TE Bvwg Erkenntnis 2021/1/26 W103 2007356-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.01.2021
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Entscheidungsdatum

26.01.2021

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §54
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §52
IntG §10 Abs2 Z3
IntG §10 Abs2 Z4
IntG §9

Spruch


W103 2007356-2/10E

W103 2007358-2/9E

W103 2007357-2/7E

W103 2007354-2/8E

W103 2007353-2/7E

W103 2212280-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Auttrit als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , 3.) XXXX , geb. XXXX , 4.) XXXX , geb. XXXX , 5.) XXXX , geb. XXXX , und 6.) XXXX , geb. XXXX , alle StA. Russische Föderation, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.11.2018, Zahlen: 1.) 641594604-1687721, 2.) 641594702-1687713, 3.) 641594800-1687705, 4.) 64159409-1687691, 5.) 641595002-1687683 und 6.) 1205570703-180849175, zu Recht erkannt:

A) I. Die Beschwerden gegen die Spruchpunkte I. bis III. werden gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 57 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

II. In Erledigung der Beschwerden gegen die Spruchpunkte IV. bis VI. wird ausgesprochen, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG idgF iVm § 9 Abs. 3 BFA-VG idgF auf Dauer unzulässig ist.

III. Gemäß §§ 54 und 55 AsylG 2005 iVm §§ 9, 10 Abs. 2 Z 3 und 4 Integrationsgesetz, jeweils idgF, wird 3.) XXXX , 4.) XXXX , und 5.) XXXX jeweils der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ sowie 1.) XXXX , 2.) XXXX und 6.) XXXX der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung“ jeweils für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Die beschwerdeführenden Parteien sind Staatsangehörige der Russischen Föderation und Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet und Eltern der jeweils minderjährigen Dritt-, Viert- Fünft-, und SechstbeschwerdeführerInnen.

Die erst- bis fünftbeschwerdeführenden Parteien stellten am 11.07.2013 die diesem Verfahren zugrunde liegenden Anträge auf Gewährung internationalen Schutzes, nachdem sie zuvor unrechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist waren. Zum Nachweis ihrer Identität wurden der russische Führerschein des Erstbeschwerdeführers, die Heiratsurkunde des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin, der russische Inlandspass der Zweitbeschwerdeführerin sowie die russischen Geburtsurkunden der Dritt- und der Fünftbeschwerdeführerin vorgelegt.

Am 13.07.2013 erfolgte die Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Polizeiinspektion Traiskirchen EASt, im Rahmen derer der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin voneinander getrennt zu ihrem Reiseweg und zum Grund ihrer Ausreise befragt wurden:

Der Erstbeschwerdeführer führte aus, bereits im Jahr 2007 in Frankreich um Asyl angesucht zu haben. Bei seiner Einreise nach Frankreich habe man ihm gesagt, er werde einen positiven Bescheid erhalten. Als die Familie jedoch später negative Entscheidungen erhalten hätte, sei sie um eine Abschiebung zu verhindern freiwillig in den Herkunftsstaat zurückgekehrt. In Hinblick auf seinen Reiseweg gab der Erstbeschwerdeführer an, seinen Ausreisentschluss im Juli 2013 gefasst zu haben und seine Reisebewegung am 06.07.2013 von XXXX aus begonnen zu haben. An diesem Tag sei die Zweitbeschwerdeführerin gemeinsam mit deren drei Kindern von XXXX nach XXXX gefahren, wo sich der Erstbeschwerdeführer seit seiner Rückkehr aus Frankreich im Jahr 2011 bei entfernten Verwandten versteckt gehalten habe. Von dort sei die Familie mit einem Kleinbus schlepperunterstützt nach XXXX gereist, wo sie am 9. oder 10. Juli angekommen und anschließend durch einen zweiten Schlepper nach Traiskirchen gebracht worden sei, wo sie am 11.07.2013 eingetroffen sei. Die Kosten für die Reise hätten sich auf EUR 3.000,- belaufen. Zu seinem Fluchtgrund befragt brachte der Erstbeschwerdeführer vor, sich, wie erwähnt, seit seiner Rückkehr aus Frankreich im Jahr 2011 bei weitschichtigen Verwandten versteckt gehalten zu haben; seine Familienangehörigen hätten an ihn adressierte Ladungen erhalten, wonach er zu diversen Verhören hätte erscheinen sollen. Ständig hätten sich russische/tschetschenische Behörden bei den Eltern des Erstbeschwerdeführers nach dessen Aufenthaltsort erkundigt. In Tschetschenien sei es allgemein bekannt, dass vorgeladene Verdächtige spurlos verschwinden würden. Aus Angst, dass es auch ihm selbst so ergehen könnte, habe er den erhaltenen Ladungen keine Folge geleistet. Da Gefahr für sein Leben bestanden habe, habe er auch nicht in sein Haus zu seiner Familie ziehen können. Da er sich aber auch nicht auf Dauer bei Verwandten habe verstecken können, habe er seine Heimat abermals verlassen. Im Falle einer Rückkehr befürchte er, mitgenommen und getötet zu werden.

Die Zweitbeschwerdeführerin machte übereinstimmende Angaben zur Reise der Familie nach Österreich und gab weiters an, keine eigenen Fluchtgründe zu haben und wegen der Probleme ihres Mannes aus der Heimat ausgereist zu sein. Für die minderjährigen Dritt- bis FünftbeschwerdeführerInnen würden die gleichen Gründe wie für sie selbst gelten, eigene Fluchtgründe hätten diese überdies nicht. Im Falle einer Rückkehr fürchte die Zweitbeschwerdeführerin um das Leben ihres Mannes.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin bestätigten gegen Ende ihrer Erstbefragungen jeweils, dass es keinerlei Verständigungsprobleme mit dem für die Sprache Russisch bestellten Dolmetscher gegeben habe und ihnen die aufgenommene Niederschrift in einer für sie verständlichen Sprache rückübersetzt worden sei.

Nach Zulassung der Verfahren wurden der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin am 04.03.2014 vor dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils im Beisein einer geeigneten Dolmetscherin für die russische Sprache niederschriftlich einvernommen.

Der Erstbeschwerdeführer gab eingangs seiner Befragung auf Frage nach seinem Gesundheitszustand an, seit drei Monaten Probleme mit seiner Stirn zu haben, er habe diesbezüglich Medikamente verschrieben bekommen und solle operiert werden. Bis dato habe er der Wahrheit entsprechende Angaben getätigt und seien diese korrektermaßen protokolliert und rückübersetzt worden; er könne keine weiteren Beweismittel in Vorlage bringen.

Um Schilderung seiner Lebensumstände in Tschetschenien ersucht, brachte der Erstbeschwerdeführer vor, zuhause mit seinen Eltern, seinem Bruder und seiner Schwester gelebt zu haben. Auch sein Onkel und seine Frau hätten im gleichen Haushalt gewohnt. Der Vater des Erstbeschwerdeführers sei berufstätig gewesen und habe sie unterstützt, der Erstbeschwerdeführer selbst habe nur einmal am Bau gearbeitet. Er habe elf Jahre lang die Schule besucht, damals habe Krieg geherrscht. In Tschetschenien würden nunmehr noch seine Eltern, Geschwister, ein Onkel und Tanten leben. Zu seinen Angehörigen stehe er fast täglich in Kontakt.

