TE Bvwg Erkenntnis 2021/2/8 W112 2163733-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.02.2021
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Entscheidungsdatum

08.02.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch


W112 2163733-1/16E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Elke DANNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.06.2017, Zl. XXXX , zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Erster Antrag auf internationalen Schutz:

1.1. Der Beschwerdeführer reiste im Alter von 31 JAHREN gemeinsam mit seiner Mutter am 15.07.2012 illegal und schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet ein, wo beide am selben Tag jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz stellten. Dabei brachten sie vor, Staatsangehörige der RUSSISCHEN FÖDERATION und tschetschenische Volksgruppenangehörige zu sein. Der Beschwerdeführer legte im Rahmen seiner Antragstellung zum Nachweis seiner Identität seinen RUSSISCHEN Führerschein vor.

1.2. Im Rahmen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 15.07.2012 gab der Beschwerdeführer an, dass er in TSCHETSCHENIEN verfolgt worden sei. In RUSSLAND herrsche seit Jahren Krieg. Es habe einen Vorfall gegeben, bei welchem der Beschwerdeführer verletzt worden sei. Im Jahr 2004 seien der Beschwerdeführer und einige Kollegen mit dem Auto in die Arbeit gefahren. Ihnen seien Truppen der RUSSISCHEN Armee entgegengekommen. Diese haben begonnen auf den Beschwerdeführer zu schießen, dabei sei der Beschwerdeführer angeschossen und schwer verletzt worden. Er habe Verletzungen im Bereich des Oberkörpers erlitten. Die RUSSISCHEN Truppen seien dann zum getroffenen Auto gekommen und haben beim Beschwerdeführer und seinen Kollegen ihre Waffen abgelegt um vorzutäuschen, dass seine Kollegen und er die RUSSEN zuerst angegriffen hätten. Ein Kollege des Beschwerdeführers sei bei dem Vorfall getötet, zwei weitere Kollegen und der Beschwerdeführer seien verletzt worden. Der Beschwerdeführer sei dann von Verwandten ins Krankenhaus gebracht worden. Nach seiner Genesung sei es zu einem Gerichtsverfahren gekommen, da die RUSSISCHEN Truppen ihn und seine Kollegen als Angreifer dargestellt hätten. Der Beschwerdeführer habe zu einer Verhandlung gehen sollen, es habe aber kein ordentliches Gerichtsverfahren gegeben. Der Beschwerdeführer sei danach von RUSSISCHEN Truppen und RUSSISCHEN Militärpolizisten verfolgt, mehrmals festgenommen und misshandelt worden. Dabei seien ihm zum Beispiel die Hände mit einem Kabel hinter dem Rücken verbunden und mit einem Stromkabel gefoltert worden. Der Beschwerdeführer habe große Angst um seine Mutter gehabt, welche mit der Situation nicht fertig geworden sei. Dadurch, dass die Polizei oft bei ihnen gewesen sei, habe seine Mutter Depressionen bekommen. Um sich selbst habe der Beschwerdeführer keine Angst gehabt, sei aber immer in Sorge um seine Mutter gewesen. Er habe auch fast nie zu Hause übernachten bzw. sich dort aufhalten können, weil er dauernd von der russischen Militärpolizei verfolgt worden sei. Diese Vorfälle haben sich meistens in XXXX ereignet. Den Entschluss zu fliehen, haben er und seine Mutter Anfang 2012 gefasst, da es erneut zu einem Übergriff gegen den Beschwerdeführer gekommen sei, bei welchem er erneut von der Militärpolizei festgenommen und misshandelt worden sei. Wegen der Misshandlungen sei der Beschwerdeführer mehrfach verletzt worden und habe ins Krankenhaus gehen müssen. Dabei seien die Bestätigungen wegen seiner Behandlungen immer gefälscht worden. In den Bestätigungen sei nicht gestanden, dass der Beschwerdeführer misshandelt worden sei.

1.3. Am 07.11.2012 wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX wegen Raubes gemäß § 142 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von XXXX Jahren verurteilt; das Urteil erwuchs in Rechtskraft.

1.4. Der Beschwerdeführer wurde am 24.04.2013 vom Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er im Wesentlichen Folgendes an:

„[…]

F: Haben Sie im Verfahren bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht?

A: Ja, es entspricht alles der Wahrheit.

F: Wurden diese Angaben so wie Sie es gesagt haben protokolliert und rückübersetzt?

A: Ja.

F: Hatten Sie schon die Hauptverhandlung?

A: Ja, ich habe EIN Jahr bekommen. Es kommt noch eine Gerichtsverhandlung. Ich wurde wegen RAUB verurteilt.

F: Schildern Sie mir bitte Ihre Lebensumstände in TSCHETSCHENIEN.

A: Ich habe mit meiner Mutter gelebt. Bis 2007 habe ich gearbeitet. Ich war bei der POLIZEI. Ich habe die internen Wirtschaftsangelegenheiten überprüft. Das hat zum Strafvollzugsdienst der TSCHETSCHENISCHEN REPUBLIK gehört. Es ging auch um die Aufdeckung von Korruptionsfällen. Die Geschäfte unserer Organisation wurden auch überprüft. Ich habe dafür beim MWD eine juristische Ausbildung absolviert. Ich habe auf eigenen Wunsch die Arbeit gekündigt. Danach habe ich nirgends mehr gearbeitet. Mein Gesundheitszustand war zu schlecht. Das war der Grund für die Kündigung.

