TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/30 W235 2171981-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.11.2020
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Entscheidungsdatum

30.11.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §55
BFA-VG §18 Abs2
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §53
FPG §55

Spruch


W235 2171981-2/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.04.2020, Zl. 1093019104-180728211, zu Recht erkannt:

A)

I.       Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. II. III., und VI. des angefochtenen Bescheides wird gemäß §§ 55 und 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG, §§ 46, 52, 53 FPG als unbegründet abgewiesen.

II.      Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte IV. und V. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG und § 55 FPG stattgegeben und diese Spruchpunkte werden ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Vorverfahren:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, reiste unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am XXXX .10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.09.2017, Zl. 1093019104-151657850, wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Weiters wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG wurde ihm nicht erteilt. Gegen ihn wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist zur freiwilligen Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.). Festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführer sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem XXXX .12.2016 verloren hat (Spruchpunkt V.).

1.3. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.04.2018, Zl. W158 2171981-1/9E, als unbegründet abgewiesen. Dieses Erkenntnis gelangte am 17.04.2018 in den elektronischen Verfügungsbereich der Vertretung des Beschwerdeführers und erwuchs sohin am 18.04.2018 in Rechtskraft.

2. Gegenständliches Verfahren:

2.1. Am 02.08.2018 stellte der Beschwerdeführer unter Verwendung des vorgesehenen Formulars den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK „Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens“ gemäß § 55 Abs. 2 AsylG. Hinsichtlich seiner Integration gab er an, sich seit XXXX .10.2015 durchgängig in Österreich aufzuhalten und über Deutschkenntnisse auf dem Sprachniveau A1 zu verfügen. Ferner führte er aus, dass er zweimal strafgerichtlich verurteilt worden sei. In Bezug auf das bestehende Familienleben verwies er auf ein mit 27.07.2018 datiertes Begleitschreiben.

Diesem Begleitschreiben ist zusammengefasst zu entnehmen, dass die minderjährigen Kinder des Beschwerdeführers, XXXX , geb. XXXX , und XXXX , geb. XXXX , in Österreich leben würden und ihnen der Status von Asylberechtigten zukomme. Der Beschwerdeführer habe sich proaktiv um die Einräumung eines Kontaktrechts zu seinen Kindern bemüht, da er seine Pflege-und Erziehungspflichten als Elternteil wahrnehmen wolle. Am XXXX .06.2018 sei es vor dem Bezirksgericht XXXX zu einer diesbezüglichen Einigung mit seiner Ex-Frau gekommen. Nach dieser Einigung komme ihm alle drei Wochen ein Kontaktrecht für die Dauer von drei Stunden zu. Aus der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ergebe sich, dass Art. 8 EMRK unter besonderen Umständen eine Verpflichtung des Staates begründe, den Aufenthalt eines Fremden zu ermöglichen. Dies gelte insbesondere für Fälle, in denen einem gemeinsamen Familienleben im Herkunftsstaat des Fremden wesentliche Hindernisse entgegenstünden. In derartigen Fällen sei vom EGMR selbst bei gravierenden öffentlichen Interessen (beispielsweise Straffälligkeit) eine Ausweisung für nicht zulässig angesehen worden. Im gegenständlichen Fall sei die Fortführung des Familienlebens lediglich in Österreich möglich, da die minderjährigen Kinder des Beschwerdeführers sowie deren Mutter in Österreich asylberechtigt seien und ihnen eine Rückkehr in ihren Herkunftsstaat Afghanistan nicht zumutbar sei. Gemäß Art. 24 Abs. 3 GRC habe jedes Kind Anspruch auf regelmäßige persönliche Beziehungen und direkte Kontakte zu beiden Elternteilen, es sei denn, es stehe dem Kindeswohl entgegen. Gegenständlich könne jedoch nicht behauptet werden, dass eine persönliche Beziehung des Beschwerdeführers dem Wohl seiner Kinder entgegenstünde, da die strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers in keinem Zusammenhang mit seinen elterlichen Sorgepflichten stünden. Darüber hinaus wäre ihm wohl kein Kontaktrecht eingeräumt worden, wenn dies dem Kindeswohl widersprechen würde. In diesem Zusammenhang wurde insbesondere auf die Entscheidungen des EGMR vom 28.06.2011, Nunez gg. Norwegen, Zl. 55.597/09, sowie vom 16.04.2013, Udeh gg. Schweiz, Zl. 12.020/09, verwiesen. Demnach komme dem Kindeswohl und dem Recht auf persönlichen Kontakt zu beiden Elternteilen besonderes Gewicht zu. Weiters wurde ausgeführt, dass eine Aufrechterhaltung des Kontaktes zu den minderjährigen Kindern per Telefon bzw. via Internet nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes sowie des Verwaltungsgerichtshofes nicht möglich sei. Da im gegenständlichen Fall das Interesse des Beschwerdeführers an der Fortführung seines Familienlebens in Österreich unter Berücksichtigung des Kindeswohls das staatliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung überwiege, sei dem Antrag des Beschwerdeführers stattzugeben.