Um detaillierte Schilderung seiner Ausreisegründe gebeten, führte der Erstbeschwerdeführer aus, dass es im Jahr 2007 – um den 6./7. November herum zu einer Explosion am Markt von XXXX gekommen sei. Der Erstbeschwerdeführer habe mit dieser nichts zu tun gehabt. Drei bis vier Tage später sei ein Freund des Erstbeschwerdeführers namens XXXX mitgenommen und für einen Monat eingesperrt worden. In weiterer Folge seien schwarz maskierte Militärangehörige in das Haus gestürmt. Sie seien zuerst in Richtung des Zimmers seines Vaters, dann zu ihnen gekommen. Sie hätten dem Erstbeschwerdeführer das T-Shirt über den Kopf gezogen; es habe sich um russischsprachige, maskierte Personen gehandelt das einzige, was der Erstbeschwerdeführer habe sehen können, war ein Emblem an deren Ärmel, es habe sich dabei um ein Foto von Kadyrows Vater gehandelt. Man habe den Erstbeschwerdeführer zu einem Auto gebracht, bei dem Fahrzeug habe es sich um einen Lada gehandelt. Sie hätten ihn in den Fußraum gelegt und die Füße auf ihn gehalten. Die anschließende Fahrt habe sehr lange gedauert und habe der Erstbeschwerdeführer angenommen, dass er sehr weit weggebracht würde, habe später jedoch herausgefunden, dass er an einen anderen Platz im gleichen Ort gebracht worden sei und man bewusst Umwege gemacht habe, um ihn zu täuschen. Als sie ihm das T-Shirt runtergezogen hätten, habe er gesehen, dass sie sich in der Abteilung des Innenministeriums vom Dorf befunden hätten. Man habe den Erstbeschwerdeführer daraufhin gefragt, wieso er die erwähnte Explosion verursacht habe und wer daran sonst noch beteiligt gewesen sei. Von zwei Tschetschenen sei er sehr stark geschlagen worden, und habe man ihm immer wieder dieselben Fragen gestellt. Nach zwei bis drei Tagen von Schlägen und Verhören sei ihm gesagt worden, dass seine Eltern irgendwo eingesperrt und von Minen umgeben wären. Wenn er nicht zugebe, für die Explosion verantwortlich zu sein, würden diese in die Luft gesprengt werden. In Wirklichkeit seien die Eltern aber zuhause gewesen. Der Erstbeschwerdeführer habe nichts unterschrieben. Ihm sei dann gesagt worden, er würde freigelassen, wenn er irgendeinen Namen nenne, doch habe er gewusst, dass dies nicht stimme und sei dieser Aufforderung daher nicht nachgekommen. Daraufhin sei er nach XXXX gebracht worden, wo man ihn neuerlich verhört habe, ihm wieder dieselben Fragen gestellt und ihn sehr stark geschlagen habe. Die Leute hätten vorzeigbare Ergebnisse ihrer Arbeit benötigt. Nach 15 oder 20 Tagen seien sein Vater und sein Bruder zu ihm gekommen, zu diesem Zeitpunkt habe der Erstbeschwerdeführer nicht geahnt, dass ihn jemand verraten habe. Von seinen Verwandten sei ihm dann berichtet worden, dass XXXX freigelassen worden sei. Der Vater des Erstbeschwerdeführers habe den Vater von XXXX zur Rede gestellt, doch habe dieser nicht zugegeben, dass der Erstbeschwerdeführer verraten worden sei. Der Erstbeschwerdeführer sei damals in einer provisorischen Zelle festgehalten worden. Später habe XXXX den Verrat zugegeben. Zum Schluss hätten die Leute schon sanfter mit dem Beschwerdeführer gesprochen und versucht, ihn zu überreden. Jedoch wisse der Erstbeschwerdeführer, dass es besser sei, mit den Behörden Probleme zu haben, als mit den eigenen Leuten, welche einen einfach umbringen würden und habe der Erstbeschwerdeführer aus diesem Grund keine Namen genannt. Nach etwa einem Monat habe ihn seine Mutter besucht und ihm mitgeteilt, dass man einverstanden wäre, den Erstbeschwerdeführer für 60.000,- Rubel und unter der Verpflichtung, das Land nicht zu verlassen, freizulassen. So sei es dann auch geschehen. XXXX habe der Erstbeschwerdeführer nicht wiedergesehen, er habe auch das Haus nicht mehr verlassen. Zumal die Vertragssoldaten in der Behörde regelmäßig wechseln, hätte es passieren können, dass er von den neuen Bediensteten mitgenommen werde. Seine Familie und die Familie seiner Frau hätten daraufhin Geld gesammelt, mit welchem der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin in weiterer Folge nach Frankreich gereist seien, wo sie anschließend vier Jahre in Sicherheit gelebt hätten. Die beiden älteren Kinder, die Drittbeschwerdeführerin und der Viertbeschwerdeführer, seien in dieser Zeit zur Welt gekommen. Der Erstbeschwerdeführer habe in Frankreich sogar Beweise vorgelegt, dass er freigelassen worden sei und das Land nicht verlassen dürfe, ebenso habe er sich Ladungen nachschicken lassen und vorgelegt. Dennoch habe er einen negativen Bescheid erhalten. Alle Tschetschenen seien verwundert gewesen, dass er Beweise für seine Haft besessen habe. Zwei Berufungen hätten ebenso keinen Erfolg gebracht und habe der Erstbeschwerdeführer in dieser Situation keine andere Wahl gesehen, als seinen Asylantrag zurückzuziehen. Er habe nicht auf der Straße bleiben wollen, weshalb sie nach Moskau geflogen seien. Von seinen Eltern habe er damals telefonisch erfahren, dass Ladungen eingetroffen seien und man nach dem Erstbeschwerdeführer gesucht und gefragt habe. Von Moskau seien sie mit dem Zug nach Inguschetien gereist. Bei einem entfernten Verwandten des Erstbeschwerdeführers hätten sie Halt gemacht und habe der Erstbeschwerdeführer seine Frau mit den Kindern nachhause zu den Eltern des Erstbeschwerdeführers geschickt. Für ein bis zwei Wochen sei alles in Ordnung gewesen, dann sei ein Bezirkspolizist zu seinen Eltern gekommen und habe nach dem Erstbeschwerdeführer gefragt. Seine Gattin hätte diesem mitgeteilt, nicht zu wissen, wo sich ihr Mann befinde, da er nicht mit ihnen zurückgereist sei. Von diesem Zeitpunkt an seien mehrere Ladungen eingetroffen. So hätten sie dann für zwei Jahre weitergelebt, die Zweitbeschwerdeführerin bei seinen Eltern und er selbst in Inguschetien. Die Zweitbeschwerdeführerin habe ihn ab und zu besucht. In dieser Zeit sei er nur einmal in XXXX gewesen. Er habe nicht ewig bei den Verwandten leben und sich ständig verstecken können, auch habe er mit seinen Kindern zusammen sein wollen. Deshalb sei beschlossen worden, erneut auszureisen. In der Zeit in Inguschetien habe es keine ihn persönlich betreffenden Vorfälle gegeben, doch sei es auch dort nicht sicher. Nachgefragt gab der Erstbeschwerdeführer an, dass es keine Gerichtsverhandlung gegeben habe – so etwas gäbe es in seiner Heimat lediglich in ähnlicher Form. Es habe eine Sitzung in einem großen Saal stattgefunden, bei welcher nur wenige Leute anwesend gewesen seien. Der Erstbeschwerdeführer habe ein Dokument unterschreiben müssen, wonach es ihm untersagt gewesen sei, auszureisen. Dieses offizielle Schreiben habe er in Frankreich vorgelegt; nachgefragt, gab der Erstbeschwerdeführer an, dass dieses die Verpflichtung enthalten habe, für vier bis fünf Monate nicht aus Tschetschenien auszureisen und zudem die gesetzliche Bestimmung, nach welcher man ihn beschuldigt habe, darin ersichtlich gewesen sei. Da dies bereits fünf Jahre her sei, könne er sich jedoch nicht mehr im Detail erinnern. Nachgefragt, gab der Erstbeschwerdeführer an, dass es nach seiner Rückkehr aus Frankreich zu keinen Problemen in der Russischen Föderation gekommen sei. Nachgefragt gab der Erstbeschwerdeführer weiters an, nicht sicher zu sein, ob seiner Frau der Name jenes Freundes, bei welchem er in Inguschetien untergekommen sei, bekannt bzw. erinnerlich sei, doch habe sie diesen jedenfalls persönlich gekannt. Der Erstbeschwerdeführer habe sich in einem etwa 50 bis 55 Kilometer von seiner Familie entfernt liegendem Ort befunden. Seine Frau sei entweder durch einen ihrer Cousins oder durch den Freund, bei welchem er gelebt habe, zu ihm gebracht worden. Seinen Lebensunterhalt habe er durch das Geld, welches er in Frankreich infolge der Zurückziehung seines Asylantrages für die Heimreise erhalten habe – einen Betrag von etwa EUR 6.500,- für die gesamte Familie – bestritten. Die Ladungen, welche er nach seiner Rückkehr erhalten habe, befänden sich zuhause. Nachgefragt, gab der Erstbeschwerdeführer an, diese nicht mitnehmen haben zu wollen; nach der Ausreise sei noch eine Ladung eingetroffen, welche er sich nachschicken lassen wolle. Befragt, wieso er dies nicht schon längst getan habe, gab der Erstbeschwerdeführer an, nicht gewusst zu haben, dass er selbige hier benötigen werde. Befragt, ob es abgesehen von der Auflage, Tschetschenien nicht zu verlassen, noch andere Verpflichtungen gegeben habe, gab der Erstbeschwerdeführer an, sich regelmäßig bei der Inneren Abteilung von XXXX melden haben zu müssen. Er sei etwa dreimal dort gewesen, dann sei es ihm gelungen, auszureisen, bevor neue Beamte die Stelle übernommen hätten. Befragt, ob es eine Reaktion der Behörden gegeben habe, als der Erstbeschwerdeführer nicht mehr erschienen sei, gab dieser an, dass diese denken würden, dass er in Frankreich sei, seitdem seine Familie mitgeteilt habe, seinen Aufenthaltsort nicht zu kennen. Seinen Verwandten sei gesagt worden, dass die Gefahr bestünde, dass man seine Sache nie abschließen würde, sie müssten dem Kreml berichten, dass sie Terroristen neutralisieren. In Wahrheit seien aber sie selbst die Terroristen. In XXXX sei er nicht registriert gewesen, nach Frankreich sei er unter Mitführung seines Inlandspasses gereist, welchen er im Jahr 2008 in Frankreich verloren habe, eine Kopie habe er bereits vorgelegt.

