TE Bvwg Erkenntnis 2021/1/27 W116 2233863-1

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Veröffentlicht am 27.01.2021
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Entscheidungsdatum

27.01.2021

Norm

BDG 1979 §118 Abs1
BDG 1979 §43 Abs2
BDG 1979 §43a
BDG 1979 §44 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2 Z1

Spruch


W116 2233863-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Mario DRAGONI über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch RA Mag. Andreas BERCHTOLD, gegen den Bescheid der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 01.07.2020, GZ. 44174/3-DK/3/20, betreffend Suspendierung nach mündlicher Verhandlung 18.12.2020 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer steht als Exekutivbeamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Republik Österreich. Bis zu seiner Suspendierung versah er seinen Dienst als stellvertretender Leiter des Assistenzbereiches XXXX (EGS) des Landeskriminalamtes Steiermark.
2.         Mit Schreiben vom 02.06.2020 erstattete sein Vorgesetzter nach umfangreichen Erhebungen gegen den Beschwerdeführer eine Disziplinaranzeige wegen dem Verdacht zahlreicher Dienstpflichtverletzungen.

3.       Auf deren Grundlage wurde der Beschwerdeführer mit beschwerdebezogenem Bescheid der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 01.07.2020 gemäß § 112 BDG 1979 vom Dienst suspendiert. Der Spruch lautet (im Original, anonymisiert):

„Der stellvertretende Kommandant des Assistenzbereichs X, Abteilungsinspektor F, wird wegen des Verdachtes der Begehung schwerwiegender Dienstpflichtverletzungen, welche das Ansehen des Amtes und wesentliche dienstliche Interessen gefährden, gemäß § 112 Abs. 1 Ziffer 3, Abs. 2 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333/1979 in der geltenden Fassung, vom Dienst suspendiert.

Der stellvertretende Kommandant des Assistenzbereichs X, Abteilungsinspektor F ist verdächtig:

1.       Er habe in seiner Funktion als stellvertretender Kommandant, im Dienst, im Zeitraum von 01. Oktober 2014 bis 21. Jänner 2020, seinen zu den einzelnen Tatzeiten urlaubs- bzw. freizeitbedingt abwesenden Vorgesetzten Cheflnsp M, bei Dienst- oder Einsatzbesprechungen mit nachgeordneten Polizeibeamten, oder bei Vorstellungsgesprächen mit neu dienstzugeteilten Mitarbeitern beschimpft, sowie herabgewürdigt und dadurch seine menschliche Würde verletzt, indem er ihn als „Arsch“, „Dodl“, „Wichser“, „Trottel“, „Depp“, „Idiot“ oder „Fürst der Finsternis“ bezeichnete, der von „nichts eine Ahnung habe und den nichts interessiere“ und zwar gegenüber

a.       Bezlnsp K, ab 01.10.2014 und danach über Jahre,

b.       Revlnsp S, in den Tagen nach seinem Dienstantritt am 01.09.2015 und danach wiederholt bis 31.08.2019,

c.       Bezlnsp H, ab 01.03.2016,

d.       Revlnsp M, in den Tagen nach seinem Dienstantritt am 01.05.2017 und danach bis Jänner 2020,

e.       Revlnsp J, ab Mai 2017 bis Jänner 2020,

f.       Revlnsp E, am 02.05.2017 bis Jänner 2020

g.       Revlnsp A, in den Tagen nach seinem Dienstantritt am 01.09.2017 und danach wiederholt bis Jänner 2020,

h.       Revlnsp Sch, am 02.01.2017 und danach wiederholt bis 31.08.2019,

i.       Revlnsp P, einige Tage vor dem 01.04.2018 (Dienstantritt) und danach wiederholt bis Jänner 2020,

j.       Revlnsp T, im September 2019,

k.       Insp R, am 01. Mai 2019,

2.       Er habe in seiner Funktion als Vorgesetzter, im Zeitraum von Ende 2017 bis Anfang 2020, seinen Mitarbeiter Revlnsp M beschimpft, bzw. herabgewürdigt und dadurch seine menschliche Würde verletzt, indem er ihn

a.       bei auftretenden Fragen bei Dienstbesprechungen anstelle einer Antwort sagte, „das ist für dich eh nicht mehr relevant, denn nächsten Monat bist eh schon wieder in Gratwein“, „Du bist mein bester Mann, du bist eh nicht mehr lang da. Ich hebe deine Zuteilung auf,

b.       wegen seines Körpergewichts und seiner Essgewohnheiten verhöhnte und zwar durch Aussagen wie „Iss nicht so viel. Bist eh schon so blad. Du bist so faul. Du bist eh ein fauler Hund. Iss nicht so viel, bist eh schon so dick. Mit dem Elektroroller darfst eh nicht fahren, weilst zu schwer bist.“ „Iss net so viel, kommst eh net mehr von der Couch auf“.

3.       Er habe seinen Mitarbeiter Revlnsp P

a.       am 09. Mai 2019 durch die Drohung seine Dienstzuteilung zur EGS aufzuheben, genötigt vom 09./10. Mai 2019, 20:00 bis 04:00 Uhr einen Überstunden-Dienst zu verrichten, obwohl der Beamte bereits ab 08:00 Uhr Dienst verrichtet hatte und am 10. Mai 2019 ab 06:00 Uhr wieder zu einem 22-stündigen Dienst eingeteilt war, indem er sagte: „Wenn du nicht mehr willst, musst zurück auf die PI L“,

b.       am 16. Jänner 2020, um ca. 24:00 Uhr, ohne Gründe und ohne Rücksprache mit dem Leiter der EGS, sondern lediglich zur Demonstration seiner Macht, vor mehreren Beamten gedroht seine Dienstzuteilung aufzuheben und zwar mit den süffisant gesprochenen Worten „Wie tun wir jetzt mit deiner Zuteilung weiter. Du bist eh nicht da. Heben wir sie gleich auf.

4.       Er habe am 24. Dezember 2019, um ca. 09:00 Uhr, im Dienst, seine Mitarbeiter, Insp Thomas B, Insp M, Insp Johannes W und Insp F, herabgewürdigt und dadurch ihre menschliche Würde verletzt, indem er

a.       anordnete, dass sie mit Radiergummis Schuhabriebspuren von den Böden in den Räumlichkeiten der EGS entfernen, obwohl dies nicht zu deren Aufgaben gehörte und zwar in der Zeit von ca. 09:00 bis 09:45 Uhr und

b.       sie dabei fotografierte sowie diese Fotos - die am Boden kniende und radierende Mitarbeiter zeigen - ohne Zustimmung der Betroffenen in der Zeit von 09:06 Uhr bis 09:13 Uhr, von seinem dienstlich zugewiesenen Mobiltelefon per WhatsApp an insgesamt 26 Personen der WhatsApp Gruppe „EGS AB2017“ übermittelte und zwar bei einem Foto (Insp B) mit den Worten „Dienst zu Weihnachten kann so schön sein“, sowie drei angefügten Clips mit Geschenkpaketen.

5.       Er habe sich am 21. Jänner 2020 - entgegen der ausdrücklichen Weisung des EGS- Leiters Cheflnsp M - im Rahmen einer Begehung der Dienststelle für einen ständigen Besetzungsdienst ausgesprochen.

Der Beamte ist verdächtig Dienstpflichten nach

•        § 43 Abs. 1 BDG, nämlich seine dienstlichen Aufgaben gewissenhaft, treu und unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung zu erfüllen,

•        § 43 Abs. 2 BDG, nämlich in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seines Amtes erhalten bleibt,

•        § 43a BDG, nämlich Mitarbeitern mit Achtung zu begegnen und

•        § 44 Abs. 1 BDG, nämlich die Erlässe und Weisungen seiner Vorgesetzten zu befolgen,

gemäß § 91 BDG schuldhaft verletzt zu haben.“

In der Begründung werden zunächst die einzelnen Vorwürfe aus der Disziplinaranzeige wiedergegeben und in der Folge die Aussagen der dazu vernommen zahlreichen Zeugen der Stellungnahme des Beschwerdeführers gegenübergestellt. In der Folge wird nach Darstellung der angewendeten Rechtsnormen begründend ausgeführt (auszugsweise im Original, anonymisiert):

„… Strafrechtliche Würdigung

Im Hinblick auf Spruchpunkte 1/1 und l/4b liegt der Verdacht der Beleidigung nach §§ 115, 117 Abs. 2 StGB (Ermächtigungs- oder Privatanklagedelikt) vor. Insoweit dem DB im Spruchpunkt l/3a vorgeworfen wird, er habe einem Mitarbeiter mit der Aufhebung seiner Dienstzuteilung gedroht, sollte er nicht bereit sein, einen Nachtdienst zu verrichten, besteht - vor dem Hintergrund der finanziellen Auswirkungen einer Aufhebung einer Dienstzuteilung - der Verdacht der Begehung des Vergehens der Nötigung nach § 105 StGB. Zu Punkt l/4b besteht - im Hinblick des Anfertigens und Versendens (Datenverarbeitung) von Fotos ohne Zustimmung der Betroffenen der Verdacht der Begehung eines Vergehens nach §§ 1 Abs. 1, 63 DSG. Ob ein Anfangsverdacht hinsichtlich der Begehung eines dieser Tatbestände allenfalls vorliegt, wird von der Staatsanwaltschaft und in weiterer Folge allenfalls im strafgerichtlichen Verfahren zu beurteilen sein, an dessen Ausgang die Disziplinarkommission gemäß § 95 Abs. 2 BDG gebunden ist.

