TE Vwgh Erkenntnis 1997/4/16 96/12/0378

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Veröffentlicht am 16.04.1997
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
65/01 Allgemeines Pensionsrecht;

Norm

AVG §18 Abs4;
AVG §56;
BDG 1979 §14 Abs1 idF 1995/820;
BDG 1979 §14 Abs5 idF 1996/201;
PG 1965 §3 Abs1;
PG 1965 §4 Abs3 idF 1996/201;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde der S in E, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des beim Vorstand der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft eingerichteten Personalamtes vom 25. Oktober 1996, Zl. 131251-33/96, betreffend Ruhegenußbemessung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die 1944 geborene Beschwerdeführerin steht als Amtsdirektorin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

Mit der als Bescheid bezeichneten Erledigung vom 11. September 1996 wurde die Beschwerdeführerin nach Auffassung der belangten Behörde mit Ablauf des 30. September 1996 in den Ruhestand versetzt. Diese Erledigung wurde im wesentlichen wie folgt begründet: Nach dem Ergebnis der chefärztlichen Beurteilung durch die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten (= PVAng) vom 12. Juni 1996 könne die Beschwerdeführerin auf Grund ihrer gesundheitlichen Verfassung ihre dienstlichen Aufgaben als Leiterin des Postamtes E. nicht mehr erfüllen. Ein anderer gleichwertiger, ihr zumutbarer Arbeitsplatz, den sie auf Grund ihres Gesundheitszustandes noch besorgen könne, könne ihr nicht zur Verfügung gestellt werden. Die ärztlichen Ausführungen seien schlüssig. Mit Erklärung vom 4. April 1996 habe die Beschwerdeführerin einer Ruhestandsversetzung zum nächstmöglichen Zeitpunkt ausdrücklich zugestimmt und von der ihr mit Schreiben vom 20. August 1996 gebotenen Möglichkeit zur Stellungnahme keinen Gebrauch gemacht. Es sei daher nach der im Spruch genannten Gesetzesstelle von Amts wegen ihre Versetzung in den Ruhestand zu verfügen gewesen.

Ausgehend von der Auffassung, die Beschwerdeführerin befinde sich rechtskräftig im Ruhestand, wurde der Ruhegenuß der Beschwerdeführerin mit Bescheid des Personalamtes bei der Direktion Graz der Post und Telekom Austria AG vom 2. Oktober 1996 bemessen.

Über die von der Beschwerdeführerin dagegen erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid wie folgt entschieden:

"Ihre Berufung vom 2. Oktober 1996 gegen den Bescheid der Post- und Telekom Austria Aktiengesellschaft, Direktion Graz, Personalamt, vom 16. September 1996, GZ 334772-01/96, wird gemäß §§ 4 und 62c des Pensionsgesetzes 1965 (PG 1965), BGBl. Nr. 340, i.d.F. des Artikels 4 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, abgewiesen."

Zur Begründung führt die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin sei "mit Bescheid vom 11. September 1996" mit Ablauf des 30. September 1996 rechtskräftig in den Ruhestand versetzt worden. Mit dem im Spruch näher bezeichneten erstinstanzlichen Bescheid habe die Direktion Graz die Bemessung ihres Ruhegenusses durchgeführt und ihr mitgeteilt, daß ihr ein Ruhegenuß von monatlich brutto S 22.703,50 gebühre, der auf einer Ruhegenußbemessungsgrundlage von 64,16 v.H. basiere.

