Entscheidungsdatum
04.02.2021Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W140 2239165-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. HÖLLER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Nigeria, vertreten durch RA Dr. Gregor Klammer, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.01.2021, Zl. 513067607/210072877, sowie die Anhaltung in Schubhaft seit 21.01.2021 zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG idgF iVm § 76 Abs. 2 Z 1 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG idgF iVm § 76 Abs. 2 Z 1 FPG idgF iVm § 76 Abs. 3 Z 5 und Z 9 FPG idgF iVm § 76 Abs. 2a FPG idgF wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.
III. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.
IV. Gemäß § 35 Abs. 1 und 3 VwGVG iVm § 1 Z 3 und 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
V. Der Antrag auf Ersatz der Eingabegebühr in der Höhe von € 30,-- Euro wird zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (BF), ein Staatsangehöriger Nigerias, stellte am 18.01.2010 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Mit Bescheid vom 31.01.2011 wurde der Antrag des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz (AsylG) abgewiesen (Spruchpunkt I), der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II), und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen (Spruchpunkt III). Dieser Bescheid konnte nicht rechtswirksam zugestellt werden. Am 22.09.2011 stellte der Beschwerdeführer einen Folgeantrag, welcher vom Bundesasylamt am 06.10.2011 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und die Ausreise nach Nigeria verfügt wurde. Gegen diesen abweisenden Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde an den Asylgerichtshof erhoben, und mit Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 18.10.2011 wurde der bekämpfte Bescheid ersatzlos behoben. Mit Bescheid vom 22.03.2012 wurde der Antrag des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG erneut abgewiesen (Spruchpunkt I), der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II), und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen (Spruchpunkt III). Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 20.12.2012 wurde der Bescheid vom 22.03.2012 behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.09.2013 wurde der Antrag des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I), der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II), und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen (Spruchpunkt III). Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.12.2015, Zl. W211 1421869-3 wurde die Beschwerde betreffend die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 AsylG als unbegründet abgewiesen. Das Verfahren wurde hinsichtlich Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 75 Abs. 20 AsylG zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zurückverwiesen. Mit Bescheid des BFA vom 06.09.2018 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz (FPG) 2005 erlassen (Spruchpunkt II). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV). Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 09.10.2018 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Mit Schreiben vom 06.03.2020 erklärte der Beschwerdeführer, dass er seine Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid zurückziehe. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.04.2020 wurde das Verfahren wegen Zurückziehung der Beschwerde eingestellt.
Am 23.10.2020 stellte der BF erneut einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des BFA vom 14.01.2021 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 23.10.2020 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I). Der Antrag auf internationalen Schutz vom 23.10.2020 wurde hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III). Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt IV). Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V). Gemäß § 55 Absatz 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI). Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 8 Jahr/en befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII). Gemäß § 13 Absatz 2 Ziffer 1 Asylgesetz hat der BF sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 16.12.2010 verloren (Spruchpunkt VIII). Dagegen erhob der BF am 02.02.2021 Beschwerde.
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX , vom 16.12.2010 (RK 16.12.2010) wurde der BF gemäß § 27 Abs 1/1 (8. Fall) und Abs 3 SMG § 15 StGB zu einer
Freiheitsstrafe von 7 Monaten - davon Freiheitsstrafe 6 Monate bedingt - verurteilt.
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX , vom 14.02.2013 (RK 18.02.2013) wurde der BF gemäß §§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (3) SMG zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt.
Mit Urteil des Landesgerichtes für XXXX , vom 28.05.2014 (RK 02.06.2014) wurde der BF gemäß §§ 27 (1) Z 1 1.2. Fall, 27 (2) SMG, §§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (3), 27 (5) SMG § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten verurteilt.
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX , vom 22.05.2019 (RK 22.05.2019) wurde der BF gemäß § 28a (1) 5. Fall SMG, § 28 (1) 1. Fall SMG, § 27 (1) Z 1 1.2. Fall und Abs 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt.
