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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
AVG §56Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick sowie Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Hofrat Mag. Feiel als Richterin und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers MMag. Dr. Gotsbacher, über die Revision des Personalamts Wien der Österreichischen Post AG in Wien, vertreten durch die CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Gauermanngasse 2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Mai 2020, W221 2225480-1/2E, betreffend ersatzlose Behebung eines Bescheides iA „Umsetzung eines Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts“ (mitbeteiligte Partei: H P in W, vertreten durch die Freimüller/Obereder/Pilz Rechtsanwält_Innen GmbH in 1080 Wien, Alser Straße 21), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Der Mitbeteiligte steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist gemäß § 17 Abs. 1a Poststrukturgesetz (PTSG) der Österreichischen Post AG zur Dienstleistung zugewiesen.
2 Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. September 2015 wurde gemäß §§ 8, 12 und 113 Abs. 10 Gehaltsgesetz 1956 (GehG) in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 und 2, Art. 6 Abs. 1, Art. 9 und 16 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 festgestellt, dass dem Mitbeteiligten zum 1. Jänner 2010 ein Gehalt der Verwendungsgruppe PT 3, Dienstzulagengruppe 2, Gehaltsstufe 17, mit außerordentlicher Vorrückung gemäß § 117b Abs. 1 GehG am 1. Jänner 2011, und die Dienstalterszulage gemäß § 117b Abs. 2 GehG ab 1. Jänner 2015 gebührten.
3 Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. September 2016, Ro 2016/12/0001, wurde die dagegen von der belangten Behörde (der nunmehrigen revisionswerbenden Partei) erhobene Revision zurückgewiesen.
4 Mit Bescheid der revisionswerbenden Amtspartei vom 21. August 2019 wurde der Antrag des Mitbeteiligten vom 30. März 2017 (wiederholt mit Schreiben vom 7. Mai 2018 und 29. Mai 2019), jene möge über das Erfordernis der Umsetzung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15. September 2015, absprechen, wegen Unzulässigkeit zurückgewiesen.
5 Der dagegen erhobenen Beschwerde des Mitbeteiligten gab die revisionswerbende Amtspartei mit Beschwerdevorentscheidung vom 4. Oktober 2019 keine Folge und änderte den Bescheid in seiner Begründung ab. Der Mitbeteiligte stellte einen Vorlageantrag.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis sprach das Bundesverwaltungsgericht über die Beschwerde des Mitbeteiligten „gegen den durch die Beschwerdevorentscheidung bestätigten Bescheid des Personalamts Wien der Österreichischen Post AG vom 21.08.2019, Zl. 300182-2019“ aus, dass der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben werde.
7 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, der Mitbeteiligte habe in seinem Schreiben vom 7. Mai 2018 wortwörtlich beantragt, dass über das Erfordernis der Umsetzung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. September 2015 bescheidmäßig abgesprochen werde. Dieses Begehren habe er regelmäßig in Erinnerung gerufen, wobei er im Schreiben vom 29. Mai 2019 die Umsetzung des Urteils (gemeint wohl: des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. September 2015) verlangt und eine bescheidmäßige Erledigung begehrt habe. Es sei der Behörde zuzustimmen, dass der Antrag vom 7. Mai 2018 kein eindeutiger Antrag sei. In einem solchen Fall sei es jedoch Aufgabe der Behörde zu ermitteln, worauf der Antrag konkret gerichtet sei und was genau begehrt werde. Es stehe der Behörde jedoch nicht zu, den Antrag in ein Feststellungsbegehren umzudeuten, das dann noch dazu unzulässig sei, weil ein Feststellungsantrag nur ein subsidiärer Rechtsbehelf sei.
8 Wie sich im Verfahren durch die Schriftsätze des Mitbeteiligten herausgestellt habe, habe er keinen Feststellungsantrag stellen wollen, sein Antrag sei vielmehr auf die Umsetzung der Entscheidung und somit auf die Auszahlung der ihm aus seiner Sicht gebührenden Gehaltsdifferenz gerichtet.