Mit dem Begleitschreiben wurde das Protokoll des Bezirksgerichts XXXX als Pflegschaftsgericht vom XXXX .06.2018 im Verfahren zu GZ. XXXX vorgelegt. Demnach gab die Mutter der minderjährigen Kinder des Beschwerdeführers vor dem Pflegschaftsgericht an, der Beschwerdeführer habe den Kindern aufgetragen, das Handy sowie die Chats der Mutter zu durchsuchen und sie zu beobachten. Er habe ihnen gesagt, dass er die Scheidung nicht akzeptiere. Insbesondere die gemeinsame Tochter sei dadurch unter Druck gesetzt worden und habe sich aufgrund dessen in therapeutische Behandlung begeben. Mittlerweile gehe es der Tochter besser und könne sich die Mutter vorstellen, dass ihre Schwester (= Tante der minderjährigen Kinder) den Kontakt zwischen dem Beschwerdeführer und den Kindern begleite. Der Beschwerdeführer gab diesbezüglich an, dass ihn die Schwester nicht leiden könne und er Angst habe, dass sie der Mutter etwas Falsches sage und er wieder verurteilt werde. Daraufhin zog die Mutter vorerst ihr Angebot zurück und schlug vor, ihre Zustimmung zur Besuchsbegleitung erst dann zu geben, wenn der Beschwerdeführer einwillige, sich nach muslimischen Recht von ihr scheiden zu lassen. Der Beschwerdeführer erwiderte, er werde dies nur tun, sollte ihm die alleinige Obsorge für die Kinder übertragen werden. Abschließend wurde zwischen dem Beschwerdeführer und der Mutter seiner Kinder die Vereinbarung getroffen, dass dem Beschwerdeführer beginnend mit XXXX .06.2018 ein Kontaktrecht zu seinen beiden minderjährigen Kindern in der Form zukommt, dass er berechtigt ist, die Kinder alle drei Wochen, jeweils von 16.00 Uhr bis 19.00 Uhr in Begleitung der Tante der Kinder (= Schwester der Mutter) zu sehen. Der Beschwerdeführer verpflichtete sich, während der Kontaktzeiten mit den Kindern weder über deren Mutter zu sprechen noch über seine Situation zu klagen. Zudem verpflichtete er sich, den Kindern weder ein Handy noch ein Tablet zu schenken.

2.2. Am 02.08.2018 erteilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer den Verbesserungsauftrag, binnen vier Wochen seinen Antrag ausführlich schriftlich in deutscher Sprache zu begründen und ein gültiges Reisedokument sowie eine Geburtsurkunde (jeweils im Original und in Kopie) in Vorlage zu bringen. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass im Fall der Nichtvorlage erforderlicher Urkunden oder Nachweise ein begründeter Antrag auf Heilung nach § 4 Abs. 1 Z 3 AsylG-DV eingebracht werden könne. Es sei jedoch nachzuweisen, dass die Beschaffung der Dokumente nicht möglich oder zumutbar sei.

2.3. Am 02.11.2018 wurde XXXX , die Mutter der Kinder des Beschwerdeführers, vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als Zeugin einvernommen. Hinsichtlich des Verhältnisses zum Beschwerdeführer gab sie an, dass sie Angst vor ihm habe und das Eheleben mit ihm nicht fortsetzen wolle. In der folgenden Woche finde eine Gerichtsverhandlung betreffend ihre Scheidung statt. Sie würde vom Beschwerdeführer seit zwei Jahren getrennt leben und sie hätten zueinander weder eine Beziehung noch Kontakt.

2.4. Am 12.12.2018 wurde der Beschwerdeführer nach Afghanistan abgeschoben.

2.5. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 08.07.2019 wurde dem Beschwerdeführer im Wege seines Abwesenheitskurators mitgeteilt, dass beabsichtigt werde, seinen Antrag gemäß § 55 AsylG abzuweisen und gemäß § 52 Abs. 2 FPG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung zu erlassen. Nach der Aktenlage habe er seine Ex-Frau sowie seine Kinder mehrfach misshandelt bzw. bedroht. Aufgrund seiner rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen werde beabsichtigt, eine Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot gegen ihn zu erlassen. Um den Sachverhalt im Lichte seiner persönlichen Verhältnisse beurteilen zu können, wurde ihm die Beantwortung der nachfolgenden Fragen aufgetragen:

?        Geben Sie an, wann und wie Sie in das Bundesgebiet eingereist sind. Was war der Zweck Ihrer Einreise nach Österreich?

?        Wie lange befinden Sie sich schon im Bundesgebiet und welche Visa und/oder Aufenthaltstitel berechtigen Sie dazu? Seit wann halten Sie sich durchgehend im Bundesgebiet auf?

?        Welche Schul- und Berufsausbildung wurde absolviert? Wo wurde diese absolviert?

?        Geben Sie Namen, Anschrift, Geburtsdaten, Staatsangehörigkeit und Aufenthaltsberechtigung (bei Angehörigen, die nicht Österreicher sind) der in Österreich lebenden Familienangehörigen (Gatte, Eltern, Kinder, etc.) an.

?        Geben Sie Ihre letzte Wohnanschrift vor Ihrer Einreise in das Bundegebiet an.

?        Führen Sie ihre derzeitige Beschäftigung samt Name und Anschrift des Arbeitgebers an. Wie hoch ist das Einkommen und seit wann besteht das Arbeitsverhältnis? Welche vorangegangenen Arbeitsverhältnisse lagen vor?

?        Wenn keine aufrechten oder durchgehenden Beschäftigungsverhältnisse vorliegen, wovon wurde der Unterhalt und der sonstige Lebenswandel bestritten? Liegt eine aufrechte Kranken- und Unfallversicherung vor?

?        Aufgrund welchen Rechtsverhältnisses (Miete, Untermiete, Eigentum, etc.) benutzen Sie Ihre Unterkunft?

?        Werden Sie in Ihrem Herkunftsstaat strafrechtlich oder politisch verfolgt? Wenn ja, begründen Sie dies ausführlich.

?        Warum streben Sie einen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet (Aufenthaltszweck) an?

