TE OGH 2021/4/20 4Ob63/21z

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Veröffentlicht am 20.04.2021
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.-Prof. Dr. Brenn, Hon.-Prof. PD Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, *****, vertreten durch Kosesnik-Wehrle & Langer, Rechtsanwälte KG in Wien, gegen die beklagte Partei D***** Aktiengesellschaft, *****, Deutschland, vertreten durch E+H Eisenberger+Herzog, Rechtsanwalts GmbH in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 30.500 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 5.500 EUR), über die Revisionen sowohl der klagenden Partei als auch der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. Dezember 2020, GZ 2 R 157/19a-22, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 11. September 2019, GZ 53 Cg 16/18a-16, teilweise abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Den Revisionen wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass

I. dem Unterlassungsbegehren und dem darauf bezogenen Veröffentlichungsbegehren auch hinsichtlich der Klauseln 4 zweiter Teil, 8, 12, 36 und 47 stattgegeben wird und die beklagte Partei daher schuldig ist, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern mit Wohnsitz in Österreich in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sie von ihr geschlossenen Verträgen zugrunde legt, und/oder in hierbei verwendeten Vertragsformblättern die Verwendung auch folgender Klauseln:

„4. Falls irgendeine in diesen Beförderungsbedingungen enthaltene oder in Bezug aufgenommene Bestimmung zu unseren Tarifen oder zu Gesetzen in Widerspruch steht, haben diese Tarife oder Gesetze Vorrang;

8. Bei erheblicher Beschädigung oder Verlust eines Flugscheins oder eines Teils des Flugscheins oder bei Nichtvorlage desselben mit darin enthaltenem Fluggastcoupon und allen nicht benutzten Flugcoupons können wir auf Ihren Wunsch einen solchen Flugschein ganz oder teilweise ersetzen, wenn der Nachweis dafür erbracht wird, dass der Flugschein für die in Frage stehende Beförderung ordnungsgemäß ausgestellt war. Wir können dafür ein angemessenes Serviceentgelt verlangen. Den Flugpreis müssen Sie nicht erneut entrichten. Wir können darüber hinaus verlangen, dass Sie sich in der von uns verlangten Form verpflichten, den Flugpreis für den Ersatzflugschein nachzuentrichten, falls und soweit der verlorene Flugschein oder der in Verlust geratene Flugcoupon von jemand anderem zum Zwecke der Beförderung oder Erstattung eingelöst wird;

12. Sollten Sie über ein nach den Tarifbedingungen erstattbares Ticket verfügen und noch keine Teilstrecke abgeflogen haben, steht es Ihnen frei, sich den Ticketpreis gemäß den Tarifbestimmungen erstatten zu lassen. Sie verlieren damit Ihren Beförderungsanspruch;

36. Wir behalten uns das Recht vor, die Erstattung für einen Flugschein abzulehnen, welchen Sie den Behörden eines Landes oder einem Luftfrachtführer zum Nachweis Ihrer Absicht, das Land wieder zu verlassen, vorgelegt haben, es sei denn, dass Sie zu unserer Zufriedenheit nachweisen können, dass Sie die Erlaubnis haben, in dem Land zu bleiben oder dass Sie das Land mit einem anderen Luftfrachtführer oder Beförderungsmittel verlassen werden;

47. Die Klage auf Schadenersatz für Schäden jeglicher Art kann bei internationalen Beförderungen nur binnen einer Ausschlussfrist von zwei Jahren erhoben werden, gerechnet vom Tage der Ankunft des Flugzeugs am Bestimmungsort oder vom Tage, an dem das Flugzeug hätte ankommen müssen, oder vom Tage, an welchem die Beförderung abgebrochen worden ist. Die Berechnung der Frist bestimmt sich nach dem Recht des angerufenen Gerichts;“

oder die Verwendung sinngleicher Klauseln binnen neun Monaten zu unterlassen; sie ist ferner schuldig, es binnen sechs Monaten zu unterlassen, sich auch auf diese Klauseln oder sinngleiche Klauseln zu berufen;

II. das Unterlassungsbegehren sowie das darauf bezogene Veröffentlichungsbegehren auch hinsichtlich der Klausel 30 abgewiesen wird, die wie folgt lautet:

„30. Wir unternehmen alle Anstrengungen, um Verspätungen zu vermeiden. In Ausübung dieser Anstrengungen und um Annullierungen zu vermeiden, können wir die Beförderung mit einem anderen Fluggerät oder mit einer anderen Fluggesellschaft durchführen.“

Im Übrigen wird die angefochtene Entscheidung des Berufungsgerichts bestätigt.

III. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 3.720,52 EUR (darin enthalten 466,89 EUR USt und 919,17 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens, die mit 2.163,66 EUR (darin enthalten 240,59 EUR USt und 720,09 EUR Pauschalgebühren) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit 1.768,70 EUR (darin enthalten 235,20 EUR USt und 357,50 EUR Pauschalgebühren) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 257,52 EUR (je anteilige Barauslagen) bestimmten Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

[1]       Der Kläger ist ein nach § 29 KSchG klageberechtigter Verband. Die Beklagte betreibt eine Fluglinie und bietet ihre Leistungen unter anderem im gesamten Bundesgebiet der Republik Österreich an. Im Zuge dessen tritt sie regelmäßig mit österreichischen Verbrauchern in rechtsgeschäftlichen Kontakt und schließt mit diesen Beförderungsverträge ab, denen sie ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen – Beförderungsbedingungen für Fluggäste und Gepäck (ABB Flugpassage) zugrunde legt.

[2]       Der Kläger begehrte – gestützt auf § 28 KSchG iVm §§ 864a, 879 Abs 3 ABGB, §§ 6, 9 und 10 KSchG – der Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern mit Wohnsitz in Österreich in ihren ABB 48 näher bezeichnete Klauseln oder sinngleiche Klauseln zu verwenden oder sich darauf zu berufen; zudem erhob er ein Begehren auf Urteilsveröffentlichung.

[3]       Die Beklagte trat dem Klagebegehren entgegen und berief sich auf die Rechtmäßigkeit der beanstandeten Klauseln.

