieser zugrundeliegende und vom BF selbst vorgelegte Saldenlisten und Berechnungsblätter; Außerstreitstellung durch BF mit Stellungnahme vom 25.02.2021).

Insgesamt leistete die Primärschuldnerin im Zeitraum 01.07.2011 bis 31.03.2012 auf Gesamtverbindlichkeiten (Verbindlichkeiten an Dritte zuzüglich Verbindlichkeiten bei der belangten Behörde) in Höhe von EUR 2.764.886,85 Zahlungen in Höhe von insgesamt EUR 1.862.375,46, die Gesamtzahlungsquote für diesen Zeitraum beträgt somit 67,36 % (vgl. unbestrittene Stellungnahme der belangten Behörde vom 09.12.2020 samt Berechnungsblatt sowie dieser zugrundeliegende und vom BF selbst vorgelegte Saldenlisten und Berechnungsblätter; Außerstreitstellung durch BF mit Stellungnahme vom 25.02.2021).

Die Differenz zwischen allgemeiner Zahlungsquote von 67,36 % und Zahlungsquote an die belangte Behörde von 41,32 % beträgt somit 26,04 % zu Lasten der belangten Behörde. Ausgehend von einer Gesamtforderung der belangten Behörde in Höhe von EUR 298.081,73 beträgt der Haftungsbetrag für den Beurteilungszeitraum 2012 daher EUR 77.617,13 (vgl. unbestrittene Stellungnahme der belangten Behörde vom 09.12.2020 samt Berechnungsblatt sowie dieser zugrundeliegende und vom BF selbst vorgelegte Saldenlisten und Berechnungsblätter; Außerstreitstellung durch BF mit Stellungnahme vom 25.02.2021).

Der Haftungsbetrag ist somit niedriger als der äußerste Haftungsrahmen für den Beurteilungszeitraum 2012.

1.6. Zum Beurteilungszeitraum 01.05.2013 bis 30.04.2014 (Beurteilungszeitraum 2014) ist festzustellen wie folgt:

Ausgehend von einer Forderungsanmeldung der belangten Behörde im zweiten Insolvenzverfahren in Höhe von EUR 106.866,88 zuzüglich der Nachtragsanmeldung infolge erfolgreicher Zahlungsanfechtung in Höhe von EUR 182.581,27, abzüglich einer tatsächlichen Insolvenzquote von 10 % (daher EUR 28.944,82), abzüglich tatsächlich geleisteter IESG-Zahlungen in Höhe von EUR 37.321,61, sowie abzüglich der Quote aus dem dritten Insolvenzverfahren (17 S 15/2017z) in Höhe von EUR 30.225,33 ergibt sich für diesen Beurteilungszeitraum ein äußerster Haftungsrahmen in Höhe von EUR 192.956,40.

In diesem Zeitraum bestand eine Gesamtforderung der belangten Behörde an aushaftenden Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von EUR 393.959,28 (Rückstand am Ende des Beurteilungszeitraumes in Höhe von EUR 106.866,88 zuzüglich in diesem Zeitraum geleisteter Zahlungen in Höhe von EUR 287.092,40). Im selben Zeitraum wurden von der Primärschuldnerin auf diese aushaftenden Sozialversicherungsbeiträge aufgrund der erfolgten Anrechnung der Zahlungen in diesem Zeitraum in Höhe von EUR 173.848,52 aber im Endergebnis nur EUR 113.243,88 bezahlt. Die Zahlungsquote betrug daher 28,75 % (EUR 113.243,88 *100/ EUR 393.959,28) (vgl. unbestrittene Stellungnahme der belangten Behörde vom 09.12.2020 samt Berechnungsblatt sowie dieser zugrundeliegende und vom BF selbst vorgelegte Saldenlisten und Berechnungsblätter; Außerstreitstellung durch BF mit Stellungnahme vom 25.02.2021).

Insgesamt leistete die Primärschuldnerin im Zeitraum 01.05.2013 bis 30.04.2014 auf Gesamtverbindlichkeiten (Verbindlichkeiten an Dritte zuzüglich Verbindlichkeiten bei der belangten Behörde) in Höhe von EUR 2.463.693,19 Zahlungen in Höhe von insgesamt EUR 1.840.807,57, die Gesamtzahlungsquote für diesen Zeitraum beträgt somit 74,72 % (vgl. unbestrittene Stellungnahme der belangten Behörde vom 09.12.2020 samt Berechnungsblatt sowie dieser zugrundeliegende und vom BF selbst vorgelegte Saldenlisten und Berechnungsblätter; Außerstreitstellung durch BF mit Stellungnahme vom 25.02.2021).

