Entscheidungsdatum
23.02.2021Index
82/04 Apotheken ArzneimittelNorm
ApG 1907 §10 Abs6Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Zirm über die Beschwerden der Mag. pharm. A. B., vertreten durch Mag. D. und der C-Apotheke KG, vertreten durch Dr. E. gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40 - Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht, vom 11.05.2020, Zl. MA 40-GR-1/2015, Zl. MA 40-GR-2/2016, Zl. MA 40-GR-3/2018 betreffend Konzessionserteilung nach dem Apothekengesetz (ApG) (Mitbeteiligte: Mag. pharm. F. G., vertreten durch Rechtsanwälte) nach Durchführung von mündlichen Verhandlungen am 14.12.2020 und am 29.1.2021 durch Verkündung
zu Recht e r k a n n t:
I. Den Beschwerden wird insofern stattgegeben, als Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides dahingehend abgeändert wird, dass das Konzessionsansuchen der Mag. pharm. F. G., geboren 1954, für den Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke am beantragten Standort
„Gebiet des … Wiener Gemeindebezirks, beginnend an der Kreuzung der H.-gasse mit der J.-straße – der H.-gasse folgend bis zur Mitte des derzeitigen Haupteinganges in das Haus H.-gasse 7, von dort bis zu einem Punkt, an der rechten Wand des Eingangsbereiches in das Haus, der 4 Meter von der Türe des Haupteinganges entfernt ist (dies ist der geplante Eingang in die Offizin der neuen Apotheke laut Plan der K. vom 7.4.2020); diesen Eingang in die Apothekenbetriebsstätte sowie die Betriebsstätte selbst jedenfalls mitumfassend, jedoch so, dass ein straßenseitig in der H.-gasse gelegener Eingang in die Betriebsstätte der neuen Apotheke nicht mehr im Standort derselben liegt; vom nördlichen Ende der Betriebsstätte in einer gedachten Linie bis zur nördliche Grenze der Adresse L.-gasse 10 – von dort der L.-gasse beidseitig folgend bis zur Kreuzung L.-gasse J.-straße – der J.-straße stadtauswärts folgend bis zum Hausstoß zwischen den Häusern J.-straße 82 und 84; der J.-straße stadteinwärts folgend bis zum Ausgangspunkt Kreuzung J.-straße/H.-gasse, in der J.-straße nur die dem Standort zugewandte Seite“,
mit der beantragten Betriebsstätte in Wien, H.-gasse 7, abgewiesen wird.
II. Die Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheides werden aufgehoben und die Angelegenheiten zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.
III. Gegen diese Entscheidung ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang
1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 11. Mai 2020 wurde mit Spruchpunkt I.) der mitbeteiligten Partei Mag. pharm. F. G. (im Folgenden: Mitbeteiligte) die Konzession zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke in Wien, H.-gasse 7, unter Festsetzung eines näherbezeichneten Standortes erteilt. Die Entrichtung der Apothekenkonzessionstaxe von EUR 1.186,50 sowie der Verwaltungsabgabe von EUR 327 wurden der Mitbeteiligten vorgeschrieben.
Unter einem wurde unter Spruchpunkt II.) das Ansuchen der Frau Mag. pharm. A. B. (im Folgenden: Erstbeschwerdeführerin) auf Erteilung der Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke in Wien, L.-gasse 1 und einem näherbezeichneten Standort abgewiesen.
Unter Spruchpunkt III.) wurde das Ansuchen der Frau Mag. pharm. M. P. auf Erteilung der Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke in Wien, L.-gasse 4, und einem näherbezeichneten Standort abgewiesen.
Der Bescheid wurde den drei Konzessionswerberinnen und den beeinspruchenden Apotheken der Umgebung, darunter auch die C-Apotheke KG (im Folgenden: Zweitbeschwerdeführerin), zugestellt.
2. Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl die Erstbeschwerdeführerin sowie die Zweitbeschwerdeführerin rechtzeitig Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien. Das Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin geht im Wesentlichen dahin, dass ihrem Antrag Priorität gegenüber jenem der Mitbeteiligten zukomme, da die Mitbeteiligte durch die Verlegung des geplanten Eingangs der Betriebsstätte eine die Sache in ihrem Wesen verändernde Antragsänderung vorgenommen habe und daher das Konzessionsansuchen der mitbeteiligten Partei abzuweisen gewesen wäre und ihr die Konzession für eine neu zu errichtende Apotheke erteilt hätte werden müssen. Es bestünde darüber hinaus auch kein Bedarf an der beantragten Apotheke der Mitbeteiligten, wenn man den geänderten Eingang zugrunde lege, da ein Abstand von 500 Meter zur Apotheke der Zweitbeschwerdeführerin nicht eingehalten werde.
Die Zweitbeschwerdeführerin macht zusammengefasst geltend, die von der Mitbeteiligten in Aussicht genommene Betriebsstätte sei de facto und de jure unmöglich bzw. nicht zulässig. Außerdem sei der Mindestabstand von 500 Meter nicht eingehalten, da jeder Eingang in das Haus H.-gasse 7 weniger als 500 Meter von der Apotheke der Zweitbeschwerdeführerin entfernt liege. Selbst aber wenn man den unzulässigen Eingang, welcher vier Meter in das Haus hineinversetzt liege, zugrunde lege, betrage der Abstand zwischen den beiden Betriebsstätten weniger als 500 Meter.
3. Die belangte Behörde erließ keine Beschwerdevorentscheidung und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Verwaltungsgericht Wien am 11. August 2020 vor.
4. Das Verwaltungsgericht verständigte die Mitbewerberin vom Eingang der Beschwerden und forderte diese zu einer Stellungnahme binnen zwei Wochen auf. Alle Parteien, mit Ausnahme der belangten Behörde, erstatteten im Verfahren weitere Schriftsätze, die den jeweils anderen Parteien zur Kenntnis gebracht wurden.
5. Mit Beschluss vom 6. November 2020 wurde Dipl. Ing. R. (MA 41) gemäß § 31 VwGVG zum Amtssachverständigen (im Folgenden: ASV) in Vermessungsfragen bestellt und damit beauftragt, die jeweils kürzeste fußläufige Entfernung zwischen den beiden Eingängen (Haupteingang und Seiteneingang) der bestehenden „C.-apotheke“ in Wien, N.-straße 49 und den drei bestehenden Eingängen in das Haus H.-gasse 7, Wien zu ermitteln.
6. Am 3. Dezember 2020 fand – einem entsprechenden Antrag der Mitbeteiligten folgend – eine Befundaufnahme für das zu erstellende Gutachten im Beisein der Parteien sowie der zuständigen Richterin durch den bestellten ASV statt. An der Begehung nahmen neben dem ASV und der zuständigen Richterin die Zweitbeschwerdeführerin, vertreten durch Mag. pharm. Dr. T. P. sowie den Rechtsvertreter, der Sachverständige DI S. der Zweitbeschwerdeführerin sowie die mitbeteiligte Konzessionswerberin teil.
7. Am 14. Dezember 2020 führte das Verwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher sämtliche Parteien außer der belangten Behörde, der ASV sowie Mag. U. von der Österreichischen Apothekerkammer teilnahmen. Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde der ASV mit einer Gutachtensergänzung beauftragt. Der ASV erstattet sein schriftliches Gutachten am 4. Jänner 2021.
8. Am 29. Jänner 2021 führte das Verwaltungsgericht eine weitere öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher sämtliche Parteien außer der belangten Behörde und der ASV teilnahmen. Das Ermittlungsverfahren wurde am Ende der mündlichen Verhandlung geschlossen und die Entscheidung wurde im Anschluss an die mündliche Verhandlung verkündet.
9. Sämtliche Parteien außer der belangten Behörde haben rechtzeitig einen Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG gestellt.