Der Erstbeschwerdeführer verzichtete desweiteren auf die Abgabe einer Stellungnahme zu den Feststellungen zur Situation in seinem Herkunftsstaat. Was ihm im Falle einer Rückkehr drohe, könne er nicht mit Sicherheit sagen, doch könnte man ihn umbringen oder sonst etwas mit ihm machen Kadyrow würde nun Ergebnisse seiner Tätigkeit benötigen. Der Erstbeschwerdeführer wolle aber nicht für einen Anschlag sterben, für welchen ein anderer verantwortlich gewesen sei. Nachgefragt, gab der Erstbeschwerdeführer an, sich in keinem anderen Teil der Russischen Föderation niederlassen zu können, Kadyrow sei es sogar möglich, in Österreich Menschen umbringen zu lassen.

Zu seinem Leben in Österreich führte der Erstbeschwerdeführer aus, abgesehen von den Mitgliedern seiner Kernfamilie, über keine familiären Beziehungen hier zu verfügen, derzeit von der Grundversorgung zu leben und einen Deutschkurs zu besuchen; in seiner Freizeit bleibe er zuhause, da er nicht arbeiten dürfe. Er habe bereits einmal bei einer Fichtenzucht in der Nähe der Unterkunft für einige Stunden ausgeholfen.

Die Zweitbeschwerdeführerin brachte zu Beginn ihrer Befragung vor, sich mit der anwesenden Dolmetscherin problemlos verständigen zu können, gesund zu sein, keine Medikamente zu benötigen und bis dato wahrheitsgemäße Angaben, welche korrekt protokolliert und rückübersetzt worden seien, getätigt zu haben. Nach ihren Lebensumständen in Tschetschenien befragt, gab die Zweitbeschwerdeführerin an, mit ihrem Mann und seiner Familie zusammengelebt zu haben; weder ihr Mann noch sie selbst hätten gearbeitet, sie seien von den Schwiegereltern versorgt worden. Auch die Schwägerin und der Schwager der Zweitbeschwerdeführerin hätten im gleichen Haushalt gelebt. Die Zweitbeschwerdeführerin habe den Haushalt geführt und sich um die Kinder gekümmert. In Tschetschenien würden noch die Eltern, ein Bruder, eine Schwester, eine Großmutter sowie Onkeln und Tanten der Zweitbeschwerdeführerin leben, mit ihrer Mutter stünde sie in telefonischem Kontakt.

Um detaillierte Schilderung ihrer Fluchtgründe gebeten, brachte die Zweitbeschwerdeführerin vor, die Ausreise sei aufgrund der Probleme ihres Mannes erfolgt. Im Jahr 2007, als dessen Probleme begonnen hätten, seien sie nach Frankreich gereist und hätten anschließend für vier Jahre dort gelebt. Da eine Abschiebung gedroht habe, hätten sie ihre Asylanträge jedoch letztlich zurückgezogen und seien freiwillig in die Heimat zurückgekehrt. Ihr Mann sei in Inguschetien geblieben, sie selbst sei mit den Kindern zur Schwiegermutter gefahren. Ihren Mann habe sie von Zeit zu Zeit besucht, dieser habe Angst gehabt, nach Tschetschenien zu fahren, da er Ladungen erhalten habe und man nach ihm gesucht habe. Grund hierfür sei gewesen, dass ihr Mann im Jahr 2007 zu Unrecht an einer Explosion beschuldigt worden sei, damals habe man ihn für einen Monat gefangen gehalten. Die Schwiegereltern hätten schließlich Geld bezahlt und sei der Erstbeschwerdeführer unter Verhängung eines Ausreiseverbotes freigelassen worden. Er habe sich regemäßig bei den Behörden melden müssen. Im Zuge seiner Mitnahme habe man ihn auch gequält, aus diesem Grund seien sie damals nach Frankreich geflüchtet. Nach deren Rückkehr seien abermals an ihren Mann andressierte Ladungen eingetroffen und hätten sie Angst gehabt, dass man diesen wieder mitnehmen und nicht mehr freilassen würde. Aus diesem Grund sei beschlossen worden, erneut auszureisen. Nachgefragt, gab die Zweitbeschwerdeführerin an, von Frankreich nach Moskau geflogen zu sein, es habe sich, so glaube sie, um das Jahr 2010 gehandelt, anschließend seien sie mit dem Flugzeug nach XXXX weitergereist, und in weiterer Folge gemeinsam nach Inguschetien gefahren. Die Zweitbeschwerdeführerin sei dann alleine mit den Kindern zur Schwiegermutter nach Tschetschenien gereist. Befragt, ob es bei der Einreise in die Russische Föderation zu Problemen gekommen sei, gab die Zweitbeschwerdeführerin an, von der Polizei befragt worden zu sein, woher sie gekommen seien. Nachgefragt, gab die Zweitbeschwerdeführerin an, nicht zu wissen, ob es sich dabei um die Grenzkontrolle oder die Polizei gehandelt habe. Die Zweitbeschwerdeführerin bejahte die Frage, ob man sie deshalb kontrolliert habe, da sie keine richtigen Reisedokumente besessen habe ihr Mann habe damals keinen Pass gehabt, sie selbst habe zwar ihren Pass dabei gehabt, jedoch dennoch die Dokumente aus Frankreich benötigt. Danach gefragt, was nach dieser Befragung passiert sei, gab die Zweitbeschwerdeführerin an, dass es mehrere Kontrollstellen gegeben habe und sie an jeder befragt worden seien, weshalb sie lediglich mit diesen Papieren einreisen würden und warum ihr Mann keinen Reisepass habe, man habe ihre Namen auch im Computer überprüft. Nach diesen Kontrollen hätten sie ungehindert weiterreisen können. Befragt, wann ihr Mann die Ladungen erhalten habe, gab die Zweitbeschwerdeführerin an, diese seien bereits eingetroffen, als sie noch in Frankreich gewesen seien, auch in der Zeit, als sie bei den Schwiegereltern gewohnt habe, seien Ladungen eingelangt. Es seien auch Leute zu den Schwiegereltern gekommen, welche nach ihrem Mann gefragt hätten. Die Zweitbeschwerdeführerin hätte diesen mitgeteilt, alleine mit den Kindern zurückgekehrt zu sein, ihr Mann würde sich nach wie vor in Frankreich befinden. Nachgefragt, gab die Zweitbeschwerdeführerin an, dass ein bis zwei Ladungen monatlich eingetroffen seien. Die Ladungen würden sich derzeit bei der Schwiegermutter befinden, sie hätten diese aus Angst, unterwegs kontrolliert zu werden nicht mitgenommen. Befragt wieso sie sich die Ladungen nicht zwischenzeitlich haben schicken lassen, gab die Zweitbeschwerdeführerin an, dass sie nicht darum gebeten worden seien. Befragt, wieso sie diese nach Frankreich, nicht aber nach Österreich, hätten nachschicken lassen, gab die Zweitbeschwerdeführerin an, abgewartet zu haben, bis ihnen gesagt werde, dass man diese benötige. Befragt, wie sie nun beweisen wolle, dass ihr Mann in der Heimat gesucht werde, gab die Zweitbeschwerdeführerin an, sie werde ihre Schwiegermutter bitten, die Ladungen nachzuschicken. Diesbezüglich wurde eine Frist bis Ende des Monats eingeräumt. Nachgefragt, gab die Zweitbeschwerdeführerin an, fast zwei Jahre in der Heimat verbracht zu haben, ihr Mann und sie hätten sich in Inguschetien versteckt, ab und zu sei sie auch zu den Schwiegereltern oder zu ihren Eltern gefahren. Befragt, wo sie nun während dieser Zeit wohnhaft gewesen sei bei den Schwiegereltern oder in Inguschetien gab die Zweitbeschwerdeführerin an, abwechselnd bei diesen und bei ihrem Mann gelebt zu haben. Befragt, wieso sie nicht ganz zu ihrem Mann gezogen sei, gab die Zweitbeschwerdeführerin an, Angst gehabt zu haben, dass man herausfinden würde, dass sie diesen besuche. Während der Zeit in Inguschetien habe es keine Vorfälle gegeben, ihr Mann habe sich bei einem Freund versteckt gehalten und das Haus so gut wie nie verlassen. Den Namen und die genaue Adresse des Freundes würde sie nicht kennen. Sie sei mit dem Auto bzw. mit ihrem Schwiegervater zu diesem gefahren; der Name des Freundes habe sie nicht interessiert, sie habe diesen etwa zwei- bis dreimal gesehen. Auch den Namen des Dorfes würde sie nicht kennen. Sie könne nicht sagen, wie lange die Fahrt gedauert habe und habe auch nie eine Ortstafel gesehen. Auf Vorhalt, dass sie zwei Jahre lang dorthin gefahren sei und nicht sagen könne, wie lange die Fahrt gedauert habe, gab die Zweitbeschwerdeführerin an, dass es sich etwa um zwei Stunden gehandelt hätte. Die Besuche bei ihrem Mann hätten etwa eine Woche gedauert, manchmal etwas länger, manchmal kürzer. Sie habe Geld von den Schwiegereltern mitgebracht, die Lebensmittel hätte sie vor Abfahrt am Markt eingekauft. Die Kinder hätte sie nur manchmal mitgenommen, ansonsten seien diese bei der Schwiegermutter geblieben.