?        Führen Sie ein gemeinsames Familienleben mit Ihren Kindern? Wenn ja, beschreiben Sie dieses. Wie sieht das Verhältnis zwischen Ihnen und Ihren Kindern aus? Wie sieht aktuell der Kontakt zu Ihren Kindern aus?

Diese Verständigung wurde dem Beschwerdeführer im Wege seines Abwesenheitskurators am 11.07.2019 zugestellt. Bis dato langte keine auftragsgemäße Beantwortung dieser Fragen bzw. keine Stellungnahme beim Bundesamt ein.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.04.2020 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK vom 02.08.2018 gemäß § 55 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt II.). Weiters wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist zur freiwilligen Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.). Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Letztlich wurde gegen den Beschwerdeführer unter Spruchpunkt VI. gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführer afghanischer Staatsangehöriger sei und im Verfahren keinen gültigen Reisepass vorgelegt habe. Für ihn sei jedoch ein Heimreisezertifikat ausgestellt worden, sodass seine Identität feststehe. Er sei 37 Jahre alt. Eine Immunschwäche habe er nicht. Ferner habe er nicht dargetan, an einer Krankheit oder an sonstigen Beschwerden zu leiden. Der Beschwerdeführer sei traditionell verheiratet; ein Scheidungsverfahren sei jedoch anhängig. Von XXXX 08.2016 bis XXXX .10.2016 habe seine Ehefrau mit den gemeinsamen Kindern im Frauenhaus gelebt, da sie der Beschwerdeführer seelisch und körperlich misshandelt habe. Am 12.12.2018 sei der Beschwerdeführer nach Afghanistan abgeschoben worden. Einer legalen Erwerbstätigkeit gehe er nicht nach und könne auch keine nennenswerten Integrationsschritte vorweisen. Der Beschwerdeführer sei rechtskräftig am XXXX .12.2016 wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt worden. Seiner ersten strafgerichtlichen Verurteilung sei zugrunde gelegen, dass er XXXX gefährlich bedroht habe, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzten, indem er im Frühsommer 2016 sinngemäß geäußert habe, er werde sie töten, sie solle ihm nicht widersprechen, er werde ihr die Zunge abschneiden; sowie im Juni 2016, indem er sinngemäß geäußert habe, er werde ihr Gesicht in der Pfanne anbraten, dass sie aus Schande nicht auf die Straße gehen könne, wobei er sie mit dem Knie im Rücken in Richtung Pfanne zu drücken versucht habe. Als mildernd seien das teilweise Geständnis und der bisherige Lebenswandel gewertet worden. Als erschwerend sei die Tatwiederholung gewertet worden. Mit Rechtskraft vom XXXX .03.2018 sei der Beschwerdeführer neuerlich gemäß § 107 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt worden. Der Beschwerdeführer gefährde mit seinem Verhalten die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Er sei nicht gewillt, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Das Wohlergehen von Menschen, die ihm nahestehen, sei ihm gleichgültig. Sein Verhalten zeige, dass er aus seinen Fehlern nicht gelernt habe. Zudem sei er wegen Körperverletzung angezeigt worden und habe im Frühjahr 2019 seine Ehefrau via Skype mit dem Umbringen bedroht. Die Erlassung eines Einreiseverbots zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit sei dringend geboten, da das Verhalten des Beschwerdeführers eine tatsächliche, gegenwärtige Gefahr darstelle und seine Verurteilung nicht lange zurückliege. Sein Verhalten zeige, dass er die Eigenständigkeit und Selbstbestimmtheit anderer Personen nicht respektiere. Auf den Seiten 9 bis 29 des angefochtenen Bescheides wurden unter Anführung von Quellen Feststellungen zur allgemeinen Situation in Afghanistan getroffen.

In der Beweiswürdigung wurde festgehalten, dass sich die Feststellungen auf den Akteninhalt, die amtswegig eingeholten Auszüge aus öffentlichen Registern sowie auf das Vorbringen des Beschwerdeführers stützen würden. Ferner würden die Feststellungen zu Höhe und Art des Verschuldensgrades auf der Urteilsbegründung des Strafgerichts beruhen.

