TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/24 G303 2217355-1

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Veröffentlicht am 24.07.2020
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Entscheidungsdatum

24.07.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

G303 2217355-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Eva WENDLER und den fachkundigen Laienrichter Herbert WINTERLEITNER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX ,
geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten, vom 10.12.2018, Zl. XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) brachte am 04.05.2018 bei der Zentralen Poststelle des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten, (im Folgenden: belangte Behörde) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ein. Dem Antrag war ein Konvolut an medizinischen Beweismitteln angeschlossen.

2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.

2.1. In dem eingeholten Gutachten von XXXX . Dr. XXXX , Facharzt für Innere Medizin, vom 01.11.2018, wurde, nach persönlicher Untersuchung des BF am 23.10.2018, im Wesentlichen folgendes festgehalten:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Koronare Herzerkrankung – keine bis geringe Einschränkung der Herzleistung, signifikante Herzkranzgefäßverengung (Zustand nach Intervention), abgelaufener Myocardinfarkt

Oberer Rahmensatz bei Zustand nach Myocardinfarkt mit 3-fach Stentversorgung

05.05.02

40

2

Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus

Stabiler Diabetes mellitus II mit Monotherapie

09.02.01

20

Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.

Zum Gesamtgrad der Behinderung (GdB) wurde ausgeführt, dass ein Zustand nach Myocardinfarkt mit dreifach-Stentversorgung bestehe. Bei regelmäßigem körperlichen Training und nach absolviertem Rehabilitationsaufenthalt sei die körperliche Belastbarkeit noch mäßig eingeschränkt. Die Gesundheitsschädigung 2 steigere bei stabiler Stoffwechsellage und fehlender negativer Wechselwirkung nicht.

3. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 05.11.2018 wurde dem BF die Möglichkeit eingeräumt zum oben angeführten Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme binnen zwei Wochen ab Zustellung der Verständigung eine schriftliche Stellungnahme einzubringen und neue Beweismittel beizulegen.

3.1. Der BF erstattete nach der vorliegenden Aktenlage dazu keine Stellungnahme.

4. Mit angefochtenem Bescheid der belangten Behörde vom 10.12.2018 wurde der Antrag vom 04.05.2018 auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen.

Gestützt wurde die Entscheidung der belangten Behörde auf das eingeholte, unter I.2.1. angeführte, ärztliche Sachverständigengutachten, das dem angefochtenen Bescheid als Beilage angeschlossen worden ist. Danach würden die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vorliegen, da der Grad der Behinderung des BF 40 % betrage. In der rechtlichen Begründung des angefochtenen Bescheides wurden die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes zitiert.

5. Gegen diesen Bescheid brachte der BF binnen offener Frist bei der belangten Behörde Beschwerde ein. Darin wurde beanstandet, dass nicht sämtliche Befunde betreffend seine Krankheit berücksichtigt worden seien. Der BF habe am 22.01.2019 eine Herzuntersuchung und würde weitere Befunde vorlegen. Auch seien im Februar 2019 noch zwei weitere Stents geplant.

6. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden von der belangten Behörde vorgelegt und sind am 12.04.2019 beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) eingegangen.

7. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurden zwei fachärztliche Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Facharzt für Innere Medizin, vom 19.11.2019, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des BF am 11.11.2019; und von Dr. XXXX , Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 10.02.2020, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des BF am selben Tag, eingeholt.