Die Differenz zwischen allgemeiner Zahlungsquote von 74,72 % und Zahlungsquote an die belangte Behörde von 28,75 % beträgt somit 45,97 % zu Lasten der belangten Behörde. Ausgehend von einer Gesamtforderung der belangten Behörde in Höhe von EUR 393.959,28 beträgt der Haftungsbetrag für den Beurteilungszeitraum 2014 daher EUR 181.112,26 (vgl. unbestrittene Stellungnahme der belangten Behörde vom 09.12.2020 samt Berechnungsblatt sowie dieser zugrundeliegende und vom BF selbst vorgelegte Saldenlisten und Berechnungsblätter; Außerstreitstellung durch BF mit Stellungnahme vom 25.02.2021).

Der Haftungsbetrag ist somit niedriger als der äußerste Haftungsrahmen für den Beurteilungszeitraum 2014.

1.7. Der BF hat mit seiner letzten Stellungnahme vom 25.02.2021 die Richtigkeit der Neuberechnung der belangten Behörde grundsätzlich außer Streit gestellt. Strittig ist gegenständlich die Haftung des BF dem Grunde sowie hinsichtlich des Beurteilungszeitraumes 2014 insofern der Höhe nach, als der BF der Ansicht ist, die später vom Insolvenzverwalter angefochtenen Zahlungen dürften nicht zu seinem Nachteil berücksichtigt werden.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten sowie des nunmehr dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Gerichtsakts.

Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

2.1. Die Feststellungen in Bezug auf die Primärschuldnerin und deren Insolvenzverfahren sowie die ausschließliche handelsrechtliche Geschäftsführungsbefugnis des BF im verfahrensgegenständlichen Zeitraum ergeben sich aus dem im Akt einliegenden Firmenbuchauszug sowie dem Akteninhalt des Verwaltungsaktes.

2.2. Die Feststellungen und Verbindlichkeiten der Primärschuldnerin in den relevanten Zeiträumen ergeben sich aus der von der belangten Behörde nunmehr neu vorgelegten Berechnung des Haftungsrahmens und Haftungsbetrages vom 09.12.2020, welche wiederum ihrerseits auf den vom BF selbst vorgelegten rechnerischen Entlastungsnachweisen und vorgelegten Saldenlisten sowie den von der belangten Behörde selbst verzeichneten Zahlungseingängen basieren. Eine diesbezügliche Unrichtigkeit der zugrundeliegenden Beträge wurde zu keiner Zeit geltend gemacht und liegen gegenständlich auch seitens des Bundesverwaltungsgerichtes keine Hinweise darauf vor, dass diese nicht den Tatsachen entsprechen würden, sodass diese dem gegenständlichen Verfahren zugrunde gelegt wurden.

Darüber hinaus wurde die Richtigkeit der von der belangten Behörde durchgeführten Neuberechnung seitens des BF grundsätzlich außer Streit gestellt. Seinerseits wird nunmehr lediglich bestritten, dass die vom Insolvenzverwalter im, dem zweiten Beurteilungszeitraum zugrundeliegenden Insolvenzverfahren 2014, angefochtenen Zahlungen bei der Beurteilung der Gleichbehandlung der Gläubiger nicht zu berücksichtigen wären.

Diesbezüglich wird auf die rechtliche Beurteilung verwiesen.

