TE Vfgh Erkenntnis 2021/2/24 E2461/2020

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Veröffentlicht am 24.02.2021
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
AsylG 2005 §8, §10, §57
FremdenpolizeiG 2005 §46, §52, §55
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten betreffend einen Staatsangehörigen des Iraks; keine Heranziehung von Länderberichten zur Existenzsicherung sowie zur Lage von Sunniten

Spruch

I. 1. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis, soweit damit seine Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels sowie gegen die erlassene Rückkehrentscheidung und den Ausspruch der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat Irak unter Setzung einer 14-tägigen Frist für die freiwillige Ausreise abgewiesen wird, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl Nr 390/1973) verletzt worden.

Das Erkenntnis wird insoweit aufgehoben.

2. Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

II. Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.616,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Der Beschwerdeführer ist ein am 8. Jänner 1988 geborener Staatsangehöriger des Irak, stammt aus Bagdad und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Am 28. Oktober 2015 stellte er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend führte er zu diesem Antrag im Wesentlichen aus, dass er im Irak von schiitischen Milizen verfolgt und telefonisch bedroht worden sei. Darüber hinaus habe seine Familie einen Drohbrief erhalten und deren Haus sei beschossen worden. Ein Bruder des Beschwerdeführers sei entführt und ein Freund, der ebenfalls nicht mit den Milizen zusammenarbeiten wollte, getötet worden.

2. Mit Bescheid vom 16. Mai 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß §3 Abs1 iVm §2 Abs1 Z13 AsylG 2005 ab; ebenso wurde der Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß §8 Abs1 iVm §2 Abs1 Z13 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen. Weiters wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §57 AsylG 2005 nicht erteilt, gemäß §10 Abs1 Z3 AsylG 2005 iVm §9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß §52 Abs2 Z2 FPG erlassen und gemäß §52 Abs9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Irak gemäß §46 FPG zulässig sei. Gemäß §55 Abs1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

3. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht – nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung – mit Erkenntnis vom 1. Juli 2020, mündlich verkündet am 19. Juni 2020, als unbegründet ab.

3.1. Zur Lage im Herkunftsstaat traf das Bundesverwaltungsgericht folgende Feststellungen:

"Die allgemeine Lage im Irak, insbesondere im Großraum Bagdad hat sich zwischenzeitlich insoweit stabilisiert, dass eine Rückkehr von Personen, die keine besonderen Beeinträchtigungen aufweisen, keine Verletzung der in Art2 und 3 EMRK geschützten Rechte zu befürchten haben. Eine systematische Verfolgung von Sunniten durch Schiiten, wie vom Beschwerdeführer behauptet, ist nicht feststellbar. Milizen stellen zwar noch immer einen Machtfaktor dar, werden aber zunehmend, insbesondere in den Ballungszentren in staatliche Strukturen eingebaut. So unterstehen sie dem Oberbefehl des Ministerpräsidenten und werden aus dem Staatshaushalt bezahlt. Dass einzelne Milizen als kriminelle Gruppen weiterhin ihr Unwesen treiben, ua in Form von Entführungen mit Lösegeldforderungen, ist nicht auszuschließen, bedeutet aber nicht, dass Behörden und Gerichte nicht funktionieren bzw keinen Schutz gewähren.

Eine in den Irak zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt und ist in der Lage, wenn er gesund und arbeitsfähig ist, sich dort eine wirtschaftliche Existenz wieder aufzubauen."

3.2. Begründend führt das Bundesverwaltungsgericht im Erkenntnis im Wesentlichen aus, dass es dem Beschwerdeführer in seinen insgesamt vier Einvernahmen nicht gelungen sei, eine konsistente, plausible und widerspruchsfreie Fluchtgeschichte darzulegen. Er habe beispielsweise in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht die Entführung seines Bruders, die Drohbriefe und den Anschlag auf das Haus der Familie nicht mehr erwähnt und dies auf Nachfrage nicht begründen können. Zudem habe er auch den zeitlichen Ablauf seiner Flucht nicht schlüssig darlegen können und sich hiebei in Widersprüche verwickelt. Insgesamt habe auf Grund des (ua in der mündlichen Verhandlung) vom Beschwerdeführer gewonnenen Eindruckes nicht festgestellt werden können, dass dieser im Irak politischer, rassischer, religiöser oder ethnischer Verfolgung durch staatliche oder private Gruppen ausgesetzt sei.