F: Wovon haben sie dann gelebt?

A: Die Verwandten haben mir geholfen und meine Mutter.

F: Wo haben Sie zuletzt gelebt!

A: In XXXX , im Bezirk XXXX ., Ul. …. Wir haben dort seit 1988 gelebt, bis zum Verkauf der Wohnung.

F: Haben Sie ohne Unterbrechungen dort gelebt?

A: Nein. Wir waren auch in Moskau, in K., in J., in J.. Nach meiner Verwundung war es problematisch. Die Verwandten der Soldaten, die mich verwundet hatten, haben mich ständing besucht. Zuerst bin ich allein weg, dann zusammen mit meiner Mutter.

F: Gab es für Ihre Aufenthalte in diesen Gebieten sonst noch einen Grund?

A: Nein. Ich wollte diesen Leuten aus dem Weg gehen. Sie haben mich geprügelt, mit Strom gefoltert.

F: Schildern Sie die Gründe, warum Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen und einen Asylantrag gestellt haben von sich aus vollständig und wahrheitsgemäß. Ihre Angaben im Asylverfahren werden vertraulich behandelt und nicht an die Behörden Ihres Heimatlandes weitergeleitet. Es ist unumgänglich, dass Sie die Wahrheit sagen, nichts verschweigen und alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte selbständig und über Nachfrage wahrheitsgemäß darlegen.

A: Mein Leben war in Gefahr, auch das Leben meiner Mutter. Ich wurde verwundet. Seit dieser Zeit habe ich mit den Behörden seit der Gerichtsverhandlung Probleme. Seit ich gekündigt hatte, war es besonders schlimm. Ich habe einen Stick vorgelegt. Ich bin von Z. nach GROSNY gefahren. Zwei Cousins, die Frau eines Cousins und die Cousine meiner Mutter waren auch im Auto. Um 8 Uhr am Abend, es war nebelig, hat uns ein RUSSISCHER Soldat angehalten. Wir wurden aufgefordert, umzudrehen. Wir haben gerade umgedreht, wurden wir von drei Seiten beschossen. Am Ende der Kolonne sah, dass ein Unfall passiert war. Ein Panzer war in einen PKW gefahren. Man wollte uns umbringen. Ein Autobus blieb stehen, es gab einen Aufruhr. Die Cousine meiner Mutter wurde getötet. Ich kam ins Krankenhaus. 4 oder 5 Monate lag ich in U.. Ich hatte einen Seitenausgang. Einige Monate war ich zu Hause. Dann kam ich nach MOSKAU und wurde rückoperiert. Bis heute habe ich Probleme. In H. hat die Militärstaatsanwaltschaft den Fall untersucht. Die Soldaten wurden freigesprochen, weil komplizierte Bedingungen herrschten. Ein junger Soldat bekam 1 oder 2 Jahre bedingt. Es wurde so gemacht, dass wir nicht noch einmal vor Gericht gehen konnten. Dann habe ich weiter gearbeitet. Während ich gearbeitet gab es keine argen Bedrohungen. Erst als ich gekündigt hatte, kamen Russen und fragten, warum ich in die Mosche[e] gehe. Mit denen kann man nicht verhandeln. Es waren RUSSEN in schwarzen Uniformen vom FSB. Entweder es war einer von denen dabei, die uns damals beschossen haben oder ein Verwandter. Sie sind systematisch gekommen. Zuerst haben sie nur die Dokumente kontrolliert und sind wieder gegangen. Dann wurde es schlimmer. Sie haben alles kontrolliert und durchwühlt. Meine Mutter hat mich weggeschickt. Ich habe beim Onkel gelebt, dann bin ich nach J. gefahren. Meine Mutter wurde auch terrorisiert. Ich habe dann auch in der Umgebung von MOSKAU gelebt. Manchmal sind wir für 2 Wochen nach Hause gekommen. Als uns alles zuviel wurde, haben wir die Wohnung verkauft, nachdem es noch den letzten Vorfall gab. Sonst haben sie mich systematisch mitgenommen. Sie haben mich mit Strom gefoltert, damit keine Spuren bleiben. Wenn sie mich schlagen, könnte ich blaue Flecken haben und es der Polizei sagen. Im Jänner oder Februar 2012, es war kalt, kamen sie zu uns nach Hause und fragten nach mir. Sie haben das Haus kontrolliert. Meine Mutter sagte ich sei nicht in TSCHETSCHENIEN. Ich war 300 m entfernt vom Haus in einem Geschäft. Sie haben gesehen, dass ich aus dem Geschäft kam. Sie waren mit 2 Autos unterwegs. Sie haben mich angefahren. Danach haben wir die Wohnung verkauft. Meine Mutter müsste eine Bestätigung vom Arzt abgegeben haben.

F: Heißt das, dass Sie erkannt und absichtlich angefahren wurden?

