TE Dok 2021/2/9 2020-0.722.032

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Veröffentlicht am 09.02.2021
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Norm

BDG 1979 §44 Abs1 iVm §79d iVm §91

Schlagworte

Dienstpflichtwidrige, rechtswidrige Ermittlungen,
rechtswidrige Einsichtnahme in Fahrbefehl

Text

Die Bundesdisziplinarbehörde hat am 09.02.2021 nach der am 09.02.2021 in Anwesenheit des Beamten, des Verteidigers, des Disziplinaranwaltes und der Schriftführerin durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Beamte ist schuldig,

1)

a)er hat in seiner Anzeige an das N.N., datiert mit N.N., A.A. Abneigung, Voreingenommenheit und rechtswidrige Erhebungen gegenüber seiner Person vorgeworfen, die zu einer rechtskräftigen disziplinären Verurteilung führten. Aus diesem Grund hat er seinerseits ohne Zuständigkeit dienstpflichtwidrige und rechtswidrige Ermittlungen während seiner Dienstzeit gegen die beiden leitenden Beamten A.A. und B.B.geführt,

b) er hat in einem Zeitraum von N.N. im Jahr N.N. im Zuge seiner rechtswidrigen Ermittlungen gegen B.B. wegen dessen Verwendung von Dienstkraftfahrzeugen zu den nachstehenden Fakten in die jeweiligen elektronischen Fahrbefehle rechtswidrig Einsicht genommen, weil dafür weder ein behördlicher Auftrag bestanden hat noch dienstliches – sondern nur privates - Interesse vorlag

             b.1.) Fakten 4 und 5, Einsichtnahme mit Bezug N.N.

             b.2.) Faktum 6, 10 und 11, Einsichtnahme mit Bezug N.N.

             b.3.) Fakten 16 und 17, Einsichtnahme mit Bezug N.N.

             b.4.) Fakten 26 und 27, Einsichtnahme mit Bezug N.N.

             b.5.) Fakten 36 und 37, Einsichtnahme mit Bezug N.N.

             b.6.) Fakten 46 und 47, Einsichtnahme mit Bezug N.N.

             b.7.) Fakten 52 und 53, Einsichtnahme mit Bezug N.N.

             b.8.) Fakten 62 und 63, Einsichtnahme mit Bezug N.N.

             b.9.) Fakten 68 und 69, Einsichtnahme mit Bezug N.N.

             b.10.) Fakten 74 und 75, Einsichtnahme mit Bezug N.N.

             b.11.) Fakten 80 und 81, Einsichtnahme mit Bezug N.N.

             b.12.) Fakten 90 – 95, Einsichtnahme mit Bezug N.N., bzw. N.N.

             b.13.) Fakten 110 und 111, Einsichtnahme mit Bezug N.N.

             b.14.) Fakten 115, 116, Einsichtnahme mit Bezug N.N.

             b.15.) Fakten 121 und 122, Einsichtnahme mit Bezug N.N.

d) (teilweise)

er hat auf der mit N.N. datierten Anzeige an das N.N. den Briefkopf der LPD N.N.verwendet, aus dem sowohl ein Hinweis auf seine Dienststelle als auch seine Funktion hervorgeht,

e)

er hat für seine rechtswidrigen privaten Ermittlungen im Jahre N.N.– ohne behördlichen Auftrag bzw. ohne dienstliche Zuständigkeit - dienstliche Ressourcen wie auch Kenntnisse, die er nur dienstlich erlangt haben kann, verwendet bzw. in Anspruch genommen (dienstlicher Zugang zu Datenanwendungen im Wege der zugewiesenen Geräte, Einsichtnahme FB, Verwendung von dienstlichen Emails wie z.B. Dienstzeiten des LKE)

 

er hat dadurch Dienstpflichtverletzungen gemäß § 44 Abs. 1 BDG i.V.m. DA Datenschutz-Datenschutzerlass – Durchführungsbestimmungen, sowie der Datensicherheitsvorschriften der LPD N.N. Pkt. 2.2., die DA „Kriminaldienstrichtlinie (KDR)“, die Kanzleiordnung zu als auch § 79d BDG i.V.m. § 91 BDG 1979 i.d.g.F. begangen.

