Entscheidungsdatum
26.01.2021Norm
AsylG 2005 §10Spruch
W212 1215272-8/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva Singer als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX alias XXXX , geb. am XXXX , Staatsangehörigkeit DR Kongo, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.11.2020, Zl. 790148505/200925180, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer brachte erstmals am 14.06.1999 einen Antrag auf Asyl ein, wo er angab, den Namen XXXX (auch XXXX ) zu führen, am XXXX geboren und Staatsangehöriger der DR Kongo zu sein.
Zu seinen Fluchtgründen gab er an, den Herkunftsstaat wegen politischer Probleme verlassen zu haben. Im Mai 1999 sei das Militär gekommen, um ihn umzubringen, da er und sein Bruder Mitglieder der MPR gewesen seien. Auf seinen Bruder sei geschossen worden, der Beschwerdeführer habe fliehen können. Da er in seinem Heimatland ein Anhänger bzw. Mitglied der Partei des früheren Präsidenten MOBUTU gewesen sei, werde er vom nunmehrigen Präsidenten verfolgt.
Am 04.11.1999 wurde aufgrund einer Anfrage an die Grundsatz- und Dublin-Abteilung des Bundesasylamtes mitgeteilt, dass er am 09.11.1992 in Frankreich einen Asylantrag gestellt hat, welcher am 02.04.1993 erstinstanzlich rechtskräftig negativ abgewiesen wurde.
Der erste Antrag des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.01.2000, Zl. 09 08.862, gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen. Zugleich wurde die Zulässigkeit seiner Abschiebung in die DR KONGO gemäß § 8 AsylG 1997 festgestellt.
Eine Berufung des Beschwerdeführers gegen diesen Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.01.2000 wurde durch den Unabhängigen Bundesasylsenat mit Bescheid vom 08.06.2000, Zl. 215272/0-V/13/00, vollinhaltlich abgewiesen.
2. Der Beschwerdeführer stellte am 04.09.2001 einen Folgeantrag, den er in seiner Befragung am 14.09.2001 zusammengefasst wiederum mit der angeblichen Einreise in das Bundesgebiet im Jahre 1999 und mit politischen Änderungen im Herkunftsstaat begründete. Er habe Propaganda für MOBUTU gemacht und könnte deshalb getötet werden. Er bestritt, in Frankreich gewesen zu sein bzw. dort bereits einen Asylantrag gestellt zu haben.
Dieser Folgeantrag vom 04.09.2001 wurde durch das Bundesasylamt mit Bescheid vom 14.09.2001, Zl. 01 20.277-BAW, gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
Eine Berufung gegen diesen Bescheid wurde durch den Unabhängigen Bundesasylsenat mit Bescheid vom 25.10.2001, Zl. 215.272/7-V/13/01, gemäß § 68 Abs. 1 AVG abgewiesen.
3. Am 30.01.2002 wurde von den deutschen Behörden mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer am 05.08.1994 in Deutschland unter dem Namen XXXX , geb. XXXX Staatsangehöriger von Angola, einen Asylantrag gestellt habe, welcher bestandskräftig abgelehnt worden sei. Der Beschwerdeführer sei am 10.08.1994 abgeschoben und am XXXX von den deutschen Behörden national zur Festnahme ausgeschrieben worden.
Er hatte vor den deutschen Behörden erklärt, in Angola Musik gemacht zu haben. Seine Musik habe für eine ganz bestimmte Partei einen ganz bestimmten Hintergrund gehabt. Er habe Musik für die UNITA gemacht, mit der er auch sympathisiere. Er habe daraufhin mit den Leuten von der MPLA Probleme bekommen.
4. Nachdem der Beschwerdeführer im Dezember 2008 zum wiederholten Mal in Schubhaft genommen wurde, stellte er am 05.02.2009 einen weiteren Folgeantrag (den dritten Antrag) auf internationalen Schutz im Bundesgebiet. Seinen Folgeantrag begründete er damit, dass die gleichen Probleme in der Heimat weiter bestehen würden, die er bereits erzählt habe.
Er sei gegen den gegenwärtigen Präsidenten Joseph Kabila, da dieser die Menschen ohne Grund töten lasse. KABILA sei kein Kongolese, sondern stamme aus Ruanda und habe den Krieg von Ruanda in den Kongo gebracht. Er sei Anhänger des Politikers Jean Pierre BEMBA, welcher in der Opposition und ein echter Kongolese sei. Für den Fall einer Rückkehr in die Heimat habe er Angst vor dem Krieg und besonders vor Präsident KABILA und dessen Anhängern. Als Oppositioneller befürchte er bei einer Rückkehr von den Leuten von KABILA getötet zu werden.
Dieser Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 26.06.2009, Zl. 09 01.485-BAG, abgewiesen und der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet in die DR Kongo ausgewiesen.
Nach erhobener Beschwerde stellte der Asylgerichtshof das Beschwerdeverfahren am 26.03.2012 gemäß § 24 AsylG 2005 ein, weil sich der Beschwerdeführer dem Verfahren entzogen hatte.
5. Der Beschwerdeführer stellte am 11.12.2014 seinen vierten Antrag auf internationalen Schutz. Begründend machte er dieselben Gründe wie im Jahr 2009 geltend, und zwar die politische Situation in der DR Kongo. Er habe Angst, von der derzeitigen Regierung verhaftet und getötet zu werden, da er Oppositioneller sei. Es gebe keine neuen Fluchtgründe, aber er könne unmöglich in die Heimat zurück. Insbesondere im Osten der DR Kongo herrsche immer Krieg.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA; belangte Behörde) vom 27.04.2015, Zl. 790148505-140273592, wurde dieser Antrag, ohne in die Sache einzutreten, gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Es wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers in die DR Kongo zulässig sei.
Der Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.11.2015, Zl. W226 1215272-4/3E, stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverwiesen, mit der Begründung, dass aufgrund der seit der Vorentscheidung verstrichenen Zeit eine inhaltliche Entscheidung hätte getroffen werden müssen.
Mit neuerlichem Bescheid des BFA vom 12.11.2015, Zl. 790148505-140273592 wurde der vierte Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz als unbegründet abgewiesen, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die DR Kongo zulässig sei. Es wurde eine 14-tägige Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt.
Das Bundesverwaltungsgericht wies nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom 09.01.2017, Zl. W226 1215272-5/17E, eine gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet ab. Mit Beschluss vom 22.03.2017, Ra 2017/19/0028-6, wies der Verwaltungsgerichtshof die gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes erhobene Revision zurück.
6. Der Beschwerdeführer stellte am 12.07.2019 den fünften Folgeantrag auf internationalen Schutz und brachte als Grund für seine neuerliche Asylantragstellung zusammengefasst vor, dass er seine ursprünglichen Fluchtgründe aufrecht halte. Er stelle einen neuen Asylantrag, weil es in seinem Land keine Sicherheit gebe. Er stehe immer noch in der Opposition gegen die Regierung und sei nach wie vor für Jean-Pierre Mbemba und gegen Felix Tshisekedi und Joseph Kabila. Im Falle einer Rückkehr in seine Heimat habe er Angst, dass man ihn töten könne. Oppositionelle werden in seiner Heimat gefangen, eingesperrt, geschlagen und getötet. Daher habe er Angst vor einer Rückkehr. Weitere Fluchtgründe habe er nicht.
7. Mit Bescheid vom 07.02.2020, Zl. 790148505 – 190711464, wurde der Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Zugleich erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte die Zulässigkeit seiner Abschiebung in die DR Kongo fest (Spruchpunkt V.). Dem Beschwerdeführer wurde keine Frist für seine freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VI.). Weiters wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).
8. Mit Erkenntnis des BVwG vom 16.03.2020, Zl. I415 1215272-7/3E wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen mit der Maßgabe, dass die Dauer des befristeten Einreiseverbotes auf fünf Jahre herabgesetzt wurde.
9. Der BF wurde am 06.08.2020 von der Polizei festgenommen und wurde mit Mandatsbescheid vom 07.08.2020 über den BF die Schubhaft verhängt.