II. Sachverhalt
1. Das Verwaltungsgericht Wien legt seiner Entscheidung folgende Feststellungen zugrunde:
1.1. Die Mitbeteiligte stellte am 17. Juli 2015 ein Ansuchen um Erteilung einer Konzession zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke im …. Wiener Gemeindebezirk, wobei sich die in Aussicht genommene künftige Betriebsstätte in Wien, H.-gasse 7 befinden sollte. Unter einem wurden mit dem Ansuchen der beantragte Standort wie folgt bekanntgegeben:
„Gebiet des …. Wiener Gemeindebezirk, beginnend an der Kreuzung J.-straße/Q.-gasse – Q.-gasse bis zur Kreuzung mit der N.-straße – N.-straße über den O.-Platz bis zur Kreuzung mit der I.-gasse – I.-gasse Richtung Südosten bis zur Kreuzung mit der J.-straße – J.-straße Richtung Nordosten zurück zum Ausgangspunkt; sämtliche Straßenzüge beidseitig.“
Weiters wurden Unterlagen betreffend die persönliche und fachliche Eignung der Konzessionswerberin vorgelegt. Auch wurde eine Absichtserklärung des V. W. vom 1.7.2015 vorgelegt, in welcher dieser als Vermieter des Hauses H.-gasse 7, Wien der Mitbeteiligten in Aussicht stellt, dass er ihr im Falle eines positiven Bescheids bezüglich Apothekenkonzession das Geschäftslokal vermietet.
Mit Schriftsatz vom 4.5.2020 änderte die Mitbeteiligte den beantragten Standort der Apotheke auf: „Gebiet des …. Wiener Gemeindebezirks, beginnend an der Kreuzung der H.-gasse mit der J.-straße – der H.-gasse folgend bis zur Mitte des derzeitigen Haupteinganges in das Haus H.-gasse 7, von dort bis zu einem Punkt, an der rechten Wand des Eingangsbereiches in das Haus, der 4 Meter von der Türe des Haupteinganges entfernt ist (dies ist der geplante Eingang in die Offizin der neuen Apotheke laut Plan der K. vom 7.4.2020); diesen Eingang in die Apothekenbetriebsstätte sowie die Betriebsstätte selbst jedenfalls mitumfassend, jedoch so, dass ein straßenseitig in der H.-gasse gelegener Eingang in die Betriebsstätte der neuen Apotheke nicht mehr im Standort derselben liegt; vom nördlichen Ende der Betriebsstätte in einer gedachten Linie bis zur nördliche Grenze der Adresse L.-gasse 10 – von dort der L.-gasse beidseitig folgend bis zur Kreuzung L.-gasse J.-straße – der J.-straße stadtauswärts folgend bis zum Hausstoß zwischen den Häusern J.-straße 82 und 84; der J.-straße stadteinwärts folgend bis zum Ausgangspunkt Kreuzung J.-straße/H.-gasse, in der J.-straße nur die dem Standort zugewandte Seite“. Die Adresse der Betriebsstätte blieb unverändert. Sie legte jedoch einen Plan der K. vom 7.4.2020 vor, der die genaue Lage der Betriebsstätte samt Eingang (erstmals) konkretisiert.
1.2. Die Erstbeschwerdeführerin stellte am 3. Oktober 2016 ein Ansuchen um Erteilung der Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke in Wien, L.-gasse 1, und den Standort „Gebiet im …. Wiener Gemeindebezirk, beginnend an der Kreuzung X.-straße/N.-straße, die N.-straße Richtung Nord-Osten folgend und den O.-Platz in gerader Richtung bis zur N.-straße überquerend, die N.-straße weiter Richtung Nord-Osten folgend bis zur Kreuzung mit der Q.-gasse, die Q.-gasse Richtung Süd-Osten folgend bis zur Kreuzung mit der Z.-straße, die Z.-straße Richtung Nord-Osten folgend bis zur Kreuzung mit der Y.-straße, die Y.-straße Richtung Süd-Osten folgend und in gerader Linie weiter über die Ab.-brücke und den Verlauf der Ab.-brückenrampe bis zur Ac.-straße, die Ac.-straße Richtung Süd-Westen folgend bis zur Kreuzung mit der Ad.-gasse, von dort eine gedachte Linie zurück zum Ausgangspunkt, sämtliche Straßenzüge beidseitig“.
Die Erstbeschwerdeführerin änderte die von ihr beantragte Betriebsstätte sowie den Standort mit Schreiben vom 15. Jänner 2021, eingelangt am 19. Jänner 2021, auf H.-gasse 5, Wien mit dem Standort „Gebiet im …. Wiener Gemeindebezirk, die H.-gasse von Hausnummer 5 bis Hausnummer 1 (diese Gebäude jeweils mitumfassend), die J.-straße von Hausnummer 70 bis Hausnummer 82 (diese Gebäude jeweils mitumfassend), sowie die L.-gasse von Hausnummer 1 bis Hausnummer 5 (diese Gebäude jeweils mitumfassend), sämtliche genannten Straßenzüge beidseitig“. Gleichzeitig legte sie eine Verfügbarkeitsbestätigung vor, wonach der Eigentümer der Liegenschaft H.-gasse 5, Wien die Bereitschaft zur Vermietung an die Erstbeschwerdeführerin für den Fall der Konzessionserteilung bestätigt.
1.3. Am 5. November 2018 suchte Frau Mag. pharm. M. P. um Erteilung der Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke in Wien, L.-gasse 4, und den Standort „Gebiet im …. Wiener Gemeindebezirk beginnend an der Kreuzung X.-gasse/Z.-straße, die X.-gasse Richtung Süd-Osten folgend bis zur J.-straße, weiter in gedachter gerader Richtung über die Bahnlinien bis zur Kreuzung Ac.-straße/Ad.-gasse, die Ac.-straße in Richtung Nord-Osten folgend bis zur Kreuzung mit der Af.-gasse, von dort den Verlauf der Af.-gasse folgend bis zur Kreuzung mit der Ag.-gasse, die Ag.-gasse Richtung Nord-Osten folgend bis zum Ak.-platz, den östlichen Häuserzeilen des Ak.-platzes folgend bis zur Al.-gasse, den Verlauf der Al.-gasse Richtung Süd-Osten folgend bis zur Am.-Straße, die Am.-Straße Richtung Nord-Osten folgend bis zur Kreuzung mit der An.-straße, die An.-straße Richtung Nord-Westen und in gedachter gerader Linie bis zur Kreuzung J.-straße/Ap.-gasse, die Ap.-gasse in Richtung Nord-Westen folgend bis zur Kreuzung mit der Z.-straße, die Z.-straße Richtung Süd-Westen folgend bis zum Ausgangspunkt, sämtliche Straßenzüge beidseitig“.
1.4. Alle Ansuchen wurden im Amtsblatt zur Wiener Zeitung verlautbart. Die belangte Behörde holte ein Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer gemäß § 10 Abs. 7 ApG zur Frage des Bedarfs an der Apotheke der Mitbeteiligten ein. Das diesbezügliche Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer vom 18. Oktober 2017 kommt zu dem Ergebnis, dass ein Bedarf an der beantragten Apotheke unter Einschränkung des beantragten Standorts bestehe, da allen umliegenden bestehen Apotheken ausreichend Versorgungspotential verbleiben würde und die Entfernung der beantragten Betriebsstätte zu allen bestehenden Betriebsstätten mehr als 500 Meter betrage.