Zur Frage der Verjährung

Insoweit zu Spruchpunkt 1/1 einzelne Tatzeiten außerhalb der im § 94 Abs. 1, Ziffer 2 normierten Frist liegen, liegt aufgrund der Gleichartigkeit der Begehungsform (Beschimpfungen), des zeitlichen und räumlichen Zusammenhangs (Tatort), sowie des Adressaten der Tathandlungen (Vorgesetzten), sowie des offenkundigen einheitlichen Willensentschlusses des Täters und seines Gesamtvorsatzes (Beschimpfung, Herabwürdigung des Vorgesetzten) ein fortgesetztes Delikt vor. Verjährung ist daher nicht eingetreten.

Verdacht von Dienstpflichtverletzungen nach § 43 Abs. 1 BDG Punkte I/1, I/3 a und I/4.

Gemäß § 43 Abs. 1 BDG hat der Beamte seine dienstlichen Aufgaben treu, gewissenhaft und engagiert aus eigenem zu erfüllen. Er muss also während der Ausübung seines Dienstes zunächst die Gesetze beachten (Beachtung der geltenden Rechtsordnung-, VwGH 4.9.1990, 88/09/0013), wozu auch das StGB und das DSG gehören und die ihm übertragenen Aufgaben ordentlich erledigen (treu und gewissenhaft), sowie alles unterlassen, was die Interessen des Dienstgebers schädigen könnte. Die „Beachtung der geltenden Rechtsordnung“ bedeutet darüber hinaus, dass der Beamte bei der Erfüllung der dienstlichen Aufgaben gerichtlich strafbare Handlungen zu unterlassen, also sich selbst so zu verhalten hat, dass er nicht Strafgesetze (Verwaltungsgesetze) verletzt. Im Sinne einer treuen und gewissenhaften Dienstverrichtung hat er, als Vorgesetzter von Mitarbeitern für eine gesetzes- und erlasskonforme Vollziehung, bzw. Dienstverrichtung zu sorgen und auch auf die Einsatzbereitschaft seiner Organisationseinheit, bzw. seiner Mitarbeiter zu achten.

Der DB ist zunächst verdächtig, in Ausübung seines Dienstes mehrfach Strafgesetze verletzt zu haben. Wie oben dargestellt, ist er hinsichtlich des Spruchpunktes I/1 und I/4 verdächtig, den Tatbestand der Beleidigung nach § 115 StGB verwirklicht zu haben und zwar unabhängig davon, ob es sich um ein Ermächtigungs- oder Privatanklagedelikt handelt, weil jeder Beamte nach dem Wortlaut des § 43 Abs. 1 BDG in Ausübung des Dienstes die Gesetze zu beachten hat. Dazu gehören auch die strafbaren Handlungen gegen die Ehre, unbeschadet ob die Voraussetzungen einer Anklage (§117 StGB) letztlich gegeben sind. Aus der Aktenlage ergibt sich nämlich, dass der Beamte die Taten im Dienst, in seiner Funktion als stellvertretender Leiter der EGS S - bei Vorstellungsgesprächen, oder Dienstbesprechungen mit Mitarbeitern - vor mehreren Beamten, begangen hat. Zu Spruchpunkt l/3a ist er verdächtig, seinen Mitarbeiter durch die Drohung seine Dienstzuteilung aufzuheben, sollte er nicht bereit sein einen Überstundendienst zu verrichten, im Sinne des § 105 StGB genötigt zu haben. Wenngleich ein Mitarbeiter gemäß § 49 BDG auf Anordnung Überstunden zu verrichten hat, hatte der DB jedenfalls die Bestimmungen der Dienstzeitregelung für die Landespolizeidirektionen zu beachten, wonach - ausgenommen im Falle eines Ausnahmetatbestandes - eine 11-stündige Ruhezeit bis zur neuerlichen Diensteinteilung (Plandienst, Mehrdienstleistungen) einzuhalten ist. Ein solcher Ausnahmetatbestand für ein Unterschreiten der Mindestruhezeit lag mangels einer unaufschiebbaren Amtshandlung unmittelbar vor Dienstende, oder einer besonderen exekutivdienstlichen Lage (Katastrophe, Migrationslage, Terrorlage usw.) nicht vor. Der DB war also nicht berechtigt, derart lange Dienste anzuordnen. Unabhängig einer allfälligen strafgesetzlichen Relevanz ist er verdächtig, seine Treuepflicht schon deshalb verletzt zu haben, weil die Anordnung solch langer Dienste jedenfalls der Fürsorgepflicht gegenüber Mitarbeitern widerspricht und - wegen der einhergehenden Übermüdung des Mitarbeiters - auch geeignet ist, eine ordnungsgemäße Erfüllung der sicherheits- und kriminalpolizeilichen Aufgaben zu gefährden. Gerade bei gefährlichen Einsätzen, denen Mitarbeiter der EGS immer wieder ausgesetzt sind, ist auf eine volle Dienstfähigkeit zu achten. Ein übermüdeter Polizist gefährdet bei kritischen, gefährlichen Amtshandlungen nicht nur sich selbst, sondern auch seine Kameraden. Als Vorgesetzter hätte ihm dies bewusst sein müssen. Der Rechtfertigung des DB, wonach die Einteilung mit Zustimmung des Beamten erfolgt sei und er nicht mit einer Aufhebung der Dienstzuteilung gedroht habe, steht die Aussage des Revlnsp P, sowie weiterer Beamter (z.B. Bezlnsp H) gegenüber, die ebenfalls angaben, der Stellvertreter habe gerne mit der Aufhebung von Dienstzuteilungen „gedroht“, aus der sich derzeit der ausreichende Verdacht der Begehung einer Dienstpflichtverletzung, bzw. Straftat ergibt, sowie die Aufzeichnungen der tatsächlich verrichteten Dienstzeit.

Im Hinblick auf Spruchpunkt 1/4 besteht - neben der Verletzung von Persönlichkeitsrechten nach dem ABGB - derzeit auch der Verdacht der Begehung eines Vergehens nach §§ 1 Abs. 1, 63 DSG, allenfalls auch § 115 StGB. Die Fotos wurden im Dienst, in Ausübung seiner Tätigkeit als stellvertretender Leiter der EGS und unter Verwendung dienstlicher Ressourcen angefertigt. Die Fotos, die der DB - ohne Zustimmung - von seinen Mitarbeitern anfertigte und mit dem Kommentar „So schön kann Dienst zu Weihnachten sein" versah, erinnern an die Diskriminierung und Verächtlichmachung der jüdischen Bevölkerung kurz nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich. Die Anfertigung und Weitergabe der Fotos an insgesamt 26 Mitglieder der WhatsApp Gruppe erfolgte ohne Zustimmung der in putzender und kniender Pose abgebildeten Mitarbeiter des DB und widerspricht auch den Bestimmungen des § 4 Abs. 4 und 5 IKT-Nutzungsverordnung. Demnach darf durch die Benutzung der dienstlich zur Verfügung gestellten Ressourcen kein strafrechtlich relevanter Tatbestand realisiert werden, auch nicht ein Ermächtigungs- oder Privatanklagedelikt. Gemäß § 79d BDG darf die dienstlich zur Verfügung gestellte IKT-Infrastruktur auch nicht missbräuchlich verwendet, oder dem Ansehen des öffentlichen Dienstes schaden.

Der Rechtfertigung des DB, wonach die Anordnung den Boden zu putzen, der Unterstützung der Reinigungskraft gedient, alle Beamten dies freiwillig gemacht hätten und die Veröffentlichung der Bilder in der WhatsApp Gruppe lediglich zu mehr Sorgfalt mahnen sollte (Verhinderung von Beschmutzungen), stehen die vorgelegten Fotos, die die Beamten in entwürdigender Pose zeigen und die Aussagen der betroffenen Beamten, die die Fotos (mit Ausnahme einer Mitarbeiterin) und insbesondere deren Weitergabe, samt einem Kommentar entwürdigend empfanden, gegenüber. Es ist auch nicht die Aufgabe von Polizeibeamten den Boden einer Dienststelle (mit Radiergummis) von Beschmutzungen zu reinigen. Dafür sind Reinigungskräfte heranzuziehen.