Insgesamt ergeben die vorliegenden Tatsachen und Beweise sowie mangelnde gegenteilige Beweise ein Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse. Aus den angeführten Gründen konnte der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Akteninhalt dem gegenständlichen Erkenntnis im Rahmen der freien Beweiswürdigung zugrunde gelegt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Anzuwendendes Recht:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 2013/33 idgF. BGBl. I 2018/57, geregelt (§ 1 leg. cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Demzufolge hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid aufgrund der Beschwerde zu überprüfen. Verwiesen wird dabei auf die Bestimmung des § 9 VwGVG, der den Inhalt der Beschwerde beschreibt und hier insbesondere auf Abs. 1 Z 3 und Z 4 leg. cit. Dies betrifft die Angabe der Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie das Begehren.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

3.2. Zur Haftung des BF dem Grunde nach:

3.2.1. Gemäß § 58 Abs. 5 ASVG haben die Vertreter juristischer Personen, die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen und die Vermögensverwalter (§ 80 BAO) alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Beiträge jeweils bei Fälligkeit aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 67 Abs. 10 ASVG haften die zur Vertretung juristischer Personen oder Personengesellschaften (offene Gesellschaft, Kommanditgesellschaft) berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegen Pflichten nicht eingebracht werden können. Vermögensverwalter haften, soweit ihre Verwaltung reicht, entsprechend.

Gemäß § 83 ASVG gelten die Bestimmungen über die Eintreibung und Sicherung, Haftung, Verjährung und Rückforderung von Beiträgen entsprechend für Verzugszinsen und Verwaltungskostenersätze bei zwangsweiser Eintreibung.

Nach der Rechtsprechung handelt es sich bei den „zur Vertretung berufenen“ um die gesetzlichen Vertreter, also um jene, ohne die das vertretene Rechtssubjekt nicht handeln kann, wie sich aus der insoweit ausdrücklichen Beschränkung bei den natürlichen Personen ergibt (VwGH 89/08/0223, ZfVB 1992/1033). Diese Ableitung scheint auch aus Gleichheitsgründen überzeugend (vgl dazu VwGH 94/08/0105, ZfVB 2000/1561 = SVSlg 45.037). Daher haften grds nicht Prokuristen iSd § 53 UGB (VwGH 89/08/0223, ZfVB 1992/1033;94/08/0105, ZfVB 2000/1561 = ARD 5134/35/2000 = SVSlg 45.037) und auch nicht Handlungsbevollmächtigte iSd § 54 UGB (vgl Müller in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 67 ASVG Rz 94 (Stand 01.07.2014, rdb.at)).

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH (vgl. etwa VwGH vom 21.05.1996, 93/08/0221; vom 29.06.1999, 99/08/0075, uva.) ist die Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG eine dem Schadenersatzrecht nachgebildete Verschuldenshaftung, die den Geschäftsführer deshalb trifft, weil er seine gegenüber dem Sozialversicherungsträger bestehende gesetzliche Verpflichtung zur rechtzeitigen Entrichtung von Beiträgen schuldhaft (leichte Fahrlässigkeit genügt) verletzt hat (VwGH vom 12.10.2017, Ra 2017/08/0070).

Fallbezogen ergibt sich daraus:

Der BF war von 09.05.1996 bis 07.05.2019 nur mit einer Unterbrechung von wenigen Tagen in einem nicht verfahrensrelevanten Zeitraum im Firmenbuch unstrittig als einziger vertretungsbefugter, handelsrechtlicher Geschäftsführer der BF eingetragen. Er ist somit als Geschäftsführer iSd § 67 Abs. 10 ASVG anzusehen.

Wesentliche (und primäre) sachliche Voraussetzung der subsidiären Haftung eines Vertreters nach § 67 Abs. 10 ASVG ist die objektive (gänzliche oder zumindest teilweise) Uneinbringlichkeit der betreffenden Sozialversicherungsbeiträge beim Primärschuldner. Erst wenn sie feststeht, ist auf die Prüfung der für eine Haftung nach dieser Bestimmung maßgebenden weiteren, an die Person des allenfalls Haftungspflichtigen geknüpften Voraussetzungen einzugehen (VwGH vom 29.03.2000, 95/08/0140 mit Hinweis auf E 09.02.1982, 81/14/0072, 0074-0077, VwSlg 5652 F/1982, E 16.09.1991, 91/15/0028).

Im konkreten Fall steht fest, dass über die Primärschuldnerin mehrere Insolvenzverfahren geführt und zuletzt mit Beschluss vom 18.09.2018 der Konkurs nach Schlussverteilung aufgehoben wurde. Die Firma wurde mit 07.05.2019 gemäß § 40 FBG inzwischen amtswegig aus dem Firmenbuch gelöscht. Die objektive Uneinbringlichkeit der aushaftenden Beträge bei der Primärschuldnerin liegt somit vor.