3.3. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß §8 Abs1 AsylG 2005 seien ebenfalls nicht gegeben. Dass der Beschwerdeführer bei seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnte, habe nicht festgestellt werden können. Dazu führt das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen Folgendes aus:

"Auch dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Irak die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art3 EMRK über-schritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der Beschwerdeführer ist volljährig, gesund und somit arbeitsfähig. Zudem konnte er seinen Lebensunterhalt im Irak über die Arbeit als Taxifahrer sowie in einem Lebensmittelgeschäft bestreiten.

Damit ist der Beschwerdeführer durch die Abschiebung nach Irak nicht in seinem Recht gemäß Art3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation im Irak besser-gestellt ist, genügt nicht für die Annahme, er würde im Irak keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände."

3.4. Darüber hinaus führt das Bundesverwaltungsgericht zur Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung aus:

"[…] Trotz seines fast fünfjährigen Aufenthaltes fehlen alle Sachverhaltselemente, aus denen sich ein relevantes Bemühen zum Erreichen einer Integration in das soziale oder gesellschaftliche Leben hätte ergeben können […]. Gleichzeitig ist der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, mit den sprachlichen, sozialen und kulturellen Verhältnissen vertraut.

Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften […] schwerer als die schwach bzw kaum ausgebildeten privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich."

4. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten behauptet wird und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sowie die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt werden.

Begründend wird dazu im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Das angefochtene Erkenntnis verletze den Beschwerdeführer in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten gemäß Art2 und 3 EMRK. Das Bundesverwaltungsgericht lasse bei der Beurteilung der ins Treffen geführten Widersprüche im Vorbringen des Beschwerdeführers außer Acht, dass ihm eine exakte und chronologische Aufzählung der Geschehnisse auf Grund der traumatischen Erlebnisse in seinem Heimatstaat und des Fluchtgeschehens nicht zumutbar sei. Neben der bereits aufgezeigten Bedrohung durch schiitische Milizen im Falle einer Rückkehr in den Irak würde der Beschwerdeführer zudem keine Lebensgrundlage mehr vorfinden, weil er seinen Herkunftsstaat vor fünf Jahren verlassen habe und seine gesamte Familie mittlerweile in die Türkei geflüchtet sei. Er verfüge im Irak daher weder über familiäre Anknüpfungspunkte noch über eine gesicherte Wohnung, weil davon auszugehen sei, dass die ursprüngliche Wohnmöglichkeit des Beschwerdeführers entweder zerstört oder von Milizen oder anderen Banden eingenommen worden sei. Auch wenn der Beschwerdeführer arbeitsfähig und volljährig sei, sei völlig unklar, wie er im Irak seinen Lebensunterhalt bestreiten könne. Darüber hinaus bestehe nach wie vor die Gefahr, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr einer gegen ihn gerichteten Bedrohung ausgesetzt werde, die einen Verstoß gegen Art2 und 3 EMRK bedeute.

5. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Verwaltungs- und Gerichtsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch abgesehen.

II. Erwägungen

1. Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.

2. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsbestimmung enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg cit gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).

Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).

3. Ein derartiger, in die Verfassungssphäre reichender Fehler ist dem Bundesverwaltungsgericht bei seiner Entscheidung hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten unterlaufen:

3.1. Gemäß §8 Abs1 AsylG 2005 ist einem Fremden, dessen Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art2, 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

3.2. Die Begründung des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten erschöpft sich in der Feststellung, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen volljährigen, gesunden und somit arbeitsfähigen Mann handle, der im Irak bereits Berufserfahrung als Taxifahrer und in einem Lebensmittelgeschäft gesammelt habe. Es werde ihm daher auch im Falle einer Rückkehr in den Irak grundsätzlich möglich sein, die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz selbständig zu decken.