Über den Beamten wird gemäß § 92 Abs. 1 Zi 2 BDG die Disziplinarstrafe einer Geldbuße im Ausmaß von € 4.000,- (in Worten viertausend) verhängt.

2)

Hingegen wird der Beamte von den Vorwürfen zu den Punkten

c)

er hat an nachfolgenden Tagen wegen seiner rechtswidrigen und von ihm persönlich dokumentierten Observation an der Zieladresse und der Fahrtstrecke zu seiner Dienststelle unmöglich zeitgerecht seinen Dienst angetreten haben, und zwar am

c.1.) N.N. von N.N. bis N.N. Uhr Dienst - die gezielte Beobachtung des B.B. erfolgte um N.N.Uhr in N.N., Fahrzeit zur damaligen Dienststelle (laut Google Routenplaner ca. 14 Minuten)

c.2.) N.N., N.N. bis N.N. Uhr Dienst – die gezielte Beobachtung des B.B. erfolgte um N.N., in N.N., Fahrzeit zur damaligen Dienststelle (laut Google Routenplaner ca. 14 Minuten)

c.3.) N.N., N.N. bis N.N. Uhr Dienst – die gezielte Beobachtung des B.B. erfolgte um N.N. in N.N., Fahrzeit zur damaligen Dienststelle (laut Google Routenplaner ca. 14 Minuten)

d) (teilweise)

er wollte durch die Anzeige vom N.N. offensichtlich den Eindruck erwecken, dass es sich um eine offizielle Anzeige der LPD NN handle, obwohl er in der rechtlichen Funktion als Privatperson Anzeige erstattete,

er hat dadurch Dienstpflichtverletzungen gemäß § 43 Abs. 2 BDG, § 48 BDG i.V.m. § 91 BDG 1979 i.d.g.F. begangen,

gemäß § 126 Abs. 2 BDG i.V.m. § 118 Abs. 1 Zi 2 BDG freigesprochen.

Dem Beamten erwachsen keine Kosten aus dem Verfahren gemäß § 117 BDG.

Begründung

Der Verdacht, Dienstpflichtverletzungen begangen zu haben, gründet sich auf die Disziplinaranzeige der Dienstbehörde sowie den Erhebungen der LPD N.N.

Sachverhalt

Vom Beamten werden in einem Schreiben an das N.N. gegen A.A. und B.B. neben Vorwürfen gerichtlich strafbarer Handlungen auch Vorwürfe von Dienstpflichtverletzungen erhoben

Die erhobenen Vorwürfe stehen offensichtlich im Zusammenhang mit dem gegen den Beamten unter GZ: N.N. bzw. unter N.N. und N.N. anhängig gewesenem Disziplinarverfahren bzw. wird von dem Beamten auch mehrmals ein diesbezüglicher Bezug hergestellt. Ein Teil der in diesem Disziplinarverfahren dem Beamten zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen wird von dem Beamten nunmehr auch im Verhalten der beiden leitenden Beamten erblickt.

Die beiden leitenden Beamten wurden hinsichtlich der vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen um Abgabe von Stellungnahmen ersucht und sind diesem Ersuchen nach Akteneinsicht auch nachgekommen. Aus den Stellungnahmen ergeben sich gegen den Beamten sowohl strafrechtlich als auch dienstrechtlich relevante Vorwürfe, welche einer Prüfung unterzogen wurden.

Hinsichtlich der strafrechtlichen Vorwürfe erfolgte eine Aktübersendung an das N.N. und wurde do. zu dem gegen die beiden N.N. anhängigen Akt protokolliert und der StA N.N. nachgereicht. Der dzt. Verfahrensstand gegen den beamten ist nicht bekannt.