Die Heranziehung des BF als Vertreter der GmbH zur Haftung für deren Beitragsschulden im relevanten Zeitraum erfolgte daher dem Grunde nach zu Recht.

3.2.2. Zur schuldhaften Verletzung der Gleichbehandlungspflicht bzw. Haftung der Höhe nach:

Der rezenten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge (vgl. VwGH 11.04.2018, Ra 2015/08/0038) wurde durch das SRÄG 2010, BGBl. I Nr. 62, der Anwendungsbereich des § 67 Abs. 10 ASVG dahingehend erweitert (vgl. zur vorangehenden Rechtslage VwGH (verstärkter Senat) 12.12.2000, 98/08/0191, VwSlg. 15528A), dass durch die Einfügung des § 58 Abs. 5 ASVG den dort angeführten Vertretern (u.a. von juristischen Personen) die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtungen der von ihnen Vertretenen übertragen wurde. Eine Verletzung der diesbezüglichen Pflichten ist daher nunmehr Anknüpfungspunkt der Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG (vgl. VwGH 15.11.2017, Ro 2017/08/0001). Eine solche die Haftung begründende Pflichtverletzung kann insbesondere darin bestehen, dass der Vertreter die fälligen Beitragsschulden (ohne rechtliche Grundlage) schlechter behandelt als sonstige Verbindlichkeiten, indem er diese bedient, jene aber unberichtigt lässt bzw. im Fall des Fehlens ausreichender Mittel nicht für eine zumindest anteilsmäßige Befriedigung Sorge trägt (vgl. VwGH 7.10.2015, Ra 2015/08/0040). In subjektiver Hinsicht reicht für die Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG leichte Fahrlässigkeit aus (vgl. VwGH 12.10.2017, Ra 2017/08/0070).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertritt, trifft ungeachtet der grundsätzlichen amtswegigen Ermittlungspflicht den Vertreter die besondere Verpflichtung darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung der Verpflichtungen unmöglich war, widrigenfalls eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden kann. Stellt er dabei nicht bloß ganz allgemeine, sondern einigermaßen konkrete sachbezogene Behauptungen auf, so ist er zur weiteren Präzisierung und Konkretisierung des Vorbringens aufzufordern, wenn auf Grund dessen - nach allfälliger Durchführung eines danach erforderlichen Ermittlungsverfahrens - die Beurteilung des Bestehens einer Haftung möglich ist. Kommt er dieser Aufforderung nicht nach, so bleibt die Behörde zur Annahme berechtigt, dass er seiner Pflicht schuldhaft nicht entsprochen hat (vgl. VwGH 26.5.2004, 2001/08/0043; 26.1.2005, 2002/08/0213; 25.5.2011, 2008/08/0169). Der Vertreter haftet dann für die Beitragsschulden zur Gänze, weil ohne entsprechende Mitwirkung auch der durch sein schuldhaftes Verhalten uneinbringlich gewordene Anteil nicht festgestellt werden kann (vgl. VwGH vom 21.09.1999, 99/08/0065; vom 11.04.2018, Ra 2015/08/0038).

Zum Nachweis der Gläubigergleichbehandlung im Hinblick auf die am Ende des Beurteilungszeitraumes unberichtigt gebliebenen Verbindlichkeiten hat der Vertreter jedenfalls die insgesamt fälligen Verbindlichkeiten im Beurteilungszeitraum sowie die im Beurteilungszeitraum darauf geleisteten Zahlungen nachvollziehbar darzustellen und zu belegen (vgl. VwGH vom 29.01.2014, 2012/08/0227, zur Parallelbestimmung § 25a BUAG).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. die Erk. des VwGH vom 29.06.1999, Zl. 99/08/0075; vom 07.10.2015, Ra 2015/08/0040) ist die Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG eine dem Schadenersatzrecht nachgebildete Verschuldenshaftung, die den Geschäftsführer deshalb trifft, weil er seine gegenüber dem Sozialversicherungsträger bestehende gesetzliche Verpflichtung zur rechtzeitigen Entrichtung von Beiträgen schuldhaft verletzt hat.