1.5. In Ihrer Stellungnahme vom 22. Juni 2018 kommt die Österreichische Apothekerkammer zu dem Ergebnis, dass kein Bedarf an einer Erteilung der Konzession an die Erstbeschwerdeführerin bestehe, wenn man von einer Verfahrensgemeinschaft und einem prioritären Ansuchen der Mitbeteiligten ausgeht. Die beantragte Apotheke der Erstbeschwerdeführerin liege nämlich jedenfalls unter 500 Meter von jener der Mitbeteiligten entfernt und seien keine besonderen örtlichen Verhältnisse iSd § 10 Abs. 6 ApG gegeben, die eine Unterschreitung der 500 Meter rechtfertigen könnten. Für das Ansuchen der Mag. pharm. M. P. wurde keine gesonderte Stellungnahme der Österreichischen Apothekerkammer von der belangten Behörde eingeholt.
1.6. Der geplante Eingang in das Apothekenbetriebslokal der Mitbeteiligten wurde mit Schriftsatz der Mitbeteiligten vom 4. Mai 2020 näher bezeichnet. Er ist (noch) nicht existent und soll im Gebäudeinneren der H.-gasse 7, Wien entstehen. Und zwar soll sich der Apothekeneingang, wenn man durch den südlichsten Hauseingang des Gebäudes H.-gasse 7 in das Hausinnere geht, nach vier Metern (gerechnet von der Baulinie) auf der rechten Seite befinden. Dazu soll ein Durchbruch der dort derzeit bestehenden Wand im Flurbereich in das Geschäftslokal erfolgen.
1.7. Die Apotheke der Zweitbeschwerdeführerin befindet sich an der Adresse N.-straße 49, Wien und verfügt über zwei apothekenbetriebsrechtlich genehmigte Eingänge, die beide über sämtliche Vorrichtungen nach der ABO 2005 verfügen. Der „Eckeingang“ liegt in der Ar.-gasse und ist zur beantragten Apotheke der Mitbeteiligten näher gelegen.
1.8. Der geplante Eingang in das Apothekenbetriebslokal der Mitbeteiligten liegt 496,75 Meter Fußweg vom Eckeingang der Apotheke der Zweitbeschwerdeführerin in der Ar.-gasse entfernt. Die beiden Geschäftseingänge des Hauses H.-gasse 7 weiter nördlich sind 478,25 bzw. 475,95 Meter entfernt.
1.9. Auf der Homepage der As. scheint unter „Projekte in Planung“ das Projekt „Wien J.-straße“ auf. Es handle sich um eine Entwicklungsfläche von 70.000m² mit einer Nutzung „Nutzungsmix mit Schwerpunkt Wohnen“. Als Projektbeschreibung ist folgender Text zu lesen: „Die Stadtentwicklung begann 2002 mit einem städtebaulichen Wettbewerb für das gesamte Areal, wobei als erste Maßnahme in den Jahren 2008 – 2011 die At. mit einem neuen Hotel- und Bürogebäude unmittelbar neben dem Au. realisiert wurde.“
1.10. Dieses Projekt wird weder als aktuelles Vorhaben noch als abgeschlossenes Projekt von der Stadtentwicklung Wien MA 21 geführt. Auf dem Areal der As. an der J.-straße befindet sich derzeit eine Bausperre gemäß § 8 Abs. 1 Bauordnung für Wien. Die Eigentümerin der Fläche As. hat noch keinen Antrag an die Stadt Wien gestellt, welcher für eine eventuelle Änderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes erfolgen müsste.
1.11. Rund um die in Aussicht genommene Betriebsstätte und des als Siedlungsgebiet von der Mitbeteiligten genannten As.-Areals bestehen jedenfalls sechs Apotheken, die C.-Apotheke, die Av.-Apotheke, die Ax.-Apotheke, die Az.-apotheke, die Ba.-Apotheke, die Be.-apotheke. Im gesamten Bezirk bestehen sogar … Apotheken. In ganz Wien gibt es 330 öffentliche Apotheken (Stand 31.12.2019). Die Bevölkerungszahl des …. Wiener Gemeindebezirks beträgt mit Stand 1/2020 …. Personen.
2. Diese Feststellungen ergeben sich aus folgender Beweiswürdigung:
2.1. Das Verwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Verwaltungsakten, Würdigung der Beschwerde- und Parteivorbringen samt vorgelegter Vermessungsgutachten, Einholung eines Amtssachverständigengutachtens des DI R. samt Befundaufnahme vor Ort, Durchführung von mündlichen Verhandlungen am 14. Dezember 2020 und am 29. Jänner 2021 sowie Einholung von Information zur Bevölkerungsstatistik im …. Wiener Gemeindebezirk auf der Homepage der der Stadt Wien sowie zur Anzahl und Lage der Apotheken mit Hilfe von Apothekenverzeichnissen der Österreichischen Apothekerkammer und Google-Maps. Die geografische Lage und das Umfeld der beantragten Apotheke ergeben sich ebenfalls aus einem Einblick in Google-Maps, den Stadtplan von Wien und dem Flächenwidmungs- und Bebauungsplan von Wien.
2.2. Die Feststellungen betreffend der drei Apothekenansuchen und Inhalte (Betriebsstätten, Standorte) sind unstrittig und ergeben sich aus dem Akteninhalt. Die Änderung des beantragten Standorts durch die Mitbeteiligte ergibt sich aus ihrem Schriftsatz vom 4. Mai 2020, die Änderung der Betriebsstätte und des Standortes durch die Erstbeschwerdeführerin ergibt sich aus ihrem Schriftsatz vom 15. Jänner 2021.
2.3. Das Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer vom 18. Oktober 2017 zum Bedarf an der Apotheke der Mitbeteiligten sowie die Stellungnahme der Österreichischen Apothekerkammer vom 22. Juni 2018 zum Ansuchen der Erstbeschwerdeführerin sind Aktenbestandteil.
2.4. Der geplante Eingang in die beantragte Apotheke der Mitbeteiligten ergibt sich wie folgt: Die Mitbeteiligte hat in ihrem Konzessionsansuchen als Betriebsstätte H.-gasse 7, Wien genannt. Das Gebäude H.-gasse 7 verfügt über drei Eingänge, von welche sich zwei an der nördlichen Gebäudefront befinden und einer an der südlichen. Der südlichste Eingang ist der allgemeine Hauszugang durch den über einen allgemeinen Flur sämtliche Wohneinheiten/Räumlichkeiten/Innenhof des Gebäudes betreten werden. Einer der nördlichen Eingänge ist vermauert, der andere führt in das im Erdgeschoß liegende Geschäftslokal, in dem sich auch die Apothekenbetriebsstätte befinden soll. Die Mitbewerberin hat mit Schriftsatz vom 4. Mai 2020 einen Plan der K. vom 7.4.2020 vorgelegt, in welchem der Eingang in die Offizin vier Meter vom südlichsten Gebäudeeingang ins Hausinnere versetzt liegen soll. Der angenommene Eingang ergibt sich daher aus dem vorgelegten Plan der Mitbeteiligten.
2.5. Die Lage und Adresse der bestehenden Apotheke der Zweitbeschwerdeführerin ergeben sich aus Google-Maps, dem Apothekenverzeichnis der Österreichischen Apothekerkammer und einem Ortsaugenschein. Die bestehenden Eingänge wurden vor Ort besehen und wurde der Eckeingang in der Ar.-straße mit Bescheid der MA 40 vom 9. August 2018, MA 40 – GR – 4/2017 betriebsanlagenrechtlich genehmigt.