Die Zweitbeschwerdeführerin verzichtete auf eine Erörterung bzw. Aushändigung der Feststellungen zu ihrem Herkunftsstaat und auf die Abgabe einer Stellungnahme zu selbigen, da sie die dortige Lage kennen würde.

In Hinblick auf die minderjährigen Dritt- bis FünftbeschwerdeführerInnen brachte die Zweitbeschwerdeführerin als deren gesetzliche Vertreterin vor, dass diese ebenfalls wegen der Probleme des Erstbeschwerdeführers ausgereist seien.

Im Falle einer Rückkehr befürchte die Zweitbeschwerdeführerin, dass die Kinder entführt werden könnten, um dadurch ihren Mann zu erpressen und zu einer Rückkehr zu nötigen. Die Zweitbeschwerdeführerin bejahte die Frage, ob es zu dahingehenden Drohungen gekommen sei. Auf Vorhalt, dass sie zuvor angegeben habe, dass es keine Vorfälle gegeben habe, gab die Zweitbeschwerdeführerin an, erwähnt zu haben, dass sie desöfteren aufgesucht worden seien und nach dem Mann gefragt worden sei. Dabei habe man auch gedroht, den Schwager mitzunehmen.

Die Frage, ob sie sich in einem anderen Teil der Russischen Föderation niederlassen könnten, verneinte die Zweitbeschwerdeführerin, da sie in ganz Russland Angst haben würden.

In Österreich habe die Zweitbeschwerdeführerin, abgesehen von den gemeinsam mit ihr eingereisten Mitgliedern ihrer Kernfamilie, keine familiären Beziehungen, lebe von der Grundversorgung und besuche einen Deutschkurs. Eine ihrer Töchter besuche den Kindergarten; in ihrer Freizeit lerne die Zweitbeschwerdeführerin Deutsch über das Internet, sie würden sich hier wohl und sicher fühlen.

Aus dem Akt ist desweiteren ersichtlich, dass sich der Erstbeschwerdeführer zwei der erhaltenen Ladungen aus dem Heimatstaat habe faxen lassen, wonach er am 08.01.2013 sowie am 14.08.2013 jeweils als Verdächtiger in der Untersuchungsabteilung der Abteilung für Inneres des Bezirkes XXXX der Tschetschenischen Republik zu erscheinen habe.

2. Mit im Familienverfahren ergangenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.04.2014 wurden die Anträge der Erst- bis FünftbeschwerdeführerInnen auf internationalen Schutz vom 11.07.2013 bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und die Anträge gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen die Beschwerdeführer jeweils eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen und wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung der beschwerdeführenden Parteien in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise der Beschwerdeführer zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt III.). Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stellte die Identität der Beschwerdeführer fest und traf Feststellungen zur Situation in deren Herkunftsstaat.

Beweiswürdigend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen Folgendes aus:

Die vom Erstbeschwerdeführer behaupteten Gründe der Ausreise vermochten eine Verfolgungsgefahr in seiner Heimat nicht glaubhaft darzulegen. Dessen Angaben zu einer konkreten Verfolgung in der Heimat könnten nur als eine in den Raum gestellte Behauptung gewertet werden, welcher aufgrund mangelnder Plausibilität und Nachvollziehbarkeit keine Glaubwürdigkeit zuerkannt werden könne. Die dargelegten Angaben hinsichtlich seiner Fluchtgründe würden gesamtbetrachtend Widersprüche aufweisen und seien zudem äußerst vage gehalten. So habe der Erstbeschwerdeführer etwa geschildert, dass seit seiner Rückkehr aus Frankreich immer wieder Ladungen bei dessen Familienangehörigen eingetroffen und dessen Eltern ständig von Behördenvertretern aufgesucht worden seien. Im Widerspruch dazu habe er jedoch in weiterer Folge geschildert, bei seiner Rückkehr aus Frankreich ohne jegliche Schwierigkeiten in die Heimat habe einreisen zu können und auch in Inguschetien in den nächsten beiden Jahren ohne jegliche Vorfälle leben haben zu können. Ebenso erscheine die Schilderung seiner Mitnahme durch Militärs dahingehend als fragwürdig, als dass er diese als Militärs bezeichnet habe und angegeben habe, auf deren Ärmel ein Emblem mit dem Foto von Kadyrows Vater erkannt zu haben. Bei einer ergänzenden Nachfrage habe der Erstbeschwerdeführer dazu widersprüchlich angegeben, die Militärs nicht beschreiben zu können, zumal er zu diesem Zeitpunkt geschockt gewesen sei und geschlafen habe. Nachgefragt habe er wiederum angegeben, dass es sich um Männer in schwarzen Uniformen mit schwarzen Masken gehandelt habe und er irgendetwas Gelbes auf deren Brust gesehen habe. Hierzu sei anzumerken, dass der Erstbeschwerdeführer bezüglich der Männer unterschiedlichste Angaben getätigt habe. So habe er zunächst geschildert, dass die Männer russisch gesprochen hätten, in weiterer Folge aber angegeben, von Tschetschenen geschlagen worden zu seien. Nicht nachvollziehbar erscheine desweiteren, dass der Erstbeschwerdeführer trotz Verhängung eines Ausreiseverbotes eine illegale Ausreise aus Tschetschenien gewählt habe, obwohl er als Verdächtiger geladen worden sei. Es wäre daher zu erwarten gewesen, dass er eine weniger auffällige Form der Ausreise wählen würde, zumal ihm klar gewesen sein musste, auf der Fahrt von Tschetschenien in die Ukraine einen Kontrollposten zu passieren. Dass der dennoch die geschilderte Form der Ausreise gewählt habe, spreche gegen die dargelegte große Angst vor behördlicher Verfolgung. Völlig unplausibel erscheine es im Übrigen, dass er nach Rückkehr aus Frankreich keinerlei Probleme mit den Behörden gehabt habe, obwohl seinen Angaben zufolge in der Heimat nach ihm gesucht worden sei und auch immer wieder Ladungen eingetroffen seien. So entspreche es nicht dem Vorgehen der Behörden, dass zwar jemand im Heimatort gesucht werde, jedoch bei einer Grenzkontrolle keinerlei Beanstandungen oder Maßnahmen gesetzt würden. Auch mute es eigenartig an, dass der Erstbeschwerdeführer so wenig Interesse an der Beschaffung von Beweismitteln in Form der erhaltenen Ladungen gezeigt habe und sich in der Zeit seines Aufenthaltes nicht darum bemüht habe, diese zu erlangen und sich erst auf diesbezügliche Aufforderung hin zwei der Ladungen habe faxen lassen. Im Original habe er jene Ladungen bis dato allerdings nicht vorgelegt. Die Erklärung des Beschwerdeführers, nicht gewusst zu haben, diese als Beweise für seine Fluchtgründe vorlegen zu können, erscheine vor dem Hintergrund, dass er auch während seines Asylverfahrens in Frankreich mehrere Beweise vorgelegt habe, unverständlich. Zusammenfassend werde festgehalten, dass es im Asylverfahren nicht als ausreichend angesehen werden könne, dass der Asylwerber Behauptungen aufstelle, sondern müsse er diese glaubhaft machen. Dazu müsse das Vorbringen in gewissem Maße substantiiert und nachvollziehbar sein, die Handlungsabläufe der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechen und auch der Asylwerber persönlich glaubwürdig sein. Die Angaben des Beschwerdeführers zum Fluchtgrund würden diesen Anforderungen nicht entsprechen, zumal dessen Vorbringen vage, nicht plausibel nachvollziehbar, allgemein gehalten und als nicht glaubhaft zu einzustufen sei.