Rechtlich wurde hinsichtlich Spruchpunkt I. erwogen, dass eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ gemäß § 55 Abs. 1 Z 1 AsylG zu erteilen sei, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten sei und gemäß § 55 Abs. 1 Z 2 AsylG der Antragsteller Modul 1 der Integrationsvereinbarung erfüllt habe oder eine Erwerbstätigkeit ausübe, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze erreicht werde. Liege nur die Voraussetzung des § 55 Abs. 1 Z 1 AsylG vor, sei eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen. Bei der Beurteilung des Privat- -und Familienlebens des Beschwerdeführers wurde hinsichtlich der Aufenthaltsdauer und der Rechtmäßigkeit seines Aufenthalts erwogen, dass er in Österreich über keinen Aufenthaltstitel verfüge und sein Antrag auf internationalen Schutz mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.04.2018 in zweiter Instanz rechtskräftig abgewiesen worden sei. Am 12.12.2018 sei der Beschwerdeführer nach Afghanistan abgeschoben worden. In Bezug auf sein Familienleben wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer traditionell verheiratet sei. Sein Scheidungsverfahren sei jedoch bereits im Laufen. In Österreich würden die Ex-Frau sowie die Kinder des Beschwerdeführers leben; allerdings lebe er nicht mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt. Seine Familie habe aufgrund seelischer und körperlicher Misshandlungen durch den Beschwerdeführer überdies vorübergehend in einem Frauenhaus gelebt. Laut Schreiben des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX .06.2018 habe der Beschwerdeführer seine Kinder nur alle drei Wochen für drei Stunden in einem Lokal in Begleitung der Tante der Kinder sehen dürfen und es sei ihm in dieser Zeit untersagt gewesen, über die Mutter der Kinder zu sprechen sowie über seine eigene Situation zu klagen. Ferner sei vereinbart worden, er dürfe seinen Kindern weder ein Handy noch ein Tablet schenken. Der Beschwerdeführer habe versucht, über seine Kinder, insbesondere über seine ältere Tochter, Druck auf die Mutter der Kinder auszuüben, weshalb sich seine Tochter in therapeutische Behandlung begeben habe. Anfänglich habe sich der Beschwerdeführer zudem vor dem Bezirksgericht dagegen ausgesprochen, dass die Tante der Kinder bei den gemeinsamen Treffen anwesend sei. Konkret habe er angegeben, er werde der Begleitung der Kinder durch ihre Tante nur zustimmen, wenn ihm im Gegenzug die alleinige Obsorge für die Kinder übertragen werde. Berücksichtigt werde ferner, dass sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der vor dem Bezirksgericht XXXX getroffenen Vereinbarung unrechtmäßig in Österreich aufgehalten habe und bereits über seinen Antrag auf internationalen Schutz rechtskräftig negativ entschieden worden sei. Aus den dargelegten Umständen folgerte das Bundesamt, dass ein schützenswertes Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht vorliege. Hingewiesen wurde weiters darauf, dass die Kinder des Beschwerdeführers in den Jahren 2008 und 2010 geboren seien, sodass es aufgrund ihres Alters möglich sei, den Kontakt über soziale Medien aufrechtzuerhalten. Zum Privatleben wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer gehe keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und habe auch keine sonstigen nennenswerten Integrationsschritte vorweisen können. Er habe den Großteil seines Lebens in Afghanistan verbracht, sei dort sozialisiert worden und sei mit den afghanischen Gepflogenheiten vertraut. Folglich sei es ihm möglich, sich in die afghanische Gesellschaft wieder einzugliedern. Ferner wurde erwogen, dass sich der Beschwerdeführer seines unsicheren Aufenthalts in Österreich bewusst sein habe müssen. Sein Aufenthalt sei auch nicht in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet. Gegen einen Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet würden insbesondere seine strafgerichtlichen Verurteilungen sowie die damit verbundene Missachtung der österreichischen Rechtsordnung sprechen. In einer Gesamtabwägung kam das Bundesamt zu dem Ergebnis, dass die Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers in Österreich gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG nicht geboten sei. Hinsichtlich Spruchpunkt II. wurde erwogen, dass gemäß § 10 Abs. 3 AsylG sowie gemäß § 52 Abs. 3 FPG die Abweisung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden sei. Folglich sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen. In Bezug auf Spruchpunkt III. wurde ausgeführt, dass der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers rechtskräftig abgewiesen worden sei und sich weder aus den Feststellungen zum Herkunftsstaat noch aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers Anhaltspunkte dafür ergeben würden, dass eine Gefährdung im Sinne des § 50 FPG vorliege. Auch die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie in Afghanistan würden an dieser Beurteilung nichts ändern, zumal der Beschwerdeführer an keinen gravierenden gesundheitlichen Problemen leide und sohin nicht zur Risikogruppe zähle. Betreffend die Spruchpunkte IV. und V. wurde festgehalten, dass gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen sei, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich sei. Aufgrund der strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers sowie aufgrund des Umstandes, dass er die fremdenrechtlichen Bestimmungen in Österreich bzw. im Schengen Raum missachtet habe, sei dieser Tatbestand gegenständlich erfüllt und sei daher der Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen. Von der Festlegung einer Frist zur freiwilligen sei folglich gemäß § 55 Abs. 4 FPG abzusehen. Zu Spruchpunkt VI. wurde ausgeführt, dass das Bundesamt gemäß § 53 Abs. 1 FPG mit einer Rückkehrentscheidung auch ein Einreiseverbot erlassen könne. Der Beschwerdeführer erfülle den Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG, da er zweimal rechtskräftig wegen eines Vergehens nach § 107 StGB verurteilt worden sei. Zunächst sei er zu einer (bedingten) Freiheitsstrafe von drei Monaten, in weiterer Folge zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von insgesamt sieben Monaten verurteilt worden. Die Erfüllung dieses Tatbestandes indiziere das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Bei dieser Beurteilung komme es nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung oder des Vorliegens der sonstigen genannten Tatbestandsvoraussetzungen an, sondern auf das diesen zugrundeliegenden Fehlverhalten, auf die Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild. Im Fall des Beschwerdeführers sei berücksichtigt worden, dass er nach seiner ersten rechtskräftigen Verurteilung während offener Probezeit neuerlich straffällig geworden und wegen demselben Vergehen verurteilt worden sei. Seine Familie habe aufgrund der seelischen und körperlichen Misshandlung durch den Beschwerdeführer vorübergehend im Frauenhaus gelebt. Ferner habe der Beschwerdeführer versucht, über seine Kinder, insbesondere über seine ältere Tochter, Druck auf ihre Mutter auszuüben und habe sich seine Tochter aus diesem Grund in therapeutische Behandlung begeben müssen. Weiters habe der Beschwerdeführer erklärt, nur in die Scheidung einzuwilligen, wenn er die alleinige Obsorge für die Kinder bekomme. Er habe die physische und psychische Unversehrtheit seiner Familie riskiert, habe versucht, seinen Willen durchzusetzen und sei ob seines rechtswidrigen Verhaltens offensichtlich auch nicht einsichtig gewesen. Sein Verhalten zeige, dass er aus Fehlern nicht gelernt habe und müsse daher davon ausgegangen werden, dass er erneut straffällig werde. Gegenständlich sei sohin unter Berücksichtigung des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers die Annahme gerechtfertigt, dass er eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstelle. Bei der Bemessung des Einreiseverbotes könne sich die Behörde nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen zurückziehen, sondern sei insbesondere auch die Intensität der privaten und familiären Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich zu berücksichtigen. Wie bereits zur Frage der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ausführlich geprüft und festgestellt, seien die familiären und privaten Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers in Österreich nicht dergestalt, dass sie einen Verbleib in Österreich rechtfertigen würden. Der Kontakt zu den minderjährigen Kindern könne aufgrund des Alters der Kinder darüber hinaus über soziale Medien aufrechterhalten werden. Zudem habe der Beschwerdeführer den Großteil seines Lebens in Afghanistan verbracht und sei daher in der Lage, sich in die dortige Gesellschaft wieder einzugliedern. Es müsse ebenso davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an der Erlassung eines Einreiseverbots sein privates Interesse am Verbleib im österreichischen Bundesgebiet überwiege. Aus einer Gesamtbeurteilung seines Verhaltens, seiner Lebensumstände sowie seiner familiären und privaten Anknüpfungspunkte ergebe sich daher, dass die Erlassung eines Einreiseverbots in der angegebenen Dauer gerechtfertigt und notwendig sei, um die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern.

