TE Bvwg Beschluss 2020/12/18 W141 2233204-1

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Veröffentlicht am 18.12.2020
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Entscheidungsdatum

18.12.2020

Norm

BBG §42
BBG §45
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W141 2233204-1/21E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard HÖLLERER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Stephan WAGNER sowie den fachkundigen Laienrichter Robert ARTHOFER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX XXXX , bevollmächtigt vertreten durch Rechtsanwälte XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich, vom 07.07.2020, XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass beschlossen:

A)

Das Verfahren wird gemäß § 28 Abs. 1 in Verbindung mit § 31 Abs. 1 des Verwaltungs-Gerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1.       Mit Wirksamkeit ab 27.03.2020 hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) der Beschwerdeführerin einen Behindertenpass ausgestellt und einen Grad der Behinderung (GdB) von 50 % eingetragen.

1.1.    Am 27.03.2020 hat die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde neben dem Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses auch den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (Parkausweis) eingebracht.

1.2.    In dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten eines Allgemeinmediziners, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 16.06.2020 folgende Funktionseinschränkungen festgestellt:

?        Degenerative Wirbelsäulenveränderungen, Facettengelenksarthrosen mit Vertebrostenose L3/4, mehrsegmentale Abnützungen lumbal

?        COPD II

?        Zustand nach operativ versorgter Achillessehnenruptur links, Achillodynie rechts bei Zustand nach Sprunggelenksdistorsion rechts

?        Depressio

Zusammengefasst wurde vom Sachverständigen festgestellt, dass die Gehfähigkeit ausreichend, das Gangbild ausreichend sicher und raumgreifend, eine kurze Wegstrecke bewältigbar, sicheres Ein- und Aussteigen sowie sicherer Transport möglich sind. Auch sicheres Festhalten ist möglich, ausreichende Standfestigkeit ist gegeben sowie ist die Beugefunktion an den Gelenken ist soweit erhalten, dass eine kurze Wegstrecke und die Überwindung einiger Stufen möglich sind. Bezüglich der Schmerzen führte der Allgemeinmediziner aus, dass lediglich eine Bedarfsmedikation mit einfachen Analgetika angegeben wird, Opiate werden nicht verwendet. Es besteht also hier noch therapeutischer Spielraum. Was die COPD II betrifft, so ist eine Langzeitsauerstofftherapie nicht etabliert.

1.3.    Mit Schreiben vom 18.06.2020 hat die belangte Behörde der Beschwerdeführerin das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis gebracht und ihr gem. § 45 AVG die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb einer zweiwöchigen Frist dazu Stellung zu nehmen.

1.4.    Mit am 07.07.2020 bei der belangten Behörde eingelangten Schreiben brachte die Beschwerdeführerin eine Stellungnahme ein. Darin gab sie im Wesentlichen an, dass für sie das Ergebnis der Beweisaufnahme nicht nachvollziehbar sei. Sie habe gegenüber dem Sachverständigen angegeben, dass sie nur mit Müh und Not 100 Meter gehen könne, was von diesem offenbar vollkommen ignoriert worden sei. Die Beschwerdeführerin sei sowohl unselbständig in einer Rechtsanwaltskanzlei, als auch selbständig als Hausverwalterin tätig. Der Fußweg von ihrer Wohnung zum Bahnhof betrage einen Kilometer, zum Autobus 507 Meter. Zur Ausübung ihrer selbständigen Tätigkeit müsse sie mit öffentlichen Verkehrsmittel mehrfach umsteigen, bis zu zwei Stunden stehen und weitreichende Wegstrecken zurücklegen, was ihr schlichtweg nicht möglich sei.

2.       Mit Bescheid vom 07.07.2020 hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass abgewiesen.

Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt worden sei, wonach die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorlägen.

In der rechtlichen Beurteilung zitiert die belangte Behörde die maßgeblichen Bestimmungen des BBG sowie der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen.

3.       Gegen diesen Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin am 17.07.2020 fristgerecht Beschwerde eingebracht.

4.       Am 21.07.2020 ist der Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

5.       Am 31.08.2020 langte die Vollmachtsbekanntgabe durch die RAe XXXX beim Bundesverwaltungsgericht ein.

6.       Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Unfallchirurgie basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 10.11.2020 mit dem Ergebnis eingeholt, dass die Voraussetzungen für die Eintragung der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht vorliegen.

7.       Gemeinsam mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung am 11.01.2021 wurde das Ergebnis der Beweisaufnahme gemäß § 17 VwGVG iVm § 45 Abs. 3 AVG am 30.11.2020 der Beschwerdeführerin, deren bevollmächtigten Vertretern und der belangten Behörde zur Kenntnis gebracht.

8.        Mit Schreiben der bevollmächtigten Vertreter der Beschwerdeführerin vom 02.12.2020, einlangt beim Bundesverwaltungsgericht am 15.12.2020, wurde die Beschwerde vom 17.07.2020 zurückgezogen.

II.      Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Das Schreiben der bevollmächtigten Vertreter der Beschwerdeführerin vom 02.12.2020, einlangt beim Bundesverwaltungsgericht am 15.12.2020, mit dem diese die Beschwerde vom 17.07.2020 gegen den Bescheid vom 07.07.2020, XXXX , zurückzieht, ist am 15.12.2020 im Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

2. Beweiswürdigung:

Das Schreiben vom 02.12.2020, beim Bundesverwaltungsgericht am 15.12.2020 eingelangt, ist eindeutig formuliert und lässt keinen Zweifel am Willen der Beschwerdeführerin offen, die Beschwerde zurückzuziehen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG sind die Erkenntnisse zu begründen. Für Beschlüsse ergibt sich aus § 31 Abs. 3 VwGVG eine sinngemäße Anwendung.

Zu A):

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 63 Abs. 4 AVG ist die Zurückziehung einer Berufung zulässig und wird diese mit dem Zeitpunkt ihres Einlangens bei der Behörde wirksam. Ab diesem Zeitpunkt ist – mangels einer aufrechten Berufung – die Pflicht der Berufungsbehörde zur Entscheidung weggefallen und das Berufungsverfahren ist einzustellen (siehe etwa VwGH E vom 25.07.2013, Zl. 2013/07/0106). Dies muss grundsätzlich auch für die Zurückziehung einer Beschwerde, die beim Bundesverwaltungsgericht anhängig ist, gelten (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 7 K 6). Allerdings ist das Verfahren diesfalls gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm § 31 VwGVG mit Beschluss einzustellen, dieser Beschluss ist allen Verfahrensparteien zur Kenntnis zu bringen (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 28 K 3).

Da die Beschwerdeführerin die mit 17.07.2020 datierte Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich, vom 07.07.2020, XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass zurückgezogen hat, war das eingeleitete Verfahren durch das Bundesverwaltungsgericht einzustellen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A wiedergegeben.

Schlagworte

Verfahrenseinstellung Zurückziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W141.2233204.1.00

Im RIS seit

17.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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