10. Aus dem Stande der Schubhaft stellte der BF am 28.09.2020 den gegenständlichen sechsten Asylantrag. Im Zuge der Erstbefragung gab der BF an, Österreich nicht verlassen zu haben. Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der BF an, dass die politische Lage in seinem Land nicht gut sei. Es gäbe Kriege mit anderen Ländern, Frauen würden entführt und vergewaltigt werden und Männer würden getötet werden. Außerdem sei die Hauptstadt instabil. Er habe dazu bereits Angaben in seinem ersten Asylantrag gemacht.
11. Am 20.11.2020 wurde der BF beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er im Wesentlichen an, dass er Diabetiker sei und dass er seit drei Jahren von einer „österreichischen Frau“ unterstützt werde und sich regelmäßig mit ihr treffen würde. Er sei mit ihr seit zwei Jahren in einer Beziehung, lebe jedoch mit ihr nicht in einem gemeinsamen Haushalt.
Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der BF an, dass seine bisherigen Fluchtgründe nach wie vor aufrecht seien und er noch immer Probleme im Kongo haben würde, da er zur Opposition gehöre. Weitere Gründe habe er nicht.
12. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 23.11.2020, Zl. 790148505/200925180 wurde der Antrag des BF vom 28.09.2020 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten und bezüglich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Begründend wurde dazu vorgebracht, dass der BF im neuerlichen Asylverfahren keine asylrelevanten Gründe vorgebracht habe bzw. sich kein neuer objektiver Sachverhalt ergeben habe. Der BF habe in Österreich keine Angehörige zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bestehe. Die vom BF geschilderten Fluchtgründe haben schon zum Zeitpunkt der Rechtskraft des letzten Verfahrens bestanden und habe sich seither an den Fluchtgründen nichts geändert.
13. Mit Schriftsatz vom 03.12.2020, erhob der BF Beschwerde gegen den gegenständlichen Bescheid. Inhaltlich brachte der BF dazu vor, dass er in seiner Einvernahme vom 20.11.2020 glaubhaft vorgebracht habe, dass er in seiner Heimat der Opposition angehöre und die belangte Behörde es unterlassen habe die erforderlichen Ermittlungen zur Wahrheitsausforschung zu setzen. Die belangte Behörde habe somit gegen § 18 AsylG verstoßen. Hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten sei anzuführen, dass in der Heimat des BF ein Klima ständiger Bedrohung, struktureller Gewalt und unmittelbarer Einschränkungen herrsche. Dem BF sei eine innerstaatliche Schutzalternative nicht zumutbar, da unter Berücksichtigung seiner persönlichen Umstände für ihn kein hinreichendes unterstützendes soziales oder familiäres Netzwerk bestehe. Der BF sei zudem Diabetiker und wäre er ohne soziale Kontakte nicht in der Lage eine Arbeit zu finden. Eine Ausweisung nach DR Kongo würde für den BF eine reale Gefahr der Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der DR Kongo. Er ist kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu. Seine Identität steht fest. Er ist ledig und kinderlos, Angehöriger der Volksgruppe der Bandundu und christlichen Glaubens.
Der Beschwerdeführer stellte am 14.06.1999 seinen ersten Antrag auf Asyl in Österreich, der noch im Jahr 2001 rechtskräftig negativ entschieden wurde. Vier weitere Asylanträge vom 04.09.2001, vom 05.02.2009, vom 11.12.2014 und vom 12.07.2019wurden ebenso rechtskräftig negativ entschieden, zuletzt mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.03.2020.
Zuvor hatte er bereits am 09.11.1992 einen Asylantrag in Frankreich und am 05.08.1994 einen Asylantrag in Deutschland gestellt, die ebenfalls rechtskräftig negativ entschieden wurden.
Gegen den Beschwerdeführer wurde mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom 18.11.2004, Zl. III-1009538/FrB/04, ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Der Beschwerdeführer hat das Bundesgebiet bis zum heutigen Tag seit seinem ersten Asylantrag nicht verlassen.
Über den Beschwerdeführer war während seines langjährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet wiederholt die Schubhaft verhängt worden, wobei er seine Abschiebung, die Feststellung seiner Identität und die Ausstellung eines Heimreisezertifikates über viele Jahre aufgrund der Verletzung von Meldepflichten, seiner falschen Identitätsangaben und seiner mangelnden Mitwirkung erfolgreich vereitelte. So hatte er sich etwa in Österreich der Alias-Identität XXXX , geb. unbekannt, Staatsangehörigkeit Elfenbeinküste und in Deutschland der Alias-Identität XXXX , geb. am XXXX , Staatsangehörigkeit Angola, bedient. Der Beschwerdeführer wurde mittlerweile durch die Botschaft der Demokratischen Republik Kongo in XXXX identifiziert, sodass die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer am 18.09.2019 erwirkt werden konnte.
Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren Krankheit, noch ist er längerfristig pflege- oder rehabilitationsbedürftig. Er ist dadurch auch erwerbsfähig. In seinem Herkunftsstaat hat er eine Ausbildung zum Tischler absolviert.
In Österreich konnten keine familiären oder verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte und kein schützenswertes Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers festgestellt werden. Es konnte gegenüber dem Vorverfahren hinsichtlich seiner Integration keine maßgebliche Änderung festgestellt werden, die für die Annahme einer hinreichenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht sprechen würde. Der Beschwerdeführer behauptet, seit 2 Jahren eine Beziehung mit einer Österreicherin zu führen. Der Beschwerdeführer hat mit ihr keinen gemeinsamen Haushalt und besteht keine finanzielle oder sonstige Abhängigkeit.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich in Erscheinung getreten:
Mit rechtskräftigem Urteil des BG XXXX vom XXXX , Zl. XXXX wurde er wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB, § 15 StGB zu einer Geldstrafe in der Höhe von € 160,00 verurteilt.
Mit rechtskräftigem Urteil des LG XXXX vom XXXX , Zl. XXXX , wurde der BF wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB, § 15 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe im Ausmaß von zwei Monaten verurteilt.
Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Der dem gegenständlichen Asylverfahren vorangegangene fünfte Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers vom 12.07.2019 wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 07.02.2020, Zl. 790148505-190711464, abgewiesen und gleichzeitig ein auf die Dauer von 8 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.03.2020, Zl. I415 11215272-7/3E, wurde die Entscheidung der 1. Instanz hinsichtlich der Spruchpunkte I. - VI. bestätigt und hinsichtlich Spruchpunkt VII. die Dauer des befristeten Einreiseverbotes auf fünf Jahre herabgesetzt. Die Entscheidung erwuchs mit 16.03.2020 in Rechtskraft.
Am 28.09.2020 stellte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen sechsten Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 23.11.2020, 790148505/200925180, hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) wegen entschiedener Sache nach § 68 AVG zurückgewiesen.
Zwischen der Rechtskraft des vorangegangenen Asylverfahrens mit 16.03.2020 und der Zurückweisung des gegenständlichen Folgeantrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache mit Bescheid vom 23.11.2020 ist keine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten.
Der Beschwerdeführer brachte im gegenständlichen Asylverfahren keine entscheidungsrelevanten neuen Fluchtgründe vor, welche nach rechtskräftigem Abschluss seines Vorverfahrens entstanden wären. Auch amtswegig hat sich kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt ergeben.
Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände kann nicht festgestellt werden, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung in die DR Kongo für den Beschwerdeführer eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Der Beschwerdeführer wird im Falle seiner Rückkehr in die DR Kongo mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.
1.3 Zu den Feststellungen zur Lage in der DR Kongo
Die individuelle Situation für den Beschwerdeführer hinsichtlich seines Herkunftsstaates DR Kongo hat sich nicht in einem Umfang verändert, der auf eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes schließen lässt. Auch die Rechtslage blieb, soweit entscheidungsrelevant, unverändert.