Den Ausführungen des Beamten in dem von ihm übermittelten Aktenkonvolut folgend dürfte der Grund für seine privat motivierten Kontrollen/Prüfungen ausschließlich die Disziplinaranzeige des A.A. gegen seine Person sowie die Zeugenaussage von B.B. im Zuge der Disziplinarverhandlung bzw. die Würdigung des Sachverhaltes durch die Disziplinarkommission sein.

                                                                                      

Verantwortung:

Zu den durchgeführten Kontrollen der elektronischen Fahrbefehle gibt er Beamte an, dass es sich um keine Kontrolle, sondern eine Nachschau gehandelt habe. Die vorwiegend durch B.B. verwendeten Dienst-Kfz seien ihm von seiner Dienstzeit beim N.N. bekannt gewesen. Bei dem elektronischen Fahrbefehl handle es sich nicht um personenbezogene oder sonstige sensible Daten. Der Einstieg sei von der Startseite der LPD N.N. für jeden Bediensteten neben zahlreichen, datenschutzrechtlich offensichtlich unbedenklichen Evidenzen möglich.

Hinsichtlich der durchgeführten Kontrollen am N.N. und N.N., welche teilweise kurz vor Dienstantritt des Beamten durchgeführt wurden gab der Beamte an, dass lt. Routenplaner von einer Fahrzeit von ca. 12 Minuten auszugehen sei und dass aufgrund der guten Verkehrslage und optimalen Ampelschaltung in konkreten Fällen die übliche Fahrzeit unterschritten wurde und er rechtzeitig seinen Dienst angetreten habe.

Der Beamte führt weiter an, dass es sich bei dem Schreiben an das N.N. um keine privat motivierte Beschwerde mit dem Ersuchen um strafrechtliche/dienstrechtliche Überprüfung handelt. Der Vorwurf, dass das Schreiben den Eindruck einer offiziellen Anzeige der LPD N.N. erwecke, sei für ihn nicht nachvollziehbar. In seiner Eigenschaft als Bundesbediensteter habe er eine Meldung über einen überprüfenswerten Sachverhalt dem N.N. weitergeleitet. Die Eingabe sei nicht in der Dienstzeit verfasst und dienstliche Ressourcen seien nicht verwendet worden.

Mündliche Disziplinarverhandlung:

Mit Bescheid wurde das ordentliche Disziplinarverfahren eingeleitet und die mündliche Verhandlung für 09.02.2021 anberaumt und durchgeführt.

Der Senat hat dazu erwogen:

§ 44 Abs. 1 BDG: der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen, und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen.

Dienstanweisung „Anfragen – EKIS, IAP und sonstige zentrale Evidenzen Pkt. III.1.:

Demnach dürfen Abfragen nur gestellt werden, wenn dies zu Erfüllung der jeweiligen Aufgaben rechtlich erlaubt, sachlich erforderlich und vom Umfang her notwendig ist.

Entsprechend den vor 15.01.2020 gültigen Datensicherheitsvorschriften der LPD N.N. Pkt. 2.2. dürfen personenbezogene Daten nur auf Grund von generellen oder speziellen Aufträgen von Organen der LPD N.N. oder des N.N. im Rahmen der durch die Zuständigkeitsregelung erfolgten Aufgabenstellung verarbeitet werden, soweit dies jeweils zur Besorgung einer gesetzlichen Aufgabe erforderlich ist (Auftragsprinzip).

Die Dienstanweisung Datenschutz-Datenschutzerlass 2018 – Durchführungsbestimmungen Pkt. 3.2.:

Diese beinhaltet, dass personenbezogene Daten alle Informationen sind, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Als identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, ……. identifiziert werden kann.