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 29.05.2020 im Wege seiner durch den Abwesenheitskurator bevollmächtigen Vertretung fristgerecht Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie wegen der Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung ein für den Beschwerdeführer günstigerer Bescheid erzielt worden wäre, und beantragte die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung. Begründend wurden nach Darstellung des Sachverhalts im Wesentlichen die im Begleitschreiben vom 27.07.2018 dargelegten Ausführungen wiederholt. Ferner wurde beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, um dem Beschwerdeführer eine wirksame Beschwerde vor dem gesetzlichen Richter zu ermöglichen. In der Folge wurde festgehalten, dass eine Rückkehr nach Afghanistan den Beschwerdeführer in seinen Rechten nach Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK und Art. 8 EMRK verletze. Abschließend wurde moniert, dass die Behörde ihrer gesetzlichen Ermittlungspflicht sowie der Pflicht zur Wahrung des Parteiengehörs nach § 37 AVG nicht nachgekommen sei. Ob im vorliegenden Fall eine Verletzung von Art. 8 EMRK vorliege, habe die Erstbehörde nicht mit der nötigen Sorgfalt geprüft.

5.1. Im Strafregister der Republik Österreich finden sich per Datum 24.04.2018 sowie per Datum 08.06.2020 nachstehende Eintragungen:

?        Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom XXXX .12.2016, GZ. XXXX , rechtskräftig am XXXX .12.2016, wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB, mit welchem der Beschwerdeführer zu einer bedingten Freiheitsstrafe im Ausmaß von drei Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt wurde und

?        Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX .03.2018, GZ. XXXX , rechtskräftig am XXXX .03.2018, wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB, mit welchem der Beschwerdeführer unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von sieben Monaten, davon sechs Monate bedingt, verurteilt und die mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom XXXX .12.2016 festgesetzte Probezeit auf insgesamt fünf Jahre verlängert wurde

5.2. Ferner findet sich im Verwaltungsakt eine Kopie des Urteils des Landesgerichts XXXX vom XXXX .03.2018, der zu entnehmen ist, dass dieser Verurteilung zugrunde liegt, dass der Beschwerdeführer am XXXX .11.2017 in XXXX durch die Äußerung, er komme nach XXXX , werde ihre Wohnung suchen, sie finden und umbringen, wobei er sich bereits in XXXX befinde, gefährlich bedrohte, um Genannte in Furcht und Unruhe zu versetzen sowie, dass bei der Strafbemessung die Tatbegehung innerhalb offener Probezeit gegen dasselbe Opfer sowie die einschlägige Vorstrafe als erschwerend gewertet wurden und Milderungsgründe nicht vorlagen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

1.1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan. Er ist Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und bekennt sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam.

1.1.2. Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet einreiste und am XXXX .10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, welcher mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.09.2017 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen wurde. Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen. Ferner wurde festgestellt, dass eine Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist und wurde die Frist zur freiwilligen Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt. Festgestellt wurde zudem, dass der Beschwerdeführer sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem XXXX .12.2016 verloren hat.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.04.2018 als unbegründet abgewiesen und erwuchs am 18.04.2018 in Rechtskraft.

Der Beschwerdeführer kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach, sondern verblieb unrechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet und stellte am 02.08.2018 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK.

Am 12.12.2018 wurde der Beschwerdeführer von Österreich nach Afghanistan abgeschoben.

1.1.3. Die minderjährigen Kinder des Beschwerdeführers, XXXX , geb. XXXX , und XXXX , geb. XXXX , leben gemeinsam mit ihrer Mutter, XXXX , geb. XXXX , in Österreich. Die Kinder des Beschwerdeführers und ihre Mutter sind afghanischen Staatsangehörige, denen in Österreich der Status von Asylberechtigten zukommt.

Die Ehe zwischen XXXX und dem Beschwerdeführer ist bereits seit dem Jahr 2016 zerrüttet. Seit diesem Zeitpunkt lebte der Beschwerdeführer mit seinen Kindern und ihrer Mutter nicht mehr in einem gemeinsamen Haushalt.