Der im Hinblick auf die Gläubigergleichbehandlung zu beurteilende Zeitraum endet spätestens mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens; er endet bereits früher mit der Beendigung der Vertreterstellung oder auch mit einer früheren allgemeinen Zahlungseinstellung. Er beginnt mit der Fälligkeit der ältesten zum Ende des Beurteilungszeitraumes – unter Berücksichtigung allfälliger Anfechtungen – noch offenen Zuschlagsverbindlichkeiten, wobei für die Ermittlung dieses Zeitraums alle Zuschlagszahlungen ungeachtet allfälliger Widmungen auf die jeweils älteste Forderung zu beziehen sind (VwGH vom 29.01.2014, 2012/08/0227).

Die nach dem Ende des Beurteilungszeitraumes erfolgte Zahlung einer Insolvenzquote hat keinen Einfluss auf die der Ermittlung des Haftungsbetrages zu Grunde zu legenden Verbindlichkeiten und Zahlungen; sie kann nur dazu führen, den tatsächlich eingetretenen Schaden (soweit sich dieser auf bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig gewordene Verbindlichkeiten bezieht), der die äußerste Grenze der Haftung des Vertreters (Haftungsrahmen) bildet, zu reduzieren (vgl. insbesondere VwGH 29.1.2014, 2012/08/0227, Punkt 4.3. der Entscheidungsgründe). Ist also der eingetretene Schaden infolge der Zahlung einer Quote aus dem Insolvenzverfahren letztlich geringer als der errechnete Haftungsbetrag, so vermindert sich die Haftung insoweit, als sie sich auf den tatsächlich eingetretenen Schaden beschränkt. Hingegen gibt es keine rechtliche Grundlage dafür, die bezahlte Insolvenzquote auch dann, wenn der eingetretene Schaden nach deren Abzug noch über dem errechneten Haftungsbetrag liegt, dem Schuldner anteilsmäßig zugutekommen zu lassen; die gegenteilige Ansicht Müllers (Ausgewählte Fragen der Vertreterhaftung nach § 67 Abs. 10 ASVG, in: Brameshuber/Aschauer (Hrsg), Jahrbuch Sozialversicherungsrecht 2017, 97 (106); Die Vertreterhaftung gemäß § 67 Abs 10 ASVG, in: Konecny (Hrsg), Insolvenz-Forum 2016, 185 (201 f)) beruht auf dem Missverständnis, dass nach der soeben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Zahlung aus dem Insolvenzverfahren jedenfalls - also auch dann, wenn der Ausfall unter Berücksichtigung dieser Zahlung noch den errechneten Haftungsbetrag übersteigt - und zur Gänze vom Haftungsbetrag abzuziehen wäre) (vgl. VwGH vom 27.04.2020, Ro 2020/08/0001).

Hinsichtlich der Zahlungen des Insolvenz-Entgelt-Fonds kann nichts anderes gelten: Gläubigergleichbehandlung liegt nach der bereits zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (nur) dann vor, wenn das Verhältnis aller im Beurteilungszeitraum erfolgten Zahlungen zu allen Verbindlichkeiten, die zu Beginn des Beurteilungszeitraumes bereits fällig waren oder bis zum Ende des Beurteilungszeitraumes fällig wurden, unter Einschluss der Beitragsverbindlichkeiten dem Verhältnis der in diesem Zeitraum erfolgten Zahlungen auf die Beitragsverbindlichkeiten zu den insgesamt fälligen Beitragsverbindlichkeiten entspricht. Spätere Zahlungen - von welcher Seite auch immer - können auf diese Quoten keinen Einfluss haben, sondern nur den tatsächlich eingetretenen Schaden und damit den Haftungsrahmen reduzieren. Die frühere Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Zahlungen des Insolvenz-Entgelt-Fonds (beginnend mit VwGH 27.7.2001, 2001/08/0061) bezog sich demgegenüber nur auf Fälle einer Haftung allein wegen Verletzung der Pflicht zur Abfuhr einbehaltener Dienstnehmerbeitragsanteile und nicht auf eine - hier zu beurteilende - Haftung wegen Verletzung der (allgemeinen) Pflicht zur Beitragsentrichtung (vgl. Julcher, Aktuelle Probleme der Vertreterhaftung nach § 67 Abs. 10 ASVG, in: Pfeil/Prantner (Hrsg), Sozialversicherungsrecht und Verwaltungsgerichtsbarkeit (2016) 63 (70)) (vgl. VwGH vom 27.04.2020, Ro 2020/08/0001).