Die wesentlichen Feststellungen lauten (gekürzt):
KI vom 9.12.2019: Unruhen in Ost-Kongo - Angriffe von ADF Rebellen, Abzug von Ebola-Helfern und Proteste gegen UN-Blauhelme im Osten des Landes(betrifft: Abschnitt 3/Sicherheitslage / Abschnitt 17/Medizinische Versorgung).
Das Klima im östlichen Teil der Demokratischen Republik Kongo ist nach wie vor äußerst angespannt (VN 2.12.2019). Anlass der Unruhen war ein Angriff von Rebellen am Wochenende, vom 23. auf den 24.11.2019, bei dem acht Menschen getötet und neun Bewohner der Stadt Beni entführt wurden (DW 26.11.2019a; vgl NZZ 25.11.2019). Für die nächtlichen Attacke in Beni soll die aus dem benachbarten Uganda vorstoßenden islamistische Miliz, Alliierte Demokratische Kräfte (ADF), verantwortlich sein. Im Osten des Landes treiben bis zu 160 verschiedene Rebellen-Gruppen ihr Unwesen (NZZ 25.11.2019). Im instabilen Ost-Kongo geht es bei den Kämpfen der Milizen meist um die Kontrolle über Gebiete und deren Bodenschätze wie Gold oder Kobalt (DW 26.11.2019a).
Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Jean-Pierre Lacroix, besuchte am 30.11.2019 Béni, wo seit dem 5.11.2019 mehr als 100 Zivilisten von bewaffneten Gruppen getötet wurden (JA 30.11.2019; vgl JA 27.11.2019), und mehr als 1000 seit 2014 (JA 1.12.2019); gemäß Amnesty International wurden allein in Beni mindestens 2.000 Menschen von Rebellen getötet (DW 26.11.2019; vgl. NZZ 25.11.2019). Mindestens 14 Personen wurden am 29.11.2019, bei einem erneuten Angriff nördlich von Beni getötet (JA 1.12.2019). Der Besuch von Jean-Pierre Lacroix fällt in eine Zeit, in der der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen das Mandat der UN-Mission in der Demokratischen Republik Kongo bis Ende Dezember 2019 verlängern soll (JA 30.11.2019).
Die kongolesische Armee (FARDC) hat Anfang November 2019 eine Großoffensive gegen die Rebellengruppe gestartet, da es immer wieder zu Morden durch die Allied Democratic Forces (ADF) im Umland von Oicha kommt (TAZ 28.11.2019). Die Tötung von Zivilisten ist nach Ansicht von Experten eine Vergeltung der ADF für laufende militärische Operationen in der Region (JA 1.12.2019). Am Montag, den 25.11.2019, kündigte die kongolesische Armee (FARDC) gemeinsame Operationen mit den UN-Friedenstruppen MONUSCO an (TAZ 28.11.2019).
Proteste und Gewalt in der Region richten sich vor allem auch gegen die UN-Blauhelme (DW 26.11.2019b). Die Demonstranten verurteilen die Untätigkeit der Behörden und der UN-Friedenstruppe MONUSCO (VN 2.12.2019; vgl. JA 27.11.2019) und stürmten und plünderten am 25.11.2019 das Rathaus und einen Stützpunkt der UN-Friedenstruppen in der Stadt Beni (NZZ 25.11.2019; vgl. DW 26.11.2019). Zudem wurden beide Gebäude in Brand gesetzt (DW 25.11.2019; vgl NZZ 25.11.2019). Die Polizei ging gewaltsam gegen die Demonstranten vor, dabei kamen zwei Menschen ums Leben. Eine unbekannte Anzahl wurde verletzt. (NZZ 25.11.2019; vgl. DW 26.11.2019). Die MONUSCO-Friedenstruppe räumte indirekt ihr Versagen ein und meint weiters, dass sie ohne Aufforderung seitens der Regierung nicht aktiv werden könne (DW 25.11.2019; vgl NZZ 25.11.2019). Die MONUSCO steht wegen ihrer hohen Kosten und geringen Effizienz in der Kritik. In einer Untersuchung von 2018 warfen Ermittler der UNO der seit 1999 in der Demokratischen Republik Kongo stationierten Blauhelm-Mission Führungsprobleme und Mängel in der Ausbildung vor (DW 25.11.2019; vgl. NZZ 25.11.2019). Die Vereinten Nationen sind seit 20 Jahren in der Demokratischen Republik Kongo präsent und haben mit 16.000 Soldaten und einem Jahresbudget von mehr als einer Milliarde Dollar (Zahlen für 2018) eine ihrer wichtigsten Missionen weltweit (JA 30.11.2019).
In der Nacht vom 26. auf den 27.11.2019 wurden 27 Zivilisten von mutmaßlichen Rebellen der ADF (Allied Democratic Forces) im Dorf Maleki 13 Kilometer außerhalb der Stadt Oicha getötet (JA 27.11.2019; vgl. TAZ 28.11.2019). Die ADF ist seit einem Vierteljahrhundert in diesen Wäldern präsent, sie ist sehr mobil, bewegt sich nachts und kennt die Gegend. Die Lage wird dadurch verkompliziert, dass lokale Milizen, genannt Mai-Mai, versuchen, auf eigene Faust die ADF von der Zivilbevölkerung fernzuhalten und sich auch mit der Armee anlegen. Eine Mai-Mai-Miliz unter dem Kommando von Kyantenga hält seit September 2019 die Region um Samboko besetzt. Die Mai-Mai Miliz hat bereits eine Polizeiwache in Brand gesetzt und Häuser geplündert. Allerdings bleibt unklar, wer genau die Täter der Massaker rund um Oicha waren (TAZ 28.11.2019).
Ebenso unklar bleibt, wer die medizinische Hilfskräfte in der Region angreift. In der Nacht auf den 28.11.2019 wurden zeitgleich Ebola-Hilfskräfte in Benis Stadtvierteln Mangina und Byakato angegriffen. In Byakato wurden drei Ebola-Hilfskräfte getötet, drei verletzt und vier sind verschwunden. Zelte und Autos wurden angezündet (TAZ 28.11.2019). Nach den Angriffen stellten die Hilfskräfte ihre Arbeit vor Ort teilweise ein. In einer Klinik von Ärzte ohne Grenzen (MSF) in Beni werden zwar weiterhin Ebola-Patienten behandelt, das Personal wurde aber aus Sicherheitsgründen reduziert. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat ebenfalls aus Sicherheitsgründen 49 Mitarbeiter aus Beni abgezogen. Insgesamt sind 120 WHO-Mitarbeiter im Einsatz. Die Kinderhilfsorganisation World Vision hat nach eigenen Angaben ihre Arbeit in Beni einstweilen komplett eingestellt (DW 26.11.2019b).
Seit mehr als einem Jahr wütet in der Region eine Ebola-Epidemie [vgl. KI vom 12.11.2019]. Im Kongo kommt zudem ein Ausbruch der Masern dazu, seit Anfang des Jahres sind nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) daran mehr als 5100 Menschen gestorben (DW 26.11.2019a).