In diesem Urteil wurde u. a. Folgendes ausgeführt:
„(…)Sachverhalt:
XXXX ist schuldig, er hat in Wien vorschriftswidrig Suchtgift
A. / in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich Kokain
I. / im Zeitraum von Mai 2018 bis 21.1.2019 anderen überlassen, und zwar insgesamt 1.000 Gramm brutto mit zumindest 20 % Reinheitsgrad an Cocain an die abgesondert verfolgten (…) und unbekannt gebliebene Suchtgiftabnehmer um € 40,--/Gramm,
II. / mit einem Reinheitsgehalt an Cocain von 36 %, jedenfalls am 21.1.2019 mit dem Vorsatz, dass es in Verkehr gesetzt werde, besessen, und zwar 123,7 Gramm netto;
B. / ab Juli 2018 bis 21.1.2019 zum ausschließlich persönlichen Gebrauch erworben und besessen, und zwar wiederholt Kokain mit dem Wirkstoff Cocain sowie Cannabiskraut mit den Wirkstoffen Delta-9-Tetrahydrocannabinol und THCA.
Strafbare Handlung(en):
XXXX hat hiedurch
zu A./I./: das Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1, fünfter Fall SMG;
zu A./Il./: das Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1, erster Fall SMG;
zu B./: die Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1, erster und zweiter Fall und Abs 2 SMG begangen. (…)
Strafbemessungsgründe:
mildernd: das umfassende Geständnis, die teilweise Sicherstellung des Suchtgifts
erschwerend: die drei einschlägigen Vorstrafen, die 13-fache Überschreitung der Grenzmenge, das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen
Als erwiesen angenommene Tatsachen:
Der Angeklagte hat die im Urteilsspruch angeführten Sachverhalte objektiv begangen, rechnete ernsthaft mit der Verwirklichung des Tatbildes (des Suchtgifthandels, der Vorbereitung von Suchtgifthandel und unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften) und fand sich damit ab.(…)
Der Angeklagte wusste über Art und Qualität des Suchtgifts Bescheid. Dem Angeklagten war bei jedem Verkauf/Weitergabe bewusst, dass durch wiederkehrende Überlassung von für sich genommen kleinen Mengen Wirksubstanz sich diese mit der Zeit immer wieder auf die Grenzmenge übersteigende Mengen summieren und summieren werden, fand sich damit ab und entschloss sich dessen ungeachtet, fortlaufend die im Spruch angeführten Suchtgifte zu verkaufen.(…)“
Der BF wurde am 14.01.2021 durch das BFA einvernommen. Diese Einvernahme gestaltete sich u. a. wie folgt:
„(…) Ihnen wird zur Kenntnis gebracht, dass Sie im Rahmen einer möglichen Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot in Ihre Heimat abgeschoben werden sollen.
Es ist daher zur Sicherung dieser Maßnahmen beabsichtigt, gegen Sie in eventu die Schubhaft zu verhängen, da nicht erkannt werden kann, dass besondere Umstände einer solchen Maßnahme entgegenstehen. Sie wären nicht mit der erforderlichen vorauszusetzenden Sicherheit greifbar. Es ist aufgrund Ihres Vorverhaltens und der sonstigen Ergebnisse im Ermittlungsverfahren davon auszugehen, dass Sie sich der o.a. aufenthaltsbeendenden Maßnahme entziehen könnten. Es ist auch kein Grund zur Annahme gegeben, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann.
LA: Hatten Sie je eine Anmeldebescheinigung, einen Aufenthaltstitel oder ein Visum bzw. sonst irgendein Aufenthaltsrecht für Österreich oder die EU?
VP: Nein.
LA: Haben Sie in Österreich einen Wohnsitz?
VP: Ja.
LA: Sind Sie in Österreich amtlich gemeldet?
VP: Ja in der Sankt Veit Gasse 52.
LA: Wo könnten Sie nach Ihrer Entlassung wohnen?
VP: Ich könnte an dieser Adresse leben, oder bei Marius, meinem Freund.
LA: Sind Sie in Österreich je einer Erwerbstätigkeit nachgegangen – egal ,ob legal oder illegal?
VP: Ja ich habe gearbeitet. Ich war als Escort tätig und ich habe Wertkarte für Telefone verkauft-Nachgefragt- Ja die Tätigkeiten waren immer illegal.