2.6. Die Feststellung zur Entfernung zwischen dem Eingang der beantragten Apotheke und dem Eingang der Apotheke der Zweitbeschwerdeführerin ergibt sich wie folgt:
Schon im behördlichen Verfahren wurden von den Parteien mehrere Vermessungsgutachten zur Frage des Abstands zwischen der C.-Apotheke und der Betriebsstätte der beantragten Apotheke vorgelegt, die zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen; so das Gutachten des Ingenieurbüros für Vermessungswesen Ing. Bi. vom 12.10.2018 (Abstand 465,02 Meter), und jenes der Dipl. Ing. Bo. vom 28.1.2019 (Abstand 504,21 Meter). Zur Objektivierung des tatsächlichen Abstands wurde durch die belangte Behörde eine Vermessung durch die MA 41 veranlasst. Diese Messung ergab laut Gutachten vom 27.5.2019 481,90 Meter (Aktenseite 197). Wie aus der Planbeilage ersichtlich ist, lag der Endpunkt dieser letztgenannten Entfernungsmessung dabei nicht beim Hauseingang H.-gasse 7 am südlichen Ende des Hauses, sondern an einem der nördlicheren Eingänge des Hauses H.-gasse 7. Die Mitbeteiligte legte hierzu ein ergänzendes Gutachten der Dipl. Ing. Bo. vom 6.9.2019 vor, wonach die tatsächliche Entfernung zwischen der C.-Apotheke und der H.-gasse 7 um 22,32 m länger sei, als von der Magistratsabteilung 41 vermessen. Dem Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer vom 18. Oktober 2017 ist lediglich zu entnehmen, dass das 500-Meter-Kriterium erfüllt ist. Die Auskunft der MA 18 zum Abstand zwischen den fraglichen Apotheken vom 23.11.2015 lautete „ca. 500 Meter“. Schließlich führte die belangte Behörde auch selbst eine Messung mittels Messrad (und unterschiedlichen Messergebnissen) durch und kam in ihrer Bescheidbegründung letztlich gestützt auf die Vermessung der MA 41, dem vorgelegten Plan der Mitbeteiligten vom 4.5.2020 und eigenen Berechnungen zum Ergebnis, dass der Abstand von 500 Meter gegeben sei.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist maßgeblicher Messpunkt der von der Betriebsstätte der Apotheke ausgehenden Entfernungen jener Eingang, an dem sich die gemäß § 25 ABO 2005, BGBl. II Nr. 65/2005, erforderlichen Einrichtungen (Nachtglocke, Hinweisschilder, Bereitschaftsdienstausgabe) befinden (VwGH 28.05.2013, 2010/10/0118 mit Verweis auf VwGH 3.10.2008, 2007/10/0266). Dementsprechend war als Ausgangspunkt der Vermessung der Eckeingang der C.-Apotheke zu wählen, welcher über sämtliche genannten Einrichtungen verfügt und apothekenbetriebsrechtlich durch den Bescheid der MA 40 vom 9. August 2018, MA 40 – GR – 4/2017 genehmigt ist. Demgegenüber hat etwa die Österreichische Apothekerkammer laut der Auskunft des Vertreters in der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 2020 noch den weiter entfernten Eingang der C.-Apotheke in der N.-straße ihrem Bedarfsgutachten vom 18. Oktober 2017 zugrunde gelegt (was nur schlüssig erscheint, da der Eckeingang 2017 noch nicht existierte). Als Endpunkt der Messung kann nur jener von der Konzessionswerberin geplante Eingang dienen.
Für die Ermittlung der Mindestentfernung nach § 10 Abs. 2 Z 2 ApG maßgebend ist grundsätzlich – sofern nicht besondere Umstände dagegensprechen – der kürzeste Fußweg, der durch Messung in der Mitte der betreffenden Verkehrsflächen zu bestimmen ist, und zwar jener Verkehrsflächen, deren Benützung die Verkehrsvorschriften für Fußgänger vorschreiben, nämlich Gehsteige oder Gehwege (§ 76 Abs. 1 StVO) und – nach Maßgabe des § 76 Abs. 6 StVO – Schutzwege (VwGH 28.05.2013, 2010/10/0118 mwN).
Es ist sohin grundsätzlich (sofern nicht besondere Umstände dagegensprechen) der kürzeste, StVO-konforme Fußweg zwischen den Eingängen zu ermitteln, welcher durch Messung in der Mitte der Verkehrsflächen zu bestimmen ist. Dabei ist auch § 76 Abs. 5 StVO zu berücksichtigen, welcher vorschreibt, dass bei Straßenüberquerungen außerhalb von Schutzwegen die kürzeste Wegstrecke zu wählen ist.
Da sämtliche im verwaltungsbehördlichen Verfahren durchgeführte bzw. vorgelegte Vermessungen/Vermessungsgutachten diesen Anforderungen nicht entsprachen, weil der falsche Anfangs- oder Endpunkt bzw. nicht die kürzeste und StVO-konforme Messstrecke und Berücksichtigung auch sonstiger Umstände gewählt wurde, bestellte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 6. November 2020 Dipl. Ing. R. gemäß § 31 VwGVG zum Amtssachverständigen in Vermessungsfragen und beauftragte ihn (zunächst) damit, die jeweils kürzeste fußläufige Entfernung zwischen den beiden Eingängen (Haupteingang und Eckeingang) der bestehenden „C.-Apotheke“ in Wien, N.-straße 49 und den drei bestehenden Eingängen in das Haus H.-gasse 7, Wien zu ermitteln. Dieser Gutachtensauftrag wurde sodann auf den Eckeingang der C.-Apotheke eingeschränkt, da dieser, wie bei der Befundaufnahme festgestellt werden konnte, über alle erforderlichen Einrichtungen verfügt. Die drei Messendpunkte wurden deshalb festgelegt, um ggf. auch eine geänderte Bedarfslage durch die von den Beschwerdeführerinnen behauptete Verlegung der Betriebsstätte durch die Mitbeteiligte feststellen zu können.
DI R. ist seit 1995 bei der MA 41 in der technischen Vermessung tätig. Er hat die Entfernungsmessung von Fußwegstrecken bereits mehrmals für das Verwaltungsgericht Wien vorgenommen.
Die Vermessung durch den ASV beruht auf einem Ortsaugenschein, bei dem die tatsächlichen Gegebenheiten in der Natur mit den Parteien besichtigt wurden. Gemessen wurde auf Basis der Mehrzweckkarte der Stadt Wien. Die Mehrzweckkarte wird in einem Zyklus von 3-4 Jahren aktualisiert. Im gegenständlichen Fall ist die Mehrzweckkarte aktuell und entspricht den tatsächlichen Gegebenheiten. Es mussten sohin vom ASV keine Korrekturen vorgenommen werden. Bereits im Jahr 2019 wurden vom ASV die Geschäftseingänge in das Haus H.-gasse 7 vermessen und in die Karte eingezeichnet. Die Karte beruht auf einer tachymetrischen Vermessung, das heißt es liegt eine Genauigkeit von jedenfalls wie im Gutachten angegeben plus minus 10 Zentimeter vor. Tatsächlich ist sogar eine Nachbargenauigkeit zwischen zwei Punkten von 2 Zentimeter gegeben (vgl. VH-Protokoll vom 14.12.2020, Seite 4f).
Die vom ASV durchgeführte Messung beginnt bei der Baulinie der C.-Apotheke Eckeingang, das heißt die Strecke zum zurückversetzten Eingang wurde vom ASV nicht berücksichtigt. Diese Strecke beträgt nicht mehr als 1,5 Meter, was auch von der Mitbeteiligten in der mündlichen Verhandlung so vorgebracht wurde (vgl. VH-Protokoll vom 14.2.2020, Seite 3 und Beilage zum VH-Protokoll, wobei hier 1,7m eingezeichnet wurden). Auch beim Endpunkt der Messung in der H.-gasse 7 konnte nur die Mitte der Baulinie/Gebäudefront angenommen werden und wären dort laut ASV in etwa 0,6 Meter bis zur derzeit bestehenden Holztüre des südlichsten Eingangs (Planbeilage des ASV-Gutachtens EG 3) hinzuzurechnen.