Dienstanweisung betreffend „Kriminalpolizeiliche Amtshandlungen“ sowie „Kriminaldienstrichtlinie (KDR)“ vom N.N.

II.5. N.N.: Dem Referat obliegen:

1. Ermittlungen gegen Bedienstete der Landespolizeidirektion N.N., die im Verdacht stehen, vorsätzlich gerichtlich strafbare Handlungen oder strafbare Handlungen nach dem 22. Abschnitt des StGB (§§ 302 – 313 StGB) begangen zu haben 

Kanzleiordnung, Pkt I.5.4.3

Schriftliche Erledigungen der Behörde haben zu enthalten: Briefkopf, Name und Telefonnummer des Sachbearbeiters, Email-Adresse der Dienststelle, Name und Adresse des Empfängers etc.

§ 79 d BDG: Die IKT-Infrastruktur darf von den Beamten grundsätzlich nur für dienstliche Zwecke genutzt werden. In einem eingeschränkten Ausmaß ist auch die private Nutzung der für den Dienstbetrieb zur Verfügung stehenden IKT-Infrastruktur erlaubt, sofern sie nicht missbräuchlich erfolgt.

Zum Schuldspruch zu den Punkten a), b), teilweise d) und e):

Der Senat ist nach Durchführung des Beweisverfahrens zu dem Erkenntnis gelangt, dass der Beamte die ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen schuldhaft begangen hat.

Die Feststellungen ergeben sich aus der eindeutigen Aktenlage, dem Ergebnis der Beweisaufnahme und dem teilweisen Geständnis des Beamten.

Dienstpflichtverletzung nach § 44 Abs. 1 BDG i.V.m. den oben angeführten Dienstanweisungen, sowie § 79d BDG:

Gemäß § 44 Abs. 1 BDG hat der Beamte die Weisungen seiner Vorgesetzten zu befolgen. Dies bedeutet, dass er sowohl die vom Bundesministerium für Inneres verlautbaren Erlässe, sowie die schriftlichen Befehle seiner zuständigen Dienstbehörde und mündliche Befehle seiner Vorgesetzten zu befolgen hat.

Gerade die Befolgung von Weisungen ist in einer Sicherheitsbehörde Voraussetzung dafür, dass eine dem gesetzlichen Auftrag entsprechende Erfüllung der sicherheits- und kriminalpolizeilichen Aufgaben garantiert werden kann. Die Polizei ist ein militärisch organisiertes Konstrukt, das durch das Instrument der Weisung abgesichert ist und nur Einhaltung von Weisungen funktioniert. Wenn ein Polizeibeamter, dem kraft Gesetzes und interner Weisungen ein besonders vorschriftengetreues Verhalten vorgeschrieben wird und zu dessen allgemeinen dienstlichen Obliegenheiten die Befolgung interner Weisungen gehört, so ist dieses Verhalten zweifellos geeignet, seine Loyalität und seinen Respekt gegenüber den Vorgesetzten und den Kollegen, aber auch seine Grundeinstellung zum Verwaltungsapparat und sein Pflichtbewusstsein in Frage zu stellen. Welche Motivation für die Weisungsverstöße vorliegt ist völlig irrelevant, ob dies aus einer empfundenen unfairen Behandlung heraus erfolgte, aus einem möglichen Gerechtigkeitsempfinden oder aus sonstigen privaten Beweggründen erfolgte.

Die vorliegenden Dienstpflichtverletzungen stellen Weisungsverstöße nach dem BDG dar und unterlagen nicht der gerichtlichen Strafbarkeit. Der Beamte hat bei diesen Anlastungen gegen die oben angeführte Dienstanweisung in mehreren Fällen verstoßen und somit dem Kernbereich seines engsten Pflichtenkreises zuwidergehandelt und ein disziplinär zu verfolgendes Verhalten gesetzt hat (VwGH 16.12.1997, 94/09/0034).

