Entscheidungsdatum
26.01.2021Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W161 2238824-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Monika LASSMANN über die Beschwerde des XXXX alias XXXX geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch Mag. Susanne SINGER, Rechtsanwältin in 4600 Wels, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.01.2021, Zl. 1271644610-201192075 beschlossen:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 21 Abs. 3, 2. Satz BFA-Verfahrensgesetz idgF (BFA-VG) stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in Folge: BF), ein syrischer Staatsangehöriger, wurde am 18.11.2020 anlässlich des Versuchs, illegal über Österreich nach Deutschland einzureisen, von Organen der deutschen Bundespolizei festgenommen. Aufgrund einer Einreiseverweigerung Deutschlands und der über Österreich erfolgten Einreise des BF wurde dieser in weiterer Folge von österreichischen Sicherheitsorganen rückübernommen. Am 27.11.2020 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
2. Eine EURODAC-Abfrage ergab einen Treffer der Kategorie 1 und einen Treffer der Kategorie 2, mit Rumänien, beide vom 21.10.2020.
3. Im Rahmen seiner Erstbefragung am 27.11.2020 gab der Beschwerdeführer zu seiner Reiseroute an, er sei über den Libanon (Aufenthalt ca. zehn Monate), Türkei (Aufenthalt ca. sechs Jahre), Griechenland (Aufenthalt ca. zwei Wochen), Albanien, Kosovo und Serbien nach Deutschland (versuchte Einreise) und Österreich (seit 26.11.2020) gelangt. Er habe Österreich erreichen wollen, weil es ein sicheres Land sei und sein Bruder hier lebe. Als Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an, er sei wegen des Bürgerkrieges geflüchtet. Er hätte zum Militär einrücken müssen, in seinem Land sei es nicht mehr sicher. Er möchte nicht nach Rumänien, weil er dort keinen Asylantrag gestellt habe.
4. Am 03.12.2020 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) ein auf Art. 18 Abs. 1 lit.b der VO (EG) Nr. 604/2013 des Rates (in der Folge: Dublin-III-VO) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Rumänien.
Mit Schreiben vom 15.12.2020 teilten die rumänischen Behörden mit, Rumänien stimme der Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. c Dublin-III-VO zu. Der Antragsteller habe in Rumänien am 21.10.2020 um Asyl angesucht, der Antrag sei zurückgezogen worden und der Antragsteller untergetaucht. Das Verfahren sei am 08.12.2020 geschlossen worden.
5. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 22.12.2020 gab der Beschwerdeführer an, er fühle sich geistig und körperlich in der Lage, die Einvernahme durchzuführen. Er habe im Rahmen der Erstbefragung richtige Angaben getätigt. Er sei gesund und nehme keine Medikamente. Er sei verheiratet und habe zwei Kinder. Seine Frau und die minderjährigen Kinder befinden sich in der Türkei. Sein namentlich genannter Bruder wohne in XXXX . Dieser habe ihm seine Adresse geschickt, aber er habe es sich nicht gemerkt. Sie stünden in Kontakt, der Bruder habe ihn auch bereits einmal besucht. Befragt, ob er vom Bruder unterstützt werde, gab der Beschwerdeführer an, ja, dieser habe ihm Kleidung gekauft und 100,-- Euro gegeben. Weitere Verwandte in Österreich gebe es nicht. Von diesen erhalte er keine Unterstützung. Er zähle auf seinen Bruder, er sei seinetwegen gekommen. Sie seien immer gemeinsam gewesen. Der Bruder habe hier keine Familie. Er habe den Bruder zuletzt im letzten Jahr in der Türkei getroffen, der Bruder sei dort auf Besuch gewesen. Vor ca. sieben Jahren hätten sie im gleichen Haushalt gelebt, dann sei der Bruder ein Jahr auf der Flucht in der Türkei gewesen, seit sechs Jahren sei er nun hier in Österreich. Die Angaben in der Erstbefragung zu seinem Reiseweg seien richtig. Er wisse nicht genau, wann er in Rumänien eingereist wäre, es wäre vor zwei Monaten gewesen. Er wäre dort einen Monat gewesen. Befragt, ob er in Rumänien durch die Behörden untergebracht und verpflegt worden wäre, gab der Beschwerdeführer an: „Ja, ich war in einem Camp, dort bekam ich aber kein Geld und keine Unterstützung. Ich konnte dort auch kein Geld empfangen, es war schlimm dort, deshalb ging ich von dort weg.