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19/05 Menschenrechte;Norm
FrG 1993 §18 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Neumair, über die Beschwerde des R, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 26. Februar 1997, Zl. SD 162/97, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 26. Februar 1997 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 und 2 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer, der sich seit Dezember 1991 in Österreich befinde, sei am 23. September 1992 vom Strafbezirksgericht Wien wegen versuchten Diebstahls, am 5. April 1994 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen schwerer Sachbeschädigung gemäß §§ 125, 126 Abs. 1 Z. 7 StGB und zuletzt am 24. Jänner 1995 vom Bezirksgericht Innere Stadt wegen (vorsätzlicher) Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 StGB jeweils zu Geldstrafen rechtskräftig verurteilt worden. Da die beiden erstgenannten Verurteilungen wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen (gegen fremdes Vermögen) erfolgt seien, liege der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG vor. Außerdem sei der Beschwerdeführer am 15. November 1996 wegen § 64 Abs. 1 KFG und wegen Übertretung des § 5 Abs. 2 StVO rechtskräftig bestraft worden. Diese Gesetzesverletzungen stellten nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schwerwiegende Verwaltungsübertretungen dar, sodaß (auch) der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 erster Fall FrG erfüllt sei. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, daß der Beschwerdeführer derzeit über keine Aufenthaltsberechtigung verfüge und bereits im Juni 1994 von Beamten des Arbeitsmarktservice Wien bei einer Beschäftigung betreten worden sei, die er nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nicht hätte ausüben dürfen. Lediglich aufgrund der Tatsache, daß er wenig später, nämlich im Dezember 1994, eine österreichische Staatsbürgerin geehelicht habe, mit der er im übrigen nicht im gemeinsamen Haushalt lebe, habe die Erstbehörde zum damaligen Zeitpunkt von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes abgesehen.
Kein Zweifel könne aber daran bestehen, daß das aufgezeigte Gesamt(fehl)verhalten des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung in hohem Maß beeinträchtige, sodaß vorliegend (auch) die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei. In einem solchen Fall sei gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, wenn dem nicht die Bestimmungen der §§ 19 und 20 leg. cit. entgegenstünden.
Aufgrund des relativ langen inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers sowie im Hinblick darauf, daß er seit Dezember 1994 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet sei, liege ein mit dem Aufenthaltsverbot verbundener Eingriff in sein Privat- und Familienleben vor. Dessen ungeachtet sei das Aufenthaltsverbot aufgrund des Dringend-geboten-seins dieser Maßnahme im Grunde des § 19 leg. cit. zulässig. Das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers bringe sehr deutlich zum Ausdruck, daß er keinerlei Bedenken habe, sich über die gesetzlichen Bestimmungen seines Gastlandes in den verschiedensten Rechtsbereichen hinwegzusetzen. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei daher zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen durch den Beschwerdeführer, zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer sowie im Interesse der Verkehrssicherheit als dringend geboten zu erachten. Dies umsomehr, als der Beschwerdeführer nicht einmal von bereits erfolgten rechtskräftigen Verurteilungen abgehalten worden sei, neuerlich straffällig zu werden.
Bei der nach § 20 Abs. 1 leg. cit. vorzunehmenden Interessenabwägung sei der mehr als fünfjährige inländische Aufenthalt des Beschwerdeführers zu berücksichtigen gewesen. Der daraus ableitbaren Integration komme aber insofern kein entscheidendes Gewicht zu, als die dafür erforderliche soziale Komponente durch die zahlreichen Rechtsbrüche des Beschwerdeführers erheblich beeinträchtigt werde. Auch die Bindung des Beschwerdeführers zu seiner Ehegattin erfahre durch den Umstand, daß er mit ihr nicht im gemeinsamen Haushalt lebe, eine Relativierung. Die belangte Behörde sei daher der Auffassung, daß die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin keinesfalls schwerer wögen als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme. Sohin erweise sich das Aufenthaltsverbot auch im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG als zulässig.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. In der Beschwerde bleibt die Ansicht der belangten Behörde, daß vorliegend sowohl der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 (vierter Fall) als auch der des § 18 Abs. 2 Z. 2 (erster Fall) FrG verwirklicht sei, unbekämpft. Der Gerichtshof hegt auf dem Boden der unbestrittenen maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen gegen diese rechtliche Beurteilung keine Bedenken. Gleiches gilt für die Auffassung der belangten Behörde, es sei im Hinblick auf das den besagten rechtskräftigen Verurteilungen und rechtskräftigen Bestrafungen zugrunde liegende Fehlverhalten des Beschwerdeführers die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme (in Ansehung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit) gerechtfertigt.