Die Messung führt sohin von der Gebäudefront Mitte des Eckeingangs der C.-Apotheke am Gehsteig die Ar.-straße Richtung Süden. Bei der erstmaligen Kreuzung der Straße nach dem U-Bahnausgang Y.-straße wurde, wie auch von der Mitbeteiligten mittels Lichtbild in der Verhandlung vom 14.12.2020 gezeigt, zunächst knapp beim U-Bahn-Ausgang vorbeigemessen. Diese Messung und die Wegführung wurde vom ASV im Weiteren korrigiert, wodurch sich die Messstrecke insgesamt um 30cm verlängerte (vgl. die vergrößerte Darstellung beim U-Bahnausgang als Beilage zum Gutachten), nunmehr aber ausreichend Abstand (ca. 50cm) zu den Pollern eingehalten wird.
Es wurde weiter die Ar.-straße nach dem U-Bahnausgang am kürzesten Weg im rechten Winkel überquert. Sämtliche Messgutachten mit Ausnahme jenes des Ing. S. vom 1.11.2020, vorgelegt von der Zweitbeschwerdeführerin, gingen bis dahin von einer Überquerung der Ar.-straße weiter südlich, erst bei der Kreuzung mit der Z.-straße aus, was die Wegstrecke verlängerte. Wie die erkennende Richterin bei der Befundaufnahme durch den ASV vor Ort feststellte, war die Überquerung der Ar.-straße nach dem U-Bahnausgang jedoch nicht nur die kürzere Fußstrecke, sondern auch die lebensnähere und sicherere Überquerungsmöglichkeit, da nur eine Fahrbahn durch den Fußgänger im Auge zu behalten ist und nicht eine ganze Kreuzung (wie bei einer Überquerung bei der Kreuzung mit der Z.-straße). Schutzwege sind da wie dort nicht vorhanden.
Nach der Überquerung wurde weiter in der Mitte des Gehsteigs entlang bis zur Z.-straße gemessen, wobei der ASV in der mündlichen Verhandlung plausibel ausführte, dass bei der Messung der Gehsteigmitte nicht sämtliche Vorsprünge oder Ausbuchtungen berücksichtigt werden, da sonst in Schlangenlinie bzw. stufenförmig der Gehsteig begangen werden müsste. Er legte daher die Gehsteigbreite zugrunde, die überwiegend auf diesem Streckenstück vorliegt (VH-Protokoll 14.12.2020, Seite 5). In der Z.-straße führt der Messweg weiter Richtung Westen auf der Mitte des Gehsteiges. Das von der Mitbeteiligten vorgebrachte Bushalteschild samt Mistkübel wird bei der vom ASV gemessenen Wegführung nicht berührt bzw. geht man an diesem Bushalteschild auf der linken Seite problemlos vorbei. Zu einer Abweichung von der geraden Gehstrecke muss es deshalb nicht kommen. Zu einer solchen Abweichung kommt es bei der nächsten Kreuzung der Q.-gasse. Dort gibt es einen Betonklotz. Es wurde an diesem links vorbeigegangen und dann wieder auf die Mitte des Gehsteigs zurückgekehrt. Bei der Überquerung der Bu.-gasse wurde bei der Gehsteigausbuchtung die Straße wieder am kürzesten Weg im rechten Winkel überquert.
Am für Fußgänger und Radfahrer gemeinsam zu benützenden Geh-und Radweg nach der Bu.-gasse, welcher breit angelegt ist und geschwungen verläuft, wurde nicht die Mitte der Verkehrsflächen für die Messung herangezogen, sondern der kürzeste Weg gewählt, nämlich diagonal bis zur Grünfläche, ohne jedoch die Grünfläche zu betreten und von dort in gerader Linie bis zur H.-gasse fortgesetzt. Dies ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes nach örtlicher Besichtigung der lebensnächste und ungefährlichste Weg, den ein Fußgänger auf diesem gemischten Geh- und Radweg (ohne getrennte Führung) nimmt. So liegt hier ein von der Judikatur erwähnter „Umstand“ vor, der es gebietet, von der grundsätzlichen Messung in der Mitte der Verkehrsflächen abzuweichen. Zum einen würde sich der Fußgänger gefährden, würde er sich dauerhaft in der Mitte der Verkehrsfläche befinden; zum zweiten ist es aus Sicht des Verwaltungsgerichts nicht zu erwarten, dass ein Fußgänger sämtliche Kurven bei gleichzeitigem Radverkehr in beide Richtungen „ausgeht“ ohne den direkten Weg zu wählen. Zuletzt stehen auch keine Vorschriften der StVO dieser gewählten Fußstrecke entgegen, da sich Radfahrer gemäß § 68 Abs. 1 StVO auf Geh- und Radwegen so zu verhalten haben, dass Fußgänger nicht gefährdet werden. Dem Vorbringen der Mitbeteiligten, es sei auch am Geh-/Radweg in der Mitte der Verkehrsflächen entlang der Kurve zu messen, war daher nicht zu folgen.
In der H.-gasse wird die Straße oberhalb einer kleinen Schwelle im rechten Winkel überquert und dann in der Mitte des Gehsteigs die Wegführung bis zur H.-gasse 7 fortgeführt. Die Messung endet hier mit der Baulinie. Die Stecke verlängert sich insgesamt um 15cm, wenn man die Höhendifferenz (Gefälle) zwischen den beiden Betriebsstätten berücksichtigt. Dazu wurde vom ASV ein Höhenprofil erstellt und in der Verhandlung vom 29.1.2021 auch vorgelegt.
Das ASV-Gutachten kommt somit nachvollziehbar und plausibel zu dem Schluss, dass die kürzeste, fußläufige Entfernung zwischen dem bestehenden genehmigten Eckeingang (Gebäudefront Mitte) der C.-Apotheke und dem am südlichsten gelegenen Hauseingang in die H.-gasse 7 (Gebäudefront Mitte) 490,85 Meter (unter Einbeziehung der Höhendifferenz) beträgt.
Wenn man die Wegstrecke bis zum – am 4.5.2020 von der Mitbeteiligten bekanntgegebenen (noch nicht baulich errichteten) – Eingang in die Offizin im Gebäude H.-gasse 7 hinzurechnet (dieser soll sich laut Planskizze 4 Meter im Gebäudeinneren befinden, wobei vom Messendpunkt des ASV [Gebäudefront, Baulinie] bis zu diesem Eingang diagonal großzügig in etwa 4,40 m Fußweg hinzuzurechnen wären), sowie den um 1,5 m zurückversetzten Eingang der C.-apotheke, so liegt die Entfernung zwischen den beiden relevanten Apothekeneingängen bei 496,75 Meter. Die beiden Geschäftseingänge des Hauses H.-gasse 7 weiter nördlich sind 478,25 (Planbeilage EG 1) bzw. 475,95 Meter (Planbeilage EG 2) von der Gebäudefront des Eckeingangs der C.-Apotheke entfernt.
Das Verwaltungsgericht sah keine Veranlassung dem Antrag der Mitbeteiligten auf neuerliche Vermessung nachzukommen, da mit der gegenständlichen Vermessung sämtlichen Kriterien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Rechnung getragen wurde. Das von der Mitbeteiligten am 20.1.2021 vorgelegte Vermessungsgutachten DI Ca. vom 22.10.2020 kreuzt die Ar.-gasse ebenfalls nicht wie oben dargestellt nach dem U-Bahnausgang und berücksichtigt nicht die besonderen Umstände des Geh-/Radwegs zwischen Bu.-gasse und H.-gasse, sodass auch auf dieses Gutachten nicht weiter einzugehen war.