Fallbezogen ergibt sich daraus:

Entsprechend der Eintragung im Firmenbuch war der BF im Zeitraum von 09.05.1996 bis 07.05.2019 alleiniger, selbstständig vertretender, handelsrechtlicher Geschäftsführer. Der Haftungszeitraum erstreckt sich daher grundsätzlich vom 09.05.1966 bis 07.05.2019. Beurteilungszeitraum ist demgegenüber jener Zeitraum, in welchem die Gläubigergleichbehandlung zu beurteilen ist (vgl. VwGH vom 29.01.2014, 2012/08/0227, Punkt 4.5 der Entscheidungsgründe).

Gegenständlich sind – wie von der belangten Behörde ausgeführt – infolge der gegenständlich relevanten zwei Insolvenzverfahren zwei unterschiedliche Beurteilungszeiträume, nämlich einmal von 01.07.2011 bis 31.03.2012 und einmal von 01.05.2013 bis 30.04.2014 zu bilden, zumal die Bildung von zwei Beurteilungszeiträumen der Rechtsprechung des VwGH (vgl. VwGH vom 29.01.2014, 2012/08/0227, Punkt 4.5 der Entscheidungsgründe). Auch ist es zulässig, schlussendlich die Haftungsbeträge aus zwei Beurteilungszeiträumen zusammenzurechnen (vgl. VwGH vom 27.04.2020, Ro 2020/08/0001).

Wie sich aus den Feststellungen ergibt, meldete die belangte Behörde im ersten Beurteilungszeitraum 01.07.2011 bis 31.03.2012 (Beurteilungszeitraum 2012) im ersten Insolvenzverfahren Forderungen in Höhe von EUR 188.411,48, abzüglich einer tatsächlichen Insolvenzquote von 22,50 % (daher EUR 42.392,58), abzüglich tatsächlich geleisteter IESG-Zahlungen in Höhe von EUR 45.641,15, abzüglich der Quote aus dem zweiten Insolvenzverfahren (17 S 33/2014t) in Höhe von EUR 5.427,93 sowie abzüglich der Quote aus dem dritten Insolvenzverfahren (17 S 15/2017z) in Höhe von EUR 13.758,98 an. Daraus ergibt sich für diesen Beurteilungszeitraum ein äußerster Haftungsrahmen in Höhe von EUR 81.190,84.

In diesem Zeitraum bestand eine Gesamtforderung der belangten Behörde an aushaftenden Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von EUR 298.081,73 (Rückstand am Ende des Beurteilungszeitraumes in Höhe von EUR 174.916,65 zuzüglich in diesem Zeitraum geleisteter Zahlungen in Höhe von EUR 123.165,08). Im selben Zeitraum wurden von der Primärschuldnerin auf diese aushaftenden Sozialversicherungsbeiträge EUR 123.165,08 bezahlt. Die Zahlungsquote betrug daher 41,32 % (EUR 123.165,08*100/ EUR 298.081,73)

Insgesamt leistete die Primärschuldnerin im Zeitraum 01.07.2011 bis 31.03.2012 auf Gesamtverbindlichkeiten (Verbindlichkeiten an Dritte zuzüglich Verbindlichkeiten bei der belangten Behörde) in Höhe von EUR 2.764.886,85 Zahlungen in Höhe von insgesamt EUR 1.862.375,46, die Gesamtzahlungsquote für diesen Zeitraum beträgt somit 67,36 %.

Die Differenz zwischen allgemeiner Zahlungsquote von 67,36 % und Zahlungsquote an die belangte Behörde von 41,32 % beträgt somit 26,04 % zu Lasten der belangten Behörde. Ausgehend von einer Gesamtforderung der belangten Behörde in Höhe von EUR 298.081,73 beträgt der Haftungsbetrag für den Beurteilungszeitraum 2012 daher EUR 77.617,13.