Verdacht von Dienstpflichtverletzungen nach § 43 Abs. 2 BDG Punkte l/2a, I/3 und I/4.

Gemäß § 43 Abs. 2 BDG ist der Beamte verpflichtet in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit, aber auch des Dienstgebers in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt. Diese Pflicht verletzt der Beamte immer dann, wenn er durch ein inner- oder außerdienstliches Verhalten bei Dritten Bedenken dagegen auslöst, dass er bei der Vollziehung immer rechtmäßig Vorgehen werde und damit seine Glaubwürdigkeit einbüßt. Das von dieser Bestimmung geschützte Rechtsgut liegt nach Auffassung des VwGH in der allgemeinen Wertschätzung, die das Beamtentum in der Öffentlichkeit genießt, damit in der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und des dafür erforderlichen Ansehens der Beamtenschaft (VwGH 24.11.1997, 95/09/0348; 15.12.1999, 98/09/0212; 18.4.2002, 2000/09/0176);

insofern stellt § 43 Abs. 2 BDG auch eine für alle Beamten gemeinsame Verhaltensrichtlinie dar (VwGH 28.7.2000, 97/09/0324; 16.10.2001, 2000/09/0012) und wird von keinem anderen Tatbestand des Dienstrechts abgedeckt. Wie der Verwaltungsgerichtshof zu § 43 Abs. 2 BDG 1979 bereits wiederholt ausgesprochen hat, lassen die Worte 'in seinem gesamten Verhalten' den Schluss zu, dass hierdurch nicht nur das Verhalten im Dienst gemeint ist, sondern auch außerdienstliches Verhalten, wenn Rückwirkungen auf den Dienst entstehen (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 29.6.1989, ZI. 86/09/0164, sowie vom 31.5.1990, ZI. 86/09/0200 = Slg. N.F. Nr. 13.213/A). Dieser sogenannte Dienstbezug ist dann gegeben, wenn das Verhalten des Beamten bei objektiver Betrachtung geeignet ist Bedenken auszulösen, er werde seine dienstlichen Aufgaben - das sind jene konkreten ihm zur Besorgung übertragenen Aufgaben (besonderer Funktionsbezug), aber auch jene Aufgaben, die jedem Beamten zukommen - nicht in sachlicher (rechtmäßig und korrekt sowie unparteiisch und in uneigennütziger) Weise erfüllen (vgl. dazu z.B. Schwabel/Chilf, Disziplinarrecht der Bundesbeamten, Landeslehrer und Soldaten, zweite Auflage, Fußnote 17 zu § 43 BDG, Seite 7 f). Dabei ist von einer typischen Durchschnittsbetrachtung auszugehen. § 43 Abs. 2 BDG ist in mehrfacher Hinsicht tangiert; dazu ist folgendes auszuführen:

Der DB ist verdächtig, in Ausübung seines Dienstes mehrfach gegen Strafgesetze (§§ 105, 115 StGB und § 63 DSG) verstoßen und sich im Umgang mit Mitarbeitern eines herabwürdigenden - an Methoden der Nazizeit erinnernde - Handlungsweisen bedient zu haben. Die Anordnung an Exekutivbedienstete Verunreinigungen des Bodens mittels Radiergummis zu entfernen stellt - nach Ansicht des erkennenden Senates - schon per se einen Missbrauch seiner Befugnisse als Vorgesetzter dar. Dass er seine Mitarbeiter dabei noch fotografierte und die Fotos mit einem süffisanten, die Mitarbeiter lächerlich machenden Kommentar versah und in eine WhatsApp Gruppe (26 Personen) stellte, ist in der Spruchpraxis der Disziplinarkommission im Bundesministerium für Inneres einzigartig. Er ist verdächtig, seine Stellung als Vorgesetzter zur Demonstration seiner Macht gegenüber Mitarbeitern schamlos ausgenutzt und diese durch die Veröffentlichung der Fotos herabgewürdigt und sich über sie lächerlich gemacht zu haben. Dass er Mitarbeitern - wie sich aus der Aktenlage mehrfach ergibt - wiederholt drohte, deren Dienstzuteilung aufzuheben (vgl. dazu auch Spruchpunkt l/2a und l/3a, b) weist deutlich auf sein Bestreben Macht über Mitarbeiter zu demonstrieren, hin. Es handelt sich also - nach derzeitiger Verdachtslage - um ein schweres, dienstliches Versagen eines Vorgesetzten.

Der DB ist eines Fehlverhaltens verdächtig, welches geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit und des Dienstgebers im Sinne des § 43 Abs. 2 BDG schwer zu erschüttern (DOK 2.3.2005, 113/14-DOK/OO; 3.3.2004, 78/8-DOK/03; 13.10.2004, 73/10-DOK/04). Gerade die uneingeschränkte Integrität des Beamtentums, ihre Unbefangenheit und Verbundenheit mit den rechtlichen Werten ist von besonderer Bedeutung für das Vertrauen des Bürgers in den gesamten Polizei- bzw. Beamtenapparat. Dem Verhalten von Beamten, welche mit wichtigsten Aufgaben der Hoheitsverwaltung betraut sind, kommt daher in der Öffentlichkeit besonderer Stellenwert zu. Der Bürger erwartet sich zu Recht, dass die Polizei ihre Aufgaben - nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und die Bekämpfung der Kriminalität - in kompetenter und effizienter Weise erfüllt. Dazu gehört es, dass Polizeibeamte die von ihnen zu vollziehenden Gesetze selbst einhalten, somit auch nach ethischen und moralischen Gesichtspunkten besonders gesetzestreu sind und sich und sich andererseits auch als Vorgesetzte gegenüber Mitarbeitern vorbildlich verhalten. Machtmissbrauch gegenüber Mitarbeitern, subtile Drohungen deren Dienstzuteilungen aufzuheben, sowie Herabwürdigungen sind nicht nur geeignet Frust zu erzeugen, sondern können auch die Erfüllung der sicherheitspolizeilichen Aufgaben der Polizei zu gefährden.

Verdacht einer Dienstpflichtverletzung nach § 43a BDG Punkte 1/1., I/2. und I/4.

Im § 43a BDG wurde normiert, dass sich alle Bediensteten mit Achtung begegnen müssen und zu einem guten Funktionieren der dienstlichen Zusammenarbeit beizutragen haben. Insbesondere diskriminierende, oder die menschliche Würde verletzendes Verhalten ist zu unterlassen. Der Dienstgeber hat ein unbedingtes Interesse daran, dass in allen Dienststellen ein innerbetriebliches Klima herrscht, welches von gegenseitigem Respekt und Achtung getragen ist. Nur dadurch können Mitarbeiter ihre Leistung erbringen und in diesem diffizilen und schwierigen Umfeld auf Dauer erfolgreich arbeiten. Die in den angeführten Spruchpunkten dargestellten, durch die derzeitigen Erhebungsergebnisse ausreichend belegten Tathandlungen gegenüber seinen Mitarbeitern und Vorgesetzten sind - nach derzeitiger Verdachtslage - jedenfalls geeignet, die menschliche Würde zu verletzen und entwürdigende Arbeitsbedingungen zu schaffen. Die Aussagen über seinen Vorgesetzten (Punkt 1/1.), die er offenbar gegenüber vielen Mitarbeitern und über Jahre machte, sind von Respektlosigkeit getragen, machen die betroffene Person lächerlich und sind möglicherweise auch strafrechtlich relevant (§115 StGB). Jedenfalls sind derartige beleidigende Aussagen geeignet, diesen Vorgesetzten vor Mitarbeitern zu diffamieren, dessen Autorität zu untergraben und ihn insgesamt der Lächerlichkeit preiszugeben.