In Bezug auf die Zweitbeschwerdeführerin wurde erwogen, dass auch deren Angaben hinsichtlich der eigentlichen Fluchtgeschichte Widersprüche aufweisen würden und zudem äußert vage gehalten seien. So habe diese zunächst angegeben, selbst ebenso wie ihre Kinder keine Verfolgung in der Heimat zu befürchten zu haben, sondern die Heimat aufgrund der Probleme ihres Mannes verlassen zu haben, später jedoch dazu widersprüchlich geschildert, mit der Entführung ihrer Kinder bedroht worden zu sein. Nicht nachvollziehbar erscheine es desweiteren, dass die Zweitbeschwerdeführerin angegeben habe, zwei Jahre von ihrem Mann getrennt gelebt zu haben, doch weder dessen Wohnadresse noch seinen Unterkunftsgeber gekannt zu haben. Unplausibel erscheine es weiters, dass die Zweitbeschwerdeführerin angegeben habe, ihren Mann mittels Geld unterstützt zu haben, während dieser angegeben habe, vom Geldbetrag der freiwilligen Rückkehr aus Frankreich gelebt zu haben. Auch mute es eigenartig an, dass die Zweitbeschwerdeführerin so wenig Interesse an der Beschaffung von Beweismitteln für die Probleme ihres Mannes in Form der erhaltenen Ladungen gezeigt habe. Dies habe die Zweitbeschwerdeführerin damit begründet, auf eine diesbezügliche Aufforderung seitens der Behörde gewartet zu haben und erscheine es daher fraglich, wieso es ihr jedoch möglich gewesen sei, diese Ladungen bereits während ihres Asylverfahrens in Frankreich vorzulegen.

Ebenso habe auch in Hinblick auf die minderjährigen Dritt- bis FünftbeschwerdeführerInnen, für welche keine individuellen Fluchtgründe vorgebracht worden seien, vor dem Hintergrund des für unglaubwürdig befundenen Vorbringen ihres Vaters, keine asylrelevante Gefährdungssituation festgestellt werden können.

Zur Rückkehrentscheidung führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl insbesondere aus, dass weder ein Eingriff in das Familienleben vorliege, noch der Eingriff in das Privatleben ungerechtfertigt wäre, zumal sich die Familie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung erst seit wenigen Monaten in Österreich aufgehalten habe und in dieser Zeit keine nennenswerten wirtschaftlichen oder sozialen Kontakte aufgenommen habe. Die Beschwerdeführer seien illegal eingereist und seien keine für einen Verbleib in Österreich sprechenden Gründe vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gefunden worden.

3. Mit für alle Familienmitglieder gleichlautendem Schriftsatz vom 22.04.2014 erhoben die erst- bis fünftbeschwerdeführenden Parteien, unter gleichzeitiger Bekanntgabe, die ARGE-Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe mit ihrer Vertretung betraut zu haben, gegen die oben angeführten Bescheide vom 10.04.2014 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde, in welcher die erstinstanzlichen Erledigungen wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes und Mangelhaftigkeit des Verfahrens in vollem Umfang angefochten wurden und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht beantragt wurde. Begründend wurde zusammenfassend Folgendes geltend gemacht:

Die Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens resultiere im vorliegenden Fall bereits daraus, dass die Fragen im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahmen nicht dazu geeignet gewesen seien, es den Beschwerdeführern zu ermöglichen, ihr Vorbringen in detailreicher Form wiederzugeben. Zudem wäre es Aufgabe der Behörde gewesen, gezielte Nachfragen zu stellen, der Vorwurf, vager und detailarmer Angaben sei daher nicht haltbar. Unter Zitierung verschiedener Berichte zur Lage in Tschetschenien wurde desweiteren bemängelt, dass die Behörde ihre Feststellungen aus unvollständigen Länderberichten ziehen würde. Weiters sei der Behörde eine oberflächliche und mangelhafte Beweiswürdigung vorzuwerfen. Insofern dem Erstbeschwerdeführer vorgeworfen werde, vorgebracht zu haben, in Inguschetien zwei Jahre ohne jegliche Vorfälle gelebt zu haben, so müsse dem entgegengehalten werden, dass dieser tatsächlich angegeben habe, lediglich ein bis zwei Wochen nach seiner Rückkehr wäre nichts vorgefallen, danach seien jedoch dessen Eltern aufgesucht worden und trafen auch immer wieder Ladungen an den Erstbeschwerdeführer ein. Hinsichtlich des Vorwurfes, wonach der Erstbeschwerdeführer in widersprüchlicher Weise angegeben habe, dass er von russischsprachigen Personen mitgenommen, jedoch von Tschetschenen misshandelt worden sei, so sei dies auf ein offensichtliches Missverständnis in der Übersetzung zurückzuführen, zumal der Erstbeschwerdeführer tatsächlich geschildert habe, dass sich in dem Raum, in welchem er misshandelt worden sei, sowohl russischsprachige als auch Tschetschenisch sprechende Personen befunden hätten, entgegen dem Protokollierten habe es sich dabei auch nicht bloß um zwei Personen gehandelt. Der Vorwurf, wonach es die belangte Behörde als nicht nachvollziehbar erachte, dass der Erstbeschwerdeführer die illegale Form einer Ausreise gewählt habe, sei absolut unschlüssig, zumal es sich bei einer solchen um die unauffälligste Art, das Land zu verlassen, handeln würde. Dem Argument der belangten Behörde, wonach der Erstbeschwerdeführer nach Rückkehr in seine Heimat keinerlei Probleme mit den Behörden gehabt habe, sei entgegenzuhalten, dass dieser nie angegeben habe, in seine Heimat zurückgekehrt zu sein, sondern vielmehr von Moskau mit dem Zug direkt nach Inguschetien gereist wäre und somit nie offiziell in Tschetschenien eingereist sei weshalb es auch keine Kontrolle seiner Person gegeben habe. In Bezug auf die Ladungen sei auszuführen, dass der Erstbeschwerdeführer diese aus Angst, unterwegs kontrolliert zu werden, bei seiner Ausreise nicht bei sich getragen habe. Aufgrund seiner Erfahrung in Frankreich, wo er Beweismittel erst auf diesbezügliche Aufforderung vorgelegt habe, habe er auch in Österreich mit einer solchen Vorgehensweise gerechnet. Zutreffend sei es, dass die Zweitbeschwerdeführerin die Adresse des Erstbeschwerdeführers in Inguschetien nicht nennen habe können, sehr wohl hätte sie aber auf Nachfrage eine Wegbeschreibung angeben können. Schlussendlich müsse auch bemängelt werden, dass sich die Behörde mit dem eigentlichen Fluchtvorbringen, der Verfolgung wegen einer dem Erstbeschwerdeführer zugeschriebenen Explosion am Markt von XXXX , nicht auseinandergesetzt habe. Diesbezüglich wurde auch auf das Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 24.10.2012, Zl. E19 416282-2/2012, verwiesen, in welchem insbesondere ausgesprochen worden sei, dass die Asylbehörden selbst in Fällen, in denen die vom Beschwerdeführer gegebene Schilderung von vorneherein als kaum glaubwürdig und als irreal erscheine, nicht von ihren Ermittlungspflichten entbunden seien. Das Vorbringen der Beschwerdeführer erfülle hingegen die Erfordernisse an die Glaubhaftmachung eines asylrelevanten Sachverhaltes und wären die von der Behörde angeführten Widersprüche einer Aufklärung im Ermittlungsverfahren zugänglich gewesen. Bei ordnungsgemäßer Würdigung des vorgebrachten Sachverhaltes wäre dem Erstbeschwerdeführer und seiner Familie daher internationaler Schutz zu gewähren gewesen.

4. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte am 25.04.2014 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

5. Mit Beschlüssen des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.12.2014, Zahlen W103 2007356-1, W103 2007358-1, W103 2007357-1, W103 2007354-1 und W103 2007353-1, wurden die bekämpften Bescheide in den Verfahren der erst- bis fünftbeschwerdeführenden Parteien behoben und die Angelegenheiten gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung neuer Bescheide an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, die Behörde habe es im zu beurteilenden Fall unterlassen, sich mit dem eigentlichen Fluchtvorbringen des Erstbeschwerdeführers, nämlich der ihm vorgeworfenen Beteiligung an einem Anschlag am Markt von XXXX im November 2007 in hinreichender Weise auseinanderzusetzen. Weder in den Länderfeststellungen, noch in den Feststellungen hinsichtlich der Ausreisegründe des Erstbeschwerdeführers fänden sich Ausführungen zu den Fragen, ob ein Anschlag an dem genannten Datum stattgefunden habe bzw. ob man von einer Glaubwürdigkeit einer ihm vorgeworfenen Beteiligung an selbigem ausginge. In diesem Zusammenhang seien auch insbesondere Ermittlungen in Hinblick auf die in Frankreich durchgeführten Asylverfahren des Erstbeschwerdeführers und seiner Familie unterlassen worden. Diesbezüglich wäre insbesondere zu berücksichtigen gewesen, dass der Erstbeschwerdeführer ausdrücklich vorgebracht habe, vor den französischen Asylbehörden sowohl ein Dokument, in welchem seine Haft sowie das verhängte Ausreiseverbot bestätigt worden seien, als auch die während seiner Zeit in Frankreich an seiner Heimatadresse eingelangten behördlichen Ladungen, im Original vorgelegt zu haben. Letztlich fänden sich zu der Frage, ob man von einer Echtheit der vom Erstbeschwerdeführer sowohl in Frankreich laut seinen Angaben vorgelegten Bescheinigungsmittel, als auch der nunmehr in Österreich – lediglich in Kopie – vorgelegten Ladungen ausgehe, keinerlei Ausführungen im angefochtenen Bescheid. Desweiteren sei festzuhalten, dass der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin im Rahmen ihrer einzigen Einvernahme am 04.03.2014 neben der Erstbefragung, in welcher auf den Fluchtgrund jedoch nicht im Detail einzugehen ist – unzureichend befragt worden seien. Auch aus den beweiswürdigenden Ausführungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl im angefochtenen Bescheid werde nicht klar ersichtlich, ob man das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers zur Gänze oder in Teilen als glaubwürdig erachte, oder ob man den Schilderungen zwar Glauben schenke, diesen aber keine Asylrelevanz zuspreche. Es sei somit bereits nicht nachvollziehbar, welchen Sachverhalt die belangte Behörde als erwiesen annehme und ihrer Entscheidung zu Grunde gelegt habe. Das Bundesverwaltungsgericht verkenne dabei nicht, dass es im Vorbringen des Erstbeschwerdeführers durchaus zu Widersprüchen und Unstimmigkeiten, insbesondere in Zusammenschau mit den Angaben der Zweitbeschwerdeführerin, gekommen sei. Diese Widersprüche seien in den Erwägungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zum Teil gänzlich unerwähnt geblieben und das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl werde im fortgesetzten Verfahren im Rahmen ergänzender Einvernahmen daher insbesondere zu klären haben, ob der Erstbeschwerdeführer nach seiner Rückkehr aus Frankreich offiziell in die Teilrepublik Tschetschenien eingereist sei, wie es laut Schilderungen der Zweitbeschwerdeführerin, wonach die Familie per Flugzeug nach XXXX gereist sei, geschah, oder dieser tatsächlich nie „offiziell“ nach Tschetschenien eingereist und damit nie in Kontakt mit den dortigen Behörden gekommen sei, wie es seinen eigenen Angaben sowie dem Beschwerdevorbringen zufolge der Fall gewesen sei. Im Rahmen ergänzender Befragungen und nach allfälliger Einsichtnahme in den Inhalt des französischen Asylverfahrens werde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die oben angesprochenen Punkte einer Klärung zuzuführen zu haben. Dabei werde vor dem Hintergrund des vorgebrachten vierjährigen Aufenthaltes in Frankreich (2007-2011) auch der Umstand zu hinterfragen seien, dass für die im Jahr 2008 geborene Drittbeschwerdeführerin eine im Jahr 2009 ausgestellte russische Geburtsurkunde vorgelegt worden sei. Ebenso werde zu klären sein, dass der Erstbeschwerdeführer laut Akteninhalt bereits in den Jahren 2002 und 2007 in Polen um Asyl angesucht habe. Im Übrigen werde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die kürzlich erfolgte Verurteilung des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin wegen falscher Zeugenaussage bzw. Verleumdung im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Schlepperei in Hinblick auf die Reise nach Österreich, ebenso wie die Ausführungen im Beschwerdevorbringen, in einer Gesamtbeurteilung des Sachverhaltes zu berücksichtigen zu haben. Da der maßgebliche Sachverhalt im Hinblick auf den Erstbeschwerdeführer aufgrund erheblicher Mängel im erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren nicht feststehe, könne auch der Sachverhalt in Hinblick auf dessen Ehegattin und seine minderjährigen Kinder, die Zweit- bis FünftbeschwerdeführerInnen – für die keine individuellen Fluchtgründe vorgebracht wurden – nicht feststehen.

