TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/8 G308 2180768-1

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Veröffentlicht am 08.10.2020
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Entscheidungsdatum

08.10.2020

Norm

AgrVG 1950 §15
AVG §74
B-VG Art133 Abs4
GEG §6a Abs1
GGG Art1 §13
GGG Art1 §32 TP9 litb Z1

Spruch

G308 2180768-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Angelika PENNITZ als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) XXXX , geboren am XXXX , und 2.) XXXX , geboren am XXXX , beide wohnhaft in XXXX , beide vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Michael AUGUSTIN, Mag. Peter HASLINGER, Mag. Thomas BÖCHZELT in 8700 Leoben, gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichtes XXXX vom 09.11.2017, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

I.       Der Antrag auf Kostenersatz wird als unzulässig zurückgewiesen.

II.      Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 09.11.2017, Zl. XXXX , führte die Präsidentin des Landesgerichtes XXXX (im Folgenden: belangte Behörde) im Grundbuchsverfahren aus, dass 1. XXXX und 2. XXXX (im folgenden Beschwerdeführer oder kurz BF), XXXX , für folgende Gebühren zur ungeteilten Hand zahlungspflichtig seien:

Eintragungsgebühr TP 9 lit b GGG (1,1 %) BMG: 231.112,-- EUR      2.543,00

Einhebungsgebühr § 6a Abs. 1 GEG EUR      8,00

offener Gesamtbetrag EUR      2.551,00

Begründend wurde ausgeführt, dass am 31.07.2012 die Antragsteller die Absonderung der mit der Liegenschaft EZ XXXX GB XXXX verbundenen 1/152 Anteilsrechte am Gemeinschaftsvermögen XXXX und Zuschreibung dieser Anteilsrechte zur Liegenschaft EZ XXXX GB XXXX begehrt hätten. Laut vorgelegtem Kauf-und Übergabevertrag sei das Anteilsrecht am Gemeinschaftsvermögen XXXX an die Beschwerdeführer zum Kaufpreis von EUR 231.112,00 verkauft und übergeben worden. Dieser Betrag sei daher zum Zwecke der Gebührenbemessung herangezogen worden.

Mit Beschluss des BG XXXX vom XXXX .2012 sei die begehrte Grundbuchshandlung bewilligt und vollzogen worden.

Im Zuge der Nachprüfung der Gebühren und Kosten durch den Revisor im Jahr 2017 sei die Vorschreibung der ausstehenden Gerichtsgebühren im Wesentlichen mit der Begründung angeordnet worden, dass die Übertragung der Anteile als Einverleibung des Eigentumsrechtes an diesem Anteil verbüchert worden und daher die Eintragungsgebühr nach TP 9 lit. b Z1 GGG ausgehend von der genannten Bemessungsgrundlage, vorzuschreiben sei.

Gegen den Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) sei binnen offener Frist Vorstellung erhoben worden, dieser sei damit außer Kraft getreten.

Gemäß § 15 Abs. 1 Agrarverfahrensgesetz (AgrVG) seien die zur Durchführung eines Verfahrens vor der Agrarbehörde zur Regelung der Flurverfassung (Z 1) oder zur Regelung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie anderer Felddienstbarkeiten (Z 2) […] erforderlichen Schriften und die zu diesen Zwecken von der Agrarbehörde abgeschlossenen Rechtsgeschäfte von den Stempel- und Rechtsgebühren befreit.

Dieser Schlusssatz beziehe sich jedoch nur auf die finanzrechtlichen Gebühren, nicht jedoch auf Gerichtsgebühren. Die Befreiung von Gerichtsgebühren sei in § 15 Abs. 3 AgrVG geregelt. Demnach seien Grundbuchseintragungen, die zur Durchführung der in Abs. 1 Z 1 und 2 genannten Verfahren verwirklichten Rechtsvorgängen erforderlich seien, ausgenommen jedoch die Fälle des § 50 Abs. 2 Flurverfassung-Grundsatzgesetz 1951, von den Gerichtsgebühren befreit.

Im vorliegenden Fall sei von der Agrarbezirksbehörde ein Flurbereinigungsverfahren gemäß
§ 50 Abs. 2 Flurverfassung-Grundsatzgesetz 1951 durchgeführt worden, für welches jedoch die sachliche Gerichtsgebührenbefreiung nach § 15 Abs. 3 AgrVG nicht in Anspruch genommen werden könne. Es seien daher die entsprechenden Gerichtsgebühren vorzuschreiben gewesen.