Für den zweiten Beurteilungszeitraum von 01.05.2013 bis 30.04.2014 (Beurteilungszeitraum 2014) meldete die belangte Behörde ursprünglich eine Forderung im zweiten Insolvenzverfahren in Höhe von EUR 106.866,88 zuzüglich der Nachtragsanmeldung infolge erfolgreicher Zahlungsanfechtung in Höhe von EUR 182.581,27 an. Abzüglich einer tatsächlichen Insolvenzquote von 10 % (daher EUR 28.944,82), abzüglich tatsächlich geleisteter IESG-Zahlungen in Höhe von EUR 37.321,61, sowie abzüglich der Quote aus dem dritten Insolvenzverfahren (17 S 15/2017z) in Höhe von EUR 30.225,33 ergibt sich für diesen Beurteilungszeitraum ein äußerster Haftungsrahmen in Höhe von EUR 192.956,40.

In diesem Zeitraum bestand eine Gesamtforderung der belangten Behörde an aushaftenden Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von EUR 393.959,28 (Rückstand am Ende des Beurteilungszeitraumes in Höhe von EUR 106.866,88 zuzüglich in diesem Zeitraum geleisteter Zahlungen in Höhe von EUR 287.092,40). Im selben Zeitraum wurden von der Primärschuldnerin auf diese aushaftenden Sozialversicherungsbeiträge aufgrund der erfolgten Anrechnung der Zahlungen in diesem Zeitraum in Höhe von EUR 173.848,52 aber im Endergebnis nur EUR 113.243,88 bezahlt. Die Zahlungsquote betrug daher 28,75 %.

Insgesamt leistete die Primärschuldnerin im Zeitraum 01.05.2013 bis 30.04.2014 auf Gesamtverbindlichkeiten (Verbindlichkeiten an Dritte zuzüglich Verbindlichkeiten bei der belangten Behörde) in Höhe von EUR 2.463.693,19 Zahlungen in Höhe von insgesamt EUR 1.840.807,57, die Gesamtzahlungsquote für diesen Zeitraum beträgt somit 74,72 %.

Die Differenz zwischen allgemeiner Zahlungsquote von 74,72 % und Zahlungsquote an die belangte Behörde von 28,75 % beträgt somit 45,97 % zu Lasten der belangten Behörde. Ausgehend von einer Gesamtforderung der belangten Behörde in Höhe von EUR 393.959,28 beträgt der Haftungsbetrag für den Beurteilungszeitraum 2014 daher EUR 181.112,26.

Zum Einwand des BF, wonach er kein Verschulden an der nachträglichen und erfolgreichen Zahlungsanfechtung durch den Insolvenzverwalter im zweiten Insolvenzverfahren 2014 trage und er der belangten Behörde in seiner Verantwortung als Geschäftsführer der Primärschuldnerin beinahe alle Rückstände bezahlt habe, sodass die angefochtenen Zahlungen bei der Berechnung der Zahlungsquote zu berücksichtigen seien, ist er – wie die belangte Behörde bereits in der Beschwerdevorentscheidung angeführt hat - auf die Judikatur des VwGH zu verweisen, der in seiner Entscheidung vom 29.01.2014, 2012/08/0227, in Punkt 4.4. seiner Entscheidungsgründe ausgeführt hat:

„4.4 Im Haftungsverfahren ist zwar nicht zu prüfen, ob eine Zahlung rechtsunwirksam bzw. anfechtbar gewesen wäre, da hypothetische Ereignisse nicht in die Prüfung mit einzubeziehen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 2004, Zl. 2001/08/0043, mwN). Wird aber - wie hier - eine Zahlung tatsächlich und erfolgreich angefochten, so liegt insoweit kein hypothetisches Ereignis vor. Mit der (erfolgreichen) Anfechtung wird die Zahlung den Insolvenzgläubigern gegenüber als unwirksam erklärt (§ 27 IO); die Forderung lebt wieder auf und ist als Insolvenzforderung geltend zu machen (§ 41 Abs. 2 IO). Der Gemeinschuldner hat als Folge der Rechtsunwirksamkeit seiner Leistung seine Verpflichtung nicht erfüllt (vgl. näher Rebernig in Konecny/Schubert, aaO, § 41 KO Rz 16). Insoweit liegt daher keine im Rahmen der Ermittlung der Haftungssumme wegen Gläubigerungleichbehandlung zu berücksichtigende wirksame Zahlung vor. Durch die Nichtberücksichtigung erfolgreich angefochtener Zahlungen wird insbesondere verhindert, dass sich ein Vertreter durch Leistung einer anfechtbaren Zahlung unmittelbar vor Insolvenzeröffnung seiner Haftung entledigen könnte (vgl. in diesem Sinn das hg. Erkenntnis vom 16. September 2003, Zl. 2000/14/0162). Der Betrag aus der erfolgreich angefochtenen Zahlung kommt letztlich auch dem haftenden Vertreter insoweit zu Gute, als dieser Betrag dann im Rahmen der Quote an alle Gläubiger - sohin auch an den Zahlungsempfänger (hier etwa die BUAK) - ausgeschüttet wird und damit der Haftungsrahmen reduziert wird.“