Der stellvertretende Leiter einer großen Dienststelle, an der auch - wie sich aus der Aktenlage ergibt - viele junge Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen Dienst versehen, muss in seinem gesamten Verhalten darauf achten, professionell, besonnen und vorurteilsfrei aufzutreten sowie insgesamt ein Vorbild zu sein. Ein stellvertretender Kommandant, der sich - wie in den Spruchteilen 1 und 2 ausgeführt - nahezu gegenüber allen Mitarbeitern negativ, bzw. herablassend über seinen unmittelbaren Vorgesetzten auslässt und diesen über Jahre hindurch als „Wichser“, „Trottel“, „Idiot“, „Depp“ usw., bzw. als „Fürst der Finsternis“ beschimpft, sich über die Essgewohnheiten, bzw. das Aussehen (Körpergewicht) von Mitarbeitern lustig macht und sie durch das Versenden von Fotos, welche sie in entwürdigenden Posen, nämlich beim Putzen des Bodens mit Radiergummis zeigen, verhöhnt, lässt jegliches, von einer Führungskraft zu erwartendes vorbildliches Benehmen vermissen. Die DK vermag der - soweit er sich zu den Vorwürfen überhaupt äußerte - Rechtfertigung des DB, wonach er alles nur scherzhaft gemeint habe (in Bezug auf Revlnsp MAYR), oder die Veröffentlichung der Fotos in der WhatsApp Gruppe zu mehr Sorgfalt bei der Verhinderung von Verschmutzungen dienen sollte, nicht zu folgen. Allein sein Kommentar „Dienst zu Weihnachten kann so schön sein“ verweist nach derzeitiger Verdachtslage auf seine Intention, seine Mitarbeiter lächerlich zu machen, bzw. seine Machtposition zu demonstrieren, hin. Das Verhalten des DB entspricht keinesfalls den gesetzlichen Vorgaben, nämlich sich im Umgang untereinander eines achtungsvollen Umgangs zu bedienen. Dabei ist auch die Funktion des DB zu berücksichtigen, dem als stellvertretenden Leiter eines wichtigen Assistenzbereichs ein maßgeblicher Einfluss auf die Führung der Dienststelle zukommt. Sein diskriminierendes Verhalten gegenüber Mitarbeitern und seine beharrlichen, jahrelang praktizierten Beschimpfungen seines Vorgesetzten, sind - nach Meinung des erkennenden Senates - jedenfalls geeignet, die menschliche Würde zu verletzen und Arbeitsbedingungen zu schaffen, die den Intentionen des Dienstgebers völlig widersprechen.

Verdacht einer Dienstpflichtverletzung nach § 44 Abs. 1 BDG Punkte l/3a und I/5.

Gemäß § 44 Abs. 1 BDG hat der Beamte die Weisungen seiner Vorgesetzten zu befolgen. Das bedeutet, dass er sowohl die vom Bundesministerium für Inneres verlautbarten Erlässe, sowie auch schriftliche Befehle der zuständigen Landespolizeidirektion und schriftliche oder mündliche Befehle/Dienstaufträge seiner Vorgesetzten zu befolgen hat. Gerade die Befolgung von Weisungen ist in einer Sicherheitsbehörde Voraussetzung dafür, eine dem gesetzlichen Auftrag entsprechende Erfüllung der sicherheits- und kriminalpolizeilichen Aufgaben zu garantieren. Wie auch das Bundesverwaltungsgericht wiederholt entschieden hat, zählen Verletzungen der Dienstpflicht nach § 44 Abs. 1 BDG zu den schwerwiegenden Verfehlungen gegen die grundlegendsten Pflichten im Rahmen eines jeden Beamtendienstverhältnisses und ist die Befolgung von dienstlichen Anordnungen für den ordnungsgemäßen sowie effizienten Ablauf des Dienstes von essentieller Bedeutung (57/8-DOK/08 vom 11.11.2008).

Zu Punkt l/3a.

Gemäß der oben angeführten Erlasslage ist zwischen zwei Diensten und zwar egal ob Plan- oder Überstundendienst eine mindestens 11-stündige Ruhezeit einzuhalten. Der Sinn dieser Bestimmung liegt darin, bestimmte Mindest-Erholungsphasen zu gewährleisten und dadurch langfristig die Einsatzbereitschaft der zugewiesenen Polizeibeamten sicherzustellen. Die mit einer zu langen Diensteinteilung zwangsläufig verbundene Übermüdung kann sowohl den betroffenen Mitarbeiter selbst, als auch andere Exekutivbedienstete, die sich bei gefährlichen Einsätzen auf seine volle Einsatzfähigkeit verlassen müssen, gefährden. Die Rechtfertigung des DB, wonach bereits in der Ausschreibung für eine Dienstverrichtung in der Sondereinheit EGS ein hohes Maß an Einsatzbereitschaft gefordert werde, vermag daran nichts zu ändern. Hohe Einsatzbereitschaft und körperliche Belastungsfähigkeit stellt keinen Freibrief für Vorgesetzte dar, über Mitarbeiter nach Gutdünken zu verfügen. Es ist die Aufgabe des Vorgesetzten, die vorhandenen personellen Ressourcen effizient, nach Maßgabe der Wichtigkeit des jeweils zu erfüllenden Auftrages, einzusetzen. Wenn das Personal dafür nicht ausreicht, hat er sich um entsprechende Verstärkung zu bemühen, oder die Einsätze entsprechend zu reihen. Es ist nicht vertretbar einen Mitarbeiter - selbst wenn dieser freiwillig zustimmen würde - innerhalb eines Zeitraumes von 44 Stunden zu 42 Stunden Dienst einzuteilen.

Zu Punkt 5.

Aus der vorliegenden Aktenlage ergibt sich, dass der Leiter der EGS keinen ständigen Besetzungsdienst für die Dienststelle wünschte, was dem DB offensichtlich auch bekannt war. Der Kommandant hat damit innerhalb seiner Organisationskompetenz gehandelt und war seine Weisung zu beachten, egal ob der DB damit einverstanden war, oder nicht. Aus dem angefertigten Protokoll der Begehung ergibt sich hingegen, dass der DB die Einrichtung eines solchen ständigen Besetzungsdienstes empfahl. Er ist verdächtig, sich über die Weisung seines Vorgesetzten hinweggesetzt zu haben. Die mündliche Verhandlung wird ausreichend Gelegenheit bieten, sich mit der Weisung und der Rechtfertigung des DB auseinanderzusetzen.

Zum Vorliegen der Voraussetzung des § 112 Abs. 1 Ziffer 3 BDG

Der erkennende Senat ist der Meinung, dass sich aus dem dargestellten Verhalten des Disziplinarbeschuldigten der Verdacht von schwerwiegenden Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 112 Abs. 1 Ziffer 3 BDG ergibt, die seine Suspendierung zwingend notwendig machen. Ausgehend von den jahrelangen, systematischen Herabwürdigungen, bzw. Beschimpfungen seines Vorgesetzten (Spruchpunkt 1), sowie eines weiteren Mitarbeiters (Spruchpunkt 2), seiner Drohung gegenüber Revlnsp P (Spruchpunkt 3.), sowie seines Verhaltens im Zusammenhang mit der Verspottung mehrerer untergebener Bediensteter (Spruchpunkt 4b), liegt der Verdacht der Begehung von schweren Dienstpflichtverletzungen vor, die - neben der möglichen strafrechtlichen Relevanz - auf ein fehlendes Unrechtsbewusstsein im Hinblick auf ein angemessenes Benehmen gegenüber Vorgesetzten und Mitarbeitern hindeuten und ihn als Führungskraft derzeit untragbar waren. Der DB scheint sich in seiner Rolle als stellvertretender Leiter einer Sondereinheit völlig überschätzt zu haben und vermeinte willkürlich Macht über seine Untergebenen ausüben zu dürfen. Sein Verhalten ist - nach derzeitiger Verdachtslage - unerträglich, und eines Polizeibeamten, dem als Führungskraft auch Mitarbeiter zugewiesen sind, unwürdig.

Der Disziplinarbeschuldigte erweckt derzeit den Eindruck eines Beamten, der seine Vorgesetztenfunktion in dramatischer Weise dazu missbraucht Macht über Mitarbeiter auszuüben und diese herabwürdigend zu behandeln, bzw. zu verspotten (Spruchpunkt 4.). Er ist der Begehung von Dienstpflichtverletzungen verdächtig, die im Bereich des Bundesministeriums für Inneres wenige Beispiele haben und die alle in Zusammenhang mit seiner dienstlichen Funktion stehen. Er ist verdächtig, sowohl die Straftaten, als auch die sonstigen Dienstpflichtverletzungen überwiegend in seiner Funktion als Vorgesetzter und im Dienst begangen zu haben. Aufgrund der Vielzahl an massiven Vorwürfen, die gegen ihn bestehen und welche hinsichtlich des Spruchpunktes 1. jahrelang wiederholt begangen wurden, würde sein weiterer Verbleib, sowohl wesentlichen Interessen des Dienstes zuwiderlaufen, als auch das Ansehen des Amtes schädigen. Dem kann nur durch die Suspendierung des Beamten begegnet werden.