LA: Haben Sie eine Kreditkarte, eine Bankomatkarte oder sonst eine Möglichkeit in Österreich auf legale Art und Weise an Geld zu kommen?
VP: Ich habe eine Bankomatkarte.
LA: Über wie viele Barmittel verfügen Sie?
VP: Momentan habe ich auf meinem Bankkonto kein Geld-Nachgefragt- Ich habe draussen 400 € und hier im Gefängnis habe ich 800 €
LA: Haben Sie in Österreich Familienangehörige?
VP: Nein.
LA: Haben Sie in Ihrem Heimatland Familienangehörige?
VP: Ja meinen Vater, sonst habe ich keine Familieanghörigen in Nigeria.
LA:Wie ist Ihr aktueller Familienstand?
VP: Ich bin ledig.
LA: Willigen Sie in Ihre Abschiebung nach Nigeria ein?
VP: Nein das will ich nicht.
LA: Haben Sie vor, sich Ihrer Abschiebung nach Nigeria zu widersetzen?
VP: Ich kann ja keinen Widerstand leisten.
LA: Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen, was Ihnen wichtig erscheint?
VP: Mein Problem ist, dass ich homosexuell bin und homosexuell zu sein ist in meinem Land nicht erlaubt.
LA: Möchten Sie noch was ergänzen?
VP: Wenn ich in mein Land zurückkehre könnte ich dort nicht bleiben, man würde mich töten. Ich habe auch keine Gefühle für Frauen mehr.(…)“
Mit Bescheid vom 19.01.2021 wurde gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG über den BF die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet (die Rechtsfolgen dieses Bescheides treten nach der Entlassung des BF aus der Strafhaft ein). Der BF befand sich bis 21.01.2021 in der Justizanstalt Korneuburg. Der BF befindet sich seit 21.01.2021 (08:01 Uhr) in Schubhaft.
Mit Verfahrensanordnung vom 19.01.2021 wurde dem BF ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.
Am 30.01.2021 erhob der BF durch seine Vertretung Beschwerde und wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF eine Wohnadresse in Wien habe. Die aufgrund der Strafhaft nicht bzw. nicht mehr bestehende Anmeldung sage nichts darüber aus, dass der BF an dieser Adresse bei seinem Freund nicht wohnen könne. Das Asylverfahren des BF sei zugelassen, sodass der BF auch in Grundversorgung untergebracht hätte werden können. Der BF verfüge über in der Strafhaft verdientes Geld. Der BF sei bei einer Rückkehr nach Nigeria gefährdet. Der zuletzt am 23.10.2020 gestellte Asylantrag wäre mit Bescheid vom 15.01.2021 zurückgewiesen worden, sei daher weder rechtskräftig, noch durchsetzbar. Der Behörde sei vorzuwerfen, nicht darauf hingewirkt zu haben, dass bereits mit Beendigung der Strafhaft feststehe, ob der BF Österreich zu verlassen habe bzw. sie diesfalls bereits ein Heimreisezertifikat organisiert hätte. Gegen die Verhängung der Schubhaft zur Verfahrenssicherung spreche auch, dass der BF anwaltlich vertreten sei. Die Anhaltung zur Verfahrenssicherung sei daher bereits deshalb rechtswidrig. Selbst bei zulässiger Annahme eines Sicherungserfordernisses sei dieses durch Anwendung eines gelinderen Mittels z. B. der regelmäßigen Meldung erreicht, sodass sich auch deshalb die Schubhaft, welche ja nur „ultima ratio“ verhängt werden dürfe, als rechtswidrig darstelle.
Am 01.02.2021 langte eine Stellungnahme des BFA mit folgendem Inhalt ein:
„Zum Verfahrensgang:
Die bP trat am 18.01.2010 erstmals in Österreich in Erscheinung, nachdem sie illegal in das Bundesgebiet eingereist war.
Am selben Tag stellte die bP einen Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes, wobei sie angab, den Namen XXXX zu führen, aus Nigeria zu stammen und am 02.06.1993 geboren worden zu sein.
Am 22.01.2010 wurde das Verfahren zugelassen.