Die vom Beamten begangenen Dienstpflichtverletzungen sind grundsätzlich keine Bagatelldelikte. Der VwGH hat § 44 BDG als so „grundsätzliche Bestimmungen des Dienstrechts“ gesehen, dass er bei der „unberechtigten Ablehnung der Befolgung einer Weisung“ eine Disziplinarstrafe für „unbedingt erforderlich“ gehalten was nicht für die Verhängung der geringsten Disziplinarstrafe spricht und die Voraussetzung der „geringen Schuld“ in § 118 Abs. 1 Z 4 BDG als keinesfalls gegeben angenommen hat (VwGH 21.2.1991, 90/09/0180).

Der 1. Teil des Punktes a) betrifft die Motivation und Gemütsverfassung des Beamten, warum es überhaupt aus seiner Sicht zu „rechtswidrigen Ermittlungen seiner Vorgesetzten gegenüber seiner Person“ gekommen ist. Abneigung, Voreingenommenheit und auch die Ansicht bezüglich „rechtswidrige“ Erhebungen sind subjektive Empfindungen, die den Beamten nicht abzusprechen sind.

Hingegen ist die Reaktion auf diese Empfindungen gänzlich unangemessen und nicht mit der organisatorischen Zuständigkeit des N.N. als hierarchischer Verwaltungskörper in Einklang zu bringen. So steht es jedem Beamten frei, aus seiner Sicht rechtswidrige Vorgänge aufzuzeigen, wobei hier die vorgegebenen Anlaufstellen und Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Jedenfalls ist es unter keinen Umständen statthaft, in derartigen Fällen eigenständige Ermittlungen einzuleiten und durchzuführen. Dies ist einem Beamten mit 41jähriger Dienstzeit jedenfalls zuzumuten, dass er die einschlägigen Bestimmungen kennt und darauf vertrauen kann, dass die organisatorisch zuständigen Dienststellen die notwendigen Maßnahmen zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes treffen werden.

Wenn der Beamte Dienstpflichtverletzungen bzw. gerichtlich strafbare Tatbestände seiner Vorgesetzten wahrgenommen hat, so hätte er diese in Form eines Aktenvermerkes oder Berichtes an das N.N., welches für alle Bedienstete der LPD N.N. zuständig ist, weiterleiten müssen.

Aufgrund der dem Akt beiliegenden protokollierten Zugriffe auf den elektronischen FB ist eindeutig ersichtlich, dass die rechtswidrigen Einsichtnahmen in den FB – und damit Ermittlungen, sehr wohl in der Dienstzeit stattgefunden haben.

Zum § 109 BDG wird seitens des Senates folgendes ausgeführt: der Vorgesetzte, der auch die Dienstaufsicht hat, hat bei Vorliegen eines begründeten Verdachtes einer Dienstpflichtverletzung die zur vorläufigen Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Erhebungen zu pflegen und sodann unverzüglich bei der Dienstbehörde Disziplinaranzeige zu erstatten. Wenn auch der Verdacht von gerichtlich strafbaren Handlungen vorliegt, hat sich der Vorgesetzte jeder Enthebung zu enthalten und sofort der Dienstbehörde zu berichten.

Umgelegt auf den bereits abgeschlossenen Disziplinarfall, hat A.A. den Verdacht gehabt, dass Dienstpflichtverletzungen vorliegen und die dazu erforderlichen Erhebungen zur Klarstellung des Sachverhaltes getätigt. Dies war notwendig, um überhaupt überprüfen zu können, ob Dienstpflichtverletzungen vorliegen und der Verdacht bestätigt wird und wird vom Rahmen des § 109 BDG erfasst. Als sich daraus auch der Verdacht von gerichtlich strafbaren Handlungen ergeben, hat er – wie vorgesehen – den Sachverhalt der Dienstbehörde bekanntgegeben, die ihrerseits die Erhebungen fortgesetzt hat.