Wesentliche Interessen des Dienstes

Der Disziplinarbeschuldigte ist als stellvertretender Leiter einer größeren Sondereinheit mit bis zu 30 Mitarbeitern tätig. Er ist also eine Führungskraft der mittleren Ebene, dessen Tätigkeit unmittelbare Auswirkungen auf die Dienststelle selbst hat. Seiner Funktion kommt grundsätzlich eine hohe Bedeutung vor, weil die zentrale Aufgabe einer EGS die Bekämpfung der Straßen- Drogen- und Kleinkriminalität ist, die nahe am Bürger agiert und dadurch für die Allgemeinheit besonders wahrnehmbar ist. Verstärkt wird seine Rolle innerhalb der EGS Steiermark dadurch, weil er - wie sich aus der Aktenlage ergibt - seine Leitungsfunktion sehr aktiv wahrgenommen hat und z.B. auch Aufnahmegespräche mit Mitarbeitern führte, bzw. Einsätze und Dienstbesprechungen leitete. Auch gegenüber seinen Mitarbeitern suggerierte er, der eigentliche Kommandant dieser Dienststelle zu sein, weil ja der Chef ohnehin unfähig sei. Insgesamt hat er eine verantwortungsvolle Tätigkeit inne, deren korrekte Ausübung für eine erfolgreiche polizeiliche Arbeit wichtig ist. Dies setzt naturgemäß voraus, dass ein Kommandant selbst integer, vollkommen mit den rechtlich geschützten Werten verbunden und insofern unumstritten ist. Wie oben in Punkt 1. dargestellt, ist er verdächtig, innerhalb eines jahrelangen Zeitraumes beharrlich gegen den Kommandanten gearbeitet, ihn herabgewürdigt, beschimpft und vor vielen Mitarbeitern diskreditiert zu haben. Der Polizeidienst mit seiner grundsätzlich militärischen Struktur lebt aber davon, dass Hierarchien akzeptiert werden und die Führung einer Dienststelle (also Kommandant und Stellvertreter) gemeinsam im Interesse einer erfolgreichen polizeilichen Tätigkeit handelt. Ein stellvertretender Kommandant hat also - was sich bereits aus § 44 Abs. 1 BDG ergibt - seinen Vorgesetzten zu unterstützen. Das Verhalten des DB, steht dieser Verpflichtung diametral gegenüber, weil er seinen Vorgesetzten konsequent und ständig über einen jahrelangen Zeitraum desavouierte. Er hat damit ein Verhalten an den Tag gesetzt, welches ihn derzeit untragbar macht. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass er nicht etwa einmalig, etwa aus einem Disput heraus gehandelt und sich zu einer Beschimpfung hat hinreißen lassen, sondern sich über einen teilweise mehrjährigen Zeitraum (Punkt 1.) eines entwürdigenden, diskriminierenden und jeglichen Anstand vermissenden Verhaltens - sowohl gegenüber seinem Vorgesetzten (Punkt 1.), als auch gegenüber seinen Mitarbeitern (Punkte 2., 3. und 4.) bedient hat. Sein Auftrag an mehrere Mitarbeiter Verschmutzungen des Fußbodens mit Radiergummis zu beseitigen, die Anfertigung von Fotos darüber und der Versand in eine aus 26 Personen bestehende whats-app Gruppe lässt - sieht man sich z.B. das Foto von Insp B, samt Kommentar „Dienst zu Weihnachten kann so schön sein“, an - unweigerlich Erinnerungen an die diskriminierende und menschenunwürdige Behandlung von Juden während der Zeit des Nationalsozialismus aufkommen, die gezwungen wurden Gehsteige mit Zahnbürsten zu reinigen. Der DB hat hier nicht nur jegliche Grenze des „guten Geschmacks“ überschritten, sondern seine Machtposition in einer beispiellosen Art und Weise missbraucht, um ihm untergebene, teils sehr junge, Mitarbeiter in ihrer Ehre zu kränken. Seine gegenüber Mitarbeitern offenbar häufigen Drohungen, deren Dienstzuteilungen aufzuheben, sowie seine - wohl Beschimpfungen darstellenden - Anspielungen auf die Figur eines Mitarbeiters (Punkt 2.), deren vom DB behauptete Scherzhaftigkeit vom erkennenden Senat nicht erkannt werden kann, ergänzen den Eindruck der Disziplinarkommission nur noch, der DB habe die Kontrolle über sein Verhalten als Vorgesetzter verloren. Bei einem Belassen des DB im Dienst wären - wegen der besonderen Schwere der vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen, welche auf eine deutlich gestörte Einstellung des Beamten zu den rechtlich geschützten Werten hinweisen - insgesamt wesentliche dienstliche Interessen gefährdet, nämlich die Ordnung des Dienstbetriebes und das Vertrauen der Öffentlichkeit, aber auch der Mitarbeiter der betroffenen Polizeieinheit. Es liegt nämlich klar auf der Hand, dass ein Vorgesetzter, der solch schwerer mit Vorsatz begangener Dienstpflichtverletzungen konkret verdächtig ist, von unterstellten Polizeibeamten nicht mehr akzeptiert wird und diese ihm auch nicht mehr vertrauen können. Die Gewährleistung eines ordentlichen Dienstbetriebes und die Wiederherstellung des Vertrauens der Allgemeinheit in die Polizei können nur durch seine Entfernung aus dem Dienst gesichert werden. Der Verdacht der Begehung von Dienstpflichtverletzungen unter Ausnutzung seiner sich aus seinen Funktionen ergebenden Möglichkeiten machen seine Suspendierung notwendig. Nach Meinung des erkennenden Senates besteht aufgrund der geschilderten Gesamtumstände dieses Falles und des langen Tatzeitraums die Gefahr, er könnte weitere ähnliche Taten begehen und dabei wieder seine sich aus seiner besonderen Stellung als dienstführender Polizeibeamter ergebenden Möglichkeiten ausnutzen. Nur durch seine Entfernung aus dem Dienstbetrieb, kann zumindest verhindert werden, dass er weitere Dienstpflichtverletzungen begeht. Der DB hat nach derzeitiger Verdachtslage offenbar ein Klima der Angst in seiner Dienststelle erzeugt; der Schutz von Mitarbeitern vor ihm stellt ein wesentliches Interesse des Dienstgebers dar. Ein weiteres dienstliches Interesse an seiner Suspendierung ergibt sich daraus, dass ausgeschlossen werden muss, dass durch seinen Verbleib im Dienst die Erhebungen gegen ihn behindert und Mitarbeiter unter Druck gesetzt werden. Ein Verbleib im Dienst, und zwar egal wo und in welcher Funktion, würde von Mitarbeitern als Signal verstanden werden, dass der Dienstgeber die Vorwürfe nicht ernst genug nimmt und derartige Verhaltensweisen bagatellisiert.

Ansehen des Amtes

Eine Belassung des Disziplinarbeschuldigten im Dienst wäre aufgrund der Schwere der Vorwürfe mit einer massiven Schädigung des Ansehens des Amtes verbunden, zumal die bestehende Verdachtslage im besonderen Maße geeignet ist, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Polizei - aber auch das Vertrauen zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer - wesentlich zu beeinträchtigen. Bei einem Verbleib im Dienst wäre - wegen des bedenklichen Ausmaßes der vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen, welche auf eine deutlich gestörte Einstellung zu den rechtlich geschützten Werten und seiner Dienstauffassung hinweisen - das Ansehen des Amtes nicht bloß gefährdet, sondern wesentlich beeinträchtigt. Letztlich würde eine weitere Dienstverrichtung ein fatales Signal an die Öffentlichkeit, aber auch an andere Beamte vermitteln; es entstünde der Eindruck, die Polizeibehörden stünden exzessiven Beschimpfungen/Beleidigungen, bzw. Demütigungen von Mitarbeitern nachsichtig gegenüber und würden Dienstpflichtverletzungen, die unter Ausnutzung der besonderen Möglichkeiten der Führungsfunktion realisiert werden, (z.B. Abhängigkeit von Mitarbeiterinnen, Möglichkeit Weisungen zu erteilen) quasi bagatellisieren und nicht so ernst nehmen. Seine wiederholt begangenen Taten lassen auf ein völliges Fehlen von moralisch/ethischen Werten schließen und vermuten, dass er sich quasi das Recht herausnimmt seine Mitarbeiter als „Untertanen“ zu behandeln. Eine weitere Belassung im Dienst und zwar egal in welcher Funktion wäre ein fatales Signal, weil damit mangelnde Sensibilität des Dienstgebers selbst gegenüber derartigem, wiederholtem Fehlverhalten zum Ausdruck gebracht werden würde. Nur durch die Entfernung aus dem Dienst wird klar signalisiert, dass der Dienstgeber kein Verständnis für ein derartiges Verhalten hat. Der Senat ist der Meinung, dass nur durch diese Maßnahme das Vertrauen der Dienstnehmer, aber auch des von den Beschimpfungen im besonderen Maße betroffenen Leiters der EGS, in den Dienstgeber hergestellt werden kann. Nur dadurch wird klargestellt, dass bei derartigem Fehlverhalten eine angemessene Reaktion des Dienstgebers erfolgt und nur dadurch kann erreicht werden, dass sich betroffene Mitarbeiter überhaupt trauen, derartige Handlungen anzusprechen, bzw. zu melden. Bei einem Verbleib des Disziplinarbeschuldigten im Dienst würde man in der Öffentlichkeit das ohnehin verbreitete Klischee bedienen, dass unkündbaren Beamten nichts passieren könne. Solches widerspricht den elementaren Interessen des Dienstgebers, der unbedingt darauf zu achten hat, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die Verwaltung und hier vor allem in die Polizei, erhalten bleibt. Eine weitere Dienstverrichtung würde in der Öffentlichkeit, aber auch bei Mitarbeitern schlicht auf Unverständnis stoßen und ein peinliches Bild der Polizei abgeben.

