TE Vfgh Beschluss 1995/6/19 B414/95

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Veröffentlicht am 19.06.1995
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Index

L9 Sozial- und Gesundheitsrecht
L9210 Behindertenhilfe, Pflegegeld, Rehabilitation

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
Oö PflegegeldG §23

Leitsatz

Zurückweisung einer Beschwerde gegen einen über Bestand und Umfang eines Anspruchs auf Pflegegeld absprechenden Bescheid gemäß dem Oö PflegegeldG mangels Legitimation infolge Möglichkeit der Geltendmachung der Ansprüche vor den ordentlichen Gerichten

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird abgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 31. Jänner 1995 wurde der nunmehrigen Beschwerdeführerin das ihr mit Bescheid derselben Behörde vom 21. Oktober 1994 gewährte Pflegegeld der Stufe 2 rückwirkend ab 1. Mai 1994 entzogen.

Diese, auf §21 Abs1 Z3 des O.ö. Pflegegeldgesetzes, LGBl. für Oberösterreich Nr. 64/1993, gestützte Entscheidung wurde damit begründet, daß der Gewährungsbescheid erlassen worden war, ohne daß die erkennende Behörde von der Pflegegeldwerberin in vollem Umfang über ihre aufenthaltsrechtliche Situation in Österreich in Kenntnis gesetzt worden sei. Da mangels rechtmäßigen Aufenthaltes die Voraussetzungen für die Erteilung der Nachsicht vom Vorliegen der Österreichischen Staatsbürgerschaft nicht gegeben waren, sei das Pflegegeld zu entziehen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof begehrt wird.

3. In Beantwortung einer Anfrage des Verfassungsgerichtshofes teilte die - anwaltlich vertretene - Beschwerdeführerin mit, daß sie gegen den bekämpften Bescheid keine Klage beim zuständigen Gerichtshof erster Instanz als Arbeits- und Sozialgericht auf Entscheidung über den Bestand und den Umfang des Anspruches auf Pflegegeld eingebracht habe. Dies deshalb, weil im Falle dieser Prozeßführung auch der in formelle und materielle Rechtskraft erwachsene Bescheid vom 21. Oktober 1994 gemäß §23 O.ö. Pflegegeldgesetz außer Kraft treten würde, was den Verlust des zuerkannten Anspruches auf Pflegegeld zur Folge hätte.

4. Die Oberösterreichische Landesregierung hat eine Gegenschrift erstattet und den Antrag gestellt, die Beschwerde wegen Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zurückzuweisen, da entgegen der Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Bescheid der gemäß §23 Abs1 O.ö. Pflegegeldgesetz offen stehende Weg der Klage gegen den Bescheid beim zuständigen Gerichtshof erster Instanz als Arbeits- und Sozialgericht nicht beschritten worden sei.

5. Die Beschwerde ist unzulässig.

§23 O.ö. Pflegegeldgesetz lautet:

"§23

Rechtsschutz

(1) Innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Bescheides kann der Antragsteller die Entscheidung über den Bestand und den Umfang eines Anspruches auf Pflegegeld auf Grund dieses Landesgesetzes, über das Ruhen des Pflegegeldes und über die Pflicht zum Ersatz eines zu Unrecht bezogenen Pflegegeldes beim zuständigen Gerichtshof I. Instanz als Arbeits- und Sozialgericht beantragen.

(2) Der Antrag kann nur mit Zustimmung der Landesregierung zurückgezogen werden.

(3) Wird der Antrag rechtzeitig eingebracht, tritt der Bescheid im Umfang des Antrages außer Kraft. Bescheide, die durch den außer Kraft getretenen Bescheid geändert wurden, werden jedoch nicht wieder wirksam.

(4) Bis zur rechtskräftigen Beendigung des Gerichtsverfahrens oder bis zur Erlassung eines neuen Bescheides, der auf einer maßgebenden Änderung der Verhältnisse beruht, sind dem Antragsteller Geld- und Sachleistungen in dem Umfang, der sich aus dem außer Kraft getretenen Bescheid ergibt, weiter zu gewähren."

Der Gesetzgeber hat damit die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden zur Überprüfung von Bescheiden, mit welchen über den Bestand und den Umfang eines Anspruches auf Pflegegeld abgesprochen wird, verneint und der Partei die Möglichkeit gegeben, durch die Klagserhebung sowohl das Außerkrafttreten des Bescheides herbeizuführen, als auch ihre Ansprüche vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen. Angesichts dieser Möglichkeit der Rechtsdurchsetzung können derartige Bescheide nicht vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts angefochten werden (vgl. zB VfSlg. 11811/1988, 12386/1990).

6. Die Beschwerde war daher wegen mangelnder Legitimation mit in nichtöffentlicher Sitzung gefaßtem Beschluß zurückzuweisen (§19 Abs3 Z2 lite VerfGG).

Der Antrag, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten, war abzuweisen, weil eine solche Abtretung nur im - hier nicht gegebenen - Fall einer abweisenden Sachentscheidung oder Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof in Betracht kommt.

Schlagworte

VfGH / Legitimation, Behinderte, Pflegegeld, Kompetenz sukzessive, Gericht, Zuständigkeit der Gerichte , Behördenzuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1995:B414.1995

Dokumentnummer

JFT_10049381_95B00414_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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