2. Mit Schreiben vom 11.12.2017 erhoben die beiden BF durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter fristgerecht Beschwerde. In dieser führten sie begründend aus, dass die Befreiung von Gerichtsgebühren nach den Bestimmungen des § 15 Abs. 3 AgrVG im vorliegenden Fall gegeben sei. Entgegen der Rechtsmeinung der belangten Behörde handle es sich bei dem Verfahren, dass vor der Agrarbezirksbehörde XXXX durchgeführt worden sei und zum Bescheid der Behörde vom 09.05.2012, GZ XXXX , geführt habe, um kein Flurbereinigungsverfahren gemäß § 50 Abs. 2 Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951. Es liege eine Grundbuchseintragung des Bezirksgerichtes XXXX über einen Rechtsvorgang vor, der zur Durchführung eines in § 15 Abs. 1 Z 1 AgrVG genannten Verfahrens (nämlich der Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an agrargemeinschaftlichen Grundstücken) erforderlich sei, zugrunde. Damit könne die Befreiungsbestimmung des § 15 Abs. 3 AgrVG zur Anwendung kommen, es sei denn der genannte Vorgang fiele unter die Ausnahme des § 50 Abs. 2 Flurverfassungs-Grundsatzgesetz. Diese würden ausschließlich sogenannte „vereinfachte Verfahren“ anstelle einer Grundstückszusammenlegung umfassen, nicht hingegen das gegenständliche Verfahren, in welchem die Agrarbehörde der Abtrennung eines Anteilsrechts am Gemeinschaftsvermögen der Realgemeinschaft von einer Liegenschaft und der Zuschreibung dieses Anteilsrechts an eine andere, ihre zur grundbücherlichen Durchführung des Vorgangs erforderliche, Zustimmung erteilt habe.

3. Mit Schreiben vom 19.12.2017 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor, ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen. Die Beschwerde langte am 28.12.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

4. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.04.2020 wurde die zuständige Agrarbezirksbehörde für Steiermark um Auskunft dahingehend ersucht, ob im Verfahren über deren Bescheid vom 09.05.2012 über die Bewilligung einer Absonderung und Zuschreibung von Liegenschaftsanteilen abgesehen vom im Bescheid zitierten § 4 Abs. 2 lit. c Stmk. Agrargemeinschaftengesetz 1985 auch ein Verfahren gemäß § 50 Abs. 1 oder Abs. 2 Flurverfassungs-Gesetz 1951 durchgeführt worden sei, oder ob die genannten Bestimmungen des Flurverfassungs-Gesetzes in diesem Verfahren keine Relevanz hatten.

5. Mit Schreiben der Agrarbezirksbehörde vom 22.04.2020, beim Bundesverwaltungsgericht am selben Tag einlangend, gab diese bekannt, dass § 50 Abs. 1 noch Abs. 2 des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951 im gegenständlichen Verfahren eine Rolle gespielt hätten. Von der Agrarbezirksbehörde sei stets ausschließlich das Steiermärkische Agrargemeinschaftengesetz – StAgrGG 1985, welches in Ausführung des II. Abschnittes des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951 ergangen sei, anzuwenden gewesen.

6. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.05.2020 wurde die belangte Behörde im Hinblick auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2014, Ro 2014/16/0075, um Mitteilung ersucht, ob fallbezogen innerhalb der Frist des § 57 Abs. 3 AVG taugliche Ermittlungsschritte gesetzt worden seien. Bejahendenfalls werde um Übermittlung der Aktenbestandteile ersucht, aus denen sich dies ergebe.

7. Mit am 04.06.2020 beim Bundesverwaltungsgericht einlangenden Schreiben vom 27.05.2020 teilte die belangte Behörde mit, dass aufgrund des eindeutigen Sachverhaltes (nämlich der bis dato unterbliebenen Gebührenvorschreibung) Ermittlungsschritte nicht notwendig gewesen seien.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Mit Kauf- und Übertragungsvertrag vom 12.10.2011, 19.10.2011 und 27.10.2011 erwarben die beiden BF 1/152 Anteilsrechte am Gemeinschaftsvermögen XXXX an deren Liegenschaft EZ XXXX GB XXXX , welche von diesem Vermögen abgesondert und der im jeweiligen Hälfteeigentum der BF stehenden Liegenschaft EZ XXXX GB XXXX zugeschrieben wurden, vorbehaltlich der agrarbehördlichen Bewilligung, zu einem Kaufpreis von EUR 231.112,00 (vgl. aktenkundiger Kaufvertrag).

