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41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, AsylrechtNorm
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten betreffend einen Staatsangehörigen von Afghanistan; mangelhafte Auseinandersetzung mit Länderberichten des EASO zu Personen, die lange Zeit außerhalb Afghanistans gelebt habenRechtssatz
Nach der maßgeblichen Berichtslage müssen zu den vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG) festgestellten Umständen (wie sie für alleinstehende, gesunde Männer im erwerbsfähigen Alter, die in Afghanistan aufgewachsen sind oder längere Zeit dort gelebt haben, eine innerstaatliche Fluchtalternative unter anderem in Herat oder Mazar-e Sharif zumutbar erscheinen lassen) für Rückkehrer wie den Beschwerdeführer, der noch nie in Afghanistan gelebt hat, qualifizierte Umstände, insbesondere im Hinblick auf Unterstützungsnetzwerk, Ortskenntnis der betroffenen Person sowie Bildungs- und Berufserfahrung einschließlich Selbsterhaltungsfähigkeit außerhalb Afghanistans, hinzutreten, um von einer im Hinblick auf Art2 und Art3 EMRK zumutbaren Rückkehrsituation ausgehen zu können. Rückkehrer, die nie, nur im Kleinkindalter oder nur sehr kurze Zeit in Afghanistan gelebt haben, stehen nämlich gegenüber solchen, die in Afghanistan aufgewachsen sind, bei der Sicherung ihrer grundlegenden existenziellen Bedürfnisse vor besonderen Herausforderungen, mit denen sich die Behörde und das BVwG auseinanderzusetzen haben.
Solche qualifizierten Umstände liegen im Hinblick auf den Beschwerdeführer nicht vor, weil er über keine Kontakte zu in Afghanistan lebenden Familienangehörigen also über kein einschlägiges Unterstützungsnetzwerk in oder sonstige besondere Verbindungen zu Afghanistan verfügt. Der Beschwerdeführer verfügt zwar über Schulbildung im Iran und hat dort - als Jugendlicher - als Schwimmtrainer gearbeitet. Das BVwG unterlässt es diesbezüglich jedoch, zu prüfen, inwieweit der Beschwerdeführer damit über eine solche Berufserfahrung verfügt, die begründet vermuten lässt, dass er sich in seiner konkreten Rückkehrsituation in Afghanistan selbst erhalten kann. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer auf Grund seiner laufenden Lehre in Österreich in der Lage sei, seinen Lebensunterhalt selbstständig zu bestreiten, lässt zudem unberücksichtigt, dass es sich dabei nicht um Berufserfahrung, sondern um eine - noch nicht einmal abgeschlossene - Berufsausbildung handelt.
Schlagworte
Asylrecht, Entscheidungsbegründung, RückkehrentscheidungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2021:E689.2020Zuletzt aktualisiert am
01.06.2021