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19/05 Menschenrechte;Norm
EheG §23;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Neumair, über die Beschwerde des J, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 28. August 1996, Zl. SD 921/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 28. August 1996 wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 17 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.
Der seit Dezember 1992 in Österreich aufhältige Beschwerdeführer habe zuletzt über eine Aufenthaltsbewilligung bis 16. September 1995 verfügt. Ein weiterer Antrag nach dem Aufenthaltsgesetz sei gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG rechtskräftig abgewiesen worden. Der diesbezügliche Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 26. September 1995 sei von der Annahme ausgegangen, daß der Beschwerdeführer im Jahr 1992 eine österreichische Staatsbürgerin nur deshalb geheiratet hätte, um in den Besitz fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen zu gelangen. Der Beschwerdeführer selbst habe am 11. Mai 1995 beim Amt der Wiener Landesregierung zu Protokoll gegeben: "Ich habe geheiratet, um nach Österreich zu kommen und Arbeitspapiere zu bekommen". Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stelle ein derartiger Rechtsmißbrauch ein Verhalten dar, das die öffentliche Ordnung (konkret: das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens) in hohem Maß gefährde, sodaß sich die Ausweisung des Beschwerdeführers selbst unter der Annahme eines mit dieser Maßnahme verbundenen Eingriffes in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers, der für ein Kind sorgepflichtig sei, als dringend geboten erweise.
Im Hinblick auf das große Gewicht, das dem besagten öffentlichen Interesse zukomme, müßten die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers in den Hintergrund treten, zumal vorliegend zu bedenken sei, daß sein bisheriger Aufenthalt ebenso wie seine Beschäftigung hinsichtlich deren jeweiliger Berechtigung letztlich auf die rechtsmißbräuchlich eingegangene Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin zurückzuführen seien. So gesehen erwiesen sich die Berufungsausführungen, welche die Annahme der Erstbehörde, der Beschwerdeführer hielte sich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, unbestritten ließen, als nicht zielführend.
2. Die dagegen zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde wurde von diesem nach Ablehnung von deren Behandlung an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten (Beschluß vom 25. Februar 1997, B 3455/96).
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren macht der Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend und begehrt aus diesem Grund dessen Aufhebung.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. In der Beschwerde bleibt die - auf den unbestrittenen maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen beruhende - Ansicht der belangten Behörde, daß sich der Beschwerdeführer (seit nahezu einem Jahr) nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, unbekämpft. Der Gerichtshof hegt gegen diese Beurteilung keine Bedenken.
2.1. Wenn die Beschwerde ungeachtet dessen meint, die belangte Behörde habe § 17 Abs. 1 FrG unrichtig, "da unter Berufung auf eine vollkommen unrichtig geklärte Vorfrage", angewendet, so ist dieser Einwand offensichtlich darauf gemünzt, daß die Behörde nicht in einer dem Gesetz entsprechenden Weise auf § 19 FrG Bedacht genommen habe. Dies vor allem deshalb, weil die vom Beschwerdeführer geschlossene Ehe nicht als rechtsmißbräuchlich eingegangen hätte beurteilt und folglich im Rahmen der Interessenabwägung nicht zu Ungunsten des Beschwerdeführers hätte veranschlagt werden dürfen. Überdies wäre im Grunde des § 19 FrG die berufliche Integration des Beschwerdeführers zu dessen Gunsten zu berücksichtigten gewesen.
2.2. Entgegen der Auffassung der Beschwerde war die belangte Behörde dadurch, daß die Ehe des Beschwerdeführers bisher nicht gemäß § 23 Ehegesetz für nichtig erklärt wurde, nicht an deren Qualifizierung als rechtsmißbräuchlich eingegangen gehindert (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1995, Zl. 95/18/0970). Vielmehr konnte sie diese Bewertung in rechtlich einwandfreier Weise auf die in der Bescheidbegründung wiedergegebene und in der Beschwerde nicht in Abrede gestellte Erklärung des Beschwerdeführers vom 11. Mai 1995 vor der Aufenthaltsbehörde ("Ich habe geheiratet, um nach Österreich zu kommen und Arbeitspapiere zu bekommen.") stützen, ist doch die aus der Sicht des Fremdengesetzes als rechtsmißbräuchlich eingegangen zu wertende Ehe wesentlich dadurch gekennzeichnet, daß sie allein zwecks Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen für den Fremden geschlossen wird (vgl. dazu aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das Erkenntnis vom 30. Jänner 1997, Zl. 96/18/0611, mwN).
Da der besagte Rechtsmißbrauch - auch dies i.S. der ständigen hg. Judikatur (vgl. nochmals das vorzitierte Erkenntnis Zl. 96/18/0611) - als gravierende Beeinträchtigung eines geordneten Fremdenwesens anzusehen ist, welche - für den Fall der Annahme eines relevanten Eingriffes i.S. des § 19 FrG - zum Schutz der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) sogar die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes dringend geboten erscheinen läßt, macht sie zumindest ebenso begründet eine Ausweisung notwendig und demnach im Grunde des § 19 FrG zulässig. Im Hinblick darauf, daß das einen hohen Stellenwert aufweisende öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 1996, Zl. 96/18/0435, mwN) auch durch den immerhin schon fast einjährigen unrechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich nicht unerheblich beeinträchtigt wurde, kann der Auffassung der belangten Behörde, seine Ausweisung sei dringend geboten, auch unter Bedachtnahme auf eine allfällige berufliche Integration, nicht mit Erfolg entgegengetreten werden - dies umso weniger, als dem zuletzt genannten Umstand, worauf die belangte Behörde zutreffend hingewiesen hat, ohnehin kein großes Gewicht beizumessen wäre, ist doch die Berechtigung der Beschäftigung des Beschwerdeführers letztlich auf die rechtsmißbräuchlich geschlossene Ehe zurückzuführen.
3. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Beschwerdeinhalt erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
4. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997180134.X00Im RIS seit
20.11.2000