Punkt VII. des Kauf- und Übertragungsvertrages („Abgabenbefreiung) lautet:

„Festgestellt wird, dass das gegenständliche Rechtsgeschäft gem. § 15 Abs 2 AgrVG unter der Voraussetzung, dass von der zuständigen Agrarbehörde die Übereinstimmung mit den Zielen des Gesetzes bescheidmäßig festgestellt wird, von den Stempel- und Rechtsgebühren befreit ist.“

1.2. Mit Bescheid der Agrarbezirksbehörde für Steiermark, Servicestelle XXXX , vom 09.05.2012, wurde die aufgrund des gegenständlichen Kaufvertrages vom 12.10.2011, 19.10.2011 und 27.10.2011 vorgenommene Absonderung der mit der Liegenschaft EZ XXXX GB XXXX verbundenen 1/152 Anteilsrechte am Gemeinschaftsvermögen XXXX und Zuschreibung dieser Anteilsrechte nach EZ XXXX GB XXXX [an die beiden BF, Anm.] gemäß § 4 Abs. 2 lit. c des Steiermärkischen Agrargemeinschaftsgesetzes 1985, LGBl. Nr. 8/1986 idF LGBl. Nr. 78/2001 (StAgrGG 1985) bewilligt und zugleich festgestellt, dass diese Anteilerechtsübertragung in der ordentlichen Vollversammlung der Agrargemeinschaft XXXX am 28.04.2012 bewilligt wurde (vgl. aktenkundiger Bescheid vom 09.05.2012).

1.3. Am 31.07.2012, 11:49:34,45, langte beim Bezirksgericht XXXX das entsprechende Grundbuchsgesuch auf Änderung der Eigentumsverhältnisse entsprechend des Kauf- und Übertragungsvertrages und des Bewilligungsbescheides vom 09.05.2012 ein (vgl. aktenkundiges Grundbuchsgesuch).

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom XXXX .2012 wurde der Grundbuchseintrag bewilligt und vollzogen (vgl. aktenkundiger Beschluss).

1.4. Im Zuge der Nachprüfung der Gebühren und Kosten durch den zuständigen Revisor im Jahr 2017 wurde die nachträgliche Vorschreibung der Gerichtsgebühren angeordnet, da die Eintragungsgebühr nach TP 9 lit. b Z 1 GGG (1,1 %) von EUR 231.112,00 nicht vorgeschrieben wurde.

1.5. Der Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) wurde sodann von der Kostenbeamtin im Namen der belangten Behörde am 03.08.2017 erlassen.

1.6. Gegen diesen Zahlungsauftrag richtete sich die binnen offener Frist erhobene Vorstellung der BF vom 10.08.2017.

1.7. Die entsprechenden Verwaltungsakten der Kostenbeamtin wurden der belangten Behörde am 18.12.2017 vorgelegt.

1.8. Der Sachverhalt ist darüber hinaus unstrittig. Strittig sind lediglich Rechtfragen und wird diesbezüglich auf die rechtliche Beurteilung verwiesen.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt sowie dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der Sachverhalt ist darüber hinaus unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu Spruchteil A)

3.1. Zur Zurückweisung des Antrages auf Kostenersatz:

Der mit "Kosten der Beteiligten" betitelte § 74 AVG lautet:

"§ 74. (1) Jeder Beteiligte hat die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten.

(2) Inwiefern einem Beteiligten ein Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten zusteht, bestimmen die Verwaltungsvorschriften. Der Kostenersatzanspruch ist so zeitgerecht zu stellen, daß der Ausspruch über die Kosten in den Bescheid aufgenommen werden kann. Die Höhe der zu ersetzenden Kosten wird von der Behörde bestimmt und kann von dieser auch in einem Pauschalbetrag festgesetzt werden."

Ein wie von den BF begehrter Antrag auf Kostenersatz käme nur in Betracht, wenn hierfür eine Rechtsgrundlage bestünde und die sachliche Zuständigkeit des erkennenden Gerichts, darüber abzusprechen, vorliegen würde (Art. 18 Abs. 1 B-VG). Es besteht im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Rechtsgrundlage für einen Kostenersatz. Das VwGVG sieht lediglich im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß § 35 VwGVG einen Kostenersatzanspruch vor.