[4]       Das Erstgericht gab dem Klagebegehren teilweise (hinsichtlich der Klauseln 3, 4 [erster und zweiter Teil], 9, 10, 14, 15, 17, 24, 25, 26, 29, 30, 32, 33, 34, 35 und 40) statt. Hinsichtlich der übrigen Klauseln wies es das Klagebegehren ab, wobei die Abweisung des Klagebegehrens zu den Klauseln 1, 2, 20, 39, 41, 44 und 45 in Rechtskraft erwuchs.

[5]       Das Berufungsgericht gab den Berufungen beider Parteien teilweise Folge und dem Klagebegehren auch hinsichtlich der Klauseln 5, 6, 7, 11, 13, 16, 22 (lit e), 23, 28, 37, 42 (Satz 2) und 43 statt; hingegen wies es das Klagebegehren zu Klausel 4 zweiter Teil ab; im Übrigen bestätigte es (im Umfang der Bekämpfung) die Entscheidung des Erstgerichts. Dazu sprach es aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil die zu beurteilenden Klauseln nicht so eindeutig abgefasst seien, dass nur eine Möglichkeit der Beurteilung in Betracht käme.

[6]       Gegen die Abweisung des Klagebegehrens zu den Klauseln 4 zweiter Teil, 8, 12, 18, 19, 27, 36 und 47 richtet sich die Revision des Klägers, die auf eine Stattgebung des Klagebegehrens zu den genannten Klauseln abzielt. Mit ihrer Revisionsbeantwortung beantragt die Beklagte, dem Rechtsmittel der Gegenseite den Erfolg zu versagen.

[7]       Gegen die Stattgabe des Klagebegehrens zu den Klauseln 3, 4 erster Teil, 5, 6, 7, 9, 10, 11, 13, 14, 15, 16, 17, 22 lit e, 23, 24, 25, 26, 28, 29, 30, 32, 33, 34, 35, 37, 40, 42 Satz 2 und 43 richtet sich die Revision der Beklagten, die auf eine Abweisung dieses Klagebegehrens abzielt. Mit seiner Revisionsbeantwortung beantragt der Kläger, das Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen, in eventu, diesem den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

[8]       Die Revisionen sind zulässig, sie sind teilweise auch berechtigt.

[9]       Der Beurteilung werden folgende Grundsätze vorangestellt:

[10]     Allgemein gilt, dass im Verbandsprozess nach § 28 KSchG die Auslegung der AGB-Klauseln im kundenfeindlichsten Sinn zu erfolgen hat (RIS-Justiz RS0016590). Es ist daher von jener Auslegungsvariante auszugehen, die für die Kunden der Beklagten die nachteiligste ist. Zudem ist eine geltungserhaltende Reduktion im Verbandsprozess unzulässig, weshalb auf eine allfällige teilweise Zulässigkeit einer Klausel nicht Rücksicht genommen werden kann (RS0038205; 1 Ob 57/18s; 4 Ob 179/18d; zu den Schranken einer ausnahmsweise zulässigen Vertragsanpassung siehe EuGH C-269/19, Banca B).

[11]     Die Geltungskontrolle nach § 864a ABGB bezieht sich auf nachteilige überraschende und ungewöhnliche Klauseln. Objektiv ungewöhnlich ist eine Klausel, die von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht, mit der er also nach den Umständen vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht. Der Klausel muss ein Überrumpelungseffekt innewohnen (RS0014646). Entscheidend ist, ob die Klausel beim jeweiligen Geschäftstyp unüblich ist oder ob sie den redlichen Verkehrsgewohnheiten entspricht (RS0105643 [T3]; RS0014627 [T3]). Dabei kommt es nicht allein auf den Inhalt der Klausel an. Diesem kommt vielmehr im Zusammenhang mit der Stellung im Gesamtgefüge des Vertragstextes Bedeutung zu, weil sich das Ungewöhnliche einer Vertragsbestimmung insbesondere aus der Art ihrer Einordnung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ergibt (RS0014659 [T2]). Die Bestimmung darf im Text nicht derart versteckt sein, dass sie der Vertragspartner nicht dort vermutet, wo er sie findet, und dort nicht findet, wo er sie vermuten könnte (RS0105643 [T2]; RS0014646 [T14]). Die Geltungskontrolle ist nicht allein auf Nebenabreden beschränkt, sondern umfasst auch Vertragsbestimmungen über die Begründung, Umgestaltung und Erweiterung der Hauptpflichten (RS0014603).

[12]     Nach § 879 Abs 3 ABGB ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt (vgl dazu 1 Ob 57/18s), nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falls einen Teil gröblich benachteiligt (vgl RS0016914). Weicht eine Klausel von dispositiven Rechtsvorschriften ab, so liegt eine gröbliche Benachteiligung eines Vertragspartners schon dann vor, wenn es für die Abweichung keine sachliche Rechtfertigung gibt. Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die dem Vertragspartner zugedachte Rechtsposition in einem auffallenden Missverhältnis zur vergleichbaren Rechtsposition des anderen steht (RS0014676 [T21]; vgl auch RS0016914 [T3, T4 und T6]).

[13]     Nach § 6 Abs 3 KSchG ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst ist. Das Transparenzgebot soll es dem Kunden ermöglichen, sich aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsbestandteilen zuverlässig über seine Rechte und Pflichten bei der Vertragsabwicklung zu informieren (RS0115217 [T41]). Das Transparenzgebot begnügt sich nicht mit formeller Textverständlichkeit, sondern verlangt, dass Inhalt und Tragweite vorgefasster Vertragsklauseln für den Verbraucher durchschaubar sind (RS0122169 [T2]). Damit sollen auch Klauseln beseitigt werden, die den Verbraucher – durch ein unzutreffendes oder auch nur unklares Bild über seine vertragliche Position – von der Durchsetzung seiner Rechte abhalten oder ihm in unberechtigter Weise Pflichten auferlegen sollen (RS0115219; RS0115217 [T8]; RS0121951 [T4]).