“ Er gab weiters an, er habe in Rumänien gegen seinen Willen einen Asylantrag gestellt, denn er hätte zu seinem Bruder gewollt. Befragt, was er sonst noch zu seinem Aufenthalt in Rumänien angeben könne, gab der Beschwerdeführer an, es wäre schlimm gewesen, es habe kein warmes Wasser, keine Seife und nicht genug zu essen gegeben. Die ersten vier Tage sei er in XXXX gewesen, dann in einem Camp, dessen Name er nicht kenne, an der ukrainischen Grenze. Er sei dort drei oder vier Tage gewesen. Dann habe er einen Schlepper kontaktiert, dieser habe ihn in ein Hotel gebracht, dort wäre er geblieben, bis er alles vorbereitet hätte. Über Vorhalt der beabsichtigten Außerlandesbringung nach Rumänien gab der Beschwerdeführer an, er brauche die Hilfe von seinem Bruder, er habe sonst niemanden hier. Er habe seit Jahren nicht mit ihm gelebt, sie wollten wieder zusammen sein. Er glaube nicht, dass man sie in Rumänien wolle. Sie hätten immer gesagt, er solle weggehen. Er könne sich auch nicht vorstellen, dass seine Kinder später in so einem Camp wie diesem leben können. Sie seien rassistisch behandelt worden, von den Leuten im Camp und der Polizei. Er habe sich in Rumänien an keine Beschwerdestelle oder Hilfsorganisation gewandt. Zu den aktuellen Feststellungen zur Lage der Asylwerber in Rumänien möchte er keine Stellungnahme abgeben. Er bitte darum, bei seinem Bruder bleiben zu dürfen, sie seien alleine in der Fremde, der Bruder könne ihm helfen, eine Arbeit zu finden und für ihn übersetzen. Er sei nicht bereit, freiwillig nach Rumänien zurückzugehen.
6. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 03.01.2021 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag auf internationalen Schutz, ohne in die Sache einzutreten, gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurück und stellte fest, dass für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. c der Dublin-III-VO Rumänien zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Außerlandesbringung des Antragstellers gemäß § 61 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I. Nr. 100/2005 (FPG) idgF angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG die Abschiebung nach Rumänien zulässig sei.
Begründend wurde festgehalten, die Identität des Antragstellers stehe nicht fest. Der Beschwerdeführer leide an keinen schweren, lebensbedrohenden Krankheiten und habe bis dato keine medizinischen Befunde vorgelegt. Die rumänischen Behörden hätten dem Aufnahmeersuchen Österreichs mit Schreiben vom 15.12.2020 gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. c Dublin-Verordnung zugestimmt. Der volljährige Bruder des Antragstellers lebe seit Juni 2015 in Österreich und sei seither durchgehend mit dem Hauptwohnsitz in XXXX gemeldet. Dem Bruder sei mit Rechtskraft vom 14.09.2016 der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden. Mit dem Bruder bestehe somit seit zumindest Juni 2015 kein gemeinsamer Wohnsitz/kein gemeinsames Familienleben. Abgesehen von einmaligen Unterstützungsleistungen habe der Antragsteller keine dauerhaften, tragfähigen Unterstützungsleistungen angeführt. Darüber hinaus habe der Antragsteller in Österreich keine Angehörigen oder sonstige Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Bindung bestehe. Dieser habe in Österreich keine sozialen Kontakte, die ihn an Österreich binden würden. Die Ehefrau, die minderjährigen Kinder und die gesamte weitere Familie des Antragstellers sei in der Türkei aufhältig. Die von seinem Bruder zur Verfügung gestellte Unterstützung erreiche jedoch offenbar nicht das Ausmaß, das es dem Antragsteller ermöglichen würde, auf die Leistungen der Grundversorgung zu verzichten. Er beziehe nach wie vor Leistungen der Grundversorgung hinsichtlich Verpflegung, Unterkunft, Taschengeld und Krankenversicherung und sei auf diese angewiesen. Weiters bleibe es seinem Bruder unbenommen, ihn auch nach einer Rückkehr nach Rumänien weiterhin finanziell zu unterstützen. Dies könne beispielsweise problemlos mittels Bargeldtransfer bzw. Banküberweisung erfolgen.
