Entscheidungsdatum
04.02.2021Norm
AVG §22Spruch
W137 2237901-2/9E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Peter Hammer als Einzelrichter Im Verfahren über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch Brehm & Sahinol Rechtsanwälte OG, vom 16.12.2020 wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in Form einer Festnahme am 15.12.2020, beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 AVG iVm § 9 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schriftsatz seines bevollmächtigten Vertreters – Brehm & Sahinol Rechtsanwälte OG – brachte der Beschwerdeführer einen als „Beschwerde“ betitelten Schriftsatz (vom 16.12.2020) beim Bundesverwaltungsgericht ein, in dem in den abschließenden Anträgen (Seite 19) auch beantragt wird, „4. Die Festnahme (…) für rechtswidrig zu erklären und formlos aufzuheben“. Überdies wurde ein Antrag auf Ersatz der Verfahrenskosten durch das Bundesamt gestellt.
2. Mit Mängelbehebungsauftrag vom 07.01.2021, W137 2237901-2/7Z, wurde dem Beschwerdeführer im Wege seiner Rechtsanwälte mitgeteilt, dass mit dem oben genannten Schriftsatz neben der Schubhaftbeschwerde (über die bereits rechtskräftig entschieden worden sei) auch eine Beschwerde gegen die Festnahme am 15.12.2020 anhängig gemacht worden sei. Diese sei jedoch nicht nachvollziehbar begründet worden. Es erging – unter Setzung einer Frist – die Aufforderung, die behauptete Rechtswidrigkeit der Festnahme zu begründen.
3. Auf dieses Schreiben erfolgte keinerlei Reaktion seitens des Beschwerdeführers oder seines Rechtsvertreters.
4. Am 19.01.2021 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein von einem Rechtsanwalt übermitteltes e-mail mit einem als „I. Vollmachtsbekanntgabe, II. Beschwerdeergänzung“ betitelten Schriftsatz ein. Dieses Schreiben weist keinen inhaltlichen Zusammenhang mit der gegenständlichen Maßnahmenbeschwerde auf.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang wird als entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt. Er ist aus der Aktenlage vollständig belegt.
Der Beschwerdeführer wird im gegenständlichen Verfahren (weiterhin) von der Brehm & Sahinol Rechtsanwälte OG vertreten. Ein allfällig beabsichtigter Vertreterwechsel wurde dem Bundesverwaltungsgericht durch RA Mag. Vaep ELMAZI lediglich per e-mail übermittelt.
Dem Mängelbehebungsauftrag des Bundesverwaltungsgerichts wurde nicht nachgekommen; die Beschwerde gegen die Festnahme des Beschwerdeführers am 15.12.2020 enthält keine Begründung für die vorgebrachte Rechtswidrigkeit.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellung zum Verfahrensgang ergeben sich aus der Aktenlage.
Die Vollmacht für die Brehm & Sahinol Rechtsanwälte OG wurde gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht weder vom Vollmachtgeber (unmittelbar) noch vom Vollmachtnehmer aufgekündigt. Siehe dazu unten auch Punkt 3.1. (Rechtliche Beurteilung). Aus den Eingangsprotokollen des BVwG und dem Schriftsatz des RA Elmazi („per e-mail“) ist zweifelsfrei ersichtlich, dass dieser dem Bundesverwaltungsgericht bisher nur in Form einer e-mail übermittelt worden ist.
Auf den Mängelbehebungsauftrag vom 07.01.2021 wurde nachweislich nicht reagiert. Den Beschwerdegründen im Schriftsatz vom 16.12.2020 (Seite 7ff) ist kein konkreter Bezug auf die Festnahme am 15.12.2020 zu entnehmen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Vorliegendes Vertretungsverhältnis:
Die Brehm & Sahinol Rechtsanwälte OG hat am 16.12.2020 eine Beschwerde per webERV beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht und sich in diesem Schriftsatz auf § 8 RAO berufen.
Gemäß § 13 Abs 1 AVG können Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen, soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden.
Es ist zu beachten, dass die Wortfolge in § 13 Abs 1 erster Satz AVG "soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist" nicht nur die verschiedenen Anbringenstypen, sondern auch die verschiedenen Anbringensübermittlungsarten betrifft. Es haben die in den Verwaltungsvorschriften normierten Regelungen Priorität; die in § 13 AVG enthaltenen Bestimmungen kommen (subsidiär) nur soweit zum Tragen, als in den Verwaltungsvorschriften keine besonderen Regelungen getroffen werden (vgl VwGH 11.10.2011, 2008/05/0156).
§ 13 AVG ist gemäß § 17 VwGVG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sinngemäß anzuwenden.