[14]     I. Zur Revision des Klägers:

[15]            1. Zu Klausel 4 zweiter Teil:

„Falls irgendeine in diesen Beförderungsbedingungen enthaltene oder in Bezug aufgenommene Bestimmung zu unseren Tarifen oder zu Gesetzen in Widerspruch steht, haben diese Tarife oder Gesetze Vorrang.“

[16]            1.2 Der hier maßgebende zweite Teil dieser Klausel bezieht sich auf einen allfälligen Widerspruch der ABB zu Gesetzen. Für diesen Fall wird ein Vorrang der Gesetze angeordnet. Dazu hat das Berufungsgericht das Klagebegehren abgewiesen. Diese Bestimmung sei nicht zu beanstanden, weil sie lediglich die Rechtslage wiedergebe.

[17]            1.3 Der Kläger steht dazu auf dem Standpunkt, dass die Klausel im Ergebnis eine geltungserhaltende Reduktion unzulässiger Vertragsbestimmungen bewirke. Nach der Rechtsprechung des EuGH komme eine geltungserhaltende Reduktion unzulässiger Vertragsbestimmungen jedoch nicht in Betracht, auch eine Lückenfüllung durch dispositives Recht sei nicht in jedem Fall zulässig. Dazu habe der Oberste Gerichtshof klargestellt, dass die Schließung einer durch den Wegfall einer missbräuchlichen Klausel entstandenen Vertragslücke durch dispositives Recht im Verbraucherrecht nur dann zulässig sei, wenn sich die ersatzlose Streichung der missbräuchlichen Klausel nachteilig auf die Rechtssituation des Verbrauchers auswirke. Aufgrund der in Rede stehenden Klausel werde dem Verbraucher nicht klar, welche Bestimmungen für ihn letztlich maßgebend seien.

[18]            1.4 Die in Rede stehende Klausel normiert eine Vorrangregelung zugunsten gesetzlicher Bestimmungen, die den ABB entgegenstehen. Sie bezieht sich nicht etwa nur auf gesetzliche Verbote iSd § 879 erster Fall ABGB und schränkt die entgegenstehenden gesetzlichen Bestimmungen auch nicht ein.

[19]     Entgegen der Ansicht des Klägers betrifft die Klausel nicht den typischen Fall der geltungserhaltenden Reduktion, weil in einem solchen Fall vom Gericht die Frage zu klären ist, ob eine missbräuchliche Klausel zur Gänze wegfällt oder im Weg der Lückenfüllung mittels dispositivem Recht oder ergänzender Vertragsauslegung in modifizierter Form aufrechterhalten werden kann. Nach der neueren Rechtsprechung des EuGH und des Obersten Gerichtshofs ist die geltungserhaltende Reduktion auch im Individualprozess grundsätzlich (abgesehen vom Ausnahmefall, dass der Vertrag dann nicht mehr durchführbar wäre und die Lückenfüllung für den Verbraucher keine nachteiligen Folgen hat) nicht mehr zulässig (siehe dazu EuGH C-618/10, Banco Español de Crédito SA; C-421/14, Banco Primus SA; C-26/13, Kásler und Káslerné Rábai; 9 Ob 85/17s; 8 Ob 1/18g).

[20]            1.5 In den Entscheidungen 8 Ob 132/15t und 4 Ob 228/17h wurden ähnliche Klauseln nicht beanstandet. Zu 8 Ob 132/15t wurde zunächst ausgeführt, dass dann, wenn eine nichtige Bestimmung aus dem Vertragstext ausscheide, eine Vertragsanpassung zu erfolgen habe, die sich anhand des dispositiven Rechts, des hypothetischen Parteiwillens und mangels dessen Feststellbarkeit nach redlicher Verkehrsübung orientiere, und sodann beurteilt, dass die Klausel lediglich die Rechtslage wiedergebe. Zu 4 Ob 228/17h hat sich der Senat unter Hinweis auf die Vorjudikatur (7 Ob 84/12x; 8 Ob 132/15t) dieser Rechtsprechung angeschlossen.

[21]     Die generelle Bezugnahme auf die Vertragsanpassung entspricht nicht mehr der Rechtslage, weshalb die Begründung aus den Vorentscheidungen nicht übernommen werden kann. Bei der Beurteilung ist zudem zu berücksichtigen, dass mit dem Verbandsprozess nicht nur das Verbot von gesetzwidrigen Klauseln erreicht werden soll, sondern auch Klauseln beseitigt werden sollen, die den Verbraucher – durch ein unzutreffendes oder auch nur unklares Bild von seiner vertraglichen Position – von der Durchsetzung seiner Rechte abhalten sollen oder ihm unberechtigt Pflichten auferlegen wollen (vgl RS0115219 [T1; T14; T21]; RS0115217 [T8]; RS0121951 [T4]). Die Rechtsposition darf für den Verbraucher nicht unklar sein und es darf ihm nicht das Risiko aufgebürdet werden, seine Rechte selbst zu erkennen (vgl RS0122045 [T3]).

[22]            1.6 Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die zu beurteilende Klausel intransparent. Da für den durchschnittlichen Verbraucher ein allfälliger Widerspruch der ABB zu gesetzlichen Bestimmungen nicht durchschaubar und ohne Gerichtsverfahren nicht überprüfbar ist und er auch nicht zu beurteilen vermag, welche dispositiven Normen in einem solchen Fall an die Stelle der gesetzwidrigen Klausel treten, kann er sich aufgrund der Klausel kein klares Bild von seiner Rechtsposition verschaffen. Sie bürdet ihm das Risiko auf, seine Rechte selbst zu ermitteln.

[23]     Außerdem ist die Klausel nicht einmal textverständlich, weil nicht ersichtlich ist, was unter einer „in Bezug aufgenommene Bestimmung“ verstanden werden soll.

