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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
BFA-VG 2014 §21 Abs7Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Engel, in der Rechtssache der Revision des R I, vertreten durch Mag. Hubert Wagner, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Wattmanngasse 8/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. März 2021, W103 2218701-1/5E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein aus Tschetschenien stammender Staatsangehöriger der Russischen Föderation, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in Österreich am 17. April 2018 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 28. März 2019 ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise setzte die Behörde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht, das von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen hatte, mit dem Erkenntnis vom 2. März 2021 als unbegründet ab. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Der Revisionswerber wendet sich in der Begründung für die Zulässigkeit der Revision - die jeweils bezughabenden Argumente undifferenziert vermengend - gegen die Verfahrensführung und die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts, den Entfall der Verhandlung sowie Elemente der rechtlichen Beurteilung; zu Letzterer insbesondere in Bezug auf die Interessenabwägung nach § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG).
8 Soweit der Revisionswerber vorbringt, das Bundesverwaltungsgericht hätte nach § 21 Abs. 7 BFA-VG von der Durchführung einer Verhandlung nicht Abstand nehmen dürfen, behauptet er lediglich unsubstantiiert, das behördliche Verfahren sei mit eklatanten Verfahrensfehlern behaftet gewesen. Mit dem nicht näher konkretisierten Vorbringen vermag der Revisionswerber nicht aufzuzeigen, dass die Voraussetzungen für den Entfall der Verhandlung nach der genannten Bestimmung (vgl. zu der darin enthaltenen, hier maßgeblichen Wortfolge „wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“ ausführlich VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, 0018) im vorliegenden Fall nicht gegeben gewesen wären.
9 Der Verwaltungsgerichtshof ist nach ständiger Rechtsprechung als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtsicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 17.3.2021, Ra 2021/14/0043, mwN).
10 Mit den Ausführungen in der Revision, in denen in erster Linie auf der Richtigkeit der Angaben des Revisionswerbers beharrt wird, wird nicht dargetan, dass die beweiswürdigenden Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts mit einem vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangel behaftet wären. Ebenso wenig kann anhand des Vorbringens in der Revision nachvollzogen werden, inwieweit dem Bundesverwaltungsgericht eine Verletzung des Parteiengehörs vorzuwerfen wäre.
11 Der Revisionswerber ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass immer dann, wenn Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt werden, auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden muss. Dies setzt voraus, dass - auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensmangels als erwiesen ergeben hätten. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH 3.12.2020, Ra 2020/20/0392, mwN). Mit dem - zudem alle Argumente vermengenden - Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision gelingt es dem Revisionswerber allerdings nicht, die Relevanz der behaupteten Verfahrensfehler darzutun.
12 Es ist entgegen den Behauptungen in der Revision ferner nicht zu sehen, aus welchen Gründen die rechtliche Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts fehlerhaft wäre. Soweit sich der Revisionswerber gegen die Anwendbarkeit der „Regelvermutung des § 5 AsylG“ 2005 wendet, kann es sein Bewenden haben, darauf hinzuweisen, dass der von ihm gestellte Antrag auf internationalen Schutz nicht nach dieser Norm zurückgewiesen wurde und das Bundesverwaltungsgericht diese Bestimmung auch nicht zur Anwendung gebracht hat.
13 Weiters ist der Revisionswerber auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG ist (vgl. VwGH 23.10.2020, Ra 2020/20/0359, mwN).
14 Das Bundesverwaltungsgericht hat sämtliche - auch die vom Revisionswerber angesprochenen - fallbezogen für die Interessenabwägung maßgeblichen Umstände hinreichend in seine Entscheidung einbezogen. Dass die im Rahmen der Erlassung der Rückkehrentscheidung erfolgte Beurteilung als unvertretbar einzustufen wäre, wird mit dem Vorbringen in der Revision nicht aufgezeigt.
15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 10. Mai 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021200143.L00Im RIS seit
03.06.2021Zuletzt aktualisiert am
21.06.2021