Der Antragsteller habe in der Erstbefragung zunächst keine Angaben zu Rumänien getätigt, sondern versucht, seinen dortigen Aufenthalt zu verschweigen. Erst nach Konfrontation mit den vorliegenden EURODAC-Treffern habe er Aufenthalt und Behördenkontakt in Rumänien eingeräumt, jedoch weiterhin seine aufgrund des EURODAC-Treffers unstrittige Asylantragsstellung bestritten. Das subjektive Vorbringen hinsichtlich mangelhafter Unterbringung und Verpflegung stehe konträr zum Amtswissen des BFA. Der Antragsteller habe nicht glaubhaft vorgebracht, bei einer Rückkehr nach Rumänien Misshandlung, Verfolgung oder einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt zu sein.
Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG habe bei Abwägung aller Umstände nicht erschüttert werden können.
Es habe sich daher kein Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts des Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO ergeben.
Zur Lage im Mitgliedsstaat Rumänien wurden keine Feststellungen getroffen, sondern ausgeführt wie folgt:
„Die aktuellen Länderinformationen zu RUMÄMIEN sind Ihnen im Zuge des Asylverfahrens am 21.12.2020 zur Ansicht und Abgabe einer Stellungnahem ausgefolgt worden. Seither haben sich diesbezüglich keine entscheidungsrelevanten Änderungen ergeben. Die Länderinformationen befinden sich zudem im ggst. Verfahrensakt und werden diese zum Inhalt dieses Bescheides erklärt. Von einer nochmaligen Anführung an dieser Stelle wird jedoch aus ökonomischen und nicht zuletzt auch ökologischen Gründen abgesehen.“
7. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, fristgerecht eingebrachte Beschwerde. Hierin wird insbesondere ausgeführt, der Beschwerdeführer erhebe sein gesamtes bisheriges Vorbringen zum integrierenden Bestandteil des Beschwerdeschriftsatzes und hätte bei richtiger rechtlicher Beurteilung eine inhaltlich anderslautende Entscheidung ergehen müssen. Der Beschwerdeführer habe sich von Anfang an darauf berufen, zu seinem Bruder zu wollen. Dieser Bruder sei in Österreich seit September 2016 anerkannter Flüchtling und hier in Österreich bereits sehr gut integriert. Er gehe seit geraumer Zeit einer Beschäftigung nach, was es ihm ermögliche, dem Beschwerdeführer und eigenen Bruder zu unterstützen und ihn auch bei sich wohnen zu lassen. Die beiden Brüder seien fast gleich alt und im Heimatland Syrien gemeinsam aufgewachsen, aus diese Grund hätten sie eine äußerst enge Beziehung. Abgesehen von den katastrophalen Zuständen in hygienischer Hinsicht in Rumänien berufe sich der Beschwerdeführer darauf, von den Leuten im Camp und der Polizei abfällig und rassistisch behandelt worden zu sein. Es sei für ihn nicht vorstellbar, mit seinen Kindern und seiner Frau in einem Camp wie diesem zu leben. Zudem habe er in Rumänien keine Verwandten, welche ihn unterstützen könnten.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist eigenen Angaben zufolge syrischer Staatsangehöriger. Er reiste über Griechenland illegal in das Schengen-Gebiet. In der Folge verließ er das Schengen-Gebiet wieder und gelangte über Kosovo und Serbien nach Rumänien, wo er am 21.10.2020 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Er zog jedoch seinen Antrag zurück, tauchte unter und begab sich weiter nach Österreich.
Am 27.11.2020 stellte der nunmehrige Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Das BFA richtete am 03.12.2020 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin-III-VO gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Rumänien, welchem die rumänischen Behörden mit Schreiben vom 03.12.2020 gem. Art. 18 Abs. 1 lit. c Dublin-III-VO ausdrücklich zustimmten.
In Österreich lebt seit 2015 der volljährige Bruder des Beschwerdeführers, dem zwischenzeitig in Österreich Asylstatus zuerkannt wurde. Eine besondere Abhängigkeit in finanzieller oder sonstiger Hinsicht zu diesem Bruder kann nicht festgestellt werden.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer aktuellen Überstellung nach Rumänien Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.
Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine besonderen privaten oder familiären Bindungen.
Der Beschwerdeführer ist gesund und weist auch keine besondere Immunschwäche auf. Er legte im Laufe des Verfahrens keine medizinischen Unterlagen vor und befand sich bis dato auch nicht in stationärer Spitalsbehandlung.
Die aktuelle Situation hinsichtlich der Covid-19-Pandemie begründet keine Unmöglichkeit einer Rückkehr des BF nach Rumänien.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Reiseweg des Beschwerdeführers, zu dessen Asylantragstellung in Rumänien sowie seinen persönlichen Verhältnissen ergeben sich aus dem eigenen Vorbringen im Zusammenhang mit den EURODAC-Treffern und dem Antwortschreiben Rumäniens.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand ergeben sich ebenfalls aus der Aktenlage. Der Beschwerdeführer gab im Verfahren keine Erkrankungen an.