Nach der Trennung von XXXX nutzte der Beschwerdeführer die Kontakte zu seinen Kindern, um das Verhalten von XXXX im Wege der Kinder zu kontrollieren. Am XXXX .06.2018 haben der Beschwerdeführer und XXXX aus diesem Grund vor dem Pflegschaftsgericht vereinbart, dass dem Beschwerdeführer beginnend mit XXXX .06.2018 zwar ein Kontaktrecht zu den Kindern in der Form zukommt, dass er berechtigt ist, die Kinder alle drei Wochen, jeweils von 16.00 Uhr bis 19.00 Uhr in Begleitung der Tante der Kinder zu sehen, der Beschwerdeführer sich jedoch dazu verpflichten musste, während der Kontaktzeiten mit den Kindern weder über ihre Mutter zu sprechen noch über seine eigene Situation zu klagen. Ferner verpflichtete er sich, den Kindern weder ein Handy noch ein Tablet zu schenken.

1.1.4. Nicht festgestellt wird, dass eine ausgeprägte und verfestigte Integration des Beschwerdeführers in Österreich vorliegt. Der Beschwerdeführer hielt sich von XXXX .10.2015 bis 12.12.2018 in Österreich auf, wobei er aufgrund der Stellung eines im Ergebnis unbegründeten Antrags auf internationalen Schutz über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz verfügte, welche er ab dem XXXX .12.2016 verlor. Im Zeitraum zwischen XXXX .12.2016 bis zu seiner Abschiebung am 12.12.2018 hielt er sich sohin unrechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet auf.

Der Beschwerdeführer hat sich während seines Aufenthalts in Österreich Deutschkenntnisse auf dem Sprachniveau A1 angeeignet. Seinen Lebensunterhalt hat er aus den Mitteln der Grundversorgung bestritten und ist sohin nicht selbsterhaltungsfähig gewesen. Er hat keine sozialen Kontakte besonderer Intensität geknüpft und hat sich nicht aktiv am gesellschaftlichen Leben in Österreich beteiligt. Im gegenständlichen Verfahren kann insgesamt keine ausgeprägte und verfestigte Integration des Beschwerdeführers, insbesondere in beruflicher, sprachlicher und gesellschaftlicher Hinsicht, festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer wurde in Österreich mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom XXXX .12.2016, GZ. XXXX , rechtskräftig am XXXX .12.2016, wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren zu einer bedingten Freiheitsstrafe im Ausmaß von drei Monaten verurteilt. Dieser Verurteilung liegt zugrunde, dass er XXXX gefährlich bedrohte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen und zwar im Frühsommer 2016 durch die sinngemäße Äußerung, er werde sie töten, sie solle nicht immer widersprechen, er werde ihr die Zunge abschneiden; sowie im Juni 2016 durch die sinngemäße Äußerung, er werde ihr Gesicht in der Pfanne anbraten, dass sie aus Schande nicht mehr auf die Straße gehen könne, wobei er sie mit dem Knie im Rücken in Richtung Pfanne zu drücken versuchte.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX .03.2018, GZ. XXXX , rechtskräftig am XXXX .03.2018, wurde der Beschwerdeführer neuerlich wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von sieben Monaten, davon sechs Monate bedingt, verurteilt. Ferner wurde beschlossen, die mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom XXXX .12.2016, GZ. XXXX , festgesetzte Probezeit auf insgesamt fünf Jahre zu verlängern. Dieser Verurteilung liegt zugrunde, dass der Beschwerdeführer am XXXX .11.2017 in XXXX durch die Äußerung, er komme nach XXXX , werde ihre Wohnung suchen, sie finden und umbringen, wobei er sich bereits in XXXX befinde, gefährlich bedrohte, um Genannte in Furcht und Unruhe zu versetzen. Bei der Strafbemessung wurde die Tatbegehung innerhalb offener Probezeit gegen dasselbe Opfer sowie die einschlägige Vorstrafe als erschwerend gewertet. Milderungsgründe lagen nicht vor.

1.1.5. Der Beschwerdeführer stammt aus der afghanischen Provinz Sar-e Pol und spricht die in Afghanistan verbreitete Sprache Dari. Im Alter von 14 oder 15 Jahren zog er mit seiner Familie in den Iran. Nach ungefähr zehn Jahren wurde der Beschwerdeführer aus dem Iran nach Afghanistan abgeschoben, verbrachte dort ein Jahr und kehrte anschließend in den Iran zurück, wo er bis zu seiner Ausreise lebte und als Bauarbeiter arbeitete. Der Beschwerdeführer ist gesund und erwerbsfähig. Er ist sohin in der Lage, seinen Lebensunterhalt im Herkunftsstaat aus Eigenem zu bestreiten und läuft nicht Gefahr, in eine existenzbedrohende Situation zu geraten.

1.2. Zur Situation in Afghanistan wird festgestellt:

Zur aktuellen Lage in Afghanistan wurden im angefochtenen Bescheid auf den Seiten 9 bis 29 umfangreiche Feststellungen getroffen, welche von der erkennenden Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes geteilt und auch für das gegenständliche Erkenntnis herangezogen werden. Diesen Feststellungen ist insbesondere zu entnehmen, dass in Afghanistan nicht eine solche Situation herrscht, in der praktisch jedermann ein reales Risiko einer Verletzung seiner Rechte nach Art. 2 und Art. 3 EMRK oder nach dem 6. oder 13. ZPEMRK droht. Insbesondere ergibt sich aus den Länderfeststellungen, dass im gesamten Staatsgebiet Afghanistans nicht jene gemäß der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegt, welche die Rückkehr eines Fremden automatisch im Widerspruch zu Art. 2 oder Art. 3 EMRK erscheinen lässt. Wie sich aus den Länderfeststellungen ergibt, wird eine nach Afghanistan abgeschobene Person durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine „unmenschliche Lage" versetzt und herrscht jedenfalls nicht eine solche Situation, die praktisch für jede Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

2. Beweiswürdigung:

2.1.1. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers (Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit und religiöses Bekenntnis) ergeben sich aus dem bezüglich dieser Feststellungen widerspruchsfreien und daher glaubhaften Vorbringen des Beschwerdeführers im Verfahren über seinen Antrag auf internationalen Schutz.