6. Am 11.08.2016 erfolgte im fortgesetzten Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine ergänzende niederschriftliche Einvernahme des Erstbeschwerdeführers, anlässlich derer er zusammengefasst angab, er nehme Tabletten gegen Magenschmerzen und Kopfschmerzen ein und er habe im Verfahren bis dato wahrheitsgemäße Angaben erstattet, welche korrekt protokolliert und rückübersetzt worden seien; er habe neue Dokumente vorzulegen, habe jedoch vergessen, diese zur Einvernahme mitzunehmen. In Tschetschenien würden noch die Eltern und eine Schwester des Erstbeschwerdeführers leben, sein Bruder sei aufgrund der Probleme nach Deutschland ausgereist. Seine Angehörigen in der Heimat würden wie früher leben, seit drei bis vier Monaten sei niemand gekommen; früher sei immer der Bezirkspolizist gekommen. Zu den Gründen seiner Flucht gab der Erstbeschwerdeführer an, er habe Probleme gehabt wegen etwas, das er nicht getan hätte. Es habe eine Explosion in einem Kaffeehaus gegeben, Polizei und Untersuchungsrichter seien dort gewesen, der Erstbeschwerdeführer sei beschuldigt worden, daran beteiligt gewesen zu sein. Die Explosion habe sich am 7. oder 8. November 2006 in XXXX ereignet. Der Erstbeschwerdeführer sei beschuldigt worden, da während der Explosion ein Freund von ihm, welcher in seiner Straße gewohnt hätte, in der Nähe gewesen sei. Dieser sei dort gesehen und verhaftet worden. Der Erstbeschwerdeführer nehme an, dieser sei ebenfalls nicht daran beteiligt gewesen. Er sei geschlagen und gequält worden und habe es selbst zugeben oder einen Namen nennen sollen, wer es gewesen sei. Er habe den Namen des Erstbeschwerdeführers genannt und sei freigelassen worden. Der Erstbeschwerdeführer sei daraufhin mitgenommen worden. Das genaue Datum der Mitnahme wisse er nicht, es sei 4 oder 5 Uhr morgens gewesen, die Leute seien maskiert gewesen. Zu diesem Zeitpunkt seien alle zuhause gewesen. Seine Frau und er seien in ihrem Zimmer gewesen, seine Eltern seien ebenfalls im selben Haus gewesen. Die Leute hätten dem Erstbeschwerdeführer das T-Shirt über den Kopf gezogen, hätten ihn zu einem Auto gebracht und ihn in den Kofferraum gelegt. Sie hätten ihn in ein Zimmer im selben Dorf gebracht und ihn dazu verhört, mit wem und aus welchem Grund er die Explosion gemacht hätte. Jeden Tag sei er mehrmals befragt und geschlagen worden; der Erstbeschwerdeführer hätte zugeben sollen, dass er es gewesen sei oder jemanden nennen. Dann sei ein russischer Untersuchungsrichter gekommen, welcher ihn überreden wollte, es zuzugeben, oder jemanden zu nennen; sie hätten gewusst, dass es der Erstbeschwerdeführer nicht gewesen sei. Nach ca. einem oder eineinhalb Monaten hätten seine Eltern jemanden gefunden, dem sie 60.000 Rubel bezahlt hätten und der Erstbeschwerdeführer sei freigelassen worden, nachdem er ein Ausreiseverbot unterschrieben hätte. Er vermute, dass XXXX ihn angezeigt hätte, welcher jetzt in Frankreich lebe. Nach der Freilassung habe er seine Übernachtungsstelle ständig gewechselt und sei nach Frankreich. Wenn man bei ihnen einmal im Computer sei, bleibe man dort. Die Beamten würden ständig wechseln, sie würden neue Arbeit brauchen und würden immer jemanden rausholen. Der Erstbeschwerdeführer sei noch ein- bis eineinhalb Monate in der Heimat geblieben. In Frankreich sei er etwas mehr als vier Jahre geblieben. Sie hätten nicht bleiben dürfen und nach Hause zurückkehren müssen. Sie hätten ihnen Tickets bis XXXX gegeben, sie seien aber nur bis Moskau gefahren. Sie seien auf dem Luftweg mit in Frankreich erhaltenen Dokumenten nach Moskau gereist, wo sie bei der Einreise keine Probleme erlebt hätten. Da sie gewusst hätten, dass ihnen in XXXX Gefahr drohe, hätten sie Zugtickets nach Inguschetien gekauft. In Inguschetien habe er keine Probleme. Er sei dort nicht frei herumgegangen, da er, wenn er von der Polizei gesehen worden wäre, auch Probleme gehabt hätte. Auf der Zugfahrt von Moskau nach Inguschetien habe es keine Probleme gegeben. In Inguschetien habe er bei einem entfernten Verwandten in XXXX gelebt. Dort sei er über zwei Jahre geblieben. Er sei nachts rausgegangen und nur selten tagsüber. Seine Frau sei in der Zwischenzeit nach Hause in ihr Dorf gefahren, habe bei den Eltern des Erstbeschwerdeführers gelebt und auch ihre Eltern besucht. Der Erstbeschwerdeführer habe seine Familie in dieser Zeit etwa einmal in zwei Wochen gesehen. Seine Frau sei manchmal vom Freund des Erstbeschwerdeführers oder ihrem Vater, meistens aber vom Vater des Erstbeschwerdeführers gebracht worden. In dieser Zeit hätten sie von dem Geld gelebt, welches sie in Frankreich im Zuge der Rückreise erhalten hätten. In Frankreich habe er dieselben Gründe angegeben und eine negative Entscheidung erhalten. Befragt, weshalb er Inguschetien schließlich verlassen hätte, gab der Erstbeschwerdeführer an, zwei Jahre sei er nur einmal zuhause gewesen und drei bis vier Tage geblieben. Zu Hause seien immer wieder der Bezirkspolizist und Ladungen gekommen. Er habe gewusst, dass er in Tschetschenien nicht in Ruhe leben werde können. Die Niederlassung in einem anderen Teil Russlands sei nicht möglich.

Der Erstbeschwerdeführer übermittelte sodann Kopien von zwei Ladungen.

Die Zweitbeschwerdeführerin gab anlässlich einer am gleichen Datum abgehaltenen niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen an, sie sei gesund und habe bis dato wahrheitsgemäße Angaben erstattet, welche korrekt protokolliert und rückübersetzt worden seien. Im Herkunftsstaat hielten sich noch ihre Eltern, ihre Geschwister und Verwandte ihres Mannes auf. Sie sei aus dem Herkunftsstaat ausgereist, da ihr Mann Probleme gehabt habe. Nachdem sie aus Frankreich zurückgekehrt wären, hätten sie zwei Jahre in Tschetschenien verbracht bzw. ihr Mann sei in Inguschetien gewesen und sie hätte ihn dort besucht. Die Probleme hätten nicht aufgehört, sie hätten getrennt leben müssen. Ihr Mann habe wegen einer Explosion Probleme gehabt. Jemand habe ihn zu Unrecht beschuldigt, an dieser beteiligt gewesen zu sein. Danach habe er Ladungen bekommen. In Frankreich hätten sie eine negative Entscheidung erhalten. Sie seien dann nach Moskau geflogen und von dort mit dem Zug nach Inguschetien gereist. Die Zweitbeschwerdeführerin sei dann vom Freund ihres Mannes nach Tschetschenien gebracht worden. Ihr Mann sei die gesamte Zeit in Inguschetien geblieben. Die Zweitbeschwerdeführerin habe bei ihren Schwiegereltern gewohnt, jedoch auch ihre eigenen Verwandten besucht. Bei der Einreise nach der Rückkehr aus Frankreich habe sie keine Probleme gehabt. Ihre Papiere seien kontrolliert worden und sie durften dann weiter. Die im Jahr 2009 ausgestellte russische Geburtsurkunde ihrer Tochter habe sie telefonisch beantragt und dafür Geld bezahlt. Ihre Kinder hätten dieselben Asylgründe wie sie selbst. Im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat befürchte sie, dass ihr Mann wieder mitgenommen werden könnte und sie nicht mehr, wie hier, als Familie leben könnten. In einem anderen Teil der Russischen Föderation hätten sie nicht leben können, da sie niemanden dort hätten und nicht wüssten, wo sie leben sollten.

Aus einer seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl eingeholten Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 24.08.2016, ergibt sich, dass zwei Berichte hinsichtlich einer Gasexplosion in XXXX im Jahr 2006 gefunden worden seien, jedoch ohne Hinweis auf die Zerstörung eines Kaffeehauses.

7. Im Juni 2018 wurde ein weiterer Sohn des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin, der nunmehrige Sechstbeschwerdeführer, im Bundesgebiet geboren. Für diesen wurde mit Schreiben seiner gesetzlichen Vertreter vom 03.09.2018 ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Am 26.11.2018 wurden der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin abermals vor dem Bundesamt für Fremdenwesen einvernommen und zu ihren Lebensumständen in Österreich sowie ihren aktuellen Rückkehrbefürchtungen befragt.

8. Mit den im Familienverfahren ergangenen angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.11.2018 wurden die Anträge der beschwerdeführenden Parteien auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkte I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation (Spruchpunkte II.) abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkte III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die beschwerdeführenden Parteien eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkte IV.) sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkte V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ausgesprochen, dass die Frist für deren freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkte VI.).

Die Behörde stellte die Staatsangehörigkeit, Religion und Volksgruppenzugehörigkeit sowie die Identität der beschwerdeführenden Parteien fest.

Es habe nicht festgestellt werden können, dass den beschwerdeführenden Parteien im Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende aktuelle Verfolgung drohe. Ebensowenig habe eine sonstige Bedrohungslage festgestellt werden können

Zur fehlenden Glaubwürdigkeit der vom Erstbeschwerdeführer vorgebrachten Fluchtgründe wurden die folgenden näheren Ausführungen getroffen:

„Zu Ihrem Vorbringen ist auszuführen, dass es im Asylverfahren nicht ausreicht, dass Sie Behauptungen aufstellen, sondern müssen diese glaubhaft machen. Dazu muss Ihr Vorbringen in gewissem Maß substantiiert und nachvollziehbar sein, die Handlungsabläufe den allgemeinen Lebenserfahrungen entsprechen und auch Sie persönlich glaubwürdig auftreten.