2.7. Die Projektangaben der As. stammen von deren eigener homepage (…). Die Bausperre auf dem Areal der As. an der J.-straße ergibt sich aus dem Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, der öffentlich zugänglich ist. Der noch nicht erfolgte Antrag auf Änderung des Flächenwidmungsplanes ergibt sich aus einer schriftlichen Auskunftsbeantwortung der MA 21 vom 22.1.2021. Die fehlende Auflistung als abgeschlossenes oder in Planung befindliches Projekt ergibt sich aus den Angaben der MA 21 auf deren Homepage unter dem Reiter „Aktuelle Vorhaben“ und „Abgeschlossene Planungen“ (…).
2.8. Dass rund um die in Aussicht genommene Betriebsstätte und des als Siedlungsgebiet von der Mitbeteiligten genannten As.-Areals jedenfalls sechs Apotheken und im gesamten Bezirk sogar … Apotheken bestehen, ergibt sich aus dem auf der Homepage der Öst. Apothekerkammer abrufbaren Apothekenverzeichnis (…); die Bevölkerungszahl … ist der Internetseite https://www.wien.gv.at/statistik/bevoelkerung/... zu entnehmen. Die Zahl der öffentlichen Apotheken in Wien ergibt sich, aus der Veröffentlichung der Öst. Apothekerkammer, Apotheke in Zahlen 2020, 6.
III. Rechtliche Beurteilung
1. Rechtslage:
§ 10 des Apothekengesetzes, RGBl. Nr. 5/1907, lautet in seiner geltenden Fassung:
„Sachliche Voraussetzungen der Konzessionserteilung
§ 10. (1) Die Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke ist zu erteilen, wenn
1. in der Gemeinde des Standortes der öffentlichen Apotheke ein Arzt seinen ständigen Berufssitz hat und
2. ein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke besteht.
(2) Ein Bedarf besteht nicht, wenn
1. sich zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte eine ärztliche Hausapotheke befindet und weniger als zwei Vertragsstellen nach § 342 Abs. 1 ASVG (volle Planstellen) von Ärzten für Allgemeinmedizin besetzt sind, oder
2. die Entfernung zwischen der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen bestehenden öffentlichen Apotheke weniger als 500 m beträgt oder
3. die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen sich in Folge der Neuerrichtung verringert und weniger als 5 500 betragen wird.
(3) Ein Bedarf gemäß Abs. 2 Z 1 besteht auch dann nicht, wenn sich zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke
1. eine ärztliche Hausapotheke und
2. eine Vertragsgruppenpraxis befindet, die versorgungswirksam höchstens eineinhalb besetzten Vertragsstellen nach Abs. 2 Z 1 entspricht und in der Gemeinde keine weitere Vertragsstelle nach § 342 Abs. 1 ASVG von einem Arzt für Allgemeinmedizin besetzt ist.
(3a) In einem Zeitraum, während dessen ein Gesamtvertrag gemäß § 341 ASVG nicht besteht, besteht ein Bedarf gemäß Abs. 2 Z 1 dann nicht, wenn in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke weniger als zwei Ärzte für Allgemeinmedizin zum Zeitpunkt der Antragstellung ihren ständigen Berufssitz haben und sich dort eine ärztliche Hausapotheke befindet.
(3b) Bei der Prüfung gemäß Abs. 2 Z 1 sind bloß vorübergehende Vertragsstellen, die einmalig und auf höchstens 3 Jahre befristet sind, nicht zu berücksichtigen.
(4) Zu versorgende Personen gemäß Abs. 2 Z 3 sind die ständigen Einwohner aus einem Umkreis von vier Straßenkilometern von der Betriebsstätte der bestehenden öffentlichen Apotheke, die auf Grund der örtlichen Verhältnisse aus dieser bestehenden öffentlichen Apotheke weiterhin zu versorgen sein werden.
(5) Beträgt die Zahl der ständigen Einwohner im Sinne des Abs. 4 weniger als 5 500, so sind die auf Grund der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs in diesem Gebiet zu versorgenden Personen bei der Bedarfsfeststellung zu berücksichtigten.
(6) Die Entfernung gemäß Abs. 2 Z 2 darf ausnahmsweise unterschritten werden, wenn es besondere örtliche Verhältnisse im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung dringend gebieten.
(6a) Die Zahl der von der Betriebsstätte einer oder mehrerer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen gemäß Abs. 2 Z 3 ist zu unterschreiten, wenn es auf Grund besonderer örtlicher Verhältnisse im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung unter Berücksichtigung des Versorgungsangebots durch bestehende Apotheken einschließlich Filialapotheken und ärztlichen Hausapotheken geboten ist.
(7) Zur Frage des Bedarfes an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke ist ein Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer einzuholen. Soweit gemäß § 29 Abs. 3 und 4 Ärzte betroffen sind, ist auch ein Gutachten der Österreichischen Ärztekammer einzuholen.
(8) Als bestehende Apotheken im Sinne des Abs. 2 Z 2 und 3 gelten auch alle nach der Kundmachung BGBl. I Nr. 53/1998 rechtskräftig erteilten Konzessionen zur Errichtung einer öffentlichen Apotheke.“
2. Erwägungen:
2.1. Im gegenständlichen Verfahren wurde von der belangten Behörde hinsichtlich der Konzessionsverfahren der Mitbeteiligten, der Erstbeschwerdeführerin und der Mag. pharm. M. P. aufgrund der beantragten, teilweise deckungsgleichen Standorte und nahe aneinander liegenden beantragten Betriebsstätten eine Verwaltungsverfahrensgemeinschaft angenommen und eine Reihung nach der Prioritätsregel vorgenommen, wonach dem Ansuchen der Mitbeteiligten Priorität zukomme und daher vorrangig über dieses Ansuchen zu entscheiden sei.
2.2. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt seit dem Erkenntnis vom 30. August 1994, Zl. 90/10/0129, VwSlg. 14.103/A, in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass auch Mitbewerbern, die die persönlichen und – für sich gesehen – die sachlichen Voraussetzungen erfüllen, deren Ansuchen jedoch zu jenem des Konzessionswerbers in einem solchen Verhältnis stehen, dass sie einander im Hinblick auf die Bedarfslage ausschließen, Parteistellung zukommt (vgl. auch aus der jüngeren Judikatur VwGH 28.5.2019, Ra 2019/10/0042; VwGH 24.10.2018, Ro 2017/10/0010).
2.3. Im vorliegenden Verfahren hat sich jedoch herausgestellt, dass das Konzessionsansuchen der Mitbeteiligten für sich gesehen die sachlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Dies aus folgenden Gründen:
2.3.1. Gemäß § 10 Abs. 2 Z 2 ApG besteht kein Bedarf an einer beantragten Apotheke, wenn die Entfernung zwischen der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen bestehenden öffentlichen Apotheke weniger als 500 m beträgt.
Die nächstgelegene bestehende Apotheke ist jene der Zweitbeschwerdeführerin, die „C.-Apotheke“, die von der beantragten Betriebsstätte der Apotheke in der H.-gasse 7 weniger als 500 m, nämlich 496,75 Meter entfernt liegt.
2.3.2. Die vorgesehenen 500 m dürfen nur dann unterschritten werden, wenn es besondere örtliche Verhältnisse im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung dringend gebieten. Diese Voraussetzungen des § 10 Abs. 6 ApG liegen nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes gegenständlich nicht vor.
2.3.3. Zwar ist eine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Verständnis des § 10 Abs. 6 ApG dem Verwaltungsgericht nicht bekannt; ordentliche Revisionen wurden in einem ähnlich gelagerten Fall (aus bestimmten Gründen, aber nicht weil es eine gesicherte Rechsprechung dazu gibt) vom Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen (vgl. VwGH 24.8.2020, Ro 2020/10/0016 und 0017; VwGH 3.9.2020, Ro 2020/10/0021 und Ro 2020/10/0022).