2.1.2. Darüber hinaus ergeben sich die Feststellung zur unrechtmäßigen Einreise nach Österreich, die Feststellungen zum rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers sowie die Feststellung zum Verlust seines Aufenthaltsrechts ab dem XXXX .12.2016 ebenfalls aus der unbedenklichen Aktenlage sowie aus der Einsicht in den hg. Akt im Verfahren zu Zl. W158 2171981-1 (vgl. insbesondere Erkenntnis vom 11.04.2018, Zl. W158 2171981-1/9E sowie das Zustellprotokoll 2171981-1/9E). Die Feststellung zur nunmehr gegenständlichen Antragstellung des Beschwerdeführers auf Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung“ gemäß § 55 AsylG geht aus dem am 02.08.2018 beim Bundesamt eingebrachten Antragsformular hervor.

Ferner gründet die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Kenntnis der rechtskräftigen und durchsetzbaren Rückkehrentscheidung nicht ausreiste, auf dem unbestrittenen Akteninhalt, insbesondere auf dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.04.2018, das mit 18.04.2018 in Rechtskraft erwuchs, auf dem Vorbringen des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren sowie auf dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 08.06.2020.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer am 12.12.2018 von Österreich nach Afghanistan abgeschoben wurde, ergibt sich ebenfalls aus dem unzweifelhaften Akteninhalt, insbesondere aus der Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, Fachgruppe für Außerlandesbringung, vom 28.12.2018 (vgl. AS 126) und dem Antrag auf amtliche Abmeldung des Beschwerdeführers durch das Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.01.2019 (vgl. AS 129).

2.1.3. Die Feststellungen zur Identität sowie zum Aufenthaltsstatus der minderjährigen Kinder des Beschwerdeführers und ihrer Mutter, XXXX , ergeben sich aus den dahingehend nachvollziehbaren Angaben des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren und besteht fallgegenständlich kein Grund an diesen Angaben zu zweifeln.

Ferner gründet die Feststellung, dass die Ehe zwischen dem Beschwerdeführer und der Mutter seiner minderjährigen Kinder seit dem Jahr 2016 zerrüttet ist und seither kein Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt mehr besteht, auf den schlüssigen Angaben von XXXX im Zuge ihrer Einvernahme als Zeugin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 02.11.2018, im Rahmen derer sie angab, dass der Beschwerdeführer und sie seit zwei Jahren getrennt seien und weder eine Beziehung noch Kontakt bestehe (vgl. AS 73).

Die Feststellung zum Kontaktrecht des Beschwerdeführers zu seinen Kindern ergibt sich aus seinem Vorbringen in dem seinem Antrag beigelegten und mit 27.07.2018 datierten Begleitschreiben in Verbindung mit dem in Vorlage gebrachten Protokoll des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX .06.2018, in welchem die Vereinbarung zwischen dem Beschwerdeführer und der Mutter seiner minderjährigen Kinder betreffend das Kontaktrecht festgehalten wurde.

Aus diesem Protokoll ergibt sich weiters, dass die strengen Auflagen für den Kontakt zu seinen Kindern – konkret das Verbot, mit den Kindern über die Mutter zu sprechen sowie seine eigene Situation zu beklagen und darüber hinaus das Verbot, seinen Kindern ein Handy oder ein Tablet zu schenken sowie die verpflichtende Begleitung der Kinder durch die Tante – daraus resultieren, dass der Beschwerdeführer nach den Angaben der Kindesmutter bei den vorangehenden Kontakten mit seinen Kindern diese aufforderte, das Handy ihrer Mutter zu kontrollieren und sie zu beobachten, wodurch sich insbesondere die Tochter unter Druck gesetzt gefühlt hat. Folglich war festzustellen, dass der Beschwerdeführer nach der Trennung von XXXX die Kontakte zu seinen Kindern nutzte, um das Verhalten von XXXX im Wege der Kinder zu kontrollieren.

2.1.4. Die Feststellungen zur (kaum vorhandenen) Integration des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus dem Akteninhalt und zwar insbesondere aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers. Seine Angaben im verfahrensgegenständlichen Antrag, wonach er über Deutschkenntnisse auf dem Sprachniveau A1 verfügt, wurden der gegenständlichen Entscheidung als Sachverhalt zugrunde gelegt.

Erkennbare weitere Integrationsbemühungen sind allerdings nicht ersichtlich. So führte der Beschwerdeführer im verfahrensgegenständlichen Antrag vom 02.08.2018 an, keine Einstellungszusage erlangt zu haben und in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen zu sein. Letzteres wird auch durch einen aktuellen Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem über die Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung vom 08.06.2020 bestätigt, wonach er bis zum 10.12.2018, sohin bis zwei Tage vor seiner Abschiebung, Leistungen aus der Grundversorgung bezogen hat. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer weder in dem seinem Antrag beigelegten und mit 27.07.2018 datierten Begleitschreiben noch in der Beschwerde zu seiner Integration Stellung bezog oder etwaige Unterlagen vorlegte und auch die ihm mit Verständigung vom 08.07.2019 eingeräumte Frist zur Stellungnahme ungenützt verstreichen ließ, sodass die Feststellung zu treffen war, dass er sich in Österreich weder in beruflicher noch in sprachlicher oder gesellschaftlicher Hinsicht integriert hat.