A: Ja. Als ich ins Krankenhaus ging, bekam ich eine Bestätigung. Dann bekam er einen Anruf. Dann hat er es so geschrieben, als ob ich nur hingefallen und nur blaue Flecken hätte. In Wirklichkeit wurden Rippen gebrochen. Er hat geschrieben, dass ich Abschürfungen hatte und am Kopf verletzt wurde.

F: Wie sind Sie ins Krankenhaus gekommen?

A: Nachbarn kamen aus den Häusern und haben mich in das Krankenhaus gebracht.

F: Haben Sie alle Fluchtgründe genannt?

A: Ja.

F: Wann hatten Sie hier in der Haft zum letzten Mal Besuch von Ihrer Mutter?

A: Gestern.

F: Aus welchem Grund sollten Sie verfolgt werden?

A: Wir wollten ja noch ein Mal vor Gericht gehen, deswegen.

V: Sie haben in der Erstbefragung angegeben, dass Sie mit Kollegen auf dem Weg zur Arbeit angeschossen wurden. Ein Kollege sei bei dem Vorfall getötet worden.

A: Das stimmt, das Maschinengewehr ist auf der Videoaufnahme zu sehen, das wurde auf das Feld geworfen haben, als ob sie beschossen worden wären. Darüber wurde bei der Verhandlung gesprochen. Wir haben gesagt, dass sie es selber hingeworfen haben. Der Richter hat uns nicht angehört. Wir wurden nachdem wir beschossen wurden, aus dem Auto gezerrt und auf den Boden gelegt. Sie wollten uns erschießen, erst als wir uns zu erkennen gegeben haben und sich die Menge versammelt hatte, hat man von uns abgelassen. Aber auf den Gerichtsunterlagen scheint nirgends auf, dass wir Waffen gehabt hätten.

F: Wo ist das Problem, Sie wurden nicht angeklagt.

A: Wir wollten noch ein Mal vor Gericht gehen, damit diese Leute ins Gefängnis kommen.

F: Gab es ein normales Gerichtsverfahren?

A: Ja, vor dem Militärgericht in H.. Wir durften nichts sagen, der Richter war zu uns sehr ungehalten. Sie haben es für ihre Soldaten so geregelt, dass es ein normaler Vorfall war.

F: Was ist im November 2011 passiert?

A: Ich kann mich nicht erinnern.

V: Die Bestätigung die Sie zuvor angesprochen haben, ist vom November 2011.

A: Dann war der letzte Vorfall im November, ich weiß nur, dass es kalt war.

F: Wie lange waren Sie im Krankenhaus?

A: Ich bin noch in der Nacht mit Bandagen nach Hause gekommen. Zum Verbandwechseln war ich noch 2 bis 3 Mal pro Woche einen Monat lang immer wieder ambulant im Krankenhaus.

F: Möchten Sie die Erkenntnisse des Bundesasylamtes Ihr Heimatland betreffend von der anwesenden Dolmetscherin übersetzt bekommen bzw. diese in Kopie mitnehmen und eine schriftliche Stellungnahme innerhalb einer Frist von 2 Wochen dazu abgeben?

A: Ich brauche diese Informationen nicht.

F: Was befürchten Sie im Falle der Rückkehr in Ihren Herkunftsstaat?

A: Ich habe nicht Angst um mein Leben, ich habe Angst um meine Mutter.

F: Was sollte Ihrer Mutter passieren?

A: Sie wurde auch bedroht und kontrolliert. Über sie wollte man auf mich Druck ausüben und über sie auf mich.

F: Haben Sie familiäre Beziehungen in Österreich?

A: Ich habe nur entfernt Verwandte.

F: Liegt eine anderweitige Integrationsverfestigung Ihrer Person vor bzw. inwieweit würde ihr Privat- und Familienleben durch eine Aufenthalts beendende Maßnahme beeinträchtigt werden. (Anmerkung: AW wird zu dieser Fragestellung manuduziert.)

A: Ich habe bei ISOP einen Deutschkurs gemacht.

F: Warum ließen Sie am 29.6.2012 einen Führerschein ausstellen?

A: Ich mussten meinen alten Führerschein nach 10 Jahren umtauschen. Man hat mir auch dazu geraten, weil der Führerschein international gilt.

F: Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen, was Ihnen wichtig erscheint?

A: Ja.

F: Haben Sie die Dolmetscherin einwandfrei verstanden?

A: Ja.“

Der Beschwerdeführer legte im Rahmen seiner Einvernahme dem Bundesasylamt einen USB-Stick mit Videoaufzeichnungen, welche in Anwesenheit der Dolmetscherin vom Organwalter des Bundesasylamtes gesichtet und aktenkundig beschrieben wurden, sowie medizinische Unterlagen in RUSSISCHER Sprache aus den Jahren 2004, 2007 und 2011 vor.