9 Die Behörde habe daher über einen Antrag abgesprochen, der so gar nicht gestellt worden sei, weshalb der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben sei.
10 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision des Personalamts Wien der Österreichischen Post AG mit dem Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in der Sache entscheiden und das angefochtene Erkenntnis dahin abändern, dass die Beschwerde als unbegründet abgewiesen werde. In eventu wird beantragt, das angefochtene Erkenntnis wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes, Rechtswidrigkeit seines Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
11 Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der er unter anderem ausführte, sein Antrag sei auf Auszahlung der Entgeltdifferenzen gerichtet gewesen.
12 Die vorliegende Revision ist zulässig und berechtigt.
13 Nach dem Wortlaut des Kopfes und des Spruches des angefochtenen Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes wurde damit der Bescheid der revisionswerbenden Partei22 vom 21. August 2019 ersatzlos behoben. Beschwerdegegenstand ist jedoch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, auf die die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung zutreffend hinweist, nach deren Ergehen die Beschwerdevorentscheidung (VwGH 20.5.2015, Ra 2015/09/0025; 27.4.2017, Ra 2017/12/0024; 25.10.2017, Ro 2017/12/0014). Behebt das Verwaltungsgericht den Ausgangsbescheid, obwohl eine Beschwerdevorentscheidung vorliegt, wird ein nicht mehr dem Rechtsbestand angehörender Bescheid behoben, hingegen die den tatsächlichen Beschwerdegegenstand bildende Beschwerdevorentscheidung im Rechtsbestand belassen (vgl. wiederum VwGH 20.5.2015, Ra 2015/09/0025).
14 Indem das Bundesverwaltungsgericht den nicht mehr dem Rechtsbestand angehörenden Bescheid der revisionswerbenden Partei vom 21. August 2019 behob und die Beschwerdevorentscheidung dadurch im Rechtsbestand verblieb, belastete es das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
15 Es wird darauf hingewiesen, dass das Bundesverwaltungsgericht in Übereinstimmung mit dem Akteninhalt davon ausging, dass der Mitbeteiligte beantragte, dass über das Erfordernis der Umsetzung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. September 2015 bescheidmäßig abgesprochen werde. Es trifft daher entgegen den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichtes nicht zu, dass die revisionswerbende Partei über einen Antrag abgesprochen hat, der so gar nicht gestellt wurde. Eine - zu einer ersatzlosen Aufhebung führende - Umdeutung dieses Antrages dahin, dass der Mitbeteiligte die Auszahlung der gebührenden Gehaltsdifferenz beantragt habe, kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil ein solcher an die revisionswerbende Partei gerichteter Antrag (ebenfalls) unzulässig wäre. Besoldungsrechtliche Ansprüche eines Beamten werden nämlich in der Regel in drei Phasen - Schaffung eines Rechtstitels, Bemessung und Liquidierung - verwirklicht, wobei die letzte Phase (Liquidierung, Auszahlung) ein technischer Vorgang ist, der nicht durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen ist, sodass (erst) für die Entscheidung eines solchen Liquidierungsbegehrens die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofs gemäß Art. 137 B-VG gegeben ist (vgl. VwGH 21.12.2016, Ra 2016/12/0005; 19.2.2020, Ra 2019/12/0038).
16 Eine mündliche Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 und 6 VwGG nicht durchzuführen, weil der entscheidungswesentliche Sachverhalt aktenkundig ist und eine übermäßig komplexe Rechtsfrage nicht zu lösen war.
17 Das angefochtene Erkenntnis war im Sinne obiger Ausführungen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.
Wien, am 7. Mai 2021
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Zurückweisung wegen entschiedener SacheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020120038.L00Im RIS seit
03.06.2021Zuletzt aktualisiert am
14.07.2021