Mangels materienspezifischer Sonderregelung ergibt sich aus § 74 Abs. 2 AVG, welcher aufgrund § 17 VwGVG für die Verwaltungsgerichte anwendbar ist, kein Kostenersatzanspruch.

Der Antrag auf Kostenersatz war demnach als unzulässig zurückzuweisen.

3.2. Zur Abweisung der Beschwerde:

3.2.1. Zum Vorliegen einer grundsätzlichen Gebührenbefreiung im gegenständlichen Fall:

Gemäß § 15 Abs. 1 Agrarverfahrensgesetz 1950 (AgrVG) in der zum Zeitpunkt des Antrages auf Grundbuchseintragung am 31.07.2012 geltenden Fassung sind die zur Durchführung eines Verfahrens vor der Agrarbehörde zur Regelung der Flurverfassung (Zusammenlegung, Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an agrargemeinschaftlichen Grundstücken durch Teilung oder Regulierung, Flurbereinigung) (Z 1) oder zur Regelung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie anderer Felddienstbarkeiten (Z 2) […] erforderlichen Schriften und die zu diesen Zwecken vor der Agrarbehörde abgeschlossenen Rechtsgeschäfte von den Stempel- und Rechtsgebühren befreit.

Gemäß § 15 Abs. 2 AgrVG sind Rechtsgeschäfte, die nicht im Rahmen von Verfahren vor der Agrarbehörde abgeschlossen werden, von den Stempel- und Rechtsgebühren dann befreit, wenn die mit einem Hinweis auf die Gebührenbefreiung nach dieser Bestimmung versehenen Urkunden beim Finanzamt angezeigt werden und von der Agrarbehörde deren Übereinstimmung mit den Zielen des Gesetzes (Abs. 1 Z 1 bis 5) bescheidmäßig festgestellt wurde.

Gemäß § 15 Abs. 3 AgrVG sind Grundbuchseintragungen, die zur Durchführung der in Abs. 1 Z 1 und 2 genannten Verfahren verwirklichten Rechtsvorgänge erforderlich sind, ausgenommen die Fälle des § 50 Abs. 2 des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes, von den Gerichtsgebühren befreit.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat in seiner Entscheidung vom 27.09.2012, 2009/16/0234, zum Aufbau des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951 und des entsprechenden Ausführungsgesetzes, des Steiermärkischen Agrargemeinschaftsgesetzes 1985 (StAgrGG 1985) ausgeführt:

„[…]

Das I. Hauptstück des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951, BGBl. Nr. 103/1951, hat die Zusammenlegung, Teilung und Regulierung (des land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes) zum Inhalt. Der II. Abschnitt dieses Hauptstücks regelt in den §§ 15 bis 32 die Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an agrargemeinschaftlichen Grundstücken. Diese Ordnung kann gem. § 19 leg. cit. entweder durch Teilung oder durch Regulierung erfolgen.

Die Teilung agrargemeinschaftlicher Grundstücke, bei welcher Teilflächen den Teilgenossen ins Eigentum übergeben werden, kann gem. § 20 Abs. 1 leg. cit. eine General- oder Spezialteilung sein.

Die Spezialteilung ist gem. § 20 Abs. 3 leg. cit. die Auflösung der Agrargemeinschaft durch Umwandlung der Anteilsrechte in Einzeleigentum sowie die Ausscheidung einzelner Mitglieder der Agrargemeinschaft unter Aufrechterhaltung der Gemeinschaft zwischen den übrigen Teilgenossen. Eine Spezialteilung kann im Anschluss an eine Generalteilung oder unabhängig von einer solchen erfolgen.

Gem. § 22 Abs. 1 leg. cit. hat bei der Teilung jede Partei (Teilgenosse) nach dem festgestellten Werte ihres Anteiles an den agrargemeinschaftlichen Grundstücken oder sonstigen in die Teilung einbezogenen Liegenschaften oder Vermögenschaften Anspruch auf vollen Gegenwert tunlichst in Grund und Boden.

Die Landesgesetzgebung bestimmt gem. § 28 Abs. 1 leg. cit. u. a., ob und unter welchen wirtschaftlichen und rechtlichen Voraussetzungen das Teilungsverfahren auf Antrag der Nutzungsberechtigten oder von Amts wegen eingeleitet werden kann und in welchen Fällen es einzuleiten ist, wobei gem. Abs. 2 leg. cit. die Landesgesetzgebung an die Grundsätze der §§ 29 und 30 leg. cit. gebunden ist.