Sollte sich der gegen den DB bestehende Verdacht tatsächlich in seinem wesentlichen Umfange bestätigen, wird die Disziplinarkommission zu prüfen haben, ob das Vertrauen der Allgemeinheit und des Dienstgebers in die rechtmäßige Erfüllung seiner Aufgaben als Beamter der Bundespolizei überhaupt noch gegeben ist. Aufgrund der vorgeworfenen Verhaltensweisen, ergibt sich nach derzeitiger Verdachtslage das äußerst bedenkliche Bild, eines mit den rechtlichen Werten nur unzureichend verbundenen Beamten, der beständig und konsequent gegen die Interessen seines Dienstgebers arbeitete. Die vorliegenden massiven Verdachtsmomente führen derzeit zu einer negativen Prognose für die weitere dienstliche Tätigkeit des Disziplinarbeschuldigten, die seine Suspendierung als präventive Maßnahme - vor der endgültigen Klärung der Frage, ob er die Taten (Dienstpflichtverletzungen) tatsächlich begangen hat - zwingend notwendig macht. Der Dienstbehörde ist es derzeit nicht zumutbar den Disziplinarbeschuldigten weiterhin im Dienst zu verwenden.“

4.       Mit Schriftsatz vom 28.07.2020 brachte der Beschwerdeführer über seinen rechtlichen Vertreter dagegen rechtzeitig eine Beschwerde ein. Darin wird der Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhalts zur Gänze angefochten. Dazu wird zunächst ausgeführt, dass von der Disziplinarkommission beim BMI gegen den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 01.07.2020 wegen gegenständlicher Vorwürfe ein Einleitungsbeschluss erlassen worden sei. Der Disziplinarbeschuldigte habe zur Anzeige am 17.6.2020 eine schriftliche Stellungnahme abgegeben, wobei der Disziplinarbeschuldigte darauf verwiesen habe, eine ausführliche Schilderung nach rechtlicher Beratung und Vertretung durch einen Rechtsanwalt abzugeben und in der Folge zu den einzelnen Punkten detailliert Stellung zu nehmen. Die Disziplinarkommission hat die Disziplinaranzeige in der Folge aufgrund des Verdachtes der Begehung von Straftaten auch der Staatsanwaltschaft Graz zur Kenntnis gebracht. 

Der angefochtene Bescheid leide an Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Disziplinarbehörde seien zum Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides die Disziplinaranzeige samt Zeugeneinvernahme, sowie die knappe Stellungnahme des Beschuldigten vorvorgelegen. Die bisher erhobenen Beweisergebnisse, insbesondere die kurze Stellungnahme des Disziplinarbeschuldigten, würden nach Ansicht des Beschwerdeführers nicht ausreichen, um die erfolgte Suspendierung ausreichend zu begründen. Der Beschwerdeführer habe angegeben, zu den einzelnen Vorwürfen nach Rechtsberatung Stellung zu nehmen, was aufgrund des kurzen Zeitraumes zwischen der Stellungnahme und der Erlassung des Suspendierungsbescheides nicht mehr möglich gewesen sei. Die Dienstbehörde hätte vor der erfolgten Suspendierung gemäß § 112 BDG weitere Beweisergebnisse einholen, oder zumindest die Stellungnahme des Beschuldigten abwarten können, um hinreichende Beweisergebnisse zur Beurteilung der Sache zu erhalten. Wenn die belangte Behörde im Suspendierungsbescheid ausführe, dass sich aus dem dargestellten Verhalten des Disziplinarbeschuldigten der Verdacht von schwerwiegenden Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 112 Abs. 1 Z 3 BDG ergäbe, die eine Suspendierung zwingend notwendig machen würden, so nähme sie die Beweiswürdigung des abzuführenden Disziplinarverfahrens vorweg. Es werde übersehen, dass der Disziplinarbeschuldigte seit Jahrzenten ein verdienstvoller Beamter der Landespolizeidirektion Steiermark und seit 1.6.2009 stellvertretender Leiter der EGS sei.

Die dem Disziplinarbeschuldigten nunmehr vorgeworfenen Tathandlungen würden teilweise Jahre zurückliegen und seien nach Ansicht des Beschwerdeführers nicht ausreichend erhoben worden. Es seien in diesem Zusammenhang nur Beamte im Rahmen der Disziplinaranzeige vernommen worden, die die in der Disziplinaranzeige angeführten Fakten bestätigen würden. Beamte, die die herangezogenen Verfehlungen widerlegen könnten, wurden bisher nicht einvernommen worden. Die festgestellten Beweisergebnisse würden daher nach Ansicht des Beschwerdeführers nicht ausreichen, um die Suspendierung ausreichend zu begründen. Der Umstand, dass bis heute ein Strafverfahren nicht eingeleitet worden sei, beweise, dass der Sachverhalt nicht ausreichend erhoben wäre. Zur Beurteilung einer Suspendierung sei auch das Aufsehen in der Bevölkerung mit abzuwägen. Nachdem bisher der Öffentlichkeit keinerlei Beweisergebnisse bekannt geworden seien, sei eine Suspendierung aus diesem Grund nicht notwendig. Die belangte Behörde den Sachverhalt näher erheben müssen, bevor die Suspendierung ausgesprochen werde. Aufgrund der vorgeworfenen jahrelangen Verfehlungen erscheine eine Gefahr im Verzug nicht gegeben.

Der bekämpfte Bescheid leide auch an Rechtswidrigkeit des Inhalts. Im Bescheid führe die Behörde aus, dass der erkennende Senat die Meinung vertritt, dass sich aus dem dargestellten Verhalten des Disziplinarbeschuldigten der Verdacht von schwerwiegenden Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 112 Abs 1 Z3 BDG ergäbe, die eine Suspendierung zwingend notwendig machen. Diese Notwendigkeit werde mit jahrelangen systematischen Herabwürdigungen bzw. Beschimpfungen des Vorgesetzten, sowie eines weiteren Mitarbeiters, Drohungen gegenüber einem anderen Mitarbeiter, sowie Verhalten im Zusammenhang mit einer Verspottung mehrerer untergebener Bediensteter begründet. Diese Vorwürfe würden auf ein fehlendes Unrechtsbewusstsein im Hinblick auf ein angemessenes Benehmen gegenüber Vorgesetzten und Mitarbeitern hindeuten und ihn als Führungskraft derzeit untragbar machen. Ein Belassen des Disziplinarbeschuldigten im Dienst wäre aufgrund der Schwere der Vorwürfe mit einer massiven Schädigung des Ansehens des Amtes verbunden, zumal die bestehende Verdachtslage im besonderen Maße geeignet sei, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Polizei zu beeinträchtigten. Letztendlich komme die belangte Behörde zum Ergebnis, dass sollten sich die gegen den Disziplinarbeschuldigten bestehenden Verdachtsmomente tatsächlich in ihrem wesentlichen Umfang bestätigen, die Disziplinarkommission zu prüfen habe, ob das Vertrauen der Allgemeinheit und des Dienstgebers in die rechtmäßige Erfüllung seiner Aufgaben als Beamter der Bundespolizei überhaupt noch gegeben sei. Dies führe derzeit zu einer negativen Prognose für die weitere dienstliche Tätigkeit des Disziplinarbeschuldigten und würden letztendlich zu dem Ergebnis führen, dass die Suspendierung als präventive Maßnahme noch vor der endgültigen Klärung der Frage, ob er die Taten tatsächlich begangen hat, dringend notwendig mache, weshalb es der Dienstbehörde derzeit nicht möglich wäre, den Disziplinarbeschuldigten weiterhin im Dienst zu verwenden.

Hierzu sei auszuführen, dass sämtliche Vorwürfe den Vorgesetzten oder die Untergebenen des Disziplinarbeschuldigten auf der Dienststelle der EGS betreffen. Es wäre aufgrund des noch nicht geklärten Sachverhaltes, was sich auch aus den Feststellungen im bekämpften Bescheid ergebe, der Dienstbehörde möglich gewesen, den Beschwerdeführer einer anderen Einheit für die Dauer des Disziplinarverfahrens in untergeordneter Position Dienst zuzuteilen, was einerseits die Möglichkeit geboten hätte, den Sachverhalt in angemessener Zeit zu erheben und dem Disziplinarbeschuldigten die Möglichkeit geboten hätte, weiterhin Dienst zu versehen. Die drastische Maßnahme der Suspendierung wäre nicht notwendig gewesen, da auch in der Öffentlichkeit bisher der Sachverhalt nicht bekannt geworden ist. Selbst bei ähnlich gelegten Fällen, bei sogar bereits eingeleitete Strafverfahren wegen Amtsmissbrauch, würden die Disziplinarbeschuldigten im Dienst belassen und lediglich einer anderen Abteilung dienstzugeteilt. Der bekämpfte Bescheid werde daher auch wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben sein. Abschließend wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die Einvernahme von namentlich genannten Zeugen, (jedoch ohne Nennung eines konkreten Beweisthemas) sowie die Aufhebung der beschwerdegegenständlichen Suspendierung beantragt.