1.5. Mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 03.05.2013 (betreffend den Beschwerdeführer) bzw. 06.05.2013 (betreffend dessen Mutter) wurden die Anträge des Beschwerdeführers und seiner Mutter auf internationalen Schutz vom 15.07.2012 sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Hinblick auf den Herkunftsstaat RUSSISCHE FÖDERATION abgewiesen (Spruchpunkt II.) und der Beschwerdeführer und seine Mutter gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die RUSSISCHE FÖDERATION ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

Das Bundesasylamt führte im Bescheid des Beschwerdeführers aus, dass sein Fluchtvorbringen, er sei in den Jahren nach seiner Kündigung verfolgt und bedroht worden, nicht glaubwürdig sei. Auch dessen Mutter habe mit ihren vagen und auf Gemeinplätze beschränkten Schilderungen eine asylrelevante Verfolgung nicht glaubhaft machen können.

1.6. Gegen diese Bescheide wurden mit Schriftsatz vom 22.05.2013 fristgerecht Beschwerde an den Asylgerichtshof erhoben. Zur Beweiswürdigung des Bundesasylamtes wurde darin ausgeführt, dass sich die vom Bundesasylamt aufgezeigten Widersprüche bei näherer Betrachtung nicht als solche erweisen. Wenn das Bundesasylamt Widersprüche zur Darstellung der Erstbefragung ins Treffen führe, so müsse entgegengehalten werden, dass sich die Erstbefragung gerade nicht auf das Fluchtvorbringen zu beziehen habe und amtsbekannt sein dürfte, dass die Qualität der Erstbefragung nicht mit jener vor den Asylbehörden gleichgesetzt werden könne. Der Beschwerdeführer sei mit zwei Cousins, der Frau eines Cousins sowie der Cousine seiner Mutter auf dem Weg zur Arbeit gewesen. Diese Personen seien auch auf einem der Videos zu sehen. Auf dem Weg seien sie von RUSSISCHEN Soldaten angehalten worden und sei ihnen befohlen worden umzukehren. Als sie das Auto langsam rückwärts bewegt hätten, hätten die Soldaten bereits zu schießen begonnen. Ein Cousin des Beschwerdeführers habe daraufhin seinen Dienstausweis vorgezeigt, der bestätigt habe, dass es sich bei ihm und auch anderen Insassen um Beamte gehandelt habe und sie das Feuer einstellen sollten. Bei dem Beschuss des PKWs sei die Cousine der Mutter des Beschwerdeführers getötet und sowohl die Cousins als auch der Beschwerdeführer selbst verletzt worden. Lediglich die Frau eines Cousins sei unverletzt geblieben. Der Beschwerdeführer habe seine Cousins im Rahmen der Erstbefragung als Kollegen bezeichnet, da sie alle bei der Strafvollzugsverwaltung gearbeitet hätten. Aufgrund der Tatsache, dass es sich bei den Insassen des PKWs um Beamte gehandelt habe, haben die RUSSISCHEN Soldaten wohl Bedenken bekommen. Deswegen hätten sie einige Waffen ins Feld geworfen und hätten dadurch andeuten wollen, dass es Schüsse gegeben hätte, gegen die sie sich hätten verteidigen müssen. Sie haben eine Angriffssituation konstruieren wollen, in der sie sich hätten wehren müssen. Im Auto haben sich nämlich keine Waffen befunden. Im darauffolgenden Gerichtsverfahren sei der Beschwerdeführer nicht als Beschuldigter, sondern als Zeuge geladen gewesen. Es sei richtig, dass jemand verurteilt worden sei, nämlich ein 18-jähriger RUSSISCHER Soldat, welcher auf das Auto geschossen haben sollte. Tatsächlich sei aber das Auto von viel mehr Leuten beschossen worden, das Auto habe über 70 Einschusslöcher gehabt. Es sei offensichtlich gewesen, dass man die Soldaten, die beteiligt gewesen seien, habe schützen wollen. Auf der anderen Seite habe man jemandem den Prozess machen müssen, da die Angelegenheit durch die Medien bekannt geworden sei. Der Beschwerdeführer habe in seiner Eigenschaft als Zeuge kaum sprechen dürfen, was ebenfalls ein Hinweis dafür sei, dass die Wahrheit nicht als Licht kommen sollte. Darüber hinaus sei die Anklage durch eine externe Staatsanwaltschaft vertreten worden, die nicht örtlich zuständig gewesen sei. Auch dieses Vorgehen stelle sich als äußerst unüblich dar. Die Staatsanwaltschaft habe den Betroffenen überdies Schadenersatz versprochen, bis dato habe es allerdings keine Auszahlung gegeben. Da die abgehaltene Verhandlung nicht rechtmäßig von statten gegangen sei, habe der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme des Verfahrens erwirken wollen. Dies habe unter keinen Umständen geschehen sollen, weshalb immer wieder Leute der RUSSISCHEN Behörden gekommen seien und den Beschwerdeführer misshandelt haben. Sie haben auch dessen Mutter und andere Verwandte unter Druck gesetzt, damit diese ihre Bestrebungen, das Verfahren wieder zu eröffnen, aufgeben. Die Verfolgung des Beschwerdeführers habe erst mit seiner Kündigung aus gesundheitlichen Gründen im Jahr 2007 eingesetzt. Da der Beschwerdeführer bis zu diesem Zeitpunkt noch Beamtenstatus gehabt habe, sei er vermutlich davor nicht verfolgt worden. Danach sei er etwa ein bis zwei Mal im Monat von Leuten des FSB geholt und misshandelt worden. Wie es den Methoden des FSB entspreche, habe es kaum sichtbare Spuren dieser Misshandlungen gegeben und sei der Beschwerdeführer meist mit Stromschlägen gefoltert worden. Einmal sei der Beschwerdeführer von zwei Autos absichtlich angefahren worden. An das genaue Datum dieses Vorfalles könne er sich allerdings nicht mehr erinnern. In der Einvernahme sei er allerdings angehalten worden ein Datum zu nennen, weshalb er einen ungefähren Zeitraum angegeben habe. Jedenfalls stamme die Krankenhausbestätigung vom November 2011 von diesem Vorfall.