Die Feststellung zu den strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers basiert auf dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Strafregisterauszug vom 08.06.2020 sowie aus dem im Akt erliegenden Urteil des Landesgerichtes XXXX zur GZ. XXXX vom XXXX .03.2018.

2.1.5. Die Feststellungen zu seiner Herkunft, zu seinen Sprachkenntnissen, zu seinen Aufenthalten im Iran, zu seiner Tätigkeit als Bauarbeiter sowie zu seiner Abschiebung vom Iran nach Afghanistan ergeben sich aus den widerspruchsfreien Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren über seinen Antrag auf internationalen Schutz. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und zum Vorliegen einer Existenzgrundlage in Afghanistan basieren ebenso auf dem Akteninhalt. Weder im Verwaltungs- noch im Gerichtsakt finden sich Hinweise darauf, dass der Beschwerdeführer an einer psychischen oder physischen Erkrankung leidet und/oder behandlungsbedürftig ist. Derartiges wurde auch nicht vorgebracht. Aufgrund seines Alters, seines Gesundheitszustandes sowie des Umstandes, dass er bereits vor seiner Einreise in Österreich in der Lage war, seinen Lebensunterhalt aus Eigenem zu bestreiten, war festzustellen, dass der Beschwerdeführer erwerbsfähig ist. Dass für den Beschwerdeführer in Afghanistan eine Existenzgrundlage vorhanden ist, ergibt sich daraus, dass es sich bei ihm um einen gesunden und erwerbsfähigen Mann handelt, dem es zumutbar ist, in seinem Herkunftsstaat seinen Lebensunterhalt durch Hilfstätigkeiten zu bestreiten und/oder vergleichbare Tätigkeiten auszuüben.

Lediglich der Vollständigkeit halber wird angeführt, dass eine Gefährdung des Beschwerdeführers in Afghanistan bereits im rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.04.2018 (rechtskräftig seit 18.04.2018) nicht festgestellt wurde. Eine zwischenzeitliche entscheidungswesentliche Änderung der allgemeinen Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan oder seiner individuellen Situation hat der Beschwerdeführer weder im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl noch in der Beschwerde dargetan und sind hierfür auch keine sonstigen Hinweise im Verfahren hervorgekommen.

Auch die derzeit bestehende COVID-19–Pandemie vermag an dieser Einschätzung – wie bereits vom Bundesamt im angefochtenen Bescheid aufgezeigt – nichts zu ändern, da der 37-jährige Beschwerdeführer gesund ist, womit er nicht unter die Risikogruppe der älteren Personen oder Personen mit Vorerkrankungen fällt. Was die Folgen der COVID-19-Pandemie in Afghanistan betrifft, ist überdies festzuhalten, dass es sich hierbei definitionsgemäß um eine weltweite Problematik handelt und kein Staat absolute Sicherheit vor dieser Erkrankung bieten kann. Ferner kann in Zusammenhang mit der weltweiten Ausbreitung des COVID-19 Erregers unter Zugrundelegung der medial ausführlich kolportieren Entwicklungen (auch) im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers bislang keine derartige Entwicklung erkannt werden, die im Hinblick auf eine Gefährdung nach Art. 2 und Art. 3 EMRK eine entscheidungsrelevante Lageänderung erkennen lässt.

2.2. Die Feststellungen zur Situation in Afghanistan beruhen auf den im angefochtenen Bescheid angeführten Quellen, denen in der Beschwerde nicht konkret bzw. substanziiert entgegengetreten wurde. Bei den vom Bundesamt herangezogenen Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Afghanistan ergeben. Nach Ansicht der erkennenden Einzelrichterin handelt es sich bei den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Des Weiteren ist darauf zu verweisen, dass die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl herangezogenen Quellen nach wie vor aktuell bzw. mit späteren Quellen inhaltlich deckungsgleich bzw. zum Teil sogar nahezu wortident sind.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu A)

3.2.1. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG und zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1.1. Wenn gemäß § 10 Abs. 3 AsylG der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen wird, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.

3.2.1.2. Gemäß § 55 Abs. 1 Z 1 AsylG ist einem im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), , erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

Wenn gemäß Abs. 2 leg. cit. nur die die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vorliegt, ist eine „Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

Gemäß § 60 Abs. 1 AsylG dürfen einem Drittstaatsangehörigen Aufenthaltstitel nicht erteilt werden, wenn

1. gegen ihn eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 iVm 53 Abs. 2 oder 3 FPG besteht, oder

2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht.

Gemäß Abs. 3 leg cit. dürfen einem Drittstaatsangehörigen Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen nicht öffentlichen Interessen widerstreitet. Der Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen widerstreitet dem öffentlichen Interesse, wenn

1. dieser ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass dieser durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt oder

2. im Falle der §§ 56 und 57 dessen Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.

3.2.1.3. § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 und oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß Art 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Nach Art 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundene Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (vgl. EGMR Kroon sowie VfGH vom 28.06.2003, G 78/00). Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (vgl. EGMR Marckx, EGMR vom 23.04.1997, X u.a.).

Unter „Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EuGRZ 2006, 554, Sisojeva ua. gegen Lettland). Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessensabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt.

Bei dieser Interessensabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – insbesondere die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007 sowie VwGH vom 03.04.2009, Zl. 2008/22/0592; vom 17.12.2007, Zl. 2006/01/0216; vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479 und vom 26.01.2006, Zl. 2002/20/0423).

3.2.1.4. Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen sowie der in §

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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