5.       Mit Verfügung vom 24.11.2020 beraumte das Bundesverwaltungsgericht in der Sache eine mündliche Verhandlung an, zu der Beschwerdeführer über seinen rechtlichen Vertreter, die belangte Behörde und der zuständige Disziplinaranwalt geladen wurden.

6.        Mit Eingabe vom 03.12.2020 beantragte der Beschwerdeführer über seinen rechtlichen Vertreter die Einvernahme des namentlich genannten stellvertretenden Leiters des Landeskriminalamtes Steiermark zum Beweis dafür, dass eine Suspendierung des Beschwerdeführers aufgrund der ihm zur Last gelegten Dienstvergehen nicht das gelindeste Mittel dargestellt hätte, sondern aufgrund des noch nicht geklärten Sachverhalts auch eine Dienstzuteilung zu einer anderen Einheit bzw. an einen anderen Ort möglich gewesen wäre. Der namhaft gemachte Zeuge wurde in der Folge zur mündlichen Verhandlung geladen.

7.       Am 18.12.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seines rechtlichen Vertreters durch.
Zum ersten Beschwerdepunkt brachte der Beschwerdeführer vor, dass die Disziplinaranzeige am 01.06.2020 verfasst und ihm am 02.06.2020 zugestellt worden sei. Am 17.06.2020 habe er dazu eine kurze Stellungnahme abgegeben und darauf hingewiesen, dass er eine umfangreiche Stellungnahme abgeben werde, sobald ihm ein rechtlicher Vertreter zugwiesen werde. Der beschwerdegegenständliche Bescheid sei dann jedoch bereits am 01.07.2020 erlassen worden, ohne seine weitere Stellungnahme abzuwarten. Sein rechtlicher Vertreter ergänzte, dass der unmittelbare Vorgesetzte des Beschwerdeführers, welcher von den gegenständlichen Vorwürfen (Anschuldigungspunkt 1) unmittelbar selbst betroffen und daher seiner Ansicht nach befangen sei, dem Beschwerdeführer die Anzeige am 02.06.2020 übergeben habe und zwar einen Tag nach seinem Geburtstag. Der Beschwerdeführer ergänzte, dass hier eine gewisse Absicht dahinterstecke. Bereits seit 2014 sind seien sie beide (gemeint er und sein unmittelbarer Vorgesetzter) „ein wenig wie Hund und Katze“.

Auf Vorhalt, dass das BDG grundsätzlich vorsieht, dass der Vorgesetzte bei Vorliegen des Verdachts einer Pflichtverletzung weitere Erhebungen durchzuführen und in der Folge die Disziplinaranzeige zu verfassen hat, dass im gegenständlichen Fall der Vorgesetzte zwar von den in Spruchpunkt I. enthaltenen Vorwürfen selbst betroffen ist, es aber grundsätzlich dennoch kein Problem darstellt, dass er als Vorgesetzter die Disziplinaranzeige erstattet, führte der rechtliche Vertreter aus, dass sie das grundsätzlich auch so sehen würden, allerdings hätte dieser als befangenes Organ die niederschriftlichen Einvernahmen nicht selbst durchführen sollen bzw. dürfen. Nach Ansicht des Beschwerdeführers sei es grundsätzlich etwas Anderes, wenn ein Zeuge von seinem Vorgesetzten einvernommen werde. ZB. habe sich ein Kollege nach seiner Einvernahme telefonisch bei ihm entschuldigt für das, was er bei der Einvernahme gesagt habe. Er habe gesagt, er hätte das machen müssen.

Der rechtliche Vertreter des Beschwerdeführers führte aus, dass sich der Dienstvorgesetzte gemäß § 109 BDG jeder Erhebung zu enthalten und sofort der Dienstbehörde berichten hätte müssen, wenn der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung den Verdacht einer gerichtlich strafbaren Handlung erwecke. Im vorliegende Fall habe die Dienstbehörde den Akt auch zur strafrechtlichen Beurteilung weitergeleitet, weshalb sich der unmittelbare Vorgesetzte des Beschwerdeführers jeglicher Erhebung zu enthalten gehabt hätte.

Dem wurde entgegnet, dass ein Verdacht einer gerichtlich strafbaren Handlung erst auf Grundlage von entsprechenden Beweismitteln zu erkennen ist. Daher werden entsprechende Erhebungen auch für die Erstattung einer Strafanzeige notwendig sein. Darüber hinaus ist nach der Judikatur des VwGH bei Verdacht einer gerichtlich strafbaren Handlung sogar die Erlassung eines Einleitungsbeschlusses zulässig, welcher wiederum eine Disziplinaranzeige vorrausetzt. Im Vorgehen des Vorgesetzten ist daher kein besonderes Problem zu erkennen. Die Strafanzeige ist zudem von der Dienstbehörde nach Vorliegen der Disziplinaranzeige erstattet worden. In der Disziplinaranzeige finde sich noch kein Hinweis auf eine gerichtlich strafbare Handlung.

Zum Beschwerdepunkt, dass die Disziplinarkommission in ihrer Begründung von schwerwiegenden Dienstverletzungen ausgehe und damit die Beweiswürdigung des Disziplinarverfahrens vorweggenommen habe, wurde dem Beschwerdeführer Folgendes vorgehalten: Grundsätzlich hat im Zuge eines Suspendierungsverfahrens keine Würdigung hinsichtlich der Strafbemessung zu erfolgen. Allerdings ist aufgrund der gesetzlichen Voraussetzungen für eine Suspendierung zu prüfen, ob der Verdacht von Pflichtverletzungen vorliegt, die aufgrund ihrer Art oder Schwere eine Suspendierung rechtfertigen. Daher hat sich die Behörde jedenfalls auch mit der Schwere der Pflichtverletzungen – immer im Verdachtsbereich – auseinander zu setzen. Eine Vorwegnahme des Ergebnisses der Disziplinarverhandlung ist damit nicht verbunden.

Dazu brachte der Beschwerdeführer vor, dass sich im Bescheid mindestens zwei Passagen finden würden, die ihn persönlich sehr betroffen gemacht hätten. Konkret meine er jene Stellen, wo die Disziplinarbehörde im Hinblick auf Vorwurf 4 Vergleiche mit Ereignissen des Dritten Reiches anstelle. Diesbezüglich wolle er darauf hinweisen, dass sich aus den Niederschriften klar und deutlich ergebe, dass er keinen Mitarbeiter zum Radieren gezwungen habe oder eine diesbezügliche Weisung gegeben hätte. Er selbst habe sehr viel an der neuen Dienststelle gemacht (Reinigen, Verfugen), weil er wollte, dass sie es schön hätten. Schon Tage zuvor sei von einigen Beamten bereits radiert worden, und zwar ohne Aufforderung. Nach Auffassung des rechtlichen Vertreters komme im Zusammenhang mit dem konkreten Ereignis am 24.12.2019 dazu, dass der Beschwerdeführer eigentlich die Putzfrau unterstützen habe wollen.

Darauf wurde dem Beschwerdeführer vorgehalten, dass sich in den vorliegenden Unterlagen auch keine Anhaltspunkte dafür finden würden, dass ihm vorgeworfen werde, seine Mitarbeiter zum Radieren gezwungen zu haben. Allerdings ergibt sich aus der Judikatur des VwGH, dass eine Weisung eines Vorgesetzten auch dann vorliegend kann, wenn er einen Mitarbeiter höflich ersucht, etwas zu tun, oder fragt, ob er so nett wäre, etwas zu tun. Außerdem seien die dabei gemachten Fotos und der Umstand, dass diese dann mit weiteren Personen und der konkreten Anmerkung geteilt wurden, die eigentliche Grundlage für diesen Vorwurf. Darauf entgegnete der rechtliche Vertreter, dass dieser Vorwurf aber jedenfalls keine Suspendierung rechtfertigen würde.

In der Folge wurde der vom Beschwerdeführer als Zeuge namhaft gemachte stellvertretende Kommandant des Landeskriminalamtes Steiermark befragt.