Quellen:
- DW - Deutsche Welle (26.11.2019a): Ebola-Helfer im Kongo ziehen nach Gewaltausbruch ab, https://www.dw.com/de/ebola-helfer-im-kongo-ziehen-nach-gewaltausbruch-ab/a-51418110, Zugriff 5.12.2019
- DW - Deutsche Welle (26.11.2019b): Hass, Gewalt und Verschwörungstheorien, https://www.dw.com/de/dr-kongo-hass-gewalt-und-verschw%C3%B6rungstheorien/a-51423273?maca=de-rss-de-region-afrika-4022-rdf, Zugriff 5.11.2019
- DW - Deutsche Welle (25.11.2019): Demonstranten stürmen UN-Basis, https://www.dw.com/de/demonstranten-st%C3%Bcrmen-un-basis/a-51409221, Zugriff 5.12.2019
- JA - Jeune Afrique (1.12.2019): RDC : une foule lynche deux personnes, dont un militaire, à Beni, https://www.jeuneafrique.com/864354/politique/rdc-une-foule-lynche-deux-personnes-a-beni/, Zugriff 5.12.2019
- JA - Jeune Afrique (30.11.2019): RDC : visite à Beni du chef des opérations de la paix de l’ONU, https://www.jeuneafrique.com/864156/politique/rdc-visite-a-beni-du-chef-des-operations-de-la-paix-de-lonu/, Zugriff 5.12.2019
- JA - Jeune Afrique (27.11.2019): RDC: le bilan du massacre près de Beni réévalué à 27 morts, https://www.jeuneafrique.com/862806/politique/rdc-au-moins-19-civils-tues-dans-un-nouveau-massacre-pres-de-beni/, Zugriff 5.12.2019
- NZZ - Neue Zürcher Zeitung (25.11.2019): Zornige Menschenmenge stürmt Uno-Basis im Kongo, https://www.nzz.ch/international/zornige-menschenmenge-stuermt-uno-basis-im-kongo-ld.1524362, Zugriff 5.12.2019
- TAZ - taz.de (28.11.2019): Neue Angriffe im Kongo: Verworrene Fronten, https://taz.de/Neue-Angriffe-im-Kongo/!5645253/, Zugriff 5.12.2019
- VN - Vatikan News (3.12.2019): Kongo: „Schlachtfeld für andere Länder", https://www.vaticannews.va/de/welt/news/2019-12/kongo-schlachtfeld-beni-nshole-ausbeutung-krieg-uno.html, Zugriff 5.12.2019
KI vom 12.11.2019: Fortschritte beim Kampf gegen Ebola (betrifft: Abschnitt 17/Medizinische Versorgung).
Der seit 1. 8.2018 anhaltende Ebola-Ausbruch in der Demokratischen Republik Kongo hat seinen Mittelpunkt im Nordosten des Landes, in den Provinzen Nordkivu und Ituri (MSF 5.11.2019). Seit dem Frühsommer 2018 infizierten sich nach Regierungsangaben mehr als 3.200 Menschen, mehr als 2.100 kamen ums Leben (NZZ 18.10.2019; vgl. WHO 9.11.2019).
In den ersten acht Monaten der Epidemie bis März 2019 wurden in der betroffenen Region mehr als 1.000 Fälle von Ebola gemeldet. Zwischen April und Juni 2019 hat sich diese Zahl noch verdoppelt (MSF 5.11.2019). Im April 2019 lag die Anzahl der pro Woche gemeldeten Neuerkrankungen im Durchschnitt bei 120 (NZZ 18.10.2019; vgl. WHO 9.11.2019); zwischen Anfang Juni und Anfang August 2019 zwischen 75 und 100 pro Woche. Seit August 2019 ist diese Rate langsam zurückgegangen und betrug im Durchschnitt immer noch knapp 50 pro Woche (MSF 5.11.2019; vgl. WHO 9.11.2019).
Die Zahl der neuen Fälle ist zuletzt auf 15 pro Woche zurückgegangen (NZZ 18.10.2019; vgl. WHO 9.11.2019). Mitte Oktober 2019 entschied die Weltgesundheitsorganisation (WHO) trotz der Fortschritte, die Situation weiterhin als „gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite“ einzustufen. Die WHO folgte damit dem Rat eines unabhängigen Expertengremiums, das die Lage in drei Monaten neu beurteilt (NZZ 18.10.2019).
Diagramm: Registrierte Anzahl an neuen Ebola-Infektionen nach Kalenderwoche (von KW 17/2018 bis KW 44/2019). Quelle: WHO 9.11.2019.
Bis Ende August 2019 haben 28 von insgesamt 47 Gesundheitszonen in den Provinzen Ituri und North Kivu Fälle von Ebola gemeldet. Von diesen 28 gelten 13 als aktive Übertragungszonen, was bedeutet, dass sie in den letzten 21 Tagen neue bestätigte Fälle gemeldet haben (maximale Inkubationszeit für Ebola). South Kivu hat kürzlich Fälle in der Gesundheitszone Mwenga registriert und ist damit die dritte Provinz in der Demokratischen Republik Kongo, die vom aktuellen Ausbruch betroffen ist (MSF 5.11.2019).
Mitte Oktober 2019 hat die Arzneimittelbehörde der EU offiziell einen Impfstoff zur Zulassung empfohlen, mit dem bereits seit einem Jahr in der DR Kongo ohne Zulassung geimpft wird (SRF 18.10.2019; vgl. MSF 5.11.2019). Bis Ende September 2019 wurden über 230.000 Personen geimpft (MSF 5.11.2019). Seither hat sich das Virus viel langsamer ausgebreitet als noch vor vier Jahren bei der Epidemie in Westafrika (SRF 18.10.2019). Die neuen Fälle konzentrieren sich zudem in einer kleineren Region im Osten des Landes; Stand Mitte Oktober 2019 ist das Ebola-Virus aus den Städten im Ostkongo fast verschwunden (NZZ 18.10.2019) und wurde in schwer erreichbare Gebiete zurückgedrängt (NZZ 18.10.2019; vgl. DW 3.11.2019).
Karte: Anzahl der Tage seit der letzten registrierten Ebola-Neuinfektion, Stand 9.11.2019. Legende - dunkelgrün: mehr als 88 Tage; hellgrün: 43-88 Tage; rosa: 22-42 Tage; orange: 0-21 Tage; grau: Region nicht betroffen. Quelle: WHO 9.11.2019.
Ein hohes Maß an Unsicherheit behindert weiterhin die Bemühungen zur Eindämmung der Epidemie (MSF 5.11.2019). Es gibt Meldungen von Gewalt und Angriffe gegen Ebola-Impfteams und lokales Gesundheitspersonal (MSF 5.11.2019; vgl. NZZ 18.10.2019, DW 3.11.2019).
Quellen:
? DW – Deutsche Welle (3.11.2019): Anti-Ebola fighter killed as new vaccine arrives in Congo, https://www.dw.com/en/anti-ebola-fighter-killed-as-new-vaccine-arrives-in-congo/a-51100166, Zugriff 11.11.2019
? MSF – Médecins sans frontières / Ärzte ohne Grenzen (5.11.2019): DRC Ebola outbreaks - Crisis update - November 2019, https://www.msf.org/drc-ebola-outbreak-crisis-update, Zugriff 11.11.2019
? NZZ – Neue Zürcher Zeitung (18.10.2019): WHO stuft Ebola-Epidemie in Kongo-Kinshasa weiterhin als Notlage «von internationaler Tragweite» ein, https://www.nzz.ch/international/who-stuft-ebola-epidemie-in-kongo-kinshasa-weiterhin-als-notlage-von-internationaler-tragweite-ein-ld.1516450, Zugriff 11.11.2019
? SRF – Schweizer Radio und Fernsehen (18.10.2019): Hoffnung im Kampf gegen Ebola wächst, https://www.srf.ch/news/international/fortschritte-in-der-forschung-hoffnung-im-kampf-gegen-ebola-waechst, Zugriff 11.11.2019
? WHO – World Health Organization (9.11.2019.): Maladie à Virus Ebola en RDC (EVD in DRC) - Situation en date du 09 novembre 2019, https://who.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/e70c3804f6044652bc37cce7d8fcef6c, Zugriff 11.11.2019
11.1.2019: Oppositionskandidat der UDPS gewinnt Präsidentschaftswahlen (betrifft: Abschnitt 2/Politische Lage, Abschnitt 10 / Allgemeine Menschenrechtslage)
Die nationale Wahlkommission CENI erklärte am Donnerstag, den 10.1.2019, den Kandidaten der oppositionellen Union pour la Démocratie et le Progrès social UDPS, Félix Tshisekedi, zum Sieger der Präsidentschaftswahlen vom 30.12.2018 (JA 10.1.2019; vgl. NTV 10.1.2019, ZO 10.1.2019, NZZ 10.1.2019). Es könnte der erste friedliche Machtwechsel seit 50 Jahren werden (FAZ 10.1.2019; vgl. ZO 10.1.2019), wenn Tshisekedi den seit 2001 regierenden Joseph Kabila als Präsident ablöst (NTV 10.1.2019; vgl. ZO 10.1.2019). Präsident Joseph Kabila kündigte an, die Verfassung zu respektieren und nicht für eine dritte Amtszeit anzutreten (JA 10.1.2019). Noch nie ist es im Land zu einem friedlichen Machtwechsel gekommen (NZZ 10.1.2019).