Demnach sind im Insolvenzverfahren erfolgreich angefochtene Zahlungen bei der Ermittlung der Haftungssumme wegen Gläubigerungleichbehandlung nicht zu berücksichtigen. Zu Gute kommt dem BF die angefochtene Zahlung grundsätzlich insofern, als dadurch der äußerste Haftungsrahmen reduziert wird, was im konkreten Fall jedoch aufgrund des Umstandes, dass die jeweiligen Haftungsbeträge in den Beurteilungszeiträumen 2012 und 2014 nicht den äußersten Haftungsrahmen (= tatsächlicher Schaden der Behörde) überschreiten, keine faktischen Auswirkungen für den BF hat.

Der Haftungsbetrag von EUR 77.617,13 ist niedriger als der äußerste Haftungsrahmen von EUR 81.190,84 für den Beurteilungszeitraum 2012. Der Haftungsbetrag von EUR 181.112,26 ist somit niedriger als der äußerste Haftungsrahmen von EUR 192.956,40 für den Beurteilungszeitraum 2014, sodass die IESG-Zahlungen und die Quotenzahlungen vom rechnerischen Haftungsbetrag nicht abzuziehen sind (vgl. dazu noch einmal VwGH vom 27.04.2020, Ro 2020/08/0001, insbesondere Punkte 12. – 14. der Entscheidungsgründe.).

Es liegt daher in beiden Beurteilungszeiträumen die dargestellte Ungleichbehandlung der belangten Behörde und damit ein rechnerischer Haftungsbetrag in Höhe von insgesamt EUR 258.729,39 (für beide Beurteilungszeiträume gemeinsam) vor.

Die Haftung umfasst im Hinblick auf §§ 58 Abs. 5 und 83 ASVG auch die Pflicht zur Zahlung von Verzugszinsen nach § 59 Absatz 1 ASVG (vergleiche VwGH 11.04.2018, Ra 2015/08/0038). Daher erfolgte auch der Ausspruch über die Haftung für die aufgelaufenen und noch auflaufenden Verzugszinsen zu Recht.

Gemäß § 83 ASVG gelten die Bestimmungen über die Haftung auch für Verzugszinsen und Verwaltungskostenersätze. Weil die Pflichtverletzung des Vertreters dafür ursächlich ist, dass der Sozialversicherungsträger die Beitragszahlungen nicht ordnungsgemäß erhalten hat, hat dieser Vertreter auch die (anteiligen) Verzugszinsen als wirtschaftliches Äquivalent für die verspätete Zahlung - wie im vorliegenden Fall - zu tragen (vgl. Derntl a.a.O., § 67 Rz 104a).

Demnach haftet der BF als alleiniger Geschäftsführer der Primärschuldnerin für bei dieser im Zeitraum 01.07.2011 bis 31.03.2012 sowie von 01.05.2013 bis 30.04.2014 insgesamt aushaftenden und uneinbringlichen Beitragsrückständen mit EUR 258.729,39 zuzüglich Verzugszinsen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Gemäß Abs. 5 kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Im gegenständlichen Fall wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nur in eventu beantragt. Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden. In der Beschwerde wurden keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen (VwGH 31.07.2007, GZ 2005/05/0080). Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH zur Haftung des Geschäftsführers gemäß § 67 Abs. 10 iVm. § 58 Abs. 5 und § 83 ASVG vertritt eine eindeutige und einheitliche Rechtsprechung, weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Schlagworte

Beitragsschuld Geschäftsführer Gleichbehandlung Haftung Insolvenzverfahren Sozialversicherung Uneinbringlichkeit Verzugszinsen Zeitraumbezogenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:G308.2160610.1.00

Im RIS seit

01.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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