[24]            2. Zu Klausel 8:

„Bei erheblicher Beschädigung oder Verlust eines Flugscheins oder eines Teils des Flugscheins oder bei Nichtvorlage desselben mit darin enthaltenem Fluggastcoupon und allen nicht benutzten Flugcoupons können wir auf Ihren Wunsch einen solchen Flugschein ganz oder teilweise ersetzen, wenn der Nachweis dafür erbracht wird, dass der Flugschein für die in Frage stehende Beförderung ordnungsgemäß ausgestellt war. Wir können dafür ein angemessenes Serviceentgelt verlangen. Den Flugpreis müssen Sie nicht erneut entrichten. Wir können darüber hinaus verlangen, dass Sie sich in der von uns verlangten Form verpflichten, den Flugpreis für den Ersatzflugschein nachzuentrichten, falls und soweit der verlorene Flugschein oder der in Verlust geratene Flugcoupon von jemand anderem zum Zwecke der Beförderung oder Erstattung eingelöst wird.“

[25]            2.1 Das Berufungsgericht führt dazu aus, dass diese Klausel die Festsetzung des Serviceentgelts nicht der Beklagten überlasse, weil nur ein angemessenes Serviceentgelt verlangt werden dürfe. Da sich der Flugschein im Besitz des Verbrauchers befinde, sei die Beschädigung oder der Verlust jedenfalls seiner Sphäre zuzurechnen, weshalb eine angemessene Kostenbelastung für die Neuausstellung nicht gröblich benachteiligend sei. Es bestehe ein berechtigtes Interesse des Unternehmers, sich davor zu schützen, dass Tickets doppelt eingelöst werden.

[26]            2.2 Der Kläger hält dem entgegen, dass die Klausel sowohl das Verlangen des Entgelts als auch die Bestimmung dessen Höhe in das Belieben der Beklagten stelle. Nach dem Wortlaut der Klausel könne die Beklagte jene Fälle bestimmen, in denen ein neues Ticket ausgestellt werde. Darüber hinaus bleibe dem Verbraucher verborgen, welche Anforderungen an den von ihm zu erbringenden Nachweis gestellt werden und unter welchen Umständen es zu einem gänzlichen oder zu einem nur teilweisen Ersatz komme. Zudem sei unklar, was unter einem ordnungsgemäß ausgestellten Flugschein zu verstehen sei. Die Klausel sei daher jedenfalls intransparent.

[27]            2.3 Die in Rede stehende Klausel betrifft die Ersatzausstellung eines Flugscheins bei erheblicher Beschädigung oder Verlust. Die Klausel lässt schon offen, was unter erheblicher Beschädigung zu verstehen ist, sodass zur Erlangung der Beförderung ein Ersatzflugschein benötigt wird. Die Formulierung der Klausel stellt insbesondere nicht darauf ab, dass die für die Beförderung relevanten Informationen auf dem Flugschein unlesbar oder nicht mehr enthalten sind (vgl Klausel 7).

[28]            2.4 Die Ersatzausstellung wird zudem vom Nachweis des Verbrauchers abhängig gemacht, dass der Flugschein ordnungsgemäß ausgestellt wurde. Dazu erklärt die Klausel nicht, was der Verbraucher konkret nachweisen soll und wie er den Nachweis erbringen kann. Durch ihre unbestimmte Abfassung ermöglicht die Klausel der Beklagten, nach freiem Ermessen über die Ersatzausstellung zu entscheiden.

[29]            2.5 Darüber hinaus behält sich die Beklagte für die Ersatzausstellung die Verrechnung eines gesonderten, angemessenen Serviceentgelts vor, ohne dessen Höhe oder die Art und Weise der Berechnung, also die Berechnungsmethode und die maßgebenden Berechnungsfaktoren, anzugeben. Dies ermöglicht der Beklagten die willkürliche Bestimmung dessen, was für ihre Leistung angemessen sein soll.

[30]            2.6 Schließlich fingiert die Klausel die Verpflichtung des Verbrauchers zur Abgabe eines Zahlungsversprechens für den Ersatzflugschein, wenn der ursprüngliche Flugschein von einer anderen Person eingelöst wird, ohne auf das Verhalten oder das Verschulden des Verbrauchers im Zusammenhang mit dem Verlust des Flugscheins abzustellen. Diese Verpflichtung kommt einer Erfolgshaftung gleich.

[31]            2.7 Die Klausel erweist sich damit als intransparent und zudem als gröblich benachteiligend.

[32]            3. Zu Klausel 12:

Sollten Sie über ein nach den Tarifbedingungen erstattbares Ticket verfügen und noch keine Teilstrecke abgeflogen haben, steht es Ihnen frei, sich den Ticketpreis gemäß den Tarifbestimmungen erstatten zu lassen. Sie verlieren damit Ihren Beförderungsanspruch.“

[33]            3.1 Das Berufungsgericht hält zu dieser Klausel fest, dass sie keine Regelung darüber enthalte, unter welchen Umständen ein Ticket erstattbar sei. Sie enthalte vielmehr nur die Information, dass es nach den Tarifbestimmungen erstattbare Tickets gebe. Ein bloß aufklärender Hinweis auf die Tarifbedingungen sei aber unbedenklich.

[34]            3.2 Nach dem Standpunkt des Klägers suggeriert diese Klausel, dass eine allfällige Erstattung nur dann möglich wäre, wenn es sich um ein grundsätzlich erstattbares Ticket handle. Demgegenüber habe bei jedem Ticket eine Erstattung insoweit zu erfolgen, als bestimmte Entgeltbestandteile wie Steuern, Gebühren und Zuschläge gar nicht angefallen seien. Da der Hinweis auf die Tarifbedingungen, die für eine allfällige Erstattung relevant seien, zudem nicht geeignet sei, dem Verbraucher Aufschluss über die für ihn maßgebende Rechtslage zu geben, sei die Klausel auch intransparent.

[35]            3.3 Aufgrund des allgemeinen Verweises auf die Erstattungsfähigkeit eines Flugscheins nach Maßgabe der Tarifbestimmungen bleibt dem Verbraucher verborgen, ob bzw unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe er für einen nicht in Anspruch genommenen Flug eine Erstattung erhält.

[36]     Zudem bestreitet die Beklagte gar nicht, dass bei Nichtinanspruchnahme selbst eines nicht erstattungsfähigen Tickets jedenfalls die unverbrauchten Steuern und Gebühren zurückerstattet werden müssen; darüber klärt die Klausel allerdings nicht auf. Sie ist daher geeignet, den Verbraucher von der Geltendmachung solcher Kosten abzuhalten, weshalb sie ihm ein falsches Bild von seiner Rechtsposition verschafft. Die Klausel erweist sich damit als intransparent.