Zu Punkt b) die Einsichtnahmen in den elektronischen FB wird seitens des Senates angeführt, dass die die Zeugen C.C. und D.D. als informierte Vertreter der Behörde unter Wahrheitserinnerung aussagten, dass es sich beim elektronischen Fahrbefehl um eine Datenanwendung mit personenbezogenen Daten handelt, für deren Einsichtnahme jedenfalls ein entsprechender Rechtsgrund bzw. behördlicher Auftrag vorliegen muss. Für die Einsichtnahme in den elektronischen FB gelte dahernwie bei der PAD-Anfrage das Auftragsprinzip: Die Einsichtnahme selbst kann zwar ohne Passwort über das Intranet der LPD N.N. von jedem Bediensteten erfolgen, es bedarf jedoch eines behördlichen Auftrages zur Einsichtnahme in den FB, sei es, dass es sich um den Lenker des DienstKFZ handelt, der Gruppe, der das DienstKFZ zur Verfügung gestellt wurde oder um den Vorgesetzten. Jeder andere Bedienstete ohne Bezug zum angefragten DienstKFZ hat somit keinen behördlichen Grund, diese DienstKFZ über den FB anzufragen.

Da es sich um personenbezogene Daten handelt, darf nicht jeder Bedienstete nach Lust und Laune Einsicht nehmen. Ein behördliches Kennzeichen fällt unter personenbezogene Daten, da man daraus auf den Zulassungsbesitzer schließen kann. Es handle sich jedoch keinesfalls um sensible Daten. Die grundsätzliche Erlaubnis zur Verwendung einer Datenanwendung ist nicht gleichzusetzen mit dem rechtlichen Dürfen.

Zu diesem Punkt war der Beamte geständig.

Zum Punkt d) erfolgt ein teilweiser Schuldspruch, da der Beamte den Briefkopf der LPD N.N. für die Eingabe verwendete, obwohl schriftliche Erledigungen mit dem Logo der Behörde gem. der DA Kanzleiordnung Pkt. I.5.4.3. nur dieser Behörde vorbehalten sind. Auch diesbezüglich war der Beamte geständig und führte an, dass ihm ein Fehler unterlaufen wäre.

Zum Punkt e) wird angeführt, dass der Beamte nachweislich für seine privaten Nachforschungen dienstliche Ressourcen verwendet hat, dazu gehören der dienstliche Zugang zu Datenanwendungen im Wege der zugewiesenen Geräte, Einsichtnahme FB, Verwendung von dienstlichen Emails wie z.B. Dienstzeiten des LKE.

Diese dienstlichen Ressourcen stehen dem Beamten als Privatperson nicht zur Verfügung, jedoch hat er sich als Privatperson auf dieses dienstliche Wissen und über die dienstlichen Geräte wie Diensthandy und dienstlichen PC, Zugang zu den Daten und dienstlichen Emails verschafft.

Durch das Verhalten hat der Beamte mehrfach gegen Weisungen, vorliegendenfalls gegen Dienstanweisungen verstoßen, aber auch gegen § 79d BDG, indem er die von der Behörde zur Verfügung gestellte IKT-Infrastruktur für private Zwecke verwendete.

Zu den Freisprüchen c) und teilweise d):

Gemäß § 118 Abs. 1 BDG ist das Disziplinarverfahren durch Bescheid einzustellen, wenn

1.   der Beamte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung nicht begangen hat Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit ausschließen (Strafausschließungsgründe und Strafaufhebungsgründe) (Z 1)

2.   die dem Beamten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Dienstpflichtverletzung darstellt (Z 2)

3.   Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen (Verfolgungshindernisse) Z 3

4.   die Schuld des Beamten gering ist, die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und überdies die Bestrafung nicht geboten ist, um den Beamten von der Verletzung der Dienstpflichten abzuhalten oder Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken (Z 4).

