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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AuslBG §2 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Neumair, über die Beschwerde des A, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 13. Dezember 1996, Zl. SD 1289/96, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 13. Dezember 1996 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen polnischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 8 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer sei am 10. Juli 1996 von Organen des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten auf einer Baustelle in Wien 16 bei der Montage von Gipskartonplatten betreten worden; eine Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz sei nicht vorgelegen. Der Beschwerdeführer habe angegeben, daß er an einer (näher bezeichneten) Firma beteiligt wäre und bisher ca. S 13.000,-- Entgelt erhalten hätte. Am 11. November 1996 sei der Beschwerdeführer neuerlich, und zwar von Organen der Bundespolizeidirektion Wien, auf einer Baustelle in Wien 8 beim Ausbau eines Dachgeschoßes betreten worden. Auch diesmal sei keine Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz vorgelegen. Der Beschwerdeführer habe dazu angegeben, bei einer (näher bezeichneten) OEG beschäftigt und mit 15 % Anteil persönlich haftender Gesellschafter zu sein; er würde monatlich ca. S 12.000,-- verdienen. Zur Tätigkeit am 10. Juli 1996 in Wien 16 befragt, habe er angegeben, daß er auch an der (näher bezeichneten) GesmbH, und zwar mit 20 %, beteiligt wäre.
Das Berufungsvorbringen, der Beschwerdeführer wäre berechtigt, sich drei Monate sichtvermerksfrei in Österreich aufzuhalten, und unterliege als Gesellschafter der genannten OEG nicht dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, weil es sich um eine selbständige Tätigkeit handeln würde, sei weder in der einen noch in der anderen Hinsicht zutreffend. Fremde, die sich zur Ausübung einer selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit in Österreich aufhielten, benötigten gemäß § 1 AufG eine Aufenthaltsbewilligung; die Aufenthalte des Beschwerdeführers im Bundesgebiet seien daher illegal. Was die Frage anlange, ob eine bewilligungspflichtige Beschäftigung i. S. des Ausländerbeschäftigungsgesetzes vorliege, sei auf § 2 Abs. 4 leg. cit. zu verweisen, wonach der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend sei. Da kein Zweifel daran bestehe, daß der Beschwerdeführer solche Arbeitsleistungen für die jeweilige Gesellschaft erbracht habe, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet würden, und das Vorliegen einer Feststellung des Arbeitsamtes i.S. des § 2 Abs. 4 AuslBG nicht geltend gemacht worden sei, sei für die Beschäftigung des Beschwerdeführers eine Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz erforderlich gewesen. Von Bedeutung sei, daß der Beschwerdeführer ein zweites Mal, wenn auch nicht von den im § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG genannten Organen, betreten worden sei. Damit lägen im Hinblick auf die Aufrechterhaltung eines geordneten Arbeitsmarktes die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 FrG vor. In einem solchen Fall sei ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, sofern dem nicht die §§ 19 und 20 leg. cit. entgegenstünden.
Der Beschwerdeführer habe in Österreich keine Familienangehörigen, er habe sich nur vorübergehend und dies unerlaubt, weil zum Zweck einer Beschäftigung, hier aufgehalten. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sei daher i. S. der genannten Bestimmungen zulässig, weil ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers i.S. des § 19 FrG nicht vorliege.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG (idF des Art. 11 Z. 1 BGBl. Nr. 314/1994) ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung i.S. des Abs. 2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Eine Beschäftigung i.S. des Abs. 2 liegt insbesondere auch dann vor, wenn
1. ein Gesellschafter einer Personengesellschaft zur Erreichung des gemeinsamen Gesellschaftszweckes oder
2. ein Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem Geschäftsanteil von weniger als 25 % Arbeitsleistungen für die Gesellschaft erbringt, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden, es sei denn die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice stellt auf Antrag fest, daß ein wesentlicher Einfluß auf die Geschäftsführung der Gesellschaft durch den Gesellschafter tatsächlich persönlich ausgeübt wird. Den Nachweis hiefür hat der Antragsteller zu erbringen.
2. Für inhaltlich rechtswidrig hält die Beschwerde den angefochtenen Bescheid deshalb, weil die belangte Behörde verkannt habe, daß der Beschwerdeführer aufgrund der von ihm in die F. Bau-OEG eingebrachten eigenen Arbeitskraft einen wesentlichen Einfluß auf die Geschäftsführung dieser Gesellschaft habe. Seine Arbeitsleistung für die Gesellschaft stelle daher nicht eine Leistung dar, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werde. Aus diesem Grund habe er auch "nicht gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG einen Nachweis dafür zu erbringen und einen Feststellungsbescheid beim AMS zu beantragen".