Die bP wurde am 16.12.2010 rechtskräftig durch das Landesgericht XXXX wegen Delikten nach dem Suchtmittelgesetz nach den §§ 15 StGB, 27 Abs 1 Z1 achter Fall und Abs 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 7 (sieben) Monaten, davon 6 (sechs) Monate bedingt, verurteilt. Als Probezeit wurden drei Jahre festgelegt.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Traiskirchen, vom 31.01.2011, Aktenzahl 10 00.481 - BAT, wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 AsylG abgewiesen, der Status des subsidiär Schutzberechtigten gem. § 8 AsylG nicht zuerkannt und die bP aus dem Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen. Dieser Bescheid wurde jedoch nicht rechtswirksam zugestellt.
Am 22.09.2011 brachte die bP einen Folgeantrag auf internationalen Schutz ein.
Am Tag der Antragstellung fand eine Erstbefragung statt, nach der das Bundesasylamt den Folgeantrag am 06.10.2011 wegen entschiedener Sache zurückwies und die Ausreise nach Nigeria verfügte.
Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben und mit Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 18.10.2011 der bekämpfte Bescheid ersatzlos behoben.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Traiskirchen, vom 22.03.2012, Aktenzahl 10 00.481 - BAT, wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 AsylG abgewiesen, der Status des subsidiär Schutzberechtigten gem. § 8 AsylG nicht zuerkannt, und die bP aus dem Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen.
Am 10.04.2012 langte beim Bundesasylamt das Rechtsmittel der Beschwerde ein.
Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 20.12.2012, Zl. A6 421.869-2/2012/2E wurde der Bescheid vom 22.03.2012 behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.
Die bP wurde am 14.02.2013, rechtskräftig per 18.02.2013, durch das Landesgericht XXXX wegen Delikten nach dem Suchtmittelgesetz nach den §§ 27 Abs 1 Z1 achter Fall und Abs 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 8 (acht) Monaten verurteilt.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Traiskirchen, vom 17.09.2013, Aktenzahl 10 00.481 - BAT, wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 AsylG abgewiesen, der Status des subsidiär Schutzberechtigten gem. § 8 AsylG nicht zuerkannt und die bP aus dem Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen.
Am 17.10.2013 langte beim Bundesasylamt das Rechtsmittel der Beschwerde ein.
Die bP wurde am 28.05.2014, rechtskräftig mit 02.06.2014, durch das Landesgericht XXXX wegen Delikten nach dem Suchtmittelgesetz nach den §§ 27 Abs 1 Z1 zweiter Fall und Abs 2, sowie 27 Abs 1 Z1 achter Fall, Abs 3 und Abs 5 SMG, wie auch 15 StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 5 (fünf) Monaten verurteilt.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.12.2015, GZ W211 1421869-3/11E, wurde die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I und II als unbegründet abgewiesen. In Erledigung der Beschwerde wurde Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides aufgehoben und das Verfahren insoweit gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.09.2018, Zl. 513067607 – 1811848, wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG erteilt.
Gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und die Abschiebung nach Nigeria gem. § 46 FPG für zulässig erklärt.
Gleichzeitig wurde der bP gem. § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist zur freiwilligen Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt.
Die bP erhob fristwahrend das Rechtsmittel der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 06.09.2018.
Mit Verfahrensanordnung wurde ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.
Mit weiterer Verfahrensanordnung wurde der bP der Verlust des Aufenthaltsrechts gem. § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG mitgeteilt.
Mit Schreiben vom 06.03.2020 erklärte die bP, dass sie ihre Beschwerde gegen den Bescheid vom 06.09.2018 zurückziehe, da sie gemäß § 133a StGB nach Nigeria zurückkehren möchte.
Mit Beschluss des BVwG vom 09.04.2020 wurde das Verfahren wegen Zurückziehung der Beschwerde eingestellt. Die Revision war gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Seit 10.09.2020 ist ein HRZ-Verfahren laufend. Auf Nachfrage vom selben Tag seitens der Behörde zwecks Ausführung zu einem Vorführtermin wurde seitens der JA Korneuburg mitgeteilt, dass aufgrund der pandemischen Situation keine Ausführungen stattfinden.
Am 23.10.2020 stellte die bP erneut einen Antrag auf internationalen Schutz.