[37]            4. Zu Klausel 18:

„Die Meldeschlusszeiten sind an den verschiedenen Flughäfen unterschiedlich, und wir empfehlen Ihnen, sich über diese Meldeschlusszeiten zu informieren und sie einzuhalten. Ihre Reise verläuft reibungsloser, wenn Sie ausreichend Zeit zur Einhaltung der Meldeschlusszeiten einplanen. Sofern Sie diese Zeiten nicht einhalten, sind wir zur Streichung Ihrer Buchung berechtigt.“

[38]            4.1 Das Berufungsgericht gelangt zum Ergebnis, dass diese Klausel nicht zu beanstanden sei, weil die Beklagte ein schützenswertes Interesse an der Einhaltung der Meldeschlusszeiten habe. Sie müsse berechtigt sein, eine Buchung zu streichen, sofern diese Zeiten nicht eingehalten werden.

[39]            4.2 Der Kläger führt dazu aus, dass die Klausel nicht auf den Grund der Nichteinhaltung der Meldeschlusszeiten abstelle. Es solle daher auch dann zur Streichung der Buchung kommen, wenn der Grund für die Nichteinhaltung der Meldeschlusszeiten in der Sphäre des Unternehmers liege. Unter Zugrundelegung der im Verbandsverfahren gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung komme der Beklagten das Recht zur Streichung von Buchungen zu, ohne dass der Verbraucher einen Ersatzanspruch habe.

[40]            4.3 Die Meldeschlusszeiten (Beendigung der Check-in-Formalitäten) sind für die Beklagte erforderlich, um den Flugplan (sogenannte „Slots“) einhalten zu können. Die Beklagte hat daher ein besonderes Interesse, auf die Notwendigkeit der Einhaltung der Meldeschlusszeiten hinzuweisen. Die Klausel macht durch mehrfaches Ansprechen des Fluggastes („wir empfehlen Ihnen, sich zu informieren“; „wenn Sie ausreichend Zeit einplanen“) deutlich, dass sie auf Verspätungen abstellt, die vom Fluggast bei sorgsamer Zeitplanung bei gewöhnlichem Lauf der Dinge beherrschbar wären.

[41]            4.4 Die Konsequenz der verspäteten Erledigung des Check-in besteht in der Streichung der Buchung. Dies versteht auch ein durchschnittlicher Verbraucher dahin, dass er auf dem gebuchten Flug nicht mehr befördert werden kann. Entgegen der Ansicht des Klägers wird dem Verbraucher nicht suggeriert, dass er keine Ansprüche mehr geltend machen könne, weil er zwischen Streichung des Fluges (der Buchung) und der Geltendmachung allfälliger Ansprüche durchaus unterscheiden kann. Diese Klausel ist daher nicht zu beanstanden.

[42]            5. Zu Klausel 19:

„Sofern Sie nicht rechtzeitig zum Einsteigen erscheinen, sind wir berechtigt, Ihre Buchung zu streichen.“

[43]            5.1 Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die Beklagte ein schützenswertes Interesse daran, dass die Zeiten zum Einsteigen am Gate (Boarding) eingehalten werden. Sie müsse daher berechtigt sein, eine Buchung zu streichen, sofern diese Zeiten nicht eingehalten werden.

[44]            5.2 Der Kläger führt auch zu dieser Klausel aus, dass das Recht der Beklagten zur Streichung von Buchungen bedeute, dass Ersatzansprüche des Verbrauchers ausgeschlossen würden.

[45]            5.3 Um eine reibungslose Abfertigung des Fluges innerhalb der vorgegebenen Slots zu ermöglichen, muss der Fluggast nicht nur rechtzeitig die Check-in-Formalitäten erledigen, sondern auch rechtzeitig zum Einsteigen am Gate (Boarding) erscheinen. Wird das Ende des Boarding versäumt, so kann der Passagier auf dem Flug nicht mehr befördert werden. Wie schon zu Klausel 18 ausgeführt wurde, setzt der Verbraucher die Streichung der Buchung nicht mit dem Verlust allfälliger Ersatzansprüche gleich. Auch diese Klausel ist somit nicht zu beanstanden.

[46]            6. Zu Klausel 27:

„Die Beförderung von Hunden, Katzen und anderen Haustieren unterliegt unserer Zustimmung und den nachfolgenden Bedingungen: Die Tiere müssen ordnungsgemäß in Versandkäfigen eingeschlossen und mit gültigen Gesundheits- und Impfzeugnissen, Einreiseerlaubnissen und anderen von den jeweiligen Ländern geforderten Einreise- oder Transitpapieren versehen sein. Wir behalten uns vor, Art und Weise der Beförderung festzulegen und die Zahl der für einen Flug zulässigen Tiere zu begrenzen.“

[47]            6.1 Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist diese Klausel nicht intransparent. Da sie festlege, dass die Beförderung von Tieren der Zustimmung der Beklagten und den nachfolgenden Bedingungen unterliege, sei für den Verbraucher klar, dass beide Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein müssten, weshalb die Zahl der für einen Flug zulässigen Tiere nicht überschritten werden dürfe. Der Verbraucher werde hier auch einen höheren Grad an Aufmerksamkeit an den Tag legen, weil es sich bei der Mitnahme eines Tieres um keine alltägliche Angelegenheit handle. Die Beklagte müsse sich vorbehalten können, Art und Weise der Beförderung von Tieren festzulegen und die Zahl der auf einem Flug zulässigen Tiere zu begrenzen. Es liege daher auch kein Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB vor.

[48]            6.2 Nach dem Standpunkt des Klägers ist diese Klausel intransparent, weil im Satz 1 die Beförderung von Tieren von der Zustimmung der Beklagten abhängig gemacht werde, während in Satz 3 zusätzlich normiert werde, dass die Beklagte die Zahl der auf einem Flug zu befördernden Tiere begrenzen könne. Die Klausel erfasse somit auch den Fall, dass dem Kunden die Zustimmung zur Beförderung seines Haustieres erteilt worden sei, die Mitnahme des Tieres in weiterer Folge jedoch verweigert werde, weil die Zahl der für einen Flug zulässigen Tiere bereits erreicht sei.

