Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AufG 1992;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Neumair, über die Beschwerde des H, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 6. November 1996, Zl. SD 789/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 6. November 1996 wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.
Der Beschwerdeführer sei am 12. April 1992 mit einem am 2. April 1992 in Istanbul ausgestellten, bis 1. August 1992 gültigen, Sichtvermerk nach Österreich eingereist. Während ein von ihm gestellter Asylantrag im August 1992 abgelehnt worden sei, habe der Beschwerdeführer einen Sichtvermerk und im Anschluß daran eine bis Ende Dezember 1994 gültige Aufenthaltsbewilligung erhalten. Ein "rechtmäßiger Verlängerungsantrag" sei vom Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 7. Dezember 1994, zugestellt am 22. Dezember 1994, abgewiesen worden. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers sei daher "seit Ablauf seiner Aufenthaltsbewilligung
(30. Dezember 1994)" nicht rechtmäßig.
Der Beschwerdeführer habe nach Eintritt der Rechtskraft, und zwar am 13. Jänner 1995, einen Wiedereinsetzungsantrag gegen die Ablehnung der Aufenthaltsbewilligung gestellt und die Berufung nachgeholt. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers habe er dadurch aber keine Aufenthaltsberechtigung erlangt. Eine solche würde ihm auch eine rechtzeitige Berufung nicht verschafft haben können. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand habe auch nicht bewirkt, daß die Bestimmung des § 17 Abs. 4 FrG der Ausweisung entgegenstehe, weil er keine aufschiebende Wirkung gehabt habe, und ändere daher auch nichts an der Rechtskraft des erstinstanzlichen Bescheides. Erst eine Bewilligung der Wiedereinsetzung - das Verfahren sei derzeit beim Bundesminister für Inneres anhängig - würde die Rechtskraft des ablehnenden, erstinstanzlichen Bescheides beseitigen; erst dann würde § 17 Abs. 4 FrG einer Ausweisung entgegenstehen.
Somit sei die Versagung der Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdeführers jedenfalls rechtskräftig und stehe auch § 17 Abs. 4 FrG der Ausweisung nicht entgegen. In einem solchen Fall sei die Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 FrG zu verfügen, sofern dem nicht § 19 leg. cit. entgegenstehe. Ein Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers sei nicht geltend gemacht worden und auch die privaten Interessen seien denkbar gering, zumal sich der Beschwerdeführer erst viereinhalb Jahre, davon aber nur die "ersten eineinhalb Jahre" rechtmäßig, in Österreich befinde. Angesichts dessen sei der durch die Ausweisung bewirkte Eingriff zur Verteidigung eines geordneten Fremdenwesens, somit also zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele, dringend geboten. Einem geordneten Fremdenwesen komme ein hoher Stellenwert zu. Dabei sei von Bedeutung, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit fast zwei Jahren nicht rechtmäßig sei. Der Beschwerdeführer sei bereits zweimal, davon allerdings das erste Mal im Jahr 1992, rechtskräftig wegen illegalen Aufenthaltes bestraft worden, sodaß sogar die Grundlage für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegeben sein würde. Die Tolerierung eines weiteren illegalen Aufenthaltes erscheine daher nicht vertretbar.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des Bescheides macht die Beschwerde geltend, daß "über die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet (bisher) keine abschließende verbindliche Entscheidung" vorliege, weil über seinen Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist betreffend die Versagung der Aufenthaltsbewilligung bisher weder verhandelt noch entschieden worden sei. Für die Rechtmäßigkeit der Ausweisung sei die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet eine Vorfrage; die belangte Behörde hätte daher das Ausweisungsverfahren gemäß § 38 AVG "bis zur Erledigung des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof" (gemeint ist wohl: bis zur Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag im Verfahren nach dem Aufenthaltsgesetz) aussetzen müssen; die belangte Behörde habe daher gegen § 38 AVG verstoßen. Weiters widerspreche es dem "Grundsatz der Prozeßökonomie", daß die belangte Behörde die besagte Vorfrage im angefochtenen Bescheid selbst gelöst habe.
1.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Entscheidend ist vorliegend (was die belangte Behörde richtig erkannt hat), daß dem Beschwerdeführer die Stellung seines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand betreffend die Versäumung seiner Frist zur Berufung gegen die Versagung der Aufenthaltsbewilligung keine Berechtigung zum Aufenthalt in Österreich verschaffen konnte (vgl. in diesem Sinne das hg. Erkenntnis vom 19. September 1996, Zl. 96/18/0416, sowie das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1996, Zl. 96/18/0248), zumal - unbestritten - dem Wiedereinsetzungsantrag auch keine aufschiebende Wirkung im Sinne des § 71 Abs. 7 AVG zuerkannt worden ist.
1.3. Im übrigen läßt es die Beschwerde unbestritten, daß der Antrag des Beschwerdeführers auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung mit dem am 22. Dezember 1994 dem Beschwerdeführer zugestellten Bescheid des Landeshauptmannes von Wien abgewiesen worden und die Geltungsdauer der ihm zuletzt erteilten Aufenthaltsbewilligung am 30. Dezember 1994 abgelaufen ist.
Im Hinblick darauf und auf der Grundlage des Gesagten bestehen gegen die Auffassung der belangten Behörde, daß dem Beschwerdeführer nach dem 30. Dezember 1994 keine Aufenthaltsberechtigung mehr zukam, keine Bedenken. Die belangte Behörde hat damit das Vorliegen der Voraussetzung des § 17 Abs. 1 FrG für die Erlassung einer Ausweisung gegen den Beschwerdeführer - vorbehaltlich der Zulässigkeit dieser Maßnahme nach § 19 FrG - zutreffend bejaht.
2. Hinsichtlich seines Privat- und Familienlebens bringt die Beschwerde lediglich - und zwar im Zusammenhang mit dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung an die Beschwerde - vor, daß durch die Ausweisung "massiv in das Familien- und Privatleben des Beschwerdeführers" eingegriffen werde. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend, weil es sich dabei um eine bloße, nicht näher substantiierte Behauptung handelt.
3. Vor dem Hintergrund der Ausführungen unter Punkt II.1. ist auch der Verfahrensrüge, die belangte Behörde hätte mit dem Beschwerdeführer die Frage der "Nichterledigung des Verfahrens aufgrund des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung" erörtern müssen, der Boden entzogen.
4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich auch ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997180145.X00Im RIS seit
02.05.2001