Das Bundesverwaltungsgericht legt der Beurteilung der Frage der ausreichenden Existenzsicherung keine Länderberichte zur aktuellen Lage im Irak zu Grunde und formuliert im angefochtenen Erkenntnis nur pauschale und spekulative Aussagen betreffend die zukünftige Selbsterhaltungsfähigkeit des Beschwerdeführers im Herkunftsland. Es berücksichtigt dabei weder die allgemein angespannte Sicherheits- und Versorgunglage im Irak noch allfällige Schwierigkeiten, die auf den Beschwerdeführer – auch im Hinblick auf die aktuelle COVID-19-Pandemie – im Falle der Rückkehr zukommen könnten.

3.3. Zudem enthält das angefochtene Erkenntnis vor allem im Hinblick auf eine mögliche Rückkehr in den Herkunftsstaat keine konkreten Feststellungen zur Lage der Sunniten im Irak. Das Bundesverwaltungsgericht verneint eine systematische Verfolgung von Sunniten durch Schiiten pauschal, ohne dabei auf entsprechende Länderberichte abzustellen. Einer solchen Auseinandersetzung kommt im vorliegenden Fall jedoch besondere Bedeutung zu. Das Bundesverwaltungsgericht hat es demnach unterlassen, die Begründung des angefochtenen Erkenntnisses mit der individuellen Situation des Beschwerdeführers in Verbindung zu bringen.

Der Verfassungsgerichtshof hat mehrfach darauf hingewiesen, dass es ein Unterlassen der Ermittlungstätigkeit darstellt, wenn Länderberichte zu einer bestimmten Frage keine Angaben enthalten und keine zusätzlichen Ermittlungen angestellt werden (vgl VfGH 13.12.2017, E2497/2016 ua; 24.9.2018, E1034/2018 ua). Zudem ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes aufzuheben, wenn das Bundesverwaltungsgericht zu einem Ergebnis kommt, welches nicht aus einschlägigen (Passagen in) Länderberichten ableitbar ist und sich auch nicht aus anderen Ermittlungsergebnissen ableiten lässt (vgl VfGH 11.10.2017, E1803/2017 ua).

Dadurch, dass es das Bundesverwaltungsgericht unterlassen hat, sich mit der aktuellen Lage im Irak auseinanderzusetzen und folglich keine Ermittlungsergebnisse in der Begründung des Erkenntnisses mit der individuellen Situation des Beschwerdeführers in Verbindung gebracht hat, hat das Bundesverwaltungsgericht Willkür geübt (vgl VfGH 7.3.2017, E2100/2016; 7.3.2017, E1848/2015; 14.7.2017, E566/2017).

Soweit sich das Erkenntnis auf die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und – daran anknüpfend – auf die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen sowie die Zulässigerklärung der Rückkehrentscheidung bzw der Abschiebung in den Herkunftsstaat Irak unter Setzung einer Frist zur freiwilligen Ausreise bezieht, ist es mit Willkür behaftet und insoweit aufzuheben.

4. Im Übrigen – soweit sich die Beschwerde gegen die durch das Bundesverwaltungsgericht bestätigte Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten richtet – wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt:

Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde gemäß Art144 B-VG ablehnen, wenn von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B-VG). Ein solcher Fall liegt vor, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.

Die gerügten Rechtsverletzungen wären im vorliegenden Fall aber nur die Folge einer – allenfalls grob – unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen nicht anzustellen.

Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde, soweit sie sich gegen die Abweisung des Antrages bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten richtet, abzusehen.

III. Ergebnis

1. Der Beschwerdeführer ist somit durch das angefochtene Erkenntnis, soweit damit seine Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak, die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung sowie die Festsetzung der Frist für die freiwillige Ausreise abgewiesen wird, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973) verletzt worden.

Das Erkenntnis ist daher in diesem Umfang aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

2. Im Übrigen wird von der Behandlung der Beschwerde abgesehen.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG bzw §19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 436,– enthalten. Ein Ersatz der Eingabengebühr ist nicht zuzusprechen, weil der Beschwerdeführer Verfahrenshilfe (auch) im Umfang des §64 Abs1 Z1 lita VfGG genießt.

Schlagworte

Asylrecht, Entscheidungsbegründung, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2021:E2461.2020

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2021
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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