[49]            6.3 Bei der – nach der Klausel nicht von einem zusätzlichen Entgelt abhängigen – Mitnahme von Tieren hat die Beklagte einen reibungslosen Ablauf sowie die Sicherheit des Flugverkehrs und der Passagiere sicherzustellen und auch auf die Tiergesundheit Bedacht zu nehmen. Aus diesem Grund kann es notwendig sein, die Zahl der in der Kabine mitgeführten Tiere kurzfristig zu begrenzen oder anzupassen. Genau dies wird im letzten Satz der Klausel unmissverständlich zum Ausdruck gebracht. Darüber hinaus wird in der Klausel ausreichend deutlich darauf hingewiesen, dass der Passagier die grundsätzliche Zustimmung der Beklagten zum Tiertransport einholen und überdies, also kumulativ auch die in der Klausel angeführten Bedingungen einhalten muss. Dem Passagier wird damit nicht verschleiert, dass trotz grundsätzlicher Zustimmung zum Tiertransport die zulässige Anzahl der mitgeführten Tiere in Bezug auf den konkreten Flug erreicht sei und die Mitnahme des Tieres aus diesem Grund verweigert werden kann. Die Einwände des Klägers gegen diese Klausel sind damit nicht berechtigt.

[50]            7. Zu Klausel 36:

Wir behalten uns das Recht vor, die Erstattung für einen Flugschein abzulehnen, welchen Sie den Behörden eines Landes oder einem Luftfrachtführer zum Nachweis Ihrer Absicht, das Land wieder zu verlassen, vorgelegt haben, es sei denn, dass Sie zu unserer Zufriedenheit nachweisen können, dass Sie die Erlaubnis haben, in dem Land zu bleiben oder dass Sie das Land mit einem anderen Luftfrachtführer oder Beförderungsmittel verlassen werden.“

[51]            7.1 Das Berufungsgericht hält diese Klausel für zulässig. Die Wendung, dass der erforderliche Nachweis zur Zufriedenheit der Beklagten erfolgen müsse, sei nur der Hinweis auf einen geeigneten oder ausreichenden Nachweis. Die Regelung jedes möglichen Einzelfalls könne der Beklagten nicht abverlangt werden.

[52]            7.2 Nach dem Standpunkt des Klägers bleibt für den Verbraucher unklar, welche Anforderungen an einen in der Klausel verlangten Nachweis zu stellen seien. Unklar sei vor allem, unter welchen Voraussetzungen ein solcher Nachweis zur Zufriedenheit der Beklagten erbracht werde. Im Ergebnis stehe es im Belieben der Beklagten, einen Nachweis als ausreichend zu bewerten oder einen Erstattungsanspruch aus nicht nachvollziehbaren Gründen zu verweigern.

[53]            7.3 Die Klausel macht die Erstattung für einen Flugschein, den der Passagier einer Behörde oder einem Luftfrachtführer zum Nachweis seiner Ausreisewilligkeit vorgelegt hat, von einem für sie zufriedenstellenden Nachweis abhängig, im Land bleiben zu dürfen oder mit einem anderen Transporteur auszureisen. Was die Beklagte als zufriedenstellenden Nachweis erblickt, bleibt für den Verbraucher vollkommen offen. Die gewählte Formulierung ermöglicht der Beklagten, vom Verbraucher erbrachte Beweise nach freiem Ermessen als nicht zufriedenstellend zu qualifizieren und die Erstattung aus nicht überprüfbaren Gründen zu verweigern. Die Beklagte führt dazu in der Revision selbst aus, dass die Erlaubnis, im Land zu bleiben, „in der Regel“ durch Dokumente einer Behörde nachgewiesen werde, aus denen sich die Aufenthaltserlaubnis ergebe. Davon abgesehen, dass der Einschub „in der Regel“ auch als von der Beklagten verstandene Einschränkung der Tauglichkeit eines solchen Nachweises verstanden werden kann, findet sich eine derartige einfache Aufklärung in der Klausel gerade nicht. Der Einwand der Intransparenz ist daher berechtigt.

[54]            7.4 Das weitere Argument der Beklagten, es könne den Kunden auch nicht überraschen, dass er nach der Nutzung des Tickets als Nachweis seiner Ausreisewilligkeit gegenüber einer Behörde grundsätzlich keine Erstattung von der Beklagten erhalte, überzeugt nicht. Die Beklagte führt zwar aus, dass der Kunde mit seinem Erstattungsgesuch implizit zugestehe, vor der Behörde unrichtige Angaben gemacht zu haben. Warum eine geeignete und sachgerechte Sanktion hiefür von der Beklagten vollzogen werden sollte und warum eine solche Sanktion in der Versagung des Erstattungsanspruchs bestehen soll, vermag sie selbst nicht zu erklären.

[55]            8. Zu Klausel 47:

Die Klage auf Schadenersatz für Schäden jeglicher Art kann bei internationalen Beförderungen nur binnen einer Ausschlussfrist von zwei Jahren erhoben werden, gerechnet vom Tage der Ankunft des Flugzeugs am Bestimmungsort oder vom Tage, an dem das Flugzeug hätte ankommen müssen, oder vom Tage, an welchem die Beförderung abgebrochen worden ist. Die Berechnung der Frist bestimmt sich nach dem Recht des angerufenen Gerichts.“

[56]            8.1 Nach Auffassung des Berufungsgerichts wird durch die Wendung „bei internationalen Beförderungen“ klargestellt, dass die Klausel nicht für sämtliche mögliche Entschädigungsfälle gelte, sondern nur für jene, auf die das Montrealer Übereinkommen anwendbar sei. Der Verweis des Klägers, dass für alle anderen Entschädigungsansprüche die dreijährige Verjährungsfrist gelte, gehe daher ins Leere.

[57]            8.2 Nach dem Standpunkt des Klägers berücksichtigt die Klausel nicht, dass die Normierung der zweijährigen Ausschlussfrist nur für Schäden zulässig sei, die dem Haftungsregime des Montrealer Übereinkommens unterliegen.