Gemäß § 1 Abs 1 der Verordnung des Bundeskanzlers über den elektronischen Verkehr zwischen Bundesverwaltungsgericht und Beteiligten (BVwG-EVV), BGBl II Nr 515/2013, in der Fassung BGBl II Nr 222/2016, ist E-Mail keine zulässige Form der elektronischen Einbringung von Schriftsätzen im Sinne dieser Verordnung.
Anbringen, für die die Verwaltungsvorschriften eine bestimmte Art der Einbringung vorsehen, sind unwirksam, wenn die Einbringung in einer anderen als der gesetzlich bestimmten Art erfolgt (vgl nochmals VwGH 11.10.2011, 2008/05/0156). Demnach ist nach § 1 Abs 1 letzter Satz BVwG-EVV 2014 E-Mail keine zulässige Form der elektronischen Einbringung von Schriftsätzen im Sinn dieser Verordnung und daher vermag ein mittels E-Mail eingebrachter Schriftsatz keine Rechtswirkungen zu entfalten (vgl VwGH 15.12.2015, Ra 2015/01/0061; 26.03.2019, Ra 2019/19/0014).
Im gegenständlichen Fall wurde am 19.01.2021 ein (auch) mit „Vollmachtsbekanntgabe“ betitelter Schriftsatz durch einen Rechtsanwalt lediglich per E-Mail eingebracht. Darin enthalten ist auch eine Erklärung, dass etwaige frühere Vollmachtsverhältnisse zu anderen Rechtsanwälten erloschen seien. Der (auch) mit „Vollmachtsbekanntgabe“ betitelte und mit 19.01.2021 datierte Schriftsatz gilt als nicht eingebracht, weil ein E-Mail gemäß § 1 Abs 1 BVwG-EVV keine zulässige Einbringungsform darstellt. Vielmehr sind Rechtsanwälte zur Einbringung mittels webERV verpflichtet.
Daraus folgt, dass der Schriftsatz vom 19.01.2021 nicht rechtswirksam eingebracht worden ist und somit auch das – anderweitig nicht aufgekündigte - Vertretungsverhältnis zur Brehm & Sahinol Rechtsanwälte OG nicht auflösen kann.
3.2. Mangelhaftigkeit der Beschwerde
Eine Beschwerde hat gemäß § 9 Abs. 1 Z 3 VwGVG „die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt“ zu enthalten.
Gemäß § 13 Abs 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
Das Bundesverwaltungsgericht hat den Beschwerdeführer im Wege seines bevollmächtigten Vertreters mit Mängelbehebungsauftrag vom 07.01.2021 aufgefordert, den dargestellten Mangel – fehlende Begründung der behaupteten Rechtswidrigkeit der Festnahme vom 15.12.2020 – binnen einer vorgegebenen Frist zu sanieren.
Dis ist jedoch (bis zum heutigen Tag) nicht geschehen. Weder der Beschwerdeführer noch sein Vertreter haben auf den Mängelbehebungsauftrag reagiert.
Daraus folgt, dass der Beschwerdeführer dem Mängelbehebungsauftrag des Bundesverwaltungsgerichts nicht nachkam und die Mängel im Zusammenhang mit der Einbringung seiner Beschwerde nicht verbesserte. Daher war die Beschwerde zurückzuweisen.
3.3. Verfahrenskosten
3.1. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.
Die belangte Behörde hat als (vollständig) obsiegende Partei grundsätzlich Anspruch auf Kostenersatz. Anders als im Verfahren betreffend die Schubhaftbeschwerde (2237901-1) ist dem Bundesamt aber hinsichtlich der gegenständlichen Maßnahmenbeschwerde (Festnahme) aber weder ein Vorlageaufwand noch ein Schriftsatzaufwand entstanden. Der Ersatz eines solchen Aufwands muss nicht nur beantragt worden sein, der Aufwand muss auch tatsächlich entstanden sein.
Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegener Partei hingegen kein Kostenersatz. Dies betrifft insbesondere auch die für die Maßnahmenbeschwerde gesondert zu erstattende Eingabegebühr.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen, weshalb die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig ist. Die vorliegende Entscheidung basiert auf der oben genannten klaren Rechtslage und der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl VwGH 15.12.2015, Ra 2015/01/0061; 26.03.2019, Ra 2019/19/0014).
Insbesondere bedürfen die relevanten rechtlichen Bestimmungen des VwGVG und der BVwG-EVV aufgrund des unmissverständlichen Wortlauts keiner näheren Auslegung. Dass solche grundlegenden Bestimmungen berufsmäßigen Parteienvertretern (Rechtsanwälten) bekannt sind, muss vorausgesetzt werden können.
Schlagworte
Einbringung Empfänger Mangelhaftigkeit Schriftsatz Vertretungsverhältnis Vollmacht VoraussetzungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W137.2237901.2.00Im RIS seit
21.05.2021Zuletzt aktualisiert am
21.05.2021