Die Feststellungen zum Familienbezug des Beschwerdeführers und der Intensität desselben ergeben sich aus der Aktenlage, insbesonders aus den diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers.
Eine den Beschwerdeführer treffende konkrete individuelle Bedrohungssituation in Rumänien wurde nicht ausreichend substantiiert vorgebracht.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBL I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenord-nung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß an-zuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegan-genen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. In Asylverfahren tritt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an die Stelle des Bundesasylamtes (vgl § 75 Abs 18 AsylG 2005 idF BGBGl I 2013/144).
§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.
Zu A) Stattgebung der Beschwerden:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) i.d.g.F. lauten:
§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.
...
(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
...
§ 21 Abs. 3 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:
§ 21 (3) Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamtes im Zulassungsverfahren stattzugeben, ist das Verfahren zugelassen. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.
Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) lauten:
Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz
(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.
(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.
Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.
Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.
(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.
Art. 7 Rangfolge der Kriterien
(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.
(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.
Art. 16 Abhängige Personen
(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.
(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.
(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.
(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.
Art. 17 Ermessensklauseln
(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.
Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.
Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.
(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.
Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.
Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen.
Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.
Art. 18.
Gemäß Art. 18 Abs. 1 Dublin-III-VO ist der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat verpflichtet:
a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Art. 21, 22 und 29 aufzunehmen;
b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrages in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Art. 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;
c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Art. 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;
d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Art. 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.
Gemäß Art. 18 Abs. 2 der Dublin-III-VO prüft der zuständige Mitgliedstaat in allen dem Anwendungsbereich des Abs. 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab.
Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Abs. 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrages abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird. In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird.
In den in den Anwendungsbereich des Abs. 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.
Gemäß Art 3 Abs 1 Dublin III-VO wird ein Antrag auf internationalen Schutz von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III (Art 7 bis 15) Dublin III-VO bestimmt wird.
Ungeachtet dessen sieht Art 17 Abs 1 Dublin III-VO die Möglichkeit des Selbsteintritts eines Mitgliedstaates vor, auch wenn er nach den Kriterien der Dublin III-VO nicht für die Prüfung zuständig ist.
Da Art 17 Abs 1 Dublin III-VO keine inhaltlichen Vorgaben beinhaltet, liegt es primär an den innerstaatlichen Rechtsvorschriften und im Ermessen des einzelnen Mitgliedstaates, unter welchen Voraussetzungen ein solcher Selbsteintritt erfolgt (vgl etwa VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0192, mit Hinweis auf Filzwieser/Sprung, Dublin III-VO, Art 17 K2).
Nach der Rechtsprechung des VfGH (VfGH 17.6.2005, B 336/05; 15.10.2004, G 237/03) und des VwGH (VwGH 18.11.2015, Ra 2014/18/0139; 17.11.2015, Ra 2015/01/0114; 2.12.2014, Ra 2014/18/0100 u.a.) macht die grundrechtskonforme Interpretation des AsylG 2005 eine Bedachtnahme auf die – in Österreich in Verfassungsrang stehenden – Bestimmungen der EMRK erforderlich und ist das Selbsteintrittsrecht aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen zwingend auszuüben, sollte die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären.
Zur Frage der Unzuständigkeit Österreich für die Durchführung des gegenständlichen Asylverfahrens pflichtet das Bundesverwaltungsgericht der erstinstanzlichen Behörde bei, dass sich zunächst aus dem festgestellten Sachverhalt die Zuständigkeit Rumäniens ergibt. Dies folgt aus den Regelungen des Art. 13 Abs. 1 iVm Art. 18 Abs. 1 lit. c Dublin III-VO.
Im vorliegenden Fall hat die erstinstanzliche Behörde es jedoch zur Gänze unterlassen, im angefochtenen Bescheid Feststellungen zur Lage im Mitgliedsstaat Rumänien zu treffen. Der Verweis, dass dem nunmehrigen Beschwerdeführer aktuelle Länderinformationen ausgefolgt worden wären, muss als nicht ausreichend erachtet werden. Die Behörde führt im Übrigen nicht einmal an, von wann diese ausgefolgten Feststellungen zu Rumänien überhaupt stammen würden (aktueller Stand).