Gegen diesen Bescheid habe die Beschwerdeführerin innerhalb offener Rechtsmittelfrist mit Schreiben vom 2. Oktober 1996 Berufung eingebracht. Darin habe sie ausgeführt, daß anläßlich der am 24. Oktober 1995 erfolgten Krankenstandskontrolle eines namentlich genannten Arztes die Einholung eines neurologisch-psychiatrischen und eines orthopädischen Fachgutachtens zur Beurteilung ihrer Dienstunfähigkeit erbeten worden sei. Nach ihrer Auffassung sei ihre Dienstunfähigkeit somit bereits vor dem 16. Februar 1996 festgestanden; sie ersuche daher, den im Spruch genannten erstinstanzlichen Bescheid wegen seines Inhaltes aufzuheben und keine Kürzung der Ruhegenußbemessungsgrundlage im Sinne des Strukturanpassungsgesetzes 1996 zu verfügen.

Nach Wiedergabe der §§ 4 und 62 c des Pensionsgesetzes 1965 führt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter aus, das Verfahren zur Versetzung in den Ruhestand gemäß § 14 BDG 1979 könne entweder auf Antrag oder von Amts wegen eingeleitet werden. Das Antragsverfahren sei mit dem Einlangen des Antrages bei der Behörde eingeleitet. Das amtswegige Verfahren gelte ungeachtet der Tatsache, wie lange ein Krankenstand bereits gedauert habe, mit der ärztlichen Untersuchung als eingeleitet, die zur Beauftragung der PVAng mit der Erstellung eines ärztlichen Gutachtens über den Gesundheitszustand des Beamten geführt habe. In der Berufungsbegründung habe die Beschwerdeführerin die Tatsache angeführt, daß der Anstaltsarzt anläßlich einer "Krankenstandskontrolle" am 24. Oktober 1995 die Einholung eines neurologisch-psychiatrischen und eines orthopädischen Fachgutachtens erbeten habe, als Grund dafür angeführt, daß ihre Dienstunfähigkeit bereits vor dem 16. Februar 1996 festgestanden sei und daher in ihrem Fall eine Kürzung der Ruhegenußbemessungsgrundlage nicht vorgenommen werden dürfe.

Dazu werde festgehalten, daß das neurologisch-psychiatrische Gutachten am 19. Februar 1996 und das orthopädische Fachgutachten am 10. März 1996 erstellt worden seien. Auf Grund dieser Gutachten sei anläßlich der anstaltsärztlichen Untersuchung vom 26. März 1996 der "Krankenstand" der Beschwerdeführerin als unbefristet anerkannt worden. Die Beauftragung der PVAng mit der Begutachtung sei erst unter Zugrundelegung der letztgenannten Untersuchungsergebnisse am 10. April 1996 erfolgt. Die Beschwerdeführerin habe keinen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand gestellt. Von Amts wegen sei aber ihr Ruhestandsversetzungsverfahren erst mit der Beauftragung der PVAng mit der Begutachtung ihres Gesundheitszustandes, somit eindeutig nach dem 16. Februar 1996, eingeleitet worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht darauf, daß nicht ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für sie ein Ruhegenuß bemessen wird, sowie in ihrem Recht darauf, daß diese Bemessung nicht gesetzwidrig in zu niedrigerer Höhe erfolgt, all dies gemäß den Bestimmungen des BDG 1979 (insbesondere § 14 und von diesem vor allem Abs. 5), des PG 1965 (insbesondere §§ 4, 62 c) in Verbindung mit den Bestimmungen des DVG und des AVG über die Bescheiderlassung durch unrichtige Anwendung dieser Normen sowie durch unrichtige Anwendung der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.

Ausgehend von diesem Beschwerdepunkt ist primär zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin tatsächlich im Zeitpunkt der Ruhegenußbemessung bescheidmäßig in den Ruhestand gemäß § 14 BDG 1979 versetzt war oder nicht. Liegt kein Bescheid über die Ruhestandsversetzung der Beschwerdeführerin vor, so erübrigt sich jedenfalls eine Auseinandersetzung mit dem weiteren Beschwerdevorbringen, weil die im Beschwerdefall erfolgte Ruhegenußbemessung ausgehend von der Ruhestandsversetzung der Beschwerdeführerin mit "Bescheid vom 11. September 1996" mit Wirkung vom 30. September 1996 erfolgte.