Der 55-jährige Felix Tshisekedi ist der Sohn des 2017 verstorbenen, ehemaligen Ministerpräsidenten und langjährigen kongolesischen Oppositionsführers Etienne Tshisekedi. Felix Tshisekedi versprach den Wählern, Korruption und Armut zu bekämpfen und das instabile Land zu befrieden, das immer noch von zahlreichen bewaffneten Konflikten erschüttert wird (FAZ 10.1.2019; vgl. NTV 10.1.2019). Der neue Präsident soll bereits am 18.1.2019 vereidigt werden (NTV 10.1.2019; vgl. RO 10.1.2019, VN 2.1.2019) und laut Wahlkommission müssen die endgültigen Ergebnisse der Wahl am 15.1.2019 vom Verfassungsgericht verkündet werden (RO 10.1.2019).
Die Präsidentschaftswahl hätte laut Verfassung eigentlich schon vor zwei Jahren stattfinden müssen. Der bisherige Präsident Kabila hatte sich jedoch 2016 nach Ablauf seiner zweiten Amtszeit geweigert abzutreten und ließ die Wahlen mehrmals verschieben (VN 9.1.2019; vgl. ZO 10.1.2019). Proteste ließ Kabila niederschlagen (VN 2.1.2019; vgl. ZO 10.1.2019) und die Wahlen wurde auf den 23.12.2018 verschoben (VN 2.1.2019).
Aufgrund organisatorischer Schwierigkeiten, zu denen auch die Zerstörung von mehr als 8.000 Wahlmaschinen bei einem Brand beigetragen hat, wurden die Wahlen nochmals um eine Woche verschoben (VN 2.1.2019), gewählt wurde der neue Präsident somit am 30.12.2018 (TAZ 6.1.2019; vgl. VN 2.1.2019).
Gleichzeitig herrst im Osten des Landes eine Ebola-Epidemie (FAZ 10.1.2019; vgl. VN 2.1.2019, VN 9.1.2019). Es ist die bislang zweitgrößte Epidemie weltweit mit mehr als 628 Erkrankten und 383 Toten (NTV 10.1.2019). In den Regionen Beni, Butembo und Yumbi wurde deswegen der Urnengang nicht durchgeführt (VN 2.1.2019; vgl. VN 9.1.2019). Damit waren rund 1,25 von 40 Millionen Wahlberechtigten ausgeschlossen. Die Stimmabgabe soll dort im März 2019 nachgeholt werden (FAZ 10.1.2019; vgl. NTV 10.1.2019, VN 2.1.2019).
Ursprünglich wollte die Wahlkommission (CENI) den Sieger der Wahl am Sonntag, den 6.1.2019, vermelden (BAMF 7.1.2019; vgl. SO 9.1.2019, ZO 10.1.2019). Die Ergebnisse der Wahlen wurden allerdings nicht veröffentlicht und es entstand der Verdacht, dass die Zahlen manipuliert wurden (VN 8.1.2019). Wahlbeobachter hatten zahlreiche Unregelmäßigkeiten gemeldet (ZO 10.1.2019).
Die Opposition hatte vor der Bekanntgabe der Ergebnisse Wahlbetrug zugunsten des Regierungskandidaten und früheren Innenminister Emmanuel Ramazani Shadarys befürchtet. Viele Beobachter rechneten ebenfalls mit einem Sieg des Regierungskandidaten (FAZ 10.1.2019; vgl. NTV 10.1.2018, TS 10.1.2019). Bereits am 3.1.2019 hatte die katholische Kirche, die als einzige Organisation mit 40.000 Wahlbeobachtern flächendeckend in den Wahllokalen präsent war, bekanntgegeben, dass es laut der von ihr vorgenommenen Stimmenauszählung einen klaren Sieger gebe (BAMF 7.1.2019; vgl. VN 8.1.2019) und hatte unter Berufung auf ihre tausenden Wahlbeobachter den zweiten Oppositionskandidaten Martin Fayulu zum Sieger erklärt (FAZ 10.1.2019; vgl. NTV 10.1.2019, TS 10.1.2019).
Félix Tshisekedi wurde mit 7.051.013 abgegebenen Stimme (38,57%) zum Präsidenten der gewählt (JA 10.1.2019; vgl. RO 10.1.2019, ZO 10.1.2019), so die vorläufigen Ergebnisse der Wahlkommission. Die Wahlbeteiligung betrug 47,56% (RO 10.1.2019), 18.329.318 Stimmen wurden abgegeben (JA 10.1.2019).
Auf dem zweiten Platz landete demnach mit über sechs Millionen (6.366.732) Stimmen der zweite Oppositionskandidat Martin Fayulu. Die Partei von Kabila stellte Emmanuel Ramazani Shadary als seinen Nachfolgekandidaten auf, da er selbst nicht wieder antreten durfte. Shadary kam nur auf gut vier Millionen (4.357.359) Stimmen (23,84%) (FAZ 10.1.2019; vgl. JA 10.1.2019, ZO 10.1.2019). Der unterlegene Fayulu zweifelt das amtliche Ergebnis an und spricht von Wahlputsch (TS 10.1.2019; vgl. ZO 10.1.2019) und es bleibt abzuwarten ob Oppositionskandidat Fayulu das Ergebnis akzeptieren wird (FAZ 10.1.2019; vgl. NTV 10.1.2019). Das Verfassungsgericht hat 14 Tage Zeit, um das Ergebnis zu bestätigen (ZO 10.1.2019). Nach anderen Angaben ist Tshisekedi bis 15.1.2019 provisorischer Sieger. Dann soll das Verfassungsgericht das definitive Resultat verkünden. Für 18.1.2019 ist die Vereidigung vorgesehen (NZZ 10.1.2019).
1. Politische Lage
Die Demokratische Republik (DR) Kongo befindet sich weiterhin in einer Übergangsphase. Die gewaltsamen nationalen und internationalen Auseinandersetzungen im Land endeten zwar offiziell 2002, jedoch können die Konflikte des Landes auch heute noch immer nicht als überwunden gelten (AA 6.9.2015). Das Parlament der DR Kongo besteht aus zwei Kammern: Nationalversammlung und Senat. Der Staatspräsident wird direkt gewählt und hat weitreichende Machtbefugnisse. In den nach Manipulationsvorwürfen umstrittenen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen vom 28.11.2011 errang das Parteienbündnis "Präsidentielle Mehrheit" im Parlament eine Mehrheit (340 von 500 Sitzen). Dazu gehören als größte Parteien die von Staatspräsident Kabila gegründete PPRD "Parti du Peuple pour la Reconstruction et la Démocratie" (Volkspartei für Wiederaufbau und Demokratie) mit 62 Sitzen, deren neugegründete Schwesterpartei PPPD (28 Sitze), der MSR (27 Sitze) sowie die PALU (19 Sitze) (AA 8.2016). Premierminister ist seit April 2017 Bruno Tshibala (Radio Okapi 10.4.2017, vgl. Rfi 7.4.2017).
Der Präsident wird für fünf Jahre direkt gewählt. Am 31.07.2006 fanden Präsidentschaftswahlen und Wahlen zu Kongos Provinzparlamenten statt. Knapp 26 Millionen Wahlberechtigte hatten zum ersten Mal seit über 40 Jahren die Chance, in freien Wahlen an ihrer politischen Zukunft mitzuwirken. Die letzten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen fanden am 28.11.2011 statt. Laut der vom Obersten Gericht verkündeten Endergebnisse gewann der Amtsinhaber Joseph Kabila die Präsidentschaftswahlen mit rund 49 Prozent. Unabhängige Beobachter, einschließlich Vertreter der Europäischen Union, der katholischen Kirche und der Zivilgesellschaft sprachen von massiven Wahlfälschungen. Bis zu drei Millionen Stimmen sollen gefälscht worden sein (LIPortal 7.2016).