Im zusammenfassenden medizinischen Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 10.04.2020, wird auf Grundlage der oben angeführten fachärztlichen Sachverständigengutachten der Fachgebiete der Inneren Medizin und der Psychiatrie, aufgrund der Aktenlage folgender Grad der Behinderung eingeschätzt:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Coronare Herzerkrankung mit Zustand nach abgelaufenem Myokardinfarkt 02/18, sowie Zustand nach mehrfacher Stentimplantation 2018 und zuletzt im Feber 2019, mit global guter Funktion der Herzkammer, derzeit nicht signifikanter Angina pectoris Symptomatik und ohne das Vorliegen maligner Rhythmusstörungen, allerdings ausgeprägte familiäre Disposition

05.05.02

40

2

Blutzuckerstoffwechselstörung im Sinne eines nicht insulinpflichtigem Diabetes mellitus mit stabiler Stoffwechselsituation, ohne Hinweis auf das Vorliegen hochgradiger Spätschäden im Rahmen der Grunderkrankung

09.02.01

20

3

PTBS in weitgehender Remission

unterer Richtsatz in laufender psychologischer Therapie, keine medikamentöse Therapie, voll integriert, psychopathologisch stabil

03.05.04

30

4

Alkoholabhängigkeit in Remission

-

-

Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.

Begründend wurde ausgeführt, dass die Position 1 führe, weil sie die Schwerwiegendste sei. Die Position 2 sei zu gering ausgeprägt, um eine Steigerung zu begründen. Die Position 3 steigere ebenfalls nicht, da keine medikamentöse Therapie nötig sei und somit von keiner schwerwiegenden Störung auszugehen sei. Die Position 4 sei im psychiatrischen Facharztgutachten erwähnt, aber nicht eingeschätzt, daher werde diese vollständigkeitshalber gelistet.

8. Das Ergebnis der Beweisaufnahme wurde den Verfahrensparteien vom erkennenden Gericht mit Schreiben vom 20.04.2020 zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen drei Wochen ab Zustellung zu äußern.

8.1. Eine Stellungnahme beziehungsweise Äußerung wurde dazu seitens der Verfahrensparteien nicht übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF hat einen Wohnsitz im Inland.

Der BF leidet an folgenden behinderungsrelevanten Gesundheitsschädigungen:

-        Coronare Herzerkrankung mit Zustand nach abgelaufenem Myokardinfarkt 02/18, sowie Zustand nach mehrfacher Stentimplantation 2018 und zuletzt im Februar 2019 mit global guter Funktion der Herzkammer und ohne das Vorliegen maligner Rhythmusstörungen (Grad der Behinderung: 40 %)

-        Blutzuckerstoffwechselstörung im Sinne eines nicht insulinpflichtigem Diabetes mellitus mit stabiler Stoffwechselsituation (Grad der Behinderung: 20 %)

-        Posttraumatische Belastungsstörung in weitgehender Remission (Grad der Behinderung: 30 %)

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 40 (vierzig) von Hundert (v. H.). Dieser wird vom führenden Leiden, nämlich der coronaren Herzerkrankung mit Zustand nach Myokardinfarkt und Zustand nach mehrfacher Stentimplantation gebildet. Die weiteren festgestellten Gesundheitsschädigungen führen zu keiner Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung, da diese zu geringfügig ausgeprägt sind.

2. Beweiswürdigung:

Der unter I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und der Beschwerde sowie aus dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellung zum Wohnsitz ergibt sich aus einem Auszug des Zentralen Melderegisters und den Angaben des BF im verfahrenseinleitenden Antrag.

Der Gesamtgrad der Behinderung von 40 von Hundert wurde aufgrund der medizinischen Gesamtbeurteilung der ärztlichen Sachverständigen Dr. XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 10.04.2020, unter Berücksichtigung der fachärztlichen Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Facharzt für Innere Medizin, vom 19.11.2019, und von Dr. XXXX , Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 10.02.2020, festgestellt.

Diese medizinische Gesamtbeurteilung ist schlüssig, vollständig, weist keine Widersprüche auf und steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen im Einklang. Es wurde dabei auf die Art der einzelnen Leiden des BF, deren Ausmaß und Wechselwirkungen zueinander ausführlich eingegangen. Die seitens des BF vorgelegten medizinischen Unterlagen stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis der Beweisaufnahme und wurden im Rahmen der Begutachtungen mitberücksichtigt.

