RS Lvwg 2021/2/8 LVwG-400510/2/Gf/RoK

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 08.02.2021
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Rechtssatznummer

1

Entscheidungsdatum

08.02.2021

Rechtssatz

* Einerseits wird das AVG, das gemäß § 38 VwGVG auch für das Beschwerde-verfahren der Verwaltungsgerichte maßgeblich ist, insoweit, als keine spezial-gesetzlich abweichenden Regelungen bestehen, von dem Grundsatz beherrscht, dass kein Neuerungsverbot gilt.

Andererseits muss aber eine binnen vier Wochen (vgl. § 7 Abs. 4 VwGVG) einzubringende Beschwerde nach § 9 Abs. 1 Z. 3 VwGVG bereits jene Gründe enthalten, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides stützt.

Wenngleich in diesem Zusammenhang nicht jene strengen Anforderungen zum Tragen kommen, wie sie gemäß § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG für eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof (sog. „Revisionspunkte“) maßgeblich sind (vgl. z.B. A. Larcher, in: N. Raschauer g – W. Wessely [Hrsg], Kommentar zum VwGVG [2018], S. 127, m.w.N.) ergibt sich daraus insgesamt doch, dass die Beschwerdegründe seitens des Rechtsmittelwerbers bis zum Ende der Rechtsmittelfrist derart spezifiziert – und damit zugleich eingegrenzt – werden müssen, dass eine Beurteilung dahin möglich ist, ob von dieser Basis ausgehend eine in der Folge vorgenommene Beschwerdeergänzung als eine unzulässige Erweiterung zu qualifizieren ist oder nicht.

Denn nach Ablauf der Beschwerdefrist lässt sich Grundsatz des Nichtbestehens eines Neuerungsverbotes nur noch auf das Vorbringen von Tatsachen, die Vorlage von Beweismitteln o.Ä., nicht mehr jedoch auch auf ein additives Vorbringen von Beschwerdegründen, das eine Erweiterung der als verletzt erachteten subjektiven Rechtssphäre (sowie der damit in einem untrennbaren Konnex stehenden objektiv-öffentlichen Interessen) intendiert, beziehen.

Andernfalls würde nämlich nicht nur die Befristung des Rechtsmittels ihren Sinn verlieren, sondern es wäre auch dem Willen des Gesetzgebers dahin, dass – wie sich auch aus § 27 VwGVG ergibt – die Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtes schon vorweg in dieser Weise ex lege beschränkt sein soll (vgl. die E zur RV, 2009 BlgNR, 24. GP, S. 4 und 6), nicht entsprochen.

Im Übrigen ist auch darauf hinzuweisen, dass dem System des österreichischen Behörden- und Verwaltungsgerichtsverfahrens die bloße Anmeldung eines Rechtsbehelfs unter dem Vorbehalt einer erst später – nämlich nach Ablauf der Rechtsmittelfrist erfolgenden – näheren Konkretisierung unbekannt ist.

Schlagworte

Beschwerdegründe – Spezifikation; Neuerungsverbot; Begründungsergänzung; Begründungserweiterung; Rechtsmittelfrist; Prüfungsumfang; Rechte, subjektive; Interessen, öffentliche; Beschwerdevoranmeldung

Anmerkung

Alle Entscheidungsvolltexte sowie das Ergebnis einer gegebenenfalls dazu ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidung sind auf der Homepage des Oö LVwG www.lvwg-ooe.gv.at abrufbar.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGOB:2021:LVwG.400510.2.Gf.RoK

Zuletzt aktualisiert am

18.05.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Oberösterreich LVwg Oberösterreich, http://www.lvwg-ooe.gv.at
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