2. Wenn die Beschwerde diese Annahme mit dem Argument in Zweifel zieht, daß der belangten Behörde die "3 Vorstrafen" (gemeint offenbar: die drei rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilungen) seit langem bekannt gewesen, von ihr aber nicht zum Anlaß genommen worden seien, über den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot zu verhängen, so vermag sie damit keine Rechtswidrigkeit aufzuzeigen. Der Umstand, daß die Behörde aufgrund der Eheschließung des Beschwerdeführers im Dezember 1994 zum damaligen Zeitpunkt, ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen nach § 18 Abs. 2 Z. 1 und Z. 8 FrG, von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes Abstand genommen hatte, bildete für sie kein rechtliches Hindernis, nunmehr unter Bezugnahme (auch) auf die Verwirklichung des erstgenannten dieser Tatbestände ein Aufenthaltsverbot auszusprechen. Zum einen sind die tatbestandsverwirklichenden rechtskräftigen Verurteilungen des Beschwerdeführers vom September 1992 und vom Mai 1995 noch nicht getilgt, zum anderen ist das ihnen zugrunde liegende verpönte Verhalten des Beschwerdeführers - dies unter Bedachtnahme auf eine ihm zur Last liegende weitere Straftat (vorsätzliche Körperverletzung) - auch im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung noch geeignet, die Annahme zu tragen, der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet gefährde die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Abgesehen davon konnte, was die Beschwerde völlig außer acht läßt, die belangte Behörde die Verhängung des Aufenthaltsverbotes zusätzlich auf die erst im November 1996 erfolgte Verwirklichung des Tatbestandes des § 18 Abs. 2 Z. 2 (erster Fall) FrG stützen - ein Umstand, der die Gefahr, welche die weitere Anwesenheit des Beschwerdeführers im Bundesgebiet für die öffentliche Ordnung und vor allem Sicherheit bedeuten würde, deutlich unterstreicht.
3. Im Lichte des eben Gesagten stößt aber auch die Ansicht der belangten Behörde, es sei das Aufenthaltsverbot - unter der Annahme eines mit dieser Maßnahme verbundenen relevanten Eingriffes in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers i.S. des § 19 FrG - dringend geboten und demnach gemäß der genannten Bestimmung zulässig, auf keinen Einwand. Denn die wiederholten Angriffe gegen fremdes Vermögen und die Mißachtung wesentlicher, der Sicherheit des Straßenverkehrs dienender Vorschriften - das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne Lenkerberechtigung und in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zählt zu den gröbsten Verstößen gegen das KFG bzw. die StVO (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 5. September 1996, Zl. 95/18/0976, mwN) - machen die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes mit Rücksicht vor allem auf die Verhinderung strafbarer Handlungen und die Rechte anderer (Art. 8 Abs. 2 MRK) notwendig, wobei die für einen Verbleib des Beschwerdeführers in Österreich sprechenden persönlichen Interessen zurückzutreten haben.
4. Das erkennbar mit Blick auf § 20 Abs. 1 FrG erstattete Beschwerdevorbringen, das gegen den Beschwerdeführer erlassene Aufenthaltsverbot sei deshalb unzulässig, weil dieser aufgrund seines fünfjährigen Aufenthaltes in Österreich, seiner Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin und seiner Beschäftigung eine "erhebliche Integration" aufweise, läßt das Ergebnis der von der belangten Behörde vorgenommenen Interessenabwägung nicht als rechtsirrig erkennen, hatte sie doch bei der Gewichtung der privaten und familiären Interessen zu berücksichtigen, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers - von diesem nicht in Zweifel gezogen - im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung unrechtmäßig war, daß das Ausmaß der Integration des Beschwerdeführers durch die nicht unwesentliche Beeinträchtigung der dafür essentiellen sozialen Komponente aufgrund der mehrfachen Gesetzesverstöße eine beachtliche Minderung erfahren hat, und daß die Bindung des Beschwerdeführers zu seiner Ehegattin im Hinblick auf das Getrenntleben relativ gering zu veranschlagen ist. Von daher erscheint die zusammenfassende Wertung, daß die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Gattin nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von dieser Maßnahme, unbedenklich.
5. Da bereits der Beschwerdeinhalt erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
6. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997180172.X00Im RIS seit
20.11.2000