Da fristgerecht keine Mitteilung gem. § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG erfolgte, war das Verfahren gem. § 28 Abs. 2 AsylG zuzulassen. Dies wurde der bP mit Verfahrensanordnung mitgeteilt. Gleichzeitig erfolgte die Mitteilung, dass der bP gem. § 13 Abs. 2 Z 1 kein Aufenthaltsrecht zukommt.
Am 14.01.2020 wurden die bP beim Bundesamt, Erstaufnahmestelle Ost, einvernommen.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Zl. 513067607/201044327, vom 14.01.2021, wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 23.10.2020 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
Der Antrag auf internationalen Schutz vom 23.10.2020 wurde hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt.
Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr 100/2005 (FPG) idgF, erlassen.
Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist.
Gemäß § 55 Absatz 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise.
Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde ein auf die Dauer von 8 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.
Gemäß § 13 Absatz 2 Ziffer 1 Asylgesetz hat die bP ihr Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 16.12.2010 verloren.
Mit 21.01.2021 wurde die bP aus der Strafhaft entlassen.
Mit Bescheid des Bundesamtes, Zl. -513067607/210072877, vom 19.01.2021 wurde die Schubhaft verhängt.
Gegen diesen Bescheid wurde gegenständliche Beschwerde eingebracht.
Die bP befindet sich seit 21.01.2021 in Schubhaft (PAZ Hernalser Gürtel).
Zu den Verurteilungen:
01) LG F.STRAFS. XXXX vom 16.12.2010 RK 16.12.2010
PAR 27 ABS 1/1 (8. FALL) U ABS 3 SMG
PAR 15 StGB
Freiheitsstrafe 7 Monate, davon Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre
Junge(r) Erwachsene(r)
Vollzugsdatum 03.03.2015
zu LG F. XXXX RK 16.12.2010
Unbedingter Teil der Freiheitsstrafe vollzogen am 16.12.2010
LG F.STRAFS. XXXX vom 17.12.2010
zu LG F.STRAFS. XXXX RK 16.12.2010
Probezeit des bedingten Strafteils verlängert auf insgesamt 5 Jahre
LG F.STRAFS. XXXX vom 14.02.2013
zu LG F.STRAFS. XXXX RK 16.12.2010
Bedingte Nachsicht der Strafe wird widerrufen
LG F.STRAFS. XXXX vom 28.05.2014
02) LG F.STRAFS. XXXX vom 14.02.2013 RK 18.02.2013
§§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (3) SMG
Freiheitsstrafe 8 Monate
Vollzugsdatum 06.09.2013
03) LG F.STRAFS. XXXX vom 28.05.2014 RK 02.06.2014
§§ 27 (1) Z 1 1. 2. Fall, 27 (2) SMG
§§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (3), 27 (5) SMG § 15 StGB
Freiheitsstrafe 5 Monate
Vollzugsdatum 03.03.2015
zu LG F.STRAFS. XXXX RK 02.06.2014
zu LG F.STRAFS. XXXX RK 16.12.2010
Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 03.03.2015, bedingt, Probezeit 3 Jahre
LG XXXX vom 24.02.2015
zu LG F.STRAFS. XXXX RK 02.06.2014
zu LG F.STRAFS. XXXX RK 16.12.2010
Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 03.03.2015, endgültig
LG XXXX vom 05.06.2018
04) LG F.STRAFS. XXXX vom 22.05.2019 RK 22.05.2019
§ 28a (1) 5. Fall SMG
§ 28 (1) 1. Fall SMG
§ 27 (1) Z 1 1. 2. Fall u Abs 2 SMG
Freiheitsstrafe 2 Jahre
Zur Beschwerde:
Die Beschwerde gegen die Schubhaft wurde fristgerecht eingebracht.
Die Inschubhaftnahme war von Notwendigkeit, da die bP aufgrund der Lebensumstände und des Persönlichkeitsmusters die Gefahr des Untertauchens begründet.
Die bP besitzt kein gültiges Reisedokument und kann aus eigenem nicht ausreisen.