1.7. Mit Erkenntnis vom 08.08.2013 wies der Asylgerichtshof die Beschwerde des Beschwerdeführers und seiner Mutter als unbegründet ab.

1.8. Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der Beschwerde gegen dieses Erkenntnis mit Beschluss vom 02.10.2013 ab.

1.9. Mit Bescheid vom 20.08.2013 erließ die Landespolizeidirektion XXXX gegen den Beschwerdeführer ein auf ZEHN Jahre befristetes Rückkehrverbot. Das Landesverwaltungsgericht XXXX wies die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde mit Erkenntnis vom 25.02.2014 als unbegründet ab.

1.10. Am 17.10.2013 stellte die Mutter des Beschwerdeführers einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz, in dem sie zu ihren Fluchtgründen vorbrachte, dass ihr Bruder Berufssoldat und Offizier beim RUSSISCHEN Militär gewesen sei. Dieser sei Ende 2004 aus unbekannten Gründen getötet worden. Ihr Cousin und ihre Cousine seien ebenfalls getötet worden. Ihr Sohn sei 2005 von RUSSISCHEN Soldaten in den Bauch geschossen und dabei sehr schwer verletzt worden. Nach diesem Vorfall seien sie bis zur Ausreise auf der Flucht gewesen. Sie selbst sei öfters von der RUSSISCHEN Polizei auf der Straße – z.B. in Moskau – kontrolliert und mitgenommen worden, mit der Begründung, dass sie eine Terroristin sei. Im Jahr 2008 sei sie von RUSSISCHEN Soldaten in GROSNY fast vergewaltigt worden. Maskierte seien öfters zu ihnen nach Hause gekommen und hätten sie bedroht. Sie und ihr Sohn seien öfters festgenommen und geschlagen worden.

Mit Bescheid vom 29.10.2013 wies das Bundesasylamt den zweiten Antrag der Mutter des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück und sie selbst gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die RUSSISCHE FÖDERATION aus.

Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 20.11.2013 wurde die dagegen erhobene Beschwerde gemäß § 68 Abs. 1 AVG und § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

1.11. Am 16.04.2014 stellte die Mutter des Beschwerdeführers ihren dritten Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte sie vor, dass sie ihre bisherigen Ausreisegründe nach wie vor aufrecht halte. Sie habe darüber hinaus erfahren, dass sie und ihr Sohn eine Ladung der TSCHETSCHENISCHEN Polizei für den 16.08.2013 erhalten haben. Die Ladung habe ihre Schwester per E-Mail übermittelt.

Mit Beschluss vom 30.03.2016 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde der Mutter des Beschwerdeführers gegen den „Bescheid“ des Bundesamtes vom 05.11.2014, zugestellt am 11.11.2014, mit dem dieses ihren dritten Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen hatte, ihr den Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf die Russische Föderation nicht zuerkannt hatte, ihr keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 erteilt hatte, gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt hatte, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist und eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung einräumt hatte, als unzulässig zurück, weil die von der Beschwerdeführerin bekämpfte Erledigung keine Unterschrift aufwies und somit einen „Nichtbescheid“ darstellte.

2. Zweiter Antrag auf internationalen Schutz:

2.1. Am 17.03.2015 stellte der Beschwerdeführer seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz, zu welchem er am gleichen Tag vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt wurde. Nach den Gründen seiner neuerlichen Antragstellung befragt, gab der Beschwerdeführer zusammenfassend an, einen negativen Asylbescheid erhalten zu haben. Da er sich zu diesem Zeitpunkt in Strafhaft befunden habe, habe er kein Rechtsmittel dagegen einlegen können und wolle seine Fluchtgründe nunmehr neuerlich prüfen lassen. Nach dem Vorhandensein neuer Gründe gefragt, gab der Beschwerdeführer an, seine alten Fluchtgründe seien nach wie vor aufrecht und aktuell. Hinzu komme, dass seine Mutter im Jahr 2014 eine Ladung durch die tschetschenische Regierung erhalten habe, in welcher mitgeteilt worden sei, dass nach wie vor nach dem Beschwerdeführer und seiner Mutter gesucht werde.

2.2. Am 14.04.2015 wurde der Beschwerdeführer im Beisein einer Dolmetscherin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er im Wesentlich an:

„[…]

F: Haben Sie Beweismittel oder Identitätsbezeugende Dokumente, die Sie vorlegen können und welche Sie bisher noch nicht vorgelegt haben?