[58]            8.3 Die Klausel normiert für die Geltendmachung sämtlicher Schäden bei internationalen Beförderungen generell eine zweijährige Ausschlussfrist. Mit der Wendung „bei internationalen Beförderungen“ nimmt die Klausel auf den Anwendungsbereich des Montrealer Übereinkommens Bezug, das für jede internationale Beförderung von Personen, Reisegepäck oder Gütern gilt, die durch Luftfahrzeuge gegen Entgelt erfolgt. Die Klausel soll also nur für Schadenersatzansprüche gelten, die dem Montrealer Übereinkommen unterliegen. Für den durchschnittlichen Verbraucher ergibt sich dies aus der Klausel allerdings nicht. Außerdem ist er nicht in der Lage, den konkreten Anwendungsbereich des Übereinkommens zu bestimmen und zu unterscheiden, ob die von ihm erlittenen Schäden der zweijährigen Ausschlussfrist unterliegen oder nicht. Tatsächlich gibt es auch eine Reihe von Ansprüchen, die nicht dem Haftungsregime des Montrealer Übereinkommens unterliegen. Dies gilt vor allem für „standardisierte Maßnahmen zur Wiedergutmachung von Schäden“ nach der Fluggastrechte-VO 261/2004/EG (siehe dazu EuGH C-344/04, Rz 43 und 84). Die Klausel vermittelt dem Verbraucher damit ein unvollständiges Bild über die Fristen zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen und kann ihn daher zu Unrecht davon abhalten, Ansprüche auch nach Ablauf der Zweijahresfrist geltend zu machen. Damit verstößt die Klausel gegen das Transparenzgebot.

[59]            8.4 Auch der Beginn des Fristenlaufs ist nicht ausreichend verständlich. Insbesondere ist nicht klar, in welchen Fällen die dritte Alternative maßgebend ist und in welchem Verhältnis sie zu den ersten beiden Alternativen steht.

[60]            9. Der Kläger bekämpft in seiner Revision auch die von den Vorinstanzen festgesetzte Leistungsfrist.

[61]            9.1 Das Erstgericht bestimmte für die Unterlassung der Verwendung der beanstandeten Klauseln oder sinngleicher Klauseln die Leistungsfrist mit neun Monaten. Zudem wurde die Beklagte verpflichtet, es ab sofort zu unterlassen, sich auf die beanstandeten Klauseln oder sinngleiche Klauseln zu berufen.

[62]     Das Berufungsgericht bestätigte die Dauer der Leistungsfrist von neun Monaten in Bezug auf die Unterlassung der Verwendung der Klauseln und setzte für die Unterlassung des Sich-Berufens auf die Klauseln eine Leistungsfrist von sechs Monaten.

[63]            9.2 Der Kläger hält dem in der Revision entgegen, dass für das Verwenden von unzulässigen Klauseln die gewährte neunmonatige Leistungsfrist zu lang sei; in dieser Hinsicht seien drei Monate ausreichend. Für das Sich-Berufen auf unzulässige Klauseln bestehe überhaupt kein Erfordernis für eine Leistungsfrist.

[64]            9.3 Der Kläger hat die vom Erstgericht bestimmte neunmonatige Leistungsfrist für die Unterlassung der Verwendung der beanstandeten Klauseln oder sinngleicher Klauseln in seiner Berufung nicht bekämpft. Eine in der Berufung zu einer selbständigen Rechtsfrage unterlassene Rechtsrüge kann in dritter Instanz aber nicht mehr nachgeholt werden (RS0043573 [T43 und T47]; 4 Ob 21/21y). Dies gilt auch für den Fall, dass in einem Klauselprozess die vom Erstgericht festgesetzte Leistungsfrist vom Kläger nicht bekämpft wurde (vgl 9 Ob 14/17z).

[65]            9.4 Gegen die vom Berufungsgericht festgesetzte Leistungsfrist von sechs Monaten für das „Sich-Berufen“ führt der Kläger in der Revision aus, dass nicht erkennbar sei, welche umfangreichen Maßnahmen die Beklagte setzen müsse, um die ihr auferlegte Verpflichtung umzusetzen, sich auf die beanstandeten Klauseln in ihren Altverträgen nicht mehr zu berufen.

[66]     In der Rechtsprechung wurde bereits mehrfach festgehalten, dass es durchaus Klauselwerke geben kann, die bestimmter betrieblicher und/oder organisatorischer Maßnahmen bedürfen, um zu verhindern, dass sie weiterhin der Gestion von Altverträgen zugrunde gelegt werden. Dementsprechend ist diese Frage nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, was auch für die Länge der Leistungsfrist gilt (vgl 9 Ob 82/17z; 1 Ob 57/18s; 9 Ob 76/18v). Die Vorinstanzen haben die Bemessung der in Rede stehenden Leistungsfrist nachvollziehbar begründet. Da ihnen bei der Beurteilung ein nicht zu enger Beurteilungsspielraum zukommt, ist ihre dazu getroffene Entscheidung nicht zu beanstanden.

[67]            10. Zusammenfassend ist zur Revision des Klägers festzuhalten, dass auch die Klauseln 4 zweiter Teil, 8, 12, 36 und 47 unzulässig sind und dem Klagebegehren insoweit stattzugeben ist. Demgegenüber war die abweisende Entscheidung des Berufungsgerichts zu den Klauseln 18, 19 und 27 zu bestätigen.

[68]     II. Zur Revision der Beklagten:

[69]            1. Zu Klausel 3:

„Für Code Share-Dienste auf Flügen, die von anderen Carriern durchgeführt werden, gelten die vorliegenden Beförderungsbedingungen. Code Share-Partner haben jedoch unter Umständen Bestimmungen hinsichtlich der Durchführung eigener Flüge, die von den L*****-Bestimmungen für von L***** durchgeführte Flüge abweichen. Diese Beförderungsbedingungen anderer Code Share-Partner werden deshalb in die vorliegenden Beförderungsbedingungen einbezogen und damit Bestandteil des Beförderungsvertrages.“

[70]            1.1 Das Berufungsgericht beurteilte diese Klausel als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG. Die Verbraucher erhielten keinen Aufschluss über die maßgebenden Regelungen. Es sei ihnen nicht zuzumuten, die ABB der Beklagten im Detail mit jenen der Code Share-Partner auf etwaige Abweichungen zu untersuchen und die maßgebenden Regelungen selbst herauszufiltern. Unklar bleibe zudem, wie mit einander widersprechenden Klauseln in den diversen Beförderungsbedingungen umzugehen sei.