Dieser gab an, dass er die gegen den Beschwerdeführer erhobenen Vorwürfe grundsätzlich kenne. Konkret habe er einen Aktenvermerk des Assistenzbereichsleiters (Anmerkung: Kommandant der EGS, der unmittelbare Vorgesetzte des Beschwerdeführers) über die gegenständlichen Vorwürfe zur Kenntnis bekommen. Der Abteilungsleiter (Anmerkung: gemeint ist damit der Leiter des Landeskriminalamtes) habe den Aktenvermerk vom unmittelbaren Vorgesetzten des Beschwerdeführers bekommen und diesen dann auch ihm gezeigt, weil er der unmittelbare Vorgesetzte der EGS sei. In weiterer Folge habe der Abteilungsleiter den unmittelbaren Vorgesetzten des Beschwerdeführers beauftragt als Vorgesetzter den Sachverhalt entsprechend zu prüfen und zu klären. Bis die Disziplinaranzeige eingelangt sei, welche ihm ebenfalls vom Abteilungsleiter gezeigt worden sei, habe er mit den Erhebungen nichts zu tun gehabt und sei auch nicht über Zwischenergebnisse informiert worden. Als der Beschwerdeführer suspendiert worden sei, habe er persönlich die Abnahme der Ausrüstungsgegenstände durchgeführt. Dabei habe er sich auch eine Kopie der Disziplinaranzeige gemacht.

Auf Vorhalt, dass der Beschwerdeführer vorbringe, dass seiner Ansicht nach eine Suspendierung nicht notwendig gewesen wäre, weil es auch möglich wäre ihn in einer anderen Position, an einer anderen Dienststelle weiter zu verwenden, was ein mögliches und gelinderes Mittel zur Suspendierung darstellen würde, gab der Zeuge an, dass er diesen Umstand mit dem Leiter des Landeskriminalamtes diskutiert habe. Sie seien gemeinsam der Meinung, dass der Beschwerdeführer in einem anderen Dienst- bzw. Verwendungsbereich des Landeskriminalamtes verwendet werden könnte. Zu dieser Diskussion sei es vor allem im Zusammenhang mit der Ladung gekommen, da sie sich natürlich die Frage gestellt hätten, was hier Gegenstand sein könnte. Deshalb hätten sie sich auch mit diesem Thema auseinandergesetzt. Der Abteilungsleiter und er seien gemeinsam (ausschließlich für den Bereich des Landeskriminalamtes) zu dem Ergebnis gelangt, dass sie den Beschwerdeführer in anderen Positionen verwenden könnte. Das Landeskriminalamt sei Dienstbehörde; konkret sei dafür eine bestimmte Personalabteilung im Landeskriminalamt zuständig. Wenn eine personelle Verschiebung notwendig sei, werde diese von der Personalabteilung verfügt.

Auf die Frage, ob nach Ansicht der Dienstbehörde die Suspendierung hier überzogen sei und ob er kein dienstliches Interesse gefährdet sehe, wenn der der Beschwerdeführer weiter Dienst mache, antwortete der Zeuge, dass sie sich als Dienstbehörde normalerweise bereits bei Einlangen einer Disziplinaranzeige die Frage stellen würden, ob auch eine Suspendierung notwendig sei. Wenn sie gemeinsam mit der Personalabteilung zu dem Ergebnis kommen würden, dass eine Suspendierung notwendig sei, dann würden sie auch eine vorläufige Suspendierung unmittelbar verfügen. Das sei hier nicht passiert. Er hätte sich aufgrund der Disziplinaranzeige erwartet, dass noch weitere Ermittlungsaufträge kommen würden, zB. seien nicht alle Mitarbeiter der EGS befragt worden.

Auf die Frage, weshalb sie das als Dienstbehörde nicht in Auftrag gegeben hätten, führte der Zeuge aus, dass es in der Disziplinaranzeige eine Passage gebe, wo der unmittelbare Vorgesetzte des Beschwerdeführers den Eindruck erwecke, dass er sich in manchen Situationen von der Abteilungsleitung nicht ernst genommen fühlen würde (Beilage 19, zweite Seite, zweiter Absatz, wo er schreibt, dass sie ihn ignorieren würden). Daher hätten sie sich in die Ermittlungen nicht einmischen wollen, um nicht den Eindruck zu erwecken, parteilich zu sein. Er habe bereits angegeben, dass er als unmittelbarer Vorgesetzter nicht direkt informiert gewesen sei; der Vorgesetze des Beschwerdeführers habe alles direkt dem Abteilungsleiter gegeben, dieser habe dann ihn in Kenntnis gesetzt. Eigentlich hätte der Zeuge es direkt vom Vorgesetzten des Beschwerdeführers bekommen müssen. Wenn dieser eine Befangenheit festgestellt hätte, hätte er sich an ihn (den Zeugen) wenden müssen oder an den Abteilungsleiter. Bei der ersten Meldung von allfälligen Pflichtverletzungen des Beschwerdeführers sei im Wesentlichen über die Sache mit dem Radieren die Rede gewesen. Von der Gesamtheit der Vorwürfe hätten sie erst durch die Disziplinaranzeige Kenntnis erhalten. Auf Nachfrage des rechtlichen Vertreters gab der Zeuge an, dass ihm in dem ersten Schreiben vor allem die Sache mit dem Radieren aufgefallen sei, dieser Sachverhalt sei für ihn prägend, über den Rest habe er drüber gelesen.

Auf Nachfrage des rechtlichen Vertreters gab der Zeuge an, dass er seit rund 2012 Vorgesetzter des Beschwerdeführers sei. Auf die Frage des rechtlichen Vertreters, ob es in diesen acht Jahren irgendwelche Schwierigkeiten disziplinärer Natur mit dem Beschwerdeführer gegeben habe, antwortete der Zeuge, dass er 2014 eine Disziplinaranzeige gegen den Beschwerdeführer verfasst habe. Darüber hinaus habe es auch ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren in derselben Sache gegeben, welches jedoch eingestellt worden sei. Daraufhin sei auch das Disziplinarverfahren eingestellt worden. Wenn die Suspendierung aufgehoben werden würde, würden sie ihn an einer Stelle einsetzen, wo er jedenfalls akzeptiert werden würde. Auf weitere Nachfrage, ob er keine wesentlichen Interessen des Dienstes gefährdet sehen würde, wenn der Beschwerdeführer wieder arbeiten komme, antwortete der Zeuge mit „Nein“.

Auf die Frage, ob es sein könne, dass der Zeuge Probleme mit dem unmittelbaren Vorgesetzten des Beschwerdeführers habe, antwortete dieser, dass er persönlich und dienstlich keine Probleme mit ihm hätte; dieser sei halt ein schroffer Mensch, der die Dinge immer gerne ohne Offizier erledige. Damit meine er, dass dieser ihn als seinen Offizier nicht immer gerne einbinde. Er habe schon einige Male mit dem unmittelbaren Vorgesetzten des Beschwerdeführers Diskussionen gehabt, über den einen oder anderen Geschäftsfall, aber das sei auch bei anderen vorgekommen. Der unmittelbare Vorgesetzte des Beschwerdeführers sei jahrelang sein stellvertretender Leiter eines namentlich genannten Teams gewesen, dem der Zeuge vorgestanden habe. Für die damals vom unmittelbaren Vorgesetzten des Beschwerdeführers erbrachte Leistung habe dieser die Wertschätzung des Zeugen.

Auf konkrete Nachfrage gab der Zeuge an, dass er und sein Abteilungsleiter auch keine Gefahr sehen würden, dass ein weiterer Schaden für das Ansehen des Amtes eintreten könnte, wenn bekannt werden würde, dass der Beschwerdeführer trotz der konkreten Vorwürfe bis zur endgültigen Klärung des Sachverhaltes seinen Dienst weiter bei der Polizei versieht. Er empfinde es aber als unpassend, dass das Ganze in die Medien getragen worden sei.

Auf die Frage, wie er jetzt als Vorgesetzter die Stimmung in der EGS-Gruppe beschreiben würde, antworte der Zeuge, dass es seitens der EGS-Leitung nicht gewünscht sei, dass gewisse Informationen an die Abteilungsleitung weitergegeben werden. Die Stimmung sei allerdings gut und es werde nicht über den Sachverhalt diskutiert, zumindest sei ihm nicht bekannt, dass darüber diskutiert werde.

Auf Nachfrage gab der Beschwerdeführer an, dass in der Angelegenheit am 01.07.2020 auch ein Einleitungsbeschluss erlassen worden sei. Das Verfahren sei hinsichtlich einiger der in der Disziplinaranzeige enthaltenen Vorwürfe eingestellt worden. Es sei exakt wegen der gleichen Vorwürfe eingeleitet geworden, die sich auch im Suspendierungsbescheid finden. Ein Rechtsmittel sei dagegen nicht eingebracht worden, der Einleitungsbeschluss sei rechtskräftig.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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