Das II. Hauptstück des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951 regelt in seinen §§ 49 und 50 die Flurbereinigung, welche unter bestimmten Voraussetzungen an Stelle eines Zusammenlegungsverfahrens durchgeführt werden kann (§ 49 Abs. 1 leg. cit.).

Gem. § 50 Abs. 1 leg. cit. sind im Flurbereinigungsverfahren die Bestimmungen für die Zusammenlegung mit näher angeführten Abänderungen sinngemäß anzuwenden.

Gem. § 50 Abs. 2 leg. cit. sind dem Flurbereinigungsverfahren Verträge, die von den Parteien in verbücherungsfähiger Form abgeschlossen wurden (Flurbereinigungsverträge), oder Parteienübereinkommen, die von der Behörde in einer Niederschrift beurkundet wurden (Flurbereinigungsübereinkommen) zugrunde zu legen, wenn die Behörde bescheidmäßig feststellt, dass sie zur Durchführung der Flurbereinigung erforderlich sind.

Im Beschwerdefall hat das Bezirksgericht unstrittig Grundbuchseintragungen über Rechtsvorgänge, die zur Durchführung eines in § 15 Abs. 1 Z 1 Agrarverfahrensgesetz genannten Verfahrens (nämlich der Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an agrargemeinschaftlichen Grundstücken durch Teilung) erforderlich sind, durchgeführt. Damit könnte die Befreiungsbestimmung des § 15 Abs. 3 AgrVG zur Anwendung kommen, es sei denn die genannten Vorgänge fielen unter die Ausnahme des § 50 Abs. 2 Flurverfassungs-Grundsatzgesetz.

Strittig ist im Beschwerdefall ausschließlich, ob - wie die belangte Behörde vermeint - ein Fall des § 50 Abs. 2 Flurverfassungs-Grundsatzgesetz vorliegt und daher die Gebührenbefreiung zu verneinen sei. Die Beschwerdeführer vertreten die Auffassung, dass ein Spezialteilungsverfahren (wie im vorliegenden Fall) von einem Flurbereinigungsverfahren klar zu unterscheiden sei, wenn auch "sozusagen als Nebeneffekt im Einzelfall auch eine flurbereinigende Wirkung" erreicht werde. Damit sind die Beschwerdeführer im Ergebnis im Recht.

Wenn etwa die Besitz-, Benützungs- oder Bewirtschaftungsverhältnisse in einem kleineren Gebiet oder einer kleineren Anzahl land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe oder lediglich durch einzelne Maßnahmen verbessert oder neu gestaltet werden, kann anstelle eines Zusammenlegungsverfahrens ein Flurbereinigungsverfahren nach dem II. Hauptstück des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951 (und den damit im Wesentlichen übereinstimmenden Bestimmungen der §§ 46 bis 48 Abs. 1 Steiermärkisches Zusammenlegungsgesetz 1982 - StZLG 1982) durchgeführt werden, welches nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist und zahlreiche Vereinfachungen aufweist (vgl. dazu Bachler/Haunold in: Norer, Handbuch des Agrarrechts, 425f, und Haunold in: Pürgy, Das Recht der Länder, Band II/2, Kapitel 51, Tz 18). Davon zu unterscheiden ist die im I. Hauptstück des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951 (und im I. Hauptstück des Steiermärkischen Agrargemeinschaftengesetzes 1985 - StAgrGG 1985, LGBl. Nr. 8/1986) geregelte Ordnung agrargemeinschaftlicher Grundstücke, welche durch Teilung oder Regulierung erfolgen kann.

Das in der Ausnahmebestimmung des § 15 Abs. 3 AgrVG genannte Verfahren nach § 50 Abs. 2 Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951 betrifft ausschließlich das vereinfachte Verfahren anstelle der Grundstückszusammenlegung, nicht hingegen die Auflösung einer Agrargemeinschaft durch Teilung. Daraus folgt aber, dass die Ausnahmebestimmung des § 15 Abs. 3 AgrVG, wonach die Fälle des § 50 Abs. 2 des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes von der Befreiung ausgeschlossen sind, bei einer Auflösung einer Agrargemeinschaft nicht zur Anwendung gelangen kann. Die Spezialteilung einer Agrargemeinschaft kann nämlich nicht in einem vereinfachten Verfahren nach § 50 Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951, welches ausschließlich bei der Zusammenlegung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke zur Anwendung gelangt, durchgeführt werden.