Kabilas letzte Amtszeit lief endgültig im Dezember 2016 aus; seither versucht der Sohn des vorherigen Präsidenten Laurent Kabila, sich mit allen Mitteln an der Macht zu halten. Erst Ende 2016 unterzeichneten Regierung und Oppositionsparteien am Silvesterabend unter Vermittlung der katholischen Bischöfe einen Kompromiss. Zentrale Bestandteile: Neuwahlen binnen eines Jahres und Kabilas Zugeständnis, nicht mehr anzutreten und auch keine Verfassungsänderung anzustreben, die ihm dies ermöglichen könnte (derStandard 20.2.2017).
2. Sicherheitslage
Infolge des offiziellen Endes der zweiten Amtszeit des Präsidenten der Demokratischen Republik Kongo am 19.12.2016 ist es in Kinshasa und anderen kongolesischen Städten zu – teilweise gewalttätigen - Protesten gekommen. Regierung und Opposition haben inzwischen zwar eine Vereinbarung über den politischen Übergang (Anm.: anstehende Präsidentenwahl) getroffen; deren Umsetzung ist bislang jedoch nicht vorangekommen. Am 28.3.2017 kam es in diesem Zusammenhang in der Hauptstadt Kinshasa zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften. Weitere Proteste, die jederzeit einen gewaltsamen Verlauf nehmen können, sind angekündigt. Dabei sind weitgehende Störungen des öffentlichen Lebens nicht auszuschließen (AA 26.4.2017).
Der Nordosten der Demokratischen Republik Kongo ist seit dem Genozid in Ruanda (1994) von Wellen der Gewalt gekennzeichnet. Hintergrund ist die „Gier“ der unterschiedlichsten Waffenträger nach Rohstoffen wie Coltan, Gold und Diamanten. Zeitweise bewegten sich 14 verschiedene bewaffnete Gruppen und Rebellenorganisationen im Gelände. Ungelöst ist das Problem des Verbleibs der FDLR (Demokratische Front zur Befreiung Ruandas), jener Rest-Hutu-Armee, die seit dem Ende des Genozids 1994 ihr gewalttätiges Unwesen in der ganzen Region – einschließlich Ruanda - treibt. Am 08.1.2013 beschließt die Afrikanische Union 4.000 Soldaten in die Region zu entsenden. MONUSCO erhält von den Vereinten Nationen mit der Resolution 2098 erstmalig den Auftrag, die Befriedung der Region mit Gewalt zu erzwingen. Unter ugandischer Federführung kommt es am 13.12.2013 zur Unterzeichnung eines Friedensvertrags zwischen der kongolesischen Regierung und Repräsentanten der Rebellengruppe M-23. Die Kampfkraft der verschiedenen Rebellengruppen – allen voran die der FDLR nahestehenden – bleibt ungebrochen. Die im Oktober und November 2015 begonnenen aktiven Angriffe und Kämpfe der MONUSCO haben bisher nichts an der Situation verändert. Seit Januar 2017 operiert erneut die "wiederauferstandene" M-23 in den Bergen im Osten des Landes. Bereits im Januar kam es zu ersten militärischen Auseinandersetzungen mit regulären kongolesischen Truppen (LIPortal 7.2016).
Die Provinz Kasaï ist ein neuer Konfliktherd im Kongo. Seit der brutalen Ermordung des regionalen Milizenführers Kamwina Nsapu durch Soldaten im Sommer 2016 liefern sich die dort ansässigen Rebellen einen Kleinkrieg mit der Armee. Laut UNO, die 19.000 Blauhelme im Land stationiert hat, zwang der Konflikt seit letztem August 216.000 Menschen zur Flucht. 600 Personen seien insgesamt ums Leben gekommen. Der Osten des Riesenreichs wird schon seit Jahrzehnten von zahlreichen Milizen heimgesucht. Sie kämpfen um Einflussgebiete und die Kontrolle über reiche Mineralienvorkommen, etwa Gold, Diamanten und Coltan. Rebellengruppen aber auch Regierungssoldaten werden immer wieder für Massentötungen an der Zivilbevölkerung verantwortlich gemacht. Sie mischen regelmäßig in den mafiösen Verteilungskämpfen mit oder gehen äußerst brutal gegen Oppositionelle oder Rebellen vor (derStandard 20.2.2017).
In den Provinzen Nord-Kivu, Süd-Kivu, Orientale, Ituri und Maniema finden häufig kriegerische Handlungen zwischen den zahlreichen Rebellengruppen und der Armee sowie der Mission der Vereinten Nationen (MONUSCO) statt (BMEIA 26.4.2017). Lokale und von außen beeinflusste Konflikte setzen sich insbesondere in den Ostprovinzen Nord-Kivu, Süd-Kivu, Tanganyika, Ituri, Haut-Uele und Bas-Uele fort. Ausländische Rebellen- und Milizgruppen (RMGs) wie u.a. die demokratischen Kräfte zur Befreiung Ruandas (FDLR), die vereinten Kräfte zur Befreiung Ugandas (ADF/NALU), die nationalen Befreiungskräfte (FNL), die Lord’s Resistance Army (LRA), aber auch indigene RMGs, wie die lokalen Mai-Mai-Gruppen (z.B. die Mazembe, Charles Shetani, Yakutumba und andere), bekämpften Regierungstruppen, sich gegenseitig und attackierten die Zivilbevölkerung. Dabei kam es immer wieder zu massiven Menschenrechtsverletzungen auf beiden Seiten, die nur gelegentlich zur Anklage kamen. Zur Neutralisierung dieser bewaffneten Gruppen installierte die UNO die Mission MONUSCO mit ca. 17.500 Soldaten und einer Interventionsbrigade (USDOS 3.3.2017).
3. Rechtsschutz/Justizwesen
Während gesetzlich eine unabhängige Justiz vorgesehen ist, war die Justiz in der Praxis Korruption und politischer Einflussnahme unterworfen. Beamte und andere einflussreiche Personen zwangen Richter oft zur Nötigung um genehme Urteilssprüche zu erhalten. Richtermangel führte zu langwierigen Gerichtsverfahren, insbesondere in den Provinzen. Behörden missachteten regelmäßig Gerichtsurteile. Disziplinarkommissionen beschäftigten sich mit zahlreichen Fällen von Korruption und Amtsmissbrauch, die in Entlassungen und Suspendierungen von Richtern mündeten (USDOS 3.3.2017, vgl. AA 6.9.2015).
Gemäß der Verfassung ist die Demokratische Republik Kongo ein Rechtsstaat. Das Rechtssystem wurde in enger Anlehnung an das belgische Recht festgelegt. In der Praxis funktioniert das Rechtswesen nur sehr unzureichend. Es gibt eine sehr eingeschränkte Rechtssicherheit. Die Ursachen sind vielfältig: ausufernde Korruption, Postenschieberei und schlechte Bezahlung auf allen Ebenen sowie mangelnde Ausbildung, Bezahlung und Disziplin der Polizei. Besonders in den ländlichen Gebieten kommt das traditionelle Recht zum Tragen, hier werden örtliche Streitigkeiten von den traditionellen Entscheidungsträgern entschieden (LIPortal 7.2016).
Die Militärjustiz ist für alle Vergehen von und gegen Soldaten und Polizisten zuständig. Sie ist überlastet, aber nach Einschätzung des Menschenrechtsbüros von MONUSCO und des Menschenrechtskommissars sehr bemüht, ihrer Aufgabe gerecht zu werden, die Straflosigkeit bei Angehörigen der Sicherheitsdienste wirksam zu bekämpfen (AA 6.9.2015).
Straffreiheit blieb ein Problem, insbesondere im Falle von höherrangigen Personen und Mitgliedern bewaffneter Gruppen, resultierend aus mangelnder finanzieller Ausstattung der Richter und justizieller Unabhängigkeit (AI 22.2.2017, vgl. HRW 12.1.2017).