Wie bereits oben ausgeführt, vertritt der Senat die Ansicht, dass die nachstehenden Anlastungen nicht erwiesen werden konnten, weshalb das Verfahren gemäß § 118 Abs. 1 Zi 2 BDG mit Freispruch beendet wurde.

Der Beamte wurde zum Punkt c) mit der Begründung freigesprochen, dass die Nichteinhaltung der Dienstzeit bzw. das Ausmaß einer eventuellen Nichteinhaltung der Dienstzeit nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden konnte. In der Disziplinaranzeige und im Einleitungsbescheid ist als Dienststelle die N.N. angeführt. Der Beamte gab in der mündlichen Verhandlung an, dass seine Dienststelle jedoch auf der N.N. gelegen ist und es sich dabei um eine kürzere Wegstrecke von N.N. zu seiner Dienststelle gehandelt hat. Er habe etwa 9 bis 10 Minuten benötigt, zudem herrschte um diese frühe Morgenstunde wenig Verkehr. Er hätte somit immer rechtzeitig den Dienst angetreten.

 

Hinsichtlich der Anlastung zu Punkt d) erfolgte teilweise ein Freispruch, weil die Absicht des Beamten, den Eindruck zu erwecken, dass es sich um eine offizielle Anzeige der LPD N.N. handle, nicht erwiesen werden konnte. Der Beamte gab bereits im Zuge der Befragung an, dass er als Privatperson agierte und ihm bei der Verwendung des Briefkopfes ein Fehler unterlaufen wäre.

Strafbemessungsgründe gemäß § 93 BDG:

Gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung; dabei ist jedoch darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Disziplinarbeschuldigten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Zu berücksichtigen sind aber auch die bisherigen dienstlichen Leistungen, sowie sein Verhalten im Dienststand und die Qualität der bisherigen Dienstleistung. Der erkennende Senat hat sich nach der jüngsten Judikatur des VwGH jedenfalls ein umfassendes Bild des Disziplinarbeschuldigten zu machen und dann eine Prognose zu stellen, inwieweit und in welchem Ausmaß eine Bestrafung notwendig ist. Für die Schwere der Dienstpflichtverletzung ist nicht nur maßgebend, in welchem objektiven Ausmaß gegen Dienstpflichten verstoßen, oder der Dienstbetrieb beeinträchtigt wurde, sondern es muss die Bestrafung grundsätzlich in einem angemessenen Verhältnis zum Unrechtsgehalt der Verfehlung stehen und sie muss spezial- und generalpräventiv erforderlich sein. Innerhalb des Schuldrahmens darf keine strengere Strafe verhängt werden, als sie aus Gründen der Spezialprävention notwendig erscheint (vgl. Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten3, 78 ff und ihr folgend das Erkenntnis des verstärkten Senates des VwGH vom 14.11.2007, 2005/09/0115).

Im konkreten Fall waren das Teilgeständnis, die gute Dienstbeschreibung und die zahlreichen Belobigungen mildernd zu werten.

Erschwerend wirkten jedenfalls eine disziplinarrechtliche einschlägige Vormerkung, das Vorliegen von mehreren Dienstpflichtverletzungen, wobei Punkt b) am schwersten wog – nämlich die Einsichtnahme in personenbezogene Daten über einen langen Zeitraum.

Aus spezialpräventiven Gründen, aber auch aus generalpräventiven Gründe war der Senat der Ansicht, dass die Verhängung einer so hohen Geldbuße notwendig war, um den Kollegen vor Augen zu führen, dass derartiges Verhalten rigoros sanktioniert wird und auch um dem Beschuldigten hoffentlich endgültig klarzumachen, dass die Einhaltung von Weisungen für den polizeilichen Apparat unumgänglich ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zuletzt aktualisiert am

20.05.2021
Quelle: Disziplinarkommissionen, Disziplinaroberkommission, Berufungskommission Dok, https://www.ris.bka.gv.at/Dok
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