3.1. Vorweg ist festzuhalten, daß sich dieses Vorbringen ausschließlich auf das Betretenwerden des Beschwerdeführers auf einer Baustelle in Wien 8 am 11. November 1996 durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien bezieht, also nicht auf die Tätigkeit des Beschwerdeführers auf einer Baustelle in Wien 16 am 10. Juli 1996, bei der er von Organen des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten betreten wurde, hat er doch nach der unbestrittenen Feststellung der belangten Behörde die Arbeiten am 10. Juli 1996 für eine (bestimmt bezeichnete) GesmbH erbracht, an der er mit 20 % beteiligt ist. Allein das Betretenwordensein bei der zuletzt genannten Beschäftigung aber wurde von der belangten Behörde dem Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG unterstellt. Gegen diese Subsumtion hegt der Gerichtshof unter Zugrundelegung der maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen und im Hinblick auf die - vom Beschwerdeführer nicht widerlegte - Rechtsvermutung des § 2 Abs. 4 Z. 2 AuslBG keine Bedenken.
3.2. Was indes die, wie gesagt, von der belangten Behörde nicht dem § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG (idF des Art. 20 Z. 1 BGBl. Nr. 314/1994) subsumierte Betretung des Beschwerdeführers durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien, somit die von ihr allein unter dem Gesichtspunkt des Gesamt(fehl)verhaltens nach § 18 Abs. 1 leg. cit. als relevant gewertete "Schwarzarbeit" am 11. November 1996 anlangt, so verkennt die Beschwerde mit ihrem dagegen gerichteten Einwand die Rechtslage. Der Umstand allein, daß der Beschwerdeführer sich an der besagten OEG zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes (behauptetermaßen) nicht nur durch eine finanzielle Einlage, sondern auch durch die Erbringung von Arbeitsleistungen beteiligte, ist für sich keineswegs geeignet, die tatsächliche persönliche Ausübung eines wesentlichen Einflusses auf die Geschäftsführung dieser Gesellschaft rechtswirksam nachzuweisen. Vielmehr ist nach der Konstruktion des § 2 Abs. 4 AuslBG die dort in Ansehung von Gesellschaftern für das Vorliegen einer Beschäftigung i.S. des § 2 Abs. 2 leg. cit. aufgestellte Vermutung nur dann widerlegt, wenn der vom Gesellschafter zu erbringende Gegenbeweis in einem auf dessen Antrag zu erlassenden Feststellungsbescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice seinen Niederschlag gefunden hat; erst mit der Feststellung des Arbeitsmarktservice, daß dem Gesellschafter ein wesentlicher Einfluß auf die Geschäftsführung der Gesellschaft zukommt, ist der Gegenbeweis beachtlich und die Vermutung, daß die Arbeitsleistung des Gesellschafters als eine dem AuslBG unterliegende Beschäftigung zu qualifizieren ist, widerlegt (vgl. dazu Schnorr, AuslBG3 (1995) § 2 Rz 11; Schrammel, Rechtsfragen der Ausländerbeschäftigung (1995) 86).
Da im Beschwerdefall unbestrittenermaßen ein Feststellungsbescheid nach § 2 Abs. 4 AuslBG nicht ergangen ist, hat die belangte Behörde (auch) die Tätigkeit des Beschwerdeführers am 11. November 1996, die von ihr zutreffend als Arbeitsleistung für eine Gesellschaft, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet wird, bewertet wurde, der Vermutung des § 2 Abs. 4 Z. 1 AuslBG entsprechend zu Recht als eine Beschäftigung i.S. des § 2 Abs. 2 leg. cit. qualifiziert, und weiters infolge Fehlens einer dafür erforderlichen Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz rechtlich unbedenklich als "Schwarzarbeit" angesehen (die nur deswegen nicht dem § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG unterstellt wurde, weil der Beschwerdeführer nicht von einem der dort angeführten Organe betreten worden war).
3.3. Durfte die belangte Behörde angesichts des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung von "Schwarzarbeit" schon aufgrund einer einmaligen Verwirklichung des Tatbestandes des § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG (siehe oben 3.1.) die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme als gerechtfertigt ansehen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 1995, Zl. 94/18/0183), so gilt dies aufgrund der nochmaligen, wenngleich nicht vom § 18 Abs. 2 Z. 8 leg. cit. erfaßten, Betretung des Beschwerdeführers bei "Schwarzarbeit" (siehe oben 3.2.) umso mehr.
4. Gegen die Auffassung der belangten Behörde, daß mit der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes über den Beschwerdeführer kein i.S. des § 19 FrG relevanter Eingriff in sein Privat- oder Familienleben verbunden wäre, bringt die Beschwerde nichts vor. Im Hinblick auf den erst kurzen Aufenthalt des Beschwerdeführers und das Fehlen von Familienangehörigen in Österreich bestehen gegen diese Beurteilung keine Bedenken. Von daher bedurfte es, von der belangten Behörde richtig erkannt, weder einer Prüfung der Frage, ob das Aufenthaltsverbot dringend geboten sei, noch einer Interessenabwägung nach § 20 Abs. 1 FrG.
5. Die eine Verletzung des Grundsatzes des Parteiengehörs mit der Folge, daß der Beschwerdeführer nicht auf seinen "Einfluß auf die Geschäftsführung" habe hinweisen können, geltend machende Verfahrensrüge geht unter Zugrundelegung der vorstehenden Ausführungen (3.2.) ins Leere.
6. Da bereits der Beschwerdeinhalt erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
7. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997180176.X00Im RIS seit
19.04.2001