A: Ich habe Unterlagen vom Arzt, Arztbriefe. Diese möchte ich vorlegen. Auch kann ich eine Bestätigung eines Deutschkurses vorlegen. Auch habe ich den Staplerschein in Österreich gemacht.

Anmerkung: Kopien werden zum Akt genommen.

F: Haben Sie einen Vertreter beziehungsweise einen Zustellbevollmächtigten in Ihrem Asylverfahren?

A: Ja, ich werde von XXXX , von der Caritas vertreten.

Anmerkung: Vertreter wurde geladen, erschien aber nicht zur EV.

F: Haben Sie im Bereich der EU, in Norwegen, CH, Lichtenstein oder in Island Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht?

A: Nein.

F: Haben Sie in Österreich aufhältige Eltern oder Kinder (Blutverwandtschaft oder durch Adoption begründet).

A: Ja, meine Mutter lebt hier in Österreich. Nachgefragt gebe ich an, dass meine Mutter eine weiße Karte hat. Ihr Asylverfahren läuft noch.

F: Leben Sie mit einer sonstigen Person in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Falls dies der Fall ist, beschreiben Sie diese Gemeinschaft.

A: Nein.

F: Leben Sie mit Ihrer Mutter in einem gemeinsamen Haushalt?

A: Zurzeit nicht. Meine Mutter befindet sich in einer Frauenperson. Ich habe keine weiße Karte. Erst wenn ich diese habe, kann ich bei meiner Mutter leben. Ich habe schon mit der Caritas gesprochen. Sie meinten, ich würde keine Unterkunft und kein Geld bekommen, solange ich nicht die weiße Karte habe.

F: Haben Sie jemals Probleme mit den Behörden, der Polizei oder dem Militär Ihres Heimatlandes gehabt?

A: Ja, ich habe mit der Behörde, mit dem Geheimdienst Probleme gehabt und wurde angeschossen und verletzt.

F: Fühlen Sie sich gegenüber anderen Mitglieder Ihrer Volksgruppe (Parteienangehöriger, Religionsgruppe) benachteiligt?

A: Wegen der Religion habe ich keine Probleme gehabt. Aber wegen meiner Volksgruppe, da ich Tschetschene bin wurde ich von föderalen, russischen Soldaten angeschossen. Wegen der Verletzung war ich fast ein Jahr im Krankenhaus.

F: Sprechen Sie Deutsch? (Frage wird auf Deutsch gestellt)

A: Bisschen. (auf Russisch weiter) Ich verstehe sehr gut. Mir fehlen aber noch Sprachkenntnisse. Ich kann mich aber ausdrücken.

F: Sind Sie Mitglied in einem Verein?

A: Nein.

F: Wie schaut Ihre bisherige Integration in Österreich aus?

A: Ich habe Deutschkurse besucht. Ich habe einen Staplerschein gemacht. Ich habe auch bei einer Schlosserei gearbeitet und auch in einer Verpackungsfirma. Auch in einer Wäscherei habe ich gearbeitet. Die Schlosserei wurde mir zugewiesen, wie ich in Haft war. Ich habe dann Ausgang bekommen und dort gearbeitet.

F: Sie wissen, dass gegen Ihre Person aufgrund Verurteilung eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung iVm Einreiseverbot besteht?

A: Nein, das habe ich nicht gewusst.

F: Ihre Fluchtgründe aus dem ersten Verfahren bestehen noch?

A: Ja.

F: Gibt es zu Ihren Fluchtgründen Neuigkeiten?

A: Es ist so, dass ich einen Cousin in SALZBURG habe. Dieser Cousin hat Kontakt zu meiner Tante, die Schwester meiner Mutter. Von meiner Tante haben wir die Neuigkeiten aus meinem Heimatland erhalten, dass die Behörde in TSCHETSCHENIEN nach uns suchen und gezielt nachfragt. Zum Beispiel, wo sich meine Mutter und ich befinden. Wir haben unser[e] Wohnung in TSCHETSCHENIEN verkauft. Sogar die Behörden waren in der Wohnung und haben nach uns gefragt. Die Behörde in Tschetschenien habe versucht rauszufinden, wo wir uns aufhalten. Sie haben bei Nachbarn und Bekannten nachgefragt. Ich versuche möglichst auch hier anonym zu bleiben und sage zu meine[n] Landsleuten nicht, woher ich komme bzw. auch nicht meinen richtigen Namen, damit die Informationen nicht nach TSCHETSCHENIEN gelangen. Ich sage oft die Unwahrheit über meine persönlichen Daten.

F: Können Sie Beweismittel vorlegen, dass Sie von den Behörden im Heimatland gesucht werden?

A: Ich glaube schon, dass meine Mutter die Ladungen abgegeben hat. Das ist der Beweis, dass ich im Heimatland gesucht werde.

F: Warum hat Ihre Mutter Ladungen erhalten, aber Sie nicht?

A: Wir beiden haben die Ladungen erhalten, dass wir zur Polizei kommen müssen.

F: Wo sind dann Ihre Ladungen?