Es ist daher primär die Frage des Bescheidcharakters der Erledigung vom 11. September 1996 zu prüfen.

Diese Erledigung trägt folgenden Kopf:

"Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft

Generaldirektion - Personalamt"

Die Fertigung lautet:

"Für den Bundesminister

P"

Der Verwaltungsgerichtshof hat mehrfach ausgesprochen, daß bei einem derartigen Widerspruch zwischen Kopf und Fertigungsklausel in einer derartigen Erledigung überhaupt kein Bescheid zu erblicken ist (vgl. beispielsweise die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. September 1996, Zl. 96/12/0287, oder vom 18. Dezember 1996, Zl. 96/12/0349, mit weiteren Literatur- und Judikaturangaben).

Nach § 14 Abs. 1 BDG 1979, BGBl. Nr. 333, - bezogen auf die im Beschwerdefall primär entscheidungswesentliche Problematik kann dahingestellt bleiben, ob ein Anwendungsfall nach § 236 a Abs. 1 BDG 1979 vorliegt oder nicht - ist der Beamte von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dauernd dienstunfähig ist. Die Versetzung in den Ruhestand wird nach Abs. 5 leg. cit. mit Ablauf des Monates, in dem der Bescheid rechtskräftig wird, oder mit Ablauf des darin festgesetzten späteren Monatsletzten wirksam.

Nach diesen gesetzlichen Bestimmungen ist daher für eine Ruhestandsversetzung nach § 14 BDG 1979 die Erlassung eines Bescheides unabdingbare rechtliche Voraussetzung.

Der im Beschwerdefall diesbezüglich ergangenen Erledigung vom 11. September 1996 kommt aber - wie auch die belangte Behörde einräumt - mangels einer entsprechenden Behördenbezeichnung keine Bescheidqualität zu. Ob die Beschwerdeführerin von der beabsichtigten Ruhestandsversetzung in Kenntnis war und diese von ihr - wie die belangte Behörde in der Gegenschrift ausführt - vorher nicht in Zweifel gezogen wurde, ist rechtlich nicht entscheidend. Voraussetzung für eine Ruhestandsversetzung im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses ist nämlich nicht die Willensübereinstimmung der Behörde und des betroffenen Beamten, sondern die Erlassung eines rechtsgültigen Bescheides. Erst dadurch tritt die Wirkung der Ruhestandsversetzung ein (vgl. in diesem Sinn auch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. März 1971, Slg. N. F. Nr. 7991/A).

Da der Erledigung vom 11. September 1996, auf der aufbauend die angefochtene Ruhegenußbemessung erfolgte, keine Bescheidqualität zukommt, befindet sich die Beschwerdeführerin rechtlich weiter im Aktivstand. Infolgedessen erweist sich der angefochtene Bescheid schon deshalb objektiv als inhaltlich rechtswidrig, weil der Ruhegenußbemessung bei Fortdauer des Aktivverhältnisses unrichtige Annahmen zugrunde gelegt worden sind.

Zu klären bleibt, ob der angefochtene Bescheid mangels wirksamer Versetzung der Beschwerdeführerin in den Ruhestand nicht überhaupt ins Leere geht, da ihm im Hinblick auf das aufrechte aktive Dienstverhältnis der Beschwerdeführerin keinesfalls die Wirkung zukommt, daß der Beschwerdeführerin nur die mit dem angefochtenen Bescheid bemessene Pension zusteht. Bei der gegebenen Verfahrenslage kann allerdings nicht von vornherein die Möglichkeit ausgeschlossen werden, daß die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt wird (vgl. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Februar 1997,

Zlen. 97/12/0003, 0004). Deshalb war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben. Eine Auseinandersetzung mit dem weiteren Beschwerdevorbringen erübrigt sich damit.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide Behördenbezeichnung Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Intimation Zurechnung von Bescheiden

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996120378.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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