[…]

Der Bescheid der Agrarbezirksbehörde entfaltete nämlich für die Beurteilung des genannten Verfahrens keine Bindungswirkung (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 2006, 2003/16/0501).“

Wenngleich das Bundesverwaltungsgericht an diese Beurteilung nicht gebunden ist, hat auch die Agrarbezirksbehörde mit Schreiben vom 22.04.2020 mitgeteilt, dass es sich im gegenständlichen Fall nicht um ein Verfahren nach § 50 Abs. 2 Flurverfassungs-Grundsatzgesetz gehandelt hat.

Im Lichte der dargestellten Rechtsprechung und der Auskunft der Agrarbezirksbehörde liegt gegenständlich nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes – entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde – eine Gebührenbefreiung gemäß § 15 Abs. 3 AgrVG grundsätzlich vor.

3.2.2. Fehlende Inanspruchnahme der Gebührenbefreiung:

Wenngleich der gegenständliche Sachverhalt grundsätzlich vom Anwendungsbereich des § 15 Abs. 3 AgrVG erfasst ist und somit eine Gebührenbefreiung vorlag, war die gegenständliche Beschwerde im Ergebnis dennoch abzuweisen:

Der mit „Sachliche Gebührenfreiheit“ betitelte § 13 GGG in der seit 01.01.2002 geltenden Fassung BGBl. I Nr. 131/2001 lautet:

„§ 13. (1) Soweit Staatsverträge nicht entgegenstehen, sind in gesetzlichen Vorschriften ohne Beziehung auf bestimmte Personen aus sachlichen Gründen gewährte Befreiungen von den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren unwirksam. Ausgenommen hievon sind die Befreiungen von den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren nach § 15 Abs. 3 Agrarverfahrensgesetz, dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, dem Neugründungs-Förderungsgesetz, dem 1. Euro-Justiz-Begleitgesetz, dem Euro-Genossenschaftsbegleitgesetz und Art. 34 § 1 Budgetbegleitgesetz 2001.

(2) Nach Abs. 1 weiterhin bestehende Gebührenbefreiungen erstrecken sich auf alle am Verfahren beteiligten Personen, deren gesetzliche Vertreter und Bevollmächtigte; sie treten aber nur ein, wenn sie in der Eingabe, bei Aufnahme des Protokolls oder Vornahme einer sonstigen Amtshandlung unter Hinweis auf die gesetzliche Grundlage in Anspruch genommen werden.“

Im Antrag auf Grundbuchseintragung vom 31.07.2012 der BF wurde zu den Gebühren und der diesbezüglichen Gesetzesgrundlage „keine Angaben“ angegeben, ebenso wenig wurde Angaben im zugehörigen Notizfeld hinterlassen. Dem Antrag beigefügt ist zwar der Kauf- und Übertragungsvertrag, der in seinem Punkt VII. „Abgabenbefreiung“ allerdings nur auf § 15 Abs. 2 AgrVG betreffend die Abgabebehörden, nicht jedoch auf aus Grundbuchseinträgen resultierende Eintragungsgebühren gemäß § 15 Abs. 3 AgrVG Bezug nimmt.

Auch lässt sich dem gesamten vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakt nicht entnehmen, dass die BF einen entsprechenden Berichtigungsantrag (vgl. etwa VwGH vom 16.12.2004, 2004/16/0193; vom 29.04.2013, 2011/16/0243) gestellt hätte.

Insgesamt haben die BF im gesamten Verfahren die Gebührenbefreiung gemäß § 13 Abs. 2 GGG nicht in Anspruch genommen, sodass diese gegenständlich nicht eingetreten ist.

Im Ergebnis war die Beschwerde daher dennoch als unbegründet abzuweisen.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK nach Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Im gegenständlichen Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus den Akten hervor. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausführte, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung und Einbringung von Gerichtsgebühren mangels Vorliegens von „civil rights“ unter dem Blickwinkel des Art. 6 EMRK nicht erforderlich (VwGH vom 26.06.2003, 2000/16/0305, mwN). Auch ist nicht ersichtlich, warum nach Art. 47 der EU Grundrechte-Charta eine Verhandlung erforderlich sein soll, zumal keine derart komplexe Rechtsfrage zu lösen war, zu deren Erörterung es einer mündlichen Verhandlung bedurft hätte.

Schlussendlich wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch nicht beantragt.

Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Einhebungsgebühr Eintragungsgebühr Gebührenbefreiung Gerichtsgebühren Grundbuch Kostenersatz Zahlungsauftrag Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G308.2180768.1.00

Im RIS seit

18.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

18.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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