A: Ich glaube, die sind bei meiner Mutter in der Mappe.

F: Warum haben Sie die nicht selbst abgegeben?

A: Weil ich im Gefängnis war. Ich habe einmal meiner Mutter eine Vollmacht gegeben, sie hat sich um meine Unterlagen gekümmert.

V: Sie haben eine Verfahrensanordnung des BFA gem. § 29/3/4 AsylG 2005 übernommen, in welcher Ihnen mitgeteilt wurde, dass beabsichtigt ist, Ihren Antrag auf Internationalen Schutz zurückzuweisen da nach Ansicht der Behörde der Tatbestand der entschiedenen Sache vorliegt. Die Bedeutung des Begriffs „Entschiedene Sache“ wird erläutert. (….) Wollen Sie etwas angeben?

A: Es ist so, wenn Sie mein Asylverfahren negativ entscheiden und ich nach TSCHETSCHENIEN zurückkehren würde, dass mich der To[d] erwarten würde. Österreich gibt viel Geld aus um mich nach TSCHETSCHENIEN zurückzuschieben. Sie können sich das ersparen, ich werde mich hier umbringen. Wissen Sie, ich habe Jus studiert. Habe gearbeitet, ein Haus gehabt. Alles habe ich hinterlassen, weil ich Probleme habe. Nicht nur ich bin gefährdet, sondern auch meine Mutter. Meine Mutter wurde sogar von den Behörden verletzt. Sie haben sie so stark geschupst, dass Sie gefallen ist und sich im Bauch verletzt hat. Sie haben von Ihr verlangt, dass sie meinen Aufenthaltsort bekannt gibt.

[…]

Kurz vor meiner Flucht aus dem Heimatland wurde ich von den Behörden mit Absicht mit einem Auto angefahren und wurde schwer am Bauch, an den Beinen und im Kinnbereich verletzt. Es wurde mir im Krankenhaus auch keine Bestätigung gegeben. Die Ärzte haben sich geweigert, zu bestätigen, dass ich mit Absicht angefahren wurde. Sie haben mit der Absicht nicht geschrieben, dass diese Leute von den Behörden sind.

[…]“

Der Beschwerdeführer legte medizinische Unterlagen vom 24.09.2014, 13.02.3013, 25.06.2014, 20.11.2014, 22.01.2015, 28.01.2015, eine Deutschkursbestätigung sowie eine Haftbestätigung vor.

2.3. Das Bundesamt wies den Folgeantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 26.10.2015 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück.

2.4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin machte er im Wesentlichen geltend, dass sich, anders als vom Bundesamt ausgeführt, der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt seit Rechtskraft des ersten Asylverfahrens maßgeblich geändert habe. Sowohl der Beschwerdeführer, als auch seine Mutter, haben erneut Ladungen von den TSCHETSCHENISCHEN Behörden bekommen, die Suche nach ihnen habe sich stark intensiviert. Der Beschwerdeführer könne diesbezüglich auch Zeugen namhaft machen und übermittle die Ladungen in Kopie.

2.5. Mit Beschluss vom 10.11.2015 behob das in Stattgabe der Beschwerde gemäß § 21 Abs. 3 BFA-VG den angefochtenen Bescheid. Begründend führte es im Wesentlichen aus, dass sich das Bundesamt in ihrer Entscheidungsbegründung zur Identität der Sache auf den Bescheid des Bundesasylamtes bezogen habe und nicht auf das Erkenntnis des Asylgerichtshofes.

2.6. Mit Urteil vom 16.03.2016 verurteilte das Bezirksgericht XXXX den Beschwerdeführer wegen versuchten Diebstahls gemäß § 127 iVm § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von XXXX Monaten.

2.7. Mit Bescheid vom 21.04.2016 wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 17.03.2015 in Spruchpunkt I. gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück, ordnete in Spruchpunkt II. seine Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG an und stellte fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die RUSSISCHE FÖDERATION gemäß § 61 Abs.2 FPG zulässig ist.

2.8. Der Beschwerdeführer erhob vertreten durch den MIGRANTINNENVEREIN ST. MARX, gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und focht den Bescheid wegen inhaltlicher falscher Entscheidung und mangelhafter Verfahrensführung im vollen Umfang an.