2.3.4. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt jedoch zu der nahezu gleichlautenden Bestimmung des § 10 Abs. 6a ApG in nunmehr gefestiger Rechtsprechung (vgl. etwa VwGH 8.8.2018, Ra 2017/10/0103; VwGH 24.,10.2018, Ra 2018/10/0049), dass das Vorliegen maßgeblicher örtlicher Verhältnisse im Sinne des § 10 Abs. 6a Apothekengesetz unter Berücksichtigung nachstehender Kriterien zu beurteilen ist:
Erste Voraussetzung ist die Situierung der Betriebsstätte der neu zu errichtenden Apotheke in einem Gebiet mit demographischen Besonderheiten (vgl. VwGH 27.3.2014, 2013/10/0209), dh einem Gebiet, das nach der Struktur seines Bevölkerungsbestandes geeignet ist, eine besondere Bedarfssituation hinsichtlich der sicheren und qualitativ hochwertigen Versorgung mit Arzneimitteln zu indizieren. Zu derartigen Gebieten zählen etwa auch sich nachhaltig und stetig entwickelnde Siedlungsgebiete und der Nahbereich bedeutender und stark frequentierter Verkehrsknotenpunkte. Liegt die Betriebsstätte der neu zu errichtenden Apotheke in einem derartigen Gebiet, ist als zweite Voraussetzung zu prüfen, ob die konkret vorliegenden demographischen Besonderheiten zu einem (bestehenden oder unmittelbar bevorstehenden) Mangel in der Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln führen, dem durch die beantragte Apotheke begegnet werden kann. Dies ist der Fall, wenn ansonsten – dh bei Nichterrichtung der neuen Apotheke – eine ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung unter Berücksichtigung des Versorgungsangebots durch bestehende Apotheken (einschließlich Filialapotheken und ärztlichen Hausapotheken) nicht gewährleistet ist, weil die bestehenden Apotheken infolge der konkreten örtlichen Gegebenheiten und Verkehrsverhältnisse nicht ausreichend rasch bzw. nur unzumutbar erreichbar sind. Dabei ist insbesondere die bei der Bedarfsprüfung im Vordergrund stehende Erreichbarkeit mit Kraftfahrzeugen zu berücksichtigen. Trifft auch diese Voraussetzung zu, bedarf es schließlich der Beurteilung, ob die Errichtung der neuen Apotheke insgesamt für eine ordnungsgemäße Versorgung der betroffenen Bevölkerung mit Arzneimitteln erforderlich ist. Davon kann allerdings nicht gesprochen werden, wenn der Vorteil aus der Neuerrichtung einer Apotheke durch Nachteile für die Bevölkerung in den Versorgungsgebieten der bestehenden Apotheken überwogen wird.
2.3.5. Nach Auffasung des Verwaltungsgerichts ist diese Rechtsprechung zu § 10 Abs. 6a ApG auf die Konkretisierung der besonderen örtlichen Verhältnisse im Sinne des § 10 Abs. 6 ApG jedenfalls in ihren Grundzügen übertragbar. Dafür spricht schon die zu vermutende Vorbildwirkung dieser Bestimmung für den Gesetzgeber bei der Schaffung des § 10 Abs. 6a ApG und die daraus resutlierende Verwendung eines ähnlichen Wortlautes. Auch kann das Ziel beider Bestimmungen nur dasselbe sein: Die Bedarfskriterien des § 10 Abs. 2 Z 2 und 3 ApG sollen dann keine strenge Anwendung genießen, wenn es die ordnungsgemäße Heilmittelversorgung gebietet. Dabei wird jedoch nach Auffassung des Verwaltungsgerichts im Ergebnis eine noch restriktivere Anwendung des Abs. 6 im Vergleich zu Abs. 6a leg cit. geboten sein, da es beim 500 m-Kriterium für die Bevölkerung immer nur um eine Verlängerung (oder Verkürzung) des Anfahrts- oder Gehweges um maximal 499,99 Meter gehen kann, sodass etwa in städtischen Gebieten ohne Höhendifferenzen oder beträchtliche Behinderungen durch Verkehrsverhältnisse (vgl. ErläutRV 395 BlgNR 16. GP 14) die Anwendung des §10 Abs. 6 ApG nur sehr eingeschränkt stattfinden kann. Schließlich stellt dieser auch darauf ab, dass ein Unterschreiten nur dann zulässig ist, wenn es „dringend“ geboten ist.
2.3.6. Die Mitbeteiligte bringt zum Vorliegen besonderer örtlicher Verhältnisse vor, im Bereich der J.-straße werde seitens der As. in Zusammenarbeit mit der Stadt Wien ein neuer Stadtteil entstehen. Es werde eine Entwicklungsfläche von 70.000m2 mit einem Schwerpunkt „Wohnen“ stattfinden. Demgegenüber stehe ein Bedarf der von der beantragten Apotheke zukünftig zu versorgenden Bevölkerung fest, welche sich zumindest auf 8.873 Personen belaufe. Eine Unterschreitung des Mindestversorgungspotentials anderer Apotheken sei auszuschließen. Außerdem handle es sich – wenn überhaupt – nur um eine geringfügige Unterschreitung des gesetzlichen Mindestabstands. Die Mitbeteiligte legte dazu ein „Gutachten“ der Ce. vom 18.1.2021 vor und nannte DI (FH) Ci. der Ce. als Zeugen (ohne nähere Anführung des konkreten Beweisthemas). Das genannte „Gutachten“ bringt vor, es bestehe ein Bedarf an der geplanten Apotheke der Mitbeteiligten, da die umliegenden Apotheken zumindest 7.700 Personen zu versorgen hätten und neben den derzeit zu versorgenden 3.900 Personen auch umliegende Ärzte und ein Pensionistenwohnheim bestehen würde. Der wichtigste Faktor für die Zukunft sei jedoch das As.-Areal. Vergleiche man dieses Projekt mit dem „Viertel Zwei“ im zweiten Wiener Gemeindebezirk, in welchem mit Fertigstellung 2023 10.000 Menschen leben werden, wäre für das As.-Projekt zumindest mit 5.000 Einwohnern zu rechnen. Ein Bauprojekt dieser größe sei eine besondere örtliche Gegebenheit iSd § 10 Abs. 6 ApG.
2.3.7. Dem ist entgegenzuhalten, dass das angesprochene Projekt weder als aktuelles Vorhaben noch als abgeschlossenes Projekt von der Stadtentwicklung Wien MA 21 geführt wird. Auf dem von der mitbeteiligten Partei angesprochenen Gebiet befindet sich derzeit eine Bausperre. Die Eigentümerin der Fläche As. hat noch keinen Antrag an die Stadt Wien gestellt, welcher für eine eventuelle Änderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes erfolgen müsste. Das Projekt ist sohin derart unbestimmt und ungewiss, dass dieses keinesfalls im gegenständlichen Verfahren zu berücksichtigen ist. Daran ändert auch der von der MA 21 vorgelegte Plan der As. zur Darstellung eines „möglichen Zeitrahmens zur Neunutzung“ nichts. Dieser vom Juni 2017 datierende Plan der As. enthält zwei farblich markierte Bereiche, die mit Phase I: „Verwertung ab 2022 möglich“ und Phase II: „Verwertung nach 2030 möglich“ gekennzeichnet sind. Dass damit „eindrucksvoll belegt sei, dass im Bereich der J.-straße ein nachhaltig wachsendes Siedlungsgebiet beginnend spätestens mit nächstem Jahr entstehen wird“ wie dies die Mitbeteiligte vermeint, kann das Verwaltungsgericht nicht erkennen.