4. Allgemeine Menschenrechtslage
In der Republik Kongo ist die Wahrung grundlegender Menschenrechtsnormen und Prozessstandards nicht garantiert. Willkür ist im Justiz- und Polizeiwesen und bei den Streitkräften verbreitet. Die Menschenrechtslage in den Konfliktregionen im Osten des Landes ist äußerst problematisch: Zivilisten werden häufig Opfer von Gewalt, auch sexualisierter Gewalt, verübt durch Regierungstruppen sowie Rebellengruppen. Viele Menschen haben keinen Zugang zu ausreichender Nahrung, Bildung, und Gesundheitsversorgung. Auch grundlegende Arbeitsnormen (darunter das Verbot von Kinderarbeit, Höchstarbeitszeiten, Gesundheitsnormen etc.) werden kaum beachtet. Rechtlich besteht Gleichheit der Geschlechter; in der Realität werden Frauen benachteiligt. Medien- und Versammlungsfreiheit sind eingeschränkt (AA 8.2016, vgl. USDOS 3.3.2017). Die Lage politischer Parteien, NGOs und Journalisten, die der Opposition zugerechnet werden, sind zwar keiner systematischen staatlichen Verfolgung ausgesetzt, können aber jederzeit willkürlich durch die Polizei oder Armee verfolgt bzw. deren Versammlungen aufgelöst werden. Versammlungen und Demonstrationen sind grundsätzlich erlaubt, diesbezügliche Verbote können aber bei Gefahr für die öffentliche Sicherheit verhängt werden (AA 6.9.2015, vgl. HRW 12.1.2017, LIPortal 7.2016).
Menschenrechtsverletzungen in der Demokratischen Republik Kongo sind seit Anfang November 2006 erstmals Gegenstand eines internationalen Strafprozesses. Dem ehemaligen kongolesischen Milizenführer Thomas Lubanga wird vor dem Internationalen Strafgerichtshof IStGH in Den Haag vorgeworfen, in den Jahren 2002 und 2003 Kindersoldaten in einen grausamen Bürgerkrieg geschickt zu haben. Auch Germain Katanga, der wie Lubanga zu jenen Warlords gehört, die zwischen 1999 und 2003 in Ituri, im Nordosten des Kongo, Massaker und Massenvergewaltigungen verübten, wurde im Oktober 2007 aus Kinshasa nach Den Haag überstellt. Im Februar 2008 traf mit Mathieu Ngudjolo Chui der dritte Untersuchungshäftling in Den Haag ein (LIPortal 7.2016).
Politische Parteien können sich betätigen. Zu den Parlamentswahlen 2006 waren insgesamt 213 Parteien angetreten. Auch ehemalige Rebellengruppen wie MLC oder RCD-Goma wurden als Parteien anerkannt und registriert. Die Lage ethnischer Minderheiten im Vielvölkerstaat DR Kongo (rund 250 ethnische Gruppen) bleibt zum Teil schwierig, eine systematische und zielgerichtete Verfolgung ist jedoch nicht auszumachen. In den Auseinandersetzungen in Nord- und Süd-Kivu spielen auch ethnische Dimensionen eine zunehmende Rolle, wobei diese zu politischer und militärischer Mobilisierung einzelner Bevölkerungsgruppen eingesetzt werden (AA 6.9.2015).
5. Bewegungsfreiheit
Gesetzlich sind interne Bewegungsfreiheit Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung gewährleistet. Die Regierung schränkte diese Rechte manchmal ein. Sicherheitskräfte - und in einem größeren Ausmaß Rebellengruppen – richteten Checkpoints auf Straßen, Häfen, Flughäfen und Märkten ein, und belästigten routinemäßig Zivilisten bzw. fordern Geld. Die Regierung unterwarf Reisende Immigrationsprozeduren bei Inlandsreisen am Flughafen, in Häfen, und beim Verlassen oder Betreten von Städten bzw. verlangten lokale Behörden illegale Steuerzahlungen und Gebühren für Reisen am Fluss Kongo (USDOS 3.3.2017, vgl. FH 27.1.2016).
6. Grundversorgung und Wirtschaft
Die Demokratische Republik Kongo ist ein reiches – armes Land. Reich an Rohstoffen profitiert nur eine sehr kleine Minderheit von den Schätzen des Bodens und der Natur. Zwei Drittel der Bevölkerung lebt in absoluter Armut. Mangel- und Fehlernährung sind an der Tagesordnung, besonders bei den Kindern. Kinderarbeit ist überall im Land verbreitet, in den provisorischen Bergwerken in Katanga als Bergleute, in den Kriegsgebieten des Ostens als Kindersoldaten oder in den Haushalten der Reichen von Kinshasa als Haushaltssklaven. In den Städten fehlt es an Arbeitsplätzen, Nahrungsmitteln, Wasser und der elementarsten sanitären Versorgung. Auf dem Land fehlt es an Straßen zur Vermarktung der landwirtschaftlichen Produkte. Zusätzlich behindern die innenpolitischen Konflikte und die allgegenwärtige Korruption eine erfolgreiche Armutsbekämpfung (LIPortal 1.2017, vgl. AI 22.2.2017).
Der überwiegende Teil der Bevölkerung lebt am Rande des Existenzminimums. Großfamilien gelingt es nicht immer, Härten durch wechselseitige Unterstützung aufzufangen. Die Stadtbevölkerung sichert die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln hauptsächlich durch Kleinstlandwirtschaft und Kleinviehhandlung, die Lage bleibt aber prekär. Die Regierungen versuchen jedoch der angespannten Versorgungslage mit Nahrungsmitteln in den Städten mit agro-industriellen Projekten gegenzusteuern. Eine Unterversorgung besteht jedoch noch nicht. Eine Ausnahme bilden die Unruheprovinzen im Osten, wo es Vertriebenen durch die ständigen Kampfhandlungen oft nicht möglich ist, sich zumindest mit Subsistenzwirtschaft über Wasser zu halten (AA 6.9.2015).
Trotz seiner wertvollen natürlichen Ressourcen (Bodenschätze, Holz, Wasserkraft, fruchtbare Böden) ist die Demokratische Republik Kongo ein armes Land. Es ist geprägt vom Bergbau, von landwirtschaftlicher Subsistenzwirtschaft und Kleinhandel. Die Landwirtschaft macht etwa 40% des Bruttoinlandsprodukts aus. Die Demokratische Republik Kongo ist sehr schwach industrialisiert. Die Rohstoffindustrie ist ein wachsender Wirtschaftszweig. Der Bergbausektor (Kupfer, Kobalt, Gold, Diamanten, Coltan, Kasserit, seltene Erden) trägt bedeutend zum Wirtschaftswachstum bei. Trotz starker Wachstumsraten in den letzten Jahren leben weite Teile der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze. Im "Human Development Index" der Vereinten Nationen belegte die Demokratische Republik Kongo im Jahr 2015 Platz 176 von 188 betrachteten Ländern (AA 8.2016).
7. Medizinische Versorgung
Zentralen Krankenhäusern (Hôpital de Reference) sind sekundäre Gesundheitsstrukturen (Zone de Santé, Centre de Santé, Poste de Santé), entsprechend der Bevölkerungszahl und Siedlungsdichte, zugeordnet. Jede Gesundheitszone versorgt ca. 150.000 Menschen. Es gibt grundsätzlich keine Doppelung von Krankenhäusern im Einzugsgebiet der Referenzkrankenhäuser. Das System ist kostengünstig und könnte eine gute medizinische Versorgung der Bevölkerung garantieren. In der Realität zeigen sich vielerorts die Defizite der Umsetzung. In einem großen Teil der DR Kongo sind die Gesundheitseinrichtungen in den 306 Gesundheitszonen sehr unzureichend ausgestattet. Es fehlt an Geldern für Medikamente, Ausrüstung und qualifiziertem medizinischem und administrativem Fachpersonal. Die meisten der 400 Krankenhäuser wurden in der Kolonialzeit gebaut und befinden sich in einem schlechten Zustand. Das Personal ist extrem schlecht bezahlt, man arrangiert sich durch Korruption und private Dienstleistungen, die aber häufig nur für Wohlhabende zugänglich sind. So kommt es, dass der öffentliche Haushalt nur spärliche Mittel für das Gesundheitswesen verwendet. Diese sind vollkommen unzureichend, denn sie machen nur bis zu 2 % des BIP aus. Durch das Zusammenbrechen der Infrastruktur ist die medizinische Versorgung im Landesinneren oft nur noch in kirchlichen Gesundheitseinrichtungen vorhanden. Viele Menschen sterben an behandelbaren Krankheiten wie Magen-Darm-Erkrankungen oder Malaria. In den meisten ländlichen Regionen kann meist nur eine Notfallmedizin betrieben werden (LIPortal 1.2017).