Die bP Partei wurde in einer niederschriftlichen Einvernahme vom 14.01.2021 ausreichend zu ihren Lebensumständen befragt und die Einzelfallabwägung der konkreten Situation wurde dadurch, nicht verabsäumt.
Ergänzend darf an dieser Stelle erwähnt werden, dass der bP eine Glaubhaftmachung vor der Behörde im aktuellen Asylverfahren nicht gelungen ist.
Die Anordnung der Schubhaft ist auch in der aktuellen Situation im Zusammenhang mit dem Corona-Virus (COVID-19) als verhältnismäßig einzustufen.
In Bezug auf die nicht feststellbare Integration u.a. in Verbindung mit dem kriminellen Vorleben, lassen für die Behörde nur den Schluss zu, dass eine weitere Anhaltung in Schubhaft alternativlos ist.
Wie bereits im oben zitierten Bescheid vom 19.01.2021 konstatiert, ist aktuell keine Meldeadresse feststellbar und ist eine etwaige Möglichkeit zur Unterkunftnahme (Freund), gemessen an dem bisher dargelegten Verhalten, kein Garant für die Mitwirkung am Verfahren und letztendlich an der Außerlandesbringung.
Es ist folglich eine große Gefahr des Untertauchens gegeben. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die bP nunmehr an die gesetzlichen Vorgaben hält und die geltende Rechtsordnung respektiert, wenn, wie in der Vergangenheit bereits erwiesen, staatliche Reaktionen keinen Gesinnungswandel bewirken.
Somit kann die Behörde nicht davon ausgehen, dass das gelindere Mittel im gegenständlichen Fall zielführend wäre.
Die Behörde ist Ihrer Ermittlungspflicht hinreichend nachgekommen und hat eine Einzelfallabwägung der konkreten Situation durchgeführt.
Es wird beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge: 1. die Beschwerde als unbegründet abweisen, 2. den Beschwerdeführer zum Ersatz der unten angeführten Kosten zu verpflichten.
Das BFA beantragt den Beschwerdeführer für den Vorlageaufwand und den Ersatz für den Schriftsatzaufwand der belangten Behörde zu verpflichten.“
Die Stellungnahme des BFA wurde der Vertretung des BF am 01.02.2021 zum Parteiengehör übermittelt. Seitens der Vertretung des BF langte keine Stellungnahme ein.
Am 03.02.2021 übermittelte das BFA eine ergänzende Stellungnahme mit folgendem Inhalt:
„HRZ:
Am 10.09.2020 wurde das HRZ-Verfahren eingeleitet.
Aufgrund der Asylfolgeantragstellung am 23.10.2020 wurde das HRZ-Verfahren unterbrochen und wird dieses nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens fortgesetzt.
Es werden seitens der nigerianischen Vertretungsbehörde aktuell Heimreisezertifikate ausgestellt.
Es finden aktuell Flüge nach Nigeria statt. Die letzte zwangsweise Rückführung mittels Charter erfolgte am 19.01.2021.
Möglichkeit zur freiwilligen Rückkehr:
Dass die bP während der Strafhaft keine Bemühungen für eine freiwillige Ausreise setzte, wird an der Asylfolgeantragstellung evident.
Darüber hinaus erklärte die bP im Rahmen der Einvernahme vom 14.01.2021 wie folgt:
LA: Im Fall einer neuerlich negativen Entscheidung würden Sie freiwillig in Ihr Heimatland zurückkehren?
VP: Das Problem ist, dass ich homosexuell bin und das ist in meinem Land nicht erlaubt.
{…}
LA: Willigen Sie in Ihre Abschiebung nach Nigeria ein?
VP: Nein das will ich nicht.
Selbst im Rahmen der Schubhaft besteht die Möglichkeit freiwillig auszureisen.
Im gegenständlichen Fall wurden während der Schubhaft bereits zwei Rückkehrberatungen durch die BBU durchgeführt. Auf Nachfrage am 03.02.2021 wurde seitens einer Mitarbeiterin der BBU mitgeteilt, dass die bP nicht ausreisewillig ist.