Die oben genannte, von der Rechtsprechung herausgearbeitete erste Voraussetzung ist sohin bereits nicht gegeben. Auch sonst ist nicht erkennbar, dass es am konkreten Standort eine besondere Bedarfssituation geben würde, die sich von der allgemeinen Bedarfssituation einer Großstadt unterscheidet. Den damit in Zusammenhang stehenden Anträgen der mitbeteiligten Partei war nicht nachzukommen. Im Übrigen hat die Österreichische Apothekerkammer in ihrer Stellungnahme vom 22. Juni 2018 (betreffend das Verfahren der Erstbeschwerdeführerin) bereits zum Ausdruck gebracht, dass keine besonderen örtlichen Verhältnisse im fraglichen Gebiet vorliegen. Eine zwingende Einholung eines Gutachtens der Österreichischen Apothekerkammer zur Frage, ob besondere örtliche Verhältnisse vorliegen, sieht das ApG im Übrigen nicht vor; zur Frage des Bedarfs hat diese bereits Stellung genommen.
2.3.8. Selbst aber wenn man davon ausginge, dass sich die beantragte Apotheke in einem sich entwickelnden Siedlungsgebiet befinden würde, der Au. in der Nähe als Verkehrsknotenpunkt anzusehen und sich in näherer Umgebung Arztpraxen und ein Seniorenheim befinden, und deshalb eine besondere Bedarfssituation indiziert wäre, so führen diese konkreten demographischen Besonderheiten zu keinem bestehenden oder unmittelbar bevorstehenden Mangel in der Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln im Sinne der zitierten Rechtsprechung. Die ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung und auch der neu zuziehenden Bevölkerung kann durch bestehende Apotheken gewährleistet werden. Infolge der konkreten örtlichen Gegebenheiten und Verkehrsverhältnisse kann die Bevölkerung ausreichend rasch bzw. zumutbar umliegende Apotheken erreichen. So befinden sich in unmittelbarer Umgebung der in Aussicht genommenen Betriebsstätte und auch des als Siedlungsgebiet von der Mitbeteiligten genannten As.-Areals jedenfalls sechs bestehende Apotheken, die zu Fuß oder mit Fahrzeugen erreicht werden können und im gesamten Bezirk sogar … Apotheken bei einer Bevölkerungszahl von … Personen, in ganz Wien sogar 330 öffentliche Apotheken, was eine Unterversorgung des maßgeblichen Gebietes keinesfalls indiziert.
2.3.9. Es ist auch nicht erkennbar, warum die bestehenden Apotheken nicht im Stande sein sollten, selbst ein behauptetes zusätzliches Potential von 8.900 Personen mitzuversorgen. Auch wenn man sich an der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Unterschreitung des Mindestversorgungspotentials iSd § 10 Abs. 6a ApG orientiert, wo dieser sogar eine Wegverkürzung für die Bevölkerung um 4,1 km (VwGH 11. 8. 2015, Ro 2014/10/0112) noch nicht als besondere örtliche Verhältnisse qualifziert, die ein Unterschreiten erfordern, kann nicht davon gesprochen werden, dass die derzeitige – wenn auch in Zukunft wachsende – Bevölkerung nicht ausreichend durch zahlreiche in einigen hundert Metern erreichbare Apotheken versorgt wäre.
2.3.10. Dass eine neu hinzuziehende Bevölkerung die bestehenden Apotheken nicht ausreichend rasch bzw. nur unzumutbar erreichen könnten, ist sohin nicht der Fall.
2.4. Schon deshalb liegt kein Bedarf an der beantragten Apotheke der Mitbeteiligten vor und war das diesbezügliche Konzessionsansuchen daher abzuweisen. Die von der Mitbeteiligten beantragte Einholung eines neuerlichen Gutachtens des Österreichischen Apothekerkammer gemäß § 10 Abs. 7 ApG war sohin entbehrlich. Auch auf das Vorbringen der Beschwerdeführerinnen, die Betriebsstätte der Mitbeteiligten sei während des Verfahrens verlegt worden bzw. sei der Eingang der Betriebsstätte im Gebäudeinneren unzulässig/unmöglich musste nicht näher überprüft werden. Eine Verwaltungsverfahrensgemeinschaft iSd Rechtsprechung mit der Erstbeschwerdeführerin und Mag. pharm. M. P. liegt schon aufgrund des Fehlens der sachlichen Voraussetzungen für eine Konzessionserteilung an die Mitbeteiligte per se nicht vor.
2.5. Die Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheides sind aufzuheben und die Angelegenheit zur Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen:
2.5.1. Wenngleich das Verwaltungsgericht nach § 28 Abs. 2 VwGVG grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden hat, gilt dies bei weitgehender Ergänzungsbedürftigkeit des Ermittlungsverfahrens nicht schlechthin. Der Verwaltungsgerichtshof hat in mehreren Judikaten den prinzipiellen Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte normiert und betont, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden kann (vgl. VwGH 26.5.2015, Ra 2014/01/0205; 17.12.2014, Ro 2014/03/0066 mwN). Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher laut Verwaltungsgerichtshof nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl. VwGH 26.5.2015, Ra 2014/01/0205; 12.11.2014, Ra 2014/20/0029 mwN).
2.5.2. Da die belangte Behörde bisher fälschlicherweise von einer Verwaltungsverfahrensgemeinschaft der oben genannten drei Konzessionsansuchen ausgegangen ist und von der Priorität des Ansuchens der Mitbeteiligten, hat sie die Konzessionsansuchen der Erstbeschwerdeführerin und der Mag. pharm. M. P. abgewiesen und unbedingt notwendige wesentliche Ermittlungen des Sachverhalts dazu bisher nicht unternommen.
So wurde für keines der beantragten Konzessionsansuchen der Erstbeschwerdeführerin und Mag. pharm. M. P. überprüft, ob ein Bedarf vorliegt (bzw. wurde dies nur vor dem Hintergrund der Konzessionserteilung an die Mitbeteiligte geprüft). Es wurden nicht nur kein umfängliches Bedarfsgutachten der Österreichischen Apothekerkammer gemäß § 10 Abs. 7 ApG eingeholt, sondern wurde auch in Hinblick auf das Einspruchsvorbringen bestehender Apotheken nur unzureichend ermittelt.
2.5.3. Die belangte Behörde wird daher im weiteren Verfahren den Bedarf an den beantragten Apotheken zu überprüfen haben, wobei dem prioritären Antrag der Vorrang einzuräumen ist, da aufgrund der genannten in Aussicht genommenen Betriebsstätten (nunmehr H.-gasse 5 und L.-gasse 4) von einer Verfahrensgemeinschaft zwischen der Erstbeschwerdeführerin und Mag. pharm. M. P. auszugehen sein wird, sofern die beiden Konzessionsansuchen die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen für sich genommen erfüllen. Dabei wird auch zu überprüfen sein, ob die nunmehr von der Erstbeschwerdeführerin geänderte Betriebsstätte zu einer anderen Bedarfslage führt.
2.5.4. Es ist nicht davon auszugehen, dass das Verwaltungsgericht die zu veranlassenden Erhebungen rascher und kostengünstiger tätigen könnte, als die zuständige Behörde.
2.5.5. Da somit der maßgebliche Sachverhalt nicht feststeht und die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst nicht im Interesse der Raschheit gelegen ist bzw. nicht kostengünstiger ist, sind Spruchpunkt II. und III des angefochtenen Bescheides aufzuheben und die Angelegenheiten zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
3. Die ordentliche Revision ist zulässig, da – soweit für das Verwaltungsgericht ersichtlich – keine Judikatur zu den konkreten Anwendungsvoraussetzungen des § 10 Abs. 6 ApG besteht und die Anwendung bzw. Nichtanwendung dieser Bestimmung entscheidungswesentlich ist.
Schlagworte
Apotheke; Konzession; Erteilung; Bedarf; ZurückverweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2021:VGW.106.0