TE Vwgh Beschluss 2021/5/3 Ra 2020/13/0004

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Veröffentlicht am 03.05.2021
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/07 Verwaltungsgerichtshof
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht

Norm

BAO §240 Abs3
BAO §303 Abs1
VwGG §28 Abs1 Z4
VwGG §34 Abs1
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Nowakowski und die Hofräte MMag. Maislinger und Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision des H in T, vertreten durch Dr. Evamaria Sluka-Grabner, Rechtsanwältin in 2700 Wiener Neustadt, Herzog Leopold Straße 12, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 19. November 2019, Zl. RV/7104736/2018, betreffend Zurückweisung eines Antrags auf Wiederaufnahme und Rückzahlung von Kapitalertragsteuer, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Eingabe vom 21. Februar 2017 - gerichtet an die belangte Behörde - beantragte der Revisionswerber die Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens für das Jahr 2008 gemäß § 303 Abs. 1 BAO und Rückzahlung der - anlässlich zweier in den Jahren 2008 und 2015 an ihn getätigten Ausschüttungen - durch eine Agrargemeinschaft einbehaltenen Kapitalertragsteuer gemäß § 240 Abs. 3 BAO. Begründend führte er unter Bezugnahme auf ein im Jahr 2016 ergangenes Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 15.9.2016, 2013/15/0297) aus, die Einbehaltung der Kapitalertragsteuer sei rechtswidrig gewesen. Die Ausschüttung von Erlösen aus dem Verkauf von Grundstücken durch die Agrargemeinschaft sei als steuerfrei einzustufen.

2        Das Finanzamt wies den Antrag mit Bescheid vom 20. April 2017 zurück. Zum Antrag auf Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens für das Jahr 2008 führte es zunächst aus, der Antrag sei gemäß § 304 BAO verspätet - nach Eintritt der Verjährung - gestellt worden. Selbst bei rechtzeitiger Antragstellung sei eine Wiederaufnahme unzulässig, weil Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes keine neu hervorgekommenen Tatsachen im Sinne des § 303 Abs. 1 BAO seien. Den Antrag auf Rückzahlung der im Jahr 2008 einbehaltenen Kapitalertragsteuer sah das Finanzamt als verspätet an, weil die in § 240 Abs. 3 BAO vorgesehene fünfjährige Frist bereits verstrichen sei. Die Rückzahlung der im Jahr 2015 einbehaltenen Kapitalertragsteuer sei hingegen deshalb unzulässig, weil der im Wege der Veranlagung vorzunehmende Ausgleich der Anwendbarkeit des § 240 Abs. 3 BAO entgegenstünde.

3        Die gegen den Zurückweisungsbescheid erhobene Beschwerde vom 5. Mai 2017 wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom 16. Februar 2018 ab, woraufhin der Revisionswerber die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht beantragte.

4        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - die Beschwerde als unbegründet ab. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5        Nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens bestätigte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen die in der Begründung des Zurückweisungsbescheides vertretenen Rechtsansichten des Finanzamtes. Demnach sei die Wiederaufnahme des - mit rechtskräftigem Bescheid vom 29. Juni 2010 abgeschlossenen - Einkommensteuerverfahrens 2008 gemäß § 304 BAO nicht zulässig, weil der Antrag nach Ablauf der Verjährungsfrist eingebracht worden sei. Die Rückzahlung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer sei weder für das Jahr 2008 noch für das Jahr 2015 zulässig, weil für beide Jahre Einkommensteuerbescheide ergangen seien, was der Anwendbarkeit des § 240 Abs. 3 BAO - der gegenüber der Veranlagung subsidiär sei - entgegenstehe. Die Rückzahlung der im Jahr 2008 einbehaltenen Kapitalertragsteuer scheide zudem aufgrund der nach Ablauf der in § 240 Abs. 3 BAO vorgesehenen fünfjährigen Frist erfolgten Antragstellung aus.

6        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

7        In der Revision wird - unter der Überschrift „Beschwerde“ - ausgeführt, die Revisionswerberin erachte sich im Recht auf richtige Beurteilung des gegenständlichen Sachverhalts, im Recht auf Unterbleiben einer Besteuerung sowie im Recht auf Rückzahlung zu Unrecht einbehaltener Kapitalertragsteuer verletzt.

8        Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision (ua) die Bezeichnung der Rechte, in denen der Revisionswerber verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte), zu enthalten. Durch die vom Revisionswerber vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder des angefochtenen Beschlusses gemäß § 41 Abs. 1 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt wurde, sondern nur zu prüfen, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung dieser behauptet. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Revisionswerber jenes subjektive Recht herauszuheben hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Revisionserhebung erst begründet (vgl. VwGH 27.4.2017, Ra 2015/15/0079, mwN). Durch den Revisionspunkt wird somit der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses gebunden ist. Wird der Revisionspunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. VwGH 17.12.2020, Ra 2018/16/0020).

9        Einleitend ist festzuhalten, dass ein abstraktes Recht auf „richtige Beurteilung“ oder „richtige Qualifikation“ nicht besteht (vgl. VwGH 14.1.2020, Ra 2019/16/0216; 26.4.2018, Ra 2018/16/0021).

10       Der Verwaltungsgerichtshof vertritt zudem in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass wenn die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde einen Antrag zurückgewiesen hat und dagegen Beschwerde erhoben wird, „Sache“ eines Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ausschließlich die Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung ist (vgl. VwGH 24.2.2021, Ra 2020/15/0129; 13.10.2020, Ra 2019/15/0036, jeweils mwN).

11       Im Revisionsfall war daher durch das Bundesfinanzgericht allein zu prüfen, ob die sachliche Behandlung des Antrags des Revisionswerbers auf Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens 2008 gemäß § 303 Abs. 1 BAO sowie auf Rückzahlung der in den Jahren 2008 und 2015 einbehaltenen Kapitalertragsteuer gemäß § 240 Abs. 3 BAO zu Recht verweigert wurde.

12       In den in der Revision angeführten Rechten, insbesondere dem Recht auf Unterbleiben der Besteuerung von Grundstückstransaktionen sowie auf Rückzahlung von Kapitalertragsteuer, konnte der Revisionswerber durch das angefochtene Erkenntnis des Bundesfinanzgericht somit nicht verletzt werden, käme vorliegend doch allein die Verletzung des Revisionswerbers im Recht auf meritorische Entscheidung über seinen Antrag in Betracht (vgl. zB VwGH 22.8.2018, Ra 2018/15/0004; 28.2.2018, Ra 2018/15/0005, 0006).

13       Da somit eine Verletzung des Revisionswerbers in den von ihm ausdrücklich bezeichneten Rechten durch das angefochtene Erkenntnis nicht möglich ist, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 3. Mai 2021

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020130004.L00

Im RIS seit

31.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

06.07.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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