Asylverfahren:
Am 02.02.2021 wurde seitens der rechtsfreundlichen Vertretung das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht.“
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF ist nigerianischer Staatsangehöriger. Die Identität des BF steht nicht fest. Der BF stellte am 18.01.2010 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Mit Bescheid vom 31.01.2011 wurde der Antrag des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz (AsylG) abgewiesen (Spruchpunkt I), der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II), und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen (Spruchpunkt III). Dieser Bescheid konnte nicht rechtswirksam zugestellt werden. Am 22.09.2011 stellte der Beschwerdeführer einen Folgeantrag, welcher vom Bundesasylamt am 06.10.2011 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und die Ausreise nach Nigeria verfügt wurde. Gegen diesen abweisenden Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde an den Asylgerichtshof erhoben, und mit Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 18.10.2011 wurde der bekämpfte Bescheid ersatzlos behoben. Mit Bescheid vom 22.03.2012 wurde der Antrag des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG erneut abgewiesen (Spruchpunkt I), der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II), und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen (Spruchpunkt III). Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 20.12.2012 wurde der Bescheid vom 22.03.2012 behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.09.2013 wurde der Antrag des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I), der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II), und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen (Spruchpunkt III). Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.12.2015, Zl. W211 1421869-3 wurde die Beschwerde betreffend die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 AsylG als unbegründet abgewiesen. Das Verfahren wurde hinsichtlich Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 75 Abs. 20 AsylG zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das BFA zurückverwiesen. Mit Bescheid des BFA vom 06.09.2018 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz (FPG) 2005 erlassen (Spruchpunkt II). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV). Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 09.10.2018 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Mit Schreiben vom 06.03.2020 erklärte der Beschwerdeführer, dass er seine Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid zurückziehe. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.04.2020 wurde das Verfahren wegen Zurückziehung der Beschwerde eingestellt.
Am 23.10.2020 stellte der BF erneut einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des BFA vom 14.01.2021 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 23.10.2020 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I). Der Antrag auf internationalen Schutz vom 23.10.2020 wurde hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III). Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt IV). Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V). Gemäß § 55 Absatz 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI). Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 8 Jahr/en befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII). Gemäß § 13 Absatz 2 Ziffer 1 Asylgesetz hat der BF sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 16.12.2010 verloren (Spruchpunkt VIII). Dagegen erhob der BF am 02.02.2021 Beschwerde.
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX , vom 16.12.2010 (RK 16.12.2010) wurde der BF gemäß § 27 Abs 1/1 (8. Fall) und Abs 3 SMG § 15 StGB zu einer
Freiheitsstrafe von 7 Monaten - davon Freiheitsstrafe 6 Monate bedingt - verurteilt. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX , vom 14.02.2013 (RK 18.02.2013) wurde der BF gemäß §§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (3) SMG zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 28.05.2014 (RK 02.06.2014) wurde der BF gemäß §§ 27 (1) Z 1 1.2. Fall, 27 (2) SMG, §§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (3), 27 (5) SMG § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten verurteilt. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 22.05.2019 (RK 22.05.2019) wurde der BF gemäß § 28a (1) 5. Fall SMG, § 28 (1) 1. Fall SMG, § 27 (1) Z 1 1.2. Fall und Abs 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt.
Der BF wurde am 14.01.2021 durch das BFA einvernommen.
Mit Bescheid vom 19.01.2021 wurde gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG über den BF die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet. Der BF befand sich bis 21.01.2021 in der Justizanstalt Korneuburg. Der BF befindet sich seit 21.01.2021 (08:01 Uhr) in Schubhaft.