Die festgestellten behinderungsrelevanten Gesundheitsschädigungen und deren korrekte und nachvollziehbare Einschätzung bezüglich des Grades der Behinderung gemäß der anzuwendenden Einschätzungsverordnung samt Anlage ergeben sich daraus.

Im Vergleich zum Vorgutachten von XXXX . Dr. XXXX , vom 01.11.2018, wurde nunmehr auch die im Februar 2019 durchgeführte Stentimplantation berücksichtigt. Die Einschätzung dieses Leidens blieb mit einem Grad der Behinderung von 40 v.H. unverändert.

Somit wurde auch dem Beschwerdevorbringen entsprochen, wonach nicht sämtliche Befunde im Vorgutachten berücksichtigt worden seien sowie die anstehende Stentimplantation im Februar 2019 als Beschwerdegründe geltend gemacht wurde. Eine Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung konnte daraus nicht abgeleitet werden. Auch die weiteren Leiden Diabetes mellitus und die Posttraumatische Belastungsstörung seien zu geringfügig ausgeprägt, um eine Steigerung des Gesamtbehinderungsgrades zu bewirken.

Der Inhalt der oben angeführten Sachverständigengutachten wurde den Verfahrensparteien seitens des erkennenden Gerichtes im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht und zur Möglichkeit einer Stellungnahme übermittelt. Eine Stellungnahme wurde dazu weder vom BF noch von der belangten Behörde erstattet. Die eingeholten Sachverständigengutachten blieben damit im gegenständlichen Verfahren unbestritten.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen somit keinerlei Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachten. Die darauf basierende medizinische Gesamtbeurteilung von Dr. XXXX vom 10.04.2020 wird daher der gegenständlichen Entscheidung in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt wird.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990 in der geltenden Fassung) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter gemäß § 45 Abs. 4 BBG mitzuwirken.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der geltenden Fassung) geregelt (§ 1 VwGVG).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 in der geltenden Fassung) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten) noch Art 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen.

Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde größtenteils auf gutachterlicher Basis ermittelt. Die entscheidungswesentliche internistische sowie die psychiatrische Begutachtung basierte auf persönlichen Untersuchungen des BF. Der Inhalt der vorliegenden Sachverständigengutachten wurde zudem von den Verfahrensparteien im Rahmen ihres schriftlichen Parteiengehörs nicht beeinsprucht.

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren des BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen.

Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt.

3.2. Zu Spruchteil A):

Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes ist gemäß § 1 Abs. 2 BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 % auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist;

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen;

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten;

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. I Nr. 22/1970 in der geltenden Fassung, angehören.

Nach § 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG 1998), BGBl. I Nr. 400/1998 in der geltenden Fassung, sind die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:

-        Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. I Nr. 183/1947).

-        Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-        In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des BBG, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 leg. cit. genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010 in der geltenden Fassung) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen;

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 leg. cit. vorliegt.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß § 45 Abs. 1 BBG nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Es war aus folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:

Wie oben unter Punkt II.2 ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte, als nachvollziehbar und widerspruchfrei gewertete Sachverständigengutachten von Dr. XXXX vom 10.04.2020 zugrunde gelegt, welches die eingeholten fachärztlichen Sachverständigengutachten zusammenfasst. Dieses blieb auch im gegenständlichen Beschwerdeverfahren unbestritten.

Danach konnte ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 von Hundert festgestellt werden.

Die Gesamteinschätzung ist auch unter Bedachtnahme auf den durchgeführten Sachverständigenbeweis vorzunehmen (vgl. VwGH 19.11.1997, Zl. 95/09/0232; 04.09.2006, Zl. 2003/09/0062).

Im gegenständlichen Fall sind daher die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, nicht erfüllt.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in der geltenden Fassung, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.

Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Behindertenpass Grad der Behinderung Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G303.2217355.1.00

Im RIS seit

18.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

18.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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