Der Großteil der Bevölkerung kann nicht ausreichend versorgt werden. UNHCR bezeichnet die Gesundheitsversorgung im ganzen Land als katastrophal. Nur im formellen Sektor (1,5 Mio. Beschäftigte) gibt es eine gesetzlich vorgeschriebene Krankenversicherung, allerdings mit eingeschränktem Leistungsspektrum. Für zahlungskräftige Patienten stehen in den großen Städten hinreichend ausgestattete private Krankenhäuser zur Verfügung. Ebenso gibt es in Kinshasa einen Pharmagroßhandel, der so gut wie alle auf dem europäischen Markt zur Verfügung stehenden Medikamente liefern kann. Viele Krankheiten können zwar behandelt werden, sind aber für die meisten Kongolesen unbezahlbar. Dies gilt ebenso bei diversen operativen Eingriffen (AA 6.9.2015).
Die medizinische Versorgung im Land ist mit der in Europa nicht zu vergleichen, sie ist vielfach technisch und apparativ problematisch, die hygienischen Standards sind oft unzureichend, im unzugänglichen Landesinneren ist eine medizinische Versorgung oft gar nicht verfügbar. In der Hauptstadt Kinshasa sind die meisten Medikamente erhältlich, aber sehr teuer - vorübergehende Engpässe können nie ausgeschlossen werden. In Kinshasa und anderen Städten des Landes sind private Arztpraxen und Kliniken verfügbar (AA 8.5.2017).
Grundsätzlich gibt es in den großen Städten ein städtisches Krankenhaus, private Kliniken und Behandlungszentren für die Bevölkerung. In ländlichen Regionen stehen solche Einrichtungen nicht immer in der unmittelbaren Umgebung zur Verfügung. Die vorhandene Ausstattung ist häufig bereits mehrere Jahrzehnte alt. Behandlungen in öffentlichen Krankenhäusern stehen den meisten Menschen des Landes aufgrund der allgemeinen Armut nur selten zur Verfügung.
Struktur der medizinischen Versorgung:
- Kleinere medizinische Einrichtungen (Armenapotheken mit ärztlichem Beistand, medizinische Versorgungsstellen) für kleinere Gesundheitsprobleme
- Behandlungszentren: für kleinere und ernsthafte Gesundheitsprobleme
- Städtische Krankenhäuser und Fachzentren: für kleinere, ernsthafte und spezielle Gesundheitsprobleme
- Klinik: für ernsthafte, spezielle und komplizierte Gesundheitsprobleme
Medikamente für die Behandlung einiger Krankheiten (Tuberkulose, Malaria, Hepatitis, Kinderkrankheiten, HIV) stehen in kleinen medizinischen Einrichtungen (Armenapotheken mit ärztlichem Beistand, kleine Behandlungsstationen), Gesundheitszentren, städtischen Krankenhäusern und Fachzentren sowie Spezialkliniken zur Verfügung. Es gibt viele kleine medizinische Einrichtungen (Armenapotheken, medizinische Stationen) in jeder Gemeinde in Kinshasa und in jedem Verwaltungsbezirk in bestimmten Regionen. Große Städte sowie bestimmte Regionen der Verwaltungsbezirke verfügen über je ein städtisches Krankenhaus sowie eine Spezialklinik. Darüber hinaus gibt es in Kinshasa einige öffentliche und private Kliniken (IOM 10.2014).
Fast alle Geberorganisationen, die in der DR Kongo aktiv sind, fördern medizinische Einzelprojekte. In der Regel übernehmen sie direkt oder in Zusammenarbeit mit einer kirchlichen Trägerstruktur ganze Gesundheitszonen, einschließlich die Referenzkrankenhäuser. Andere Geber, wie beispielsweise die EU, sichern für mehrere Jahre die Versorgung mit Medikamenten für mehrere Gesundheitszonen. Eine kleine Minderheit profitiert von privaten sozialen Sicherungssystemen (besonders bei der Gesundheitsversorgung und bei Pensionen). Ca. 95% der Bevölkerung lebt ohne staatliche soziale Sicherungssysteme, auch wenn es formal solche Systeme gibt (LIPortal 1.2017).
8. Rückkehr
Allein aufgrund eines Asylantrags oder wegen irregulären Aufenthalts im Ausland werden Rückkehrer nicht strafrechtlich verfolgt. Eine Behelligung durch staatliche Organe bei der Einreise kann aber nicht ausgeschlossen werden, dies kann auch normale Reisende betreffen (AA 6.9.2015).
Sofern vor der Rückkehr keine Absprachen oder Vereinbarungen getroffen wurden, sollten Heimkehrer keine finanzielle Unterstützung oder Pensionsleistungen erwarten (IOM 10.2014).
9. COVID-19
Derzeit herrscht weltweit die als COVID-19 bezeichnete Pandemie. COVID-19 wird durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte. In Ihrem Herkunftsstaat Kongo wurden bisher 12.129 Fälle von mit diesem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei bisher 324 diesbezügliche Todesfälle bestätigt wurden.
Quellen:
https://coronavirus.jhu.edu/map.html, abgerufen am 21.11.2020
Wie gefährlich der Erreger SARS-CoV-2 ist, kann derzeit noch nicht genau beurteilt werden. Man geht aber von einer Sterblichkeitsrate von bis zu drei Prozent aus, wobei v.a. alte Menschen und immungeschwächte Personen betroffen sind.
Eine in die DR Kongo zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt. Es kann allgemein festgestellt werden, dass der pauschale Hinweis eines Asylwerbers auf die allgemein herrschende Situation in die DR Kongo nicht ausreicht, um eine Bedrohung iSv Art. 2 EMRK, 3 EMRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK darzustellen.
Es kann daher zusammengefasst festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr keiner lebensbedrohenden Situation überantwortet wird, er selbst hat hinsichtlich einer ihm drohenden Gefährdung in seinem Herkunftsstaat im Falle seiner Rückkehr auch kein substantiiertes Vorbringen erstattet und haben sich auch amtswegig keine Anhaltspunkte dafür ergeben.
Es wird weiters festgestellt, dass der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt aus eigener Kraft bestreiten kann, zumal er gesund und arbeitsfähig ist und laut eigenen Angaben im Vorverfahren eine Ausbildung zum Tischler absolviert hat. Selbst wenn ihm kein privater Familienverband soziale Sicherheit bieten sollte, kann er seinen Lebensunterhalt aus eigener Kraft bestreiten. Staatliche Repressionen im Falle der Rückkehr in die DR Kongo allein wegen der Beantragung von Asyl können nicht festgestellt werden.
Es wurden zwischenzeitlich auch keine Anhaltspunkte dafür bekannt, wonach die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 50 FPG idgF in seinen Heimatstaat DR Kongo unzulässig wäre.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang und zum Sachverhalt:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Einsicht wurde auch genommen in die Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes zu den vorangegangenen Asylverfahren. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.
Die belangte Behörde hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid.
Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, die geeignet wären, die von der belangten Behörde getroffene Entscheidung in Frage zu stellen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt und somit entscheidungsreif sieht und sich der vorgenommenen Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.
2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers und zu seinen persönlichen Verhältnissen in der DR Kongo wie auch in Österreich ergeben sich aus seinen entspre