Der BF setzte bis zu seiner Haftentlassung am 21.01.2021 keine Bemühungen freiwillig auszureisen. Stattdessen stellte der BF am 23.10.2020 einen Asylfolgeantrag. Bei seiner Einvernahme vor dem BFA am 14.01.2021 gab der BF auf die Frage: „Willigen Sie in Ihre Abschiebung nach Nigeria ein?“ an: „Nein das will ich nicht.“ Auch im Zuge der im Rahmen der Schubhaft durchgeführten zwei Rückkehrberatungen war der BF nicht ausreisewillig. Der BF verhielt sich unkooperativ und ist nicht vertrauenswürdig. Das Gesamtbild ergibt, dass der BF nicht bereit ist, die österreichische Rechtsordnung zu akzeptieren. Das Gesamtverhalten des BF gefährdet die öffentliche Ordnung oder Sicherheit. Das persönliche Verhalten des BF stellt eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr dar, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Der BF missachtete die österreichische Rechtsordnung, er wurde seit dem Jahr 2010 in Österreich 4 Mal nach dem Suchtmittelgesetz rechtskräftig verurteilt. Zuletzt wurde der BF mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 22.05.2019 (RK 22.05.2019) gemäß § 28a (1) 5. Fall SMG, § 28 (1) 1. Fall SMG, § 27 (1) Z 1 1.2. Fall und Abs 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt. Der BF ist nicht bereit die bestehenden Rechtsvorschriften im Bundesgebiet einzuhalten.
Der BF verfügt über geringe Barmittel und kann seinen Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten. Der BF geht in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach. Der BF ist beruflich nicht integriert. Er verfügt jedoch über ein soziales Netz in Österreich, welches ihm ein Leben im Verborgenen ermöglicht. Die Freunde des BF in Österreich hielten ihn nicht davon ab, mehrfach in Österreich nach dem SMG straffällig zu werden. Der BF verfügt über keine Familienangehörigen in Österreich. Der BF verfügt über kein gültiges Reisedokument und kann Österreich aus eigenem Entschluss nicht legal verlassen.
Der BF wird in der Schubhaft medizinisch betreut. Laut Befund und Gutachten des Amtsarztes vom 04.02.2021 ist der BF haftfähig.
Im Fall des BF ist von Fluchtgefahr/Gefahr des Untertauchens auszugehen.
Die realistische Möglichkeit der Überstellung des BF in seinen Herkunftsstaat besteht auch während der COVID-19 Krise. Am 10.09.2020 wurde ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates (HRZ) eingeleitet. Aufgrund der Asylfolgeantragstellung am 23.10.2020 wurde das HRZ-Verfahren unterbrochen und wird - sollte über den Folgeantrag des BF rechtskräftig negativ entschieden werden - fortgesetzt werden. Seitens der nigerianischen Vertretungsbehörde werden aktuell Heimreisezertifikate ausgestellt. Es finden aktuell Flüge nach Nigeria statt. Die letzte zwangsweise Rückführung mittels Charter erfolgte am 19.01.2021. Dem BF steht es im Rahmen der Schubhaft jedoch noch immer frei sich mit der BBU zwecks einer kontrollierten freiwilligen Ausreise in Verbindung zu setzen.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA sowie dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes bezüglich des BF. Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und dem bisherigen Verfahren ergeben sich aus der Aktenlage. Die Feststellungen zur vierfachen Straffälligkeit des BF in Österreich ergeben sich aus dem Strafregisterauszug sowie den Urteilen des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX - insbesondere dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX , vom 22.05.2019. Die fehlende Vertrauenswürdigkeit ergibt sich aus dem bisherigen Verhalten des BF. Die Feststellungen zu den behördlichen Meldungen des BF ergeben sich aus dem Zentralen Melderegister. Die Feststellungen die Barmittel des BF betreffend ergeben sich aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung sowie der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 14.01.2021. Die Feststellungen zu den Familienangehörigen des BF sowie zum Fehlen legaler beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet ergeben sich aus der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 14.01.2021. Die Feststellungen zur Festnahme und der weiteren Anhaltung ergeben sich aus dem unstrittigen Akteninhalt und entsprechen dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes (Einsicht in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung). Der fremdenrechtliche Status des BF ergibt sich aus der Aktenlage sowie dem IZR. Die Haftfähigkeit des BF ergibt sich aus dem Befund und Gutachten des Amtsarztes vom 04.02.2021. Die Feststellungen zum HRZ-Verfahren sowie zur Möglichkeit von Überstellungen nach Nigeria ergeben sich aus den Stellungnahmen des BFA.
Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.
3. Rechtliche Beurteilung
Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: „Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein.“
Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:
„§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.
(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“
Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.
Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:
„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“
§ 77 Gelinderes Mittel
Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1 FPG.
Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.
Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.
Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.
Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.
Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.
Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.
Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.
Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Un