Zwar darf die Behörde per Erlassung eines Bescheides auf einen Text verweisen und zu ihrem eigenen machen, wenn er der Partei zugegangen ist, wobei der verwiesene Text der Erledigung jedoch angeschlossen werden sollte. Dies entbindet die Behörde aber nicht von ihrer Verpflichtung, den im konkreten Fall maßgeblichen Sachverhalt als Ergebnis des Ermittlungsverfahrens klar und eindeutig darzustellen.
In der Begründung eines Bescheides sind der Partei sämtliche Erwägungen der Behörde, die für die Entscheidung maßgeblich waren, in schriftlicher Form zur Kenntnis zu bringen, um sie – im Sinne des von der Rechtsordnung anerkannten Rechtsschutzinteresses der Partei – in die Lage zu versetzen, auf der Grundlage der Bescheidausfertigung die Erfolgschancen einer weiteren Rechtsverfolgung abzuschätzen und ihr Vorgehen darauf abzustellen (siehe VwGH 2013/09/0196 vom 20.02.2014).
In Asylverfahren sowie auch in Dublin-Verfahren kommt es bei der Beurteilung der wesentlichen Rechtsfragen immer auf die im Herkunftsland bzw. im Dublin-Staat vorliegende Situation an. Gerade zu diesem Punkt sind daher von der erstinstanzlichen Behörde jeweils genaue Feststellungen zu treffen und ist auch anzuführen, aus welchen Quellen und von welchem Datum diese Feststellungen stammen, um den in nächster Instanz entscheidenden Gerichten die Möglichkeit einer Überprüfung zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat auch für Dublin-Verfahren teilweise „tagesaktuelle“ Länderfeststellungen gefordert. Die hier gewählte Lösung einer Verweisung auf im Akt erliegende Länderfeststellungen ist in casu nicht zulässig.
Die Begründung von Bescheiden ist nicht Selbstzweck, sondern verfolgt den Zweck, die Parteien über die tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen in Kenntnis zu setzen, die zum Spruch des Bescheides geführt haben. Ohne entsprechende Begründung ist den Parteien eine zweckmäßige, gegen den Bescheid gerichtete Rechtsverfolgung nicht möglich.
Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung des Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.
Dem Telos des § 60 AVG entsprechend muss zum einen die Begründung so gestaltet sein, dass der Bescheidadressat über die für die Entscheidung der Behörde maßgeblichen Erwägungen ausreichend und nachvollziehbar informiert wird, sodass er in der Lage ist, sie eventuell zu entkräften und Gegenargumente vorzubringen. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH sind zum anderen im Bescheid die in § 60 AVG genannten Elemente in einer eindeutigen, der nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe öffentlichen Rechts zugänglichen Weise darzulegen.
In Dublin-Verfahren gehören Feststellungen der erstinstanzlichen Behörde zu der aktuellen Situation im betreffenden Dublin-Staat, in welchem ausgewiesen wird, zu den Essentialia eines gültigen Bescheides und vermag der Verweis auf ökonomische und ökologische Gründe für eine derartige Fallkonstellation wohl kaum die diesbezüglich eindeutigen Bestimmungen des AVG und die dazu ergangene Rechtsprechung der Höchstgerichte zu derogieren.
Im übrigen weisen die im Akt erliegenden Feststellungen zu Rumänien das Datum der Gesamtaktualisierung 14.06.2019 auf und sind somit keineswegs aktuell. Es lässt sich weder feststellen, ob die Behörde überhaupt geprüft hat, ob es aktuellere Feststellungen gibt, noch kann nachgeprüft werden, welche Länderberichte dem nunmehrigen Beschwerdeführer tatsächlich ausgefolgt wurden.
Wie dargelegt wurde im gegenständlichen Fall der entscheidungsrelevante Sachverhalt trotz bestehenden Möglichkeiten nicht ausreichend ermittelt und festgestellt, weshalb gemäß § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG zwingend vorzugehen war.
Eine mündliche Verhandlung konnte gem. § 21 Abs. 6a und 7 BFA-VG idgF unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Im Übrigen trifft § 21 Abs. 3 BFA-VG eine klare, im Sinne einer eindeutigen, Regelung (vgl. OGH 22.03.1992, 5Ob105/90), weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
Schlagworte
aktuelle Länderfeststellungen Behebung der Entscheidung Ermittlungspflicht Kassation mangelnde SachverhaltsfeststellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W161.2238824.1.00Im RIS seit
21.05.2021Zuletzt aktualisiert am
21.05.2021