Ihre Aussagen entsprechen aber diesen Anforderungen nicht.

So gaben Sie bei der Erstbefragung an, dass seit Ihrer Rückkehr aus Frankreich im Jahr 2011 immer wieder Ladungen zu Ihren Familienangehörigen kamen und Ihre Eltern ständig von russisch/tschetschenischen Behörden aufgesucht wurden Widersprüchlich dazu schilderten Sie in der Einvernahme vom 04.03.2014, dass Sie bei Ihrer Rückkehr von Frankreich im Jahr 2011 ohne jegliche Schwierigkeiten in die Heimat einreisen konnten und Sie auch in Inguschetien die nächsten 2 Jahre ohne jegliche Vorfälle leben konnten.

Ebenso erscheint die Schilderung der Mitnahme durch die Militärs fragwürdig, dahingehend dass Sie diese als Militärs bezeichneten und angaben, ein Emblem auf dem Ärmel mit dem Foto von Kadyrows Vater erkannten zu haben. So wird von Ihnen bei einer ergänzenden Nachfrage widersprüchlich angegeben, dass Sie die Männer nicht beschreiben könnten, da Sie zu dem Zeitpunkt geschockt waren und schliefen. Sie beschrieben nachgefragt die Männer mittels schwarzer Maske sowie schwarzer Uniform. Als Besonderheit gaben Sie an, irgendwas Gelbes auf der Brust gesehen zu haben. Hierbei wäre anzumerken, dass Sie bezüglich dieser Männer unterschiedlichste Angaben machen. So schilderten Sie, dass die Männer russisch gesprochen hätten, in weiterer Folge gaben Sie an von Tschetschenen geschlagen worden zu sein.

Nicht nachvollziehbar ist weiters, dass Sie trotz eines Ausreiseverbotes, welches Ihnen nach dieser Sitzung, wie Sie es nennen, übergeben wurde, die illegale Ausreise aus Tschetschenien wählten, obwohl Sie als Verdächtiger geladen worden sind, wäre wohl zu erwarten gewesen, eine weniger auffällige Ausreise zu wählen, insbesondere da Ihnen klar gewesen sein muss, dass Sie offensichtlich Kontrollposten passieren müssten, ebenso auf der Fahrt von Tschetschenien in die Ukraine. Zumindest musste Ihnen bewusst gewesen sein, dass Grenzkontrollen möglich und wahrscheinlich sind, dass Sie trotzdem die geschilderte Form der Ausreise gewählt haben, spricht gegen die von ihr dargelegte große Angst vor Verfolgung durch die Behörde.

Völlig unplausibel ist, dass Sie bei Ihrer Einreise in die Heimat, nach erfolgter Rückkehr aus Frankreich, keinerlei Prolbeme mit den Behörden hatten, obwohl laut Ihren Angaben nach Ihnen in der Heimat gesucht wurde und auch immer wieder Ladungen gekommen seien. So entspricht es nicht der Vorgangsweise von Behörden, dass zwar nach jemand im Heimatort gesucht werde, jedoch bei einer Grenzkontrolle keinerlei Beanstandungen oder Massnahmen gesetzt werden.

Auch mutet es eigenartig an, dass Sie so wenig Interesse zeigen, an der Beschaffung von Beweismittel in Form von den Ladungen, die Ihrer Festnahme zu kommen. Es wurde von Ihnen lediglich vorgebracht, es gäbe in der Heimat genügend Ladungen und es seien im Laufe der Jahre immer wieder welche gekommen, doch haben Sie sich in der Zeit Ihres Aufenthaltes nicht darum bemüht, diese zu erlangen. Erst nach Aufforderung ließen Sie sich 2 Ladungen faxen, in Original wurden diese bis dato nicht vorgelegt. Von Ihnen wurde dieser Umstand dahingehend mittels nicht wissen, dass Sie Beweise für Ihre Fluchtgeschichte vorlegen können, abgetan. Dies ist dahingehend schon unverständlich, da Sie jedoch angeben, während Ihres Asylverfahrens in Frankreich mehrere Beweise vorgelegt zu haben.

Bei einer neuerlichen Befragung am 11.08.2016 wurden von Ihnen nach Aufforderung neuerlich 2 handschriftliche Ladungen, datiert mit 29.08.2014, und 14.04.2014 vorgelegt. Diese Ladungen wurden Ihnen laut Poststempel am 12.03.2015 von Inguschetien übermittelt. Ebenso wurde aufgrund Ihrer gemachten Angaben bei der Befragung eine Anfrage bei der Staatendokumentation gestartet. Dabei schilderten Sie, dass es im Jahr 2006 eine Explosion in Ihrem Heimatdorf gab, und Sie danach beschuldigt wurden daran beteiligt gewesen zu sein. Die Anfrage bei der Staatendokumentation ergab hierbei folgendes: „Es wurde jeweils der Monat November 2006 in der Jamestown Foundation nach Vorfällen durchsucht. Hier die Publikationen: North Caucasus Weekly, Eurasia Daily Monitor und der Terrorism Monitor.

Weiters wurde nach XXXX 2006 Explosionen/Vorfällen etc gesucht, auch in englischer und russischer Sprache. Hier konnten zwei Artikel zu Gasexplosionen gefunden werden, jedoch ohne Hinweis auf die Zerstörung eines Kaffeehauses.

Auch die Newsline von RFE/RL vom November 2006 wurde durchsucht – ohne Ergebnis.“

Es erscheint daher für die Behörde fragwürdig, warum Sie nach mehreren Jahren noch immer eine Ladung nachhause geschickt bekommen sollten, insbesondere, wo Sie bereits im Jahr 2007 das erste Mal Ihr Heimatland für mehr als 4 Jahre verlassen hatten. Bei Ihrer Rückkehr in die Heimat gaben Sie an, problemlos eingereist zu seien. Auch gab es keine behördlichen Probleme. Sie verlieben dann noch 2 Jahre bis Sie sich entschlossen im Jahr 2013 neuerlich das Land zu verlassen.

In Bezug auf die von Ihnen vorgelegten Ladungen wäre zu bemerken, dass diese handschriftlich ergingen, der Behördenstempel nur teilweise auf der Ladung war. Auch die Form dieser Ladungen scheint eher fragwürdig, da Sie an den Rändern Abrisse aufweisen.

Zudem ist aus Sicht der Behörde nach der allgemeinen Lebenserfahrung das primäre Ziel einer Person, welche persönlich asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt ist, die Heimat unverzüglich und auf schnellstem Weg zu verlassen. Stattdessen sind Sie erst 2 Jahre später wieder ausgereist. Auch konnte Ihre Ehefrau in Ihr Heimatdort reisen, und Sie dann immer wieder besuchen.

Es Ihnen nicht gelungen eine asylrelevante Verfolgung geltend bzw. glaubhaft zu machen. Zudem wäre selbst bei Wahrheitsunterstellung einer Bedrohung Ihrer Person, diese lediglich Regional in Tschetschenien gegeben und würde sich nicht auf das ganze russische Staatsgebiet erstrecken.

Eine Gefährdung bzw. Verfolgung aufgrund Ihrer Volks- bzw. Religionszugehörigkeit haben Sie negiert und konnte auch aus den Länderinformationen nicht entnommen werden. Die von Ihnen behauptete Diskriminierung wegen dieser Zugehörigkeit, ist jedoch keine Gefährdung im Sinne des GFK.

Die Behörde geht daher insgesamt davon aus, dass Sie einzig und allein nur deshalb nach Österreich gekommen sind, um hier ein besseres Leben führen zu können. Dieses „bessere Leben“ bezieht sich unverkennbar auf wirtschaftliche Belange sowie auch auf die besseren sozialen Leistungen und die vielfältigen Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten.

Sonst sind im gesamten Verfahren keinerlei weitere Anhaltspunkte hervorgekommen, die auf eine mögliche Asylrelevanz der behaupteten Furcht vor Verfolgung im Herkunftsstaat hindeuten würden.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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