[71]            1.2 Die Beklagte hält dem entgegen, dass diese Klausel nur jene Bestimmungen in den AGB der Code Share-Partner betreffe, die sich auf die Durchführung des Fluges beziehen. Der interessierte Kunde werde rasch den relevanten Abschnitt in den Bedingungen des betreffenden Code Share-Partners finden. Aus der beanstandeten Klausel gehe eindeutig hervor, dass lediglich von den ABB abweichende Bestimmungen in den AGB der Code Share-Partner einbezogen würden. Für Fluggesellschaften sei es unmöglich, die Einbeziehung derartiger Bedingungen der ausführenden Fluggesellschaft noch transparenter zu gestalten.

[72]            1.3 Entgegen der Ansicht der Beklagten hält diese Klausel dem Transparenzgebot nicht stand. Der Verbraucher darf über seine vertragliche Position nicht im Unklaren gelassen werden. Aufgrund der Klausel weiß der Verbraucher nicht einmal, welche Bedingungen für ihn maßgebend sein sollen, weil nur auf „unter Umständen“ abweichende Bestimmungen in den Bedingungen der Code Share-Partner über die Durchführung der Flüge hingewiesen wird. Dem Verbraucher kann nicht aufgebürdet werden, unterschiedliche AGB miteinander zu vergleichen und zu prüfen, ob die Bedingungen der Code Share-Partner allenfalls von jenen der Beklagten abweichen.

[73]            1.4 Darüber hinaus setzt die wirksame Einbeziehung von AGB in einen Vertrag unter anderem voraus, dass der Kunde die Möglichkeit hat, von den AGB Kenntnis zu nehmen. Auf diesen Umstand wird in der Klausel nicht Bedacht genommen. Vielmehr sollen die AGB der Code Share-Partner auch ohne Möglichkeit zur Kenntnisnahme in den Beförderungsvertrag mit der Beklagten einbezogen werden.

[74]            1.5 Bei der im Verbandsprozess gebotenen Auslegung im verbraucherfeindlichsten Sinn ergibt sich auch nicht, dass nur die abweichenden Bedingungen der Code Share-Partner – im Sinn eines Vorrangs – in den Beförderungsvertrag mit der Beklagten einbezogen werden sollen, weil unter der Wendung „diese Beförderungsbedingungen anderer Code Share-Partner“ durchaus auch die Partner-Bedingungen in ihrer Gesamtheit verstanden werden können. Es bleibt damit auch unklar, wie mit voneinander abweichenden bzw widersprüchlichen Bedingungen umgegangen und wie allfällige Normenkonflikte aufgelöst werden sollen.

[75]            2. Zu Klausel 4:

„Falls irgendeine in diesen Beförderungsbedingungen enthaltene oder in Bezug aufgenommene Bestimmung zu unseren Tarifen oder zu Gesetzen in Widerspruch steht, haben diese Tarife oder Gesetze Vorrang.“

[76]            2.1 Das Berufungsgericht erblickt in dieser Klausel zwei selbständige Regelungen, wobei es dem Klagebegehren nur hinsichtlich des ersten Teils der Klausel stattgegeben hat, der sich auf einen Widerspruch der ABB der Beklagten mit einem ihrer Tarife bezieht. In diesem Fall soll der Tarif Vorrang haben. Nach Ansicht des Berufungsgerichts bleibt es offen, welcher Tarif gemeint sei und wie die Verbraucher von den Tarifen Kenntnis erlangen bzw welche Fassung maßgebend sei.

[77]            2.2 Die Beklagte steht dazu auf dem Standpunkt, dass der Kunde im Rahmen des Buchungsvorgangs und damit vor Abschluss des Beförderungsvertrags die Informationen zum ausgewählten Tarif für den von ihm gebuchten Flug erhalte. Für den Verbraucher sei daher klar, welchen Inhalt sein Tarif habe.

[78]            2.3 Die Beklagte führt selbst aus, dass unter dem Begriff „Tarif“ der Beförderungspreis und die Bedingungen zu verstehen sind, nach denen dieser Preis berechnet wird. Nach dem in Rede stehenden Teil der Klausel sollen somit bei einem Widerspruch zwischen den ABB der Beklagten und den besonderen Bedingungen zur Berechnung des Tarifs Letztere maßgebend sein. Auch diese Bestimmung verpflichtet den Verbraucher dazu, unterschiedliche Vertragsbestimmungen miteinander zu vergleichen und diese auf einen Widerspruch hin zu überprüfen. Dies widerspricht dem Gebot der Sinnverständlichkeit einer allgemeinen Vertragsbestimmung iSd § 6 Abs 3 KSchG. Die Unverständlichkeit der Regelung wird noch dadurch verstärkt, dass völlig unbestimmt auf irgendwelche Widersprüchlichkeiten Bezug genommen wird. Zudem bleibt für den Verbraucher nach der Klausel auch unklar, welche Bedingungen er miteinander vergleichen soll und wie er zu diesen Bedingungen für die Preisberechnung gelangt. Es wird auch nicht darauf hingewiesen, in welcher Fassung die Bedingungen für die Tarifberechnung maßgebend sind. Schließlich ist die Klausel nicht einmal textverständlich, weil nicht ersichtlich ist, was unter einer „in Bezug aufgenommene Bestimmung“ verstanden werden soll.

[79]            3. Zu Klausel 5:

„Soweit in diesen Bedingungen nichts anderes bestimmt ist, haben sie Vorrang vor anderen Regelungen der D***** AG, die den gleichen Gegenstand regeln.“

[80]            3.1 Das Berufungsgericht erachtet diese Klausel für intransparent. Der Verbraucher müsse beurteilen, ob ande

Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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