Begründend führte er im Wesentlichen aus, dass entgegen der Ansicht der belangten Behörde keine entschiedene Sache vorliege, zumal sich der Sachverhalt seit dem Zeitpunkt der Rechtskraft des ersten Asylverfahrens wesentlich geändert habe. Wie bereits im Rahmen des ersten Verfahrens dargelegt, sei der Beschwerdeführer in der RUSSISCHEN FÖDERATION verfolgt worden; sowohl der Beschwerdeführer, als auch dessen Mutter, haben nunmehr eine neuerliche Ladung TSCHETSCHENISCHER Behörden erhalten, welche beiliegend in Kopie übermittelt werde. Die behördliche Suche nach dem Beschwerdeführer und seiner Mutter habe sich intensiviert, von seiner Tante wisse der Beschwerdeführer, dass die Behörden ständig nach dem Aufenthaltsort seiner Person sowie jenem seiner Mutter fragen. Bekannte und Freunde seien bereits angehalten und gefoltert worden, diesbezüglich könne der Beschwerdeführer auch Zeugen namhaft machen. Dem neuen Vorbringen des Beschwerdeführers komme Asylrelevanz zu, da anhand der Ladungen und der Nachforschungen der Behörden in TSCHETSCHENIEN deutlich werde, dass der Beschwerdeführer aktuell Verfolgung aufgrund einer ihm unterstellten oppositionellen Gesinnung in der RUSSISCHEN FÖDERATION fürchten müsse. Verwiesen werde auf einen näher angeführten Artikel aus dem STANDARD sowie auf einen Bericht des DANISH IMMIGRATION SERVICE. Die Sicherheitslage in TSCHETSCHENIEN habe sich seit dem Zeitpunkt der rechtskräftigen Vorentscheidung verschlechtert, wozu näher angeführte Berichte zur allgemeinen Lage im NORDKAUKASUS, insbesondere zur Problematik willkürlicher Festnahmen, zitiert werden. Die Behörde habe die Recherche aktueller Länderberichte unterlassen. Dem Beschwerdeführer drohe im Fall einer Rückkehr eine Verletzung seiner Rechte nach Artikel 2 und 3 EMRK. Im Falle einer ordnungsgemäßen Würdigung des Vorbringens des Beschwerdeführers hätte die Behörde zum Ergebnis gelangen müssen, dass keine entschiedene Sache vorliege. Zudem verfüge der Beschwerdeführer über ein schützenswertes Familien- und Privatleben im Bundesgebiet. Er lerne im Selbststudium Deutsch und könne sich im Alltag bereits gut verständigen. Auch die gesundheitlichen Probleme des Beschwerdeführers begründen ein Interesse am Verbleib im Bundesgebiet, um die Weiterbehandlung zu gewährleisten. Diesbezüglich werden die psychiatrischen Befunde vom 31.03.2016 und vom 11.04.2016 (Diagnosen: XXXX ]), neurologische Befunde vom 06.01.2016 und vom 19.02.2016 sowie eine Anmeldebestätigung zu einer Deutschprüfung der Stufe A2 übermittelt.

2.9. Mit Erkenntnis vom 09.06.2016 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde als unbegründet ab, soweit mit dem angefochtenen Bescheid der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wurde; der angefochtene Bescheid wurde ersatzlos behoben, soweit damit eine Anordnung der Außerlandesbringung gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG erlassen und gemäß Abs. 2 leg.cit. festgestellt wurde, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers zulässig ist, weil die Zurückweisung des Asylantrages durch das Bundesamt nicht gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 oder gemäß § 68 AVG nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 erfolgte.

Betreffend den Antrag auf internationalen Schutz führte das Bundesverwaltungsgericht u.a. Folgendes aus:

„Der Beschwerdeführer behauptete im ersten Verfahren eine Verfolgung seitens TSCHETSCHENISCHER Behörden infolge eines Schusswechsels, bei welchem der Beschwerdeführer schwerwiegende Verletzungen erlitten hätte und aufgrund dessen in den Fokus TSCHETSCHENISCHER Behörden geraten wäre, welche diesem und seinen ebenfalls zugegen gewesenen Kollegen unberechtigterweise die Schuld an dem Vorgefallenen hätten anlasten wollen.

Der Asylgerichtshof hat sich in seinem rechtskräftigen Erkenntnis vom 08.08.2013 […] umfassend mit dem vom Beschwerdeführer als seinen Ausreisegrund vorgebrachten Sachverhalt auseinandergesetzt und im Ergebnis den seitens des Beschwerdeführers ins Treffen geführten Fluchtgründen nach Sichtung der vorgelegten Beweismittel aufgrund näher dargestellter Widersprüchlichkeiten und Ungereimtheiten, insbesondere auch im Vergleich mit den Angaben seiner gemeinsam mit ihm eingereisten Mutter, welche sich auf den gleichen fluchtauslösenden Sachverhalt berief, insgesamt die Glaubwürdigkeit abgesprochen. Ebensowenig konnten im vorangegangenen Verfahren Umstände glaubhaft gemacht oder von Amts wegen festgestellt werden, welche die Gewährung subsidiären Schutzes rechtfertigen würden. Im Zuge des jetzigen, zweiten Verfahrens brachte der Beschwerdeführer vor, dass seine alten Fluchtgründe nach wie vor aufrecht seien und noch immer nach ihm gesucht werde. In seiner Heimat werde nach wie vor nach ihm und seiner Mutter gefragt und habe letztere im Jahr 2014 eine Ladung durch TSCHETSCHENISCHE Behörden erhalten.

Soweit der Beschwerdeführer sich im gegenständlichen Verfahren damit neuerlich auf seine Fluchtgründe aus dem rechtskräftig abgeschlossenen ersten Verfahren bezieht, ist ihm entgegenzuhalten, dass diese bereits im ersten Verfahrensgang als nicht glaubhaft beurteilt wurden. Somit liegt – wie das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im angefochtenen Bescheid richtig ausgeführt hat – hinsichtlich dieser bereits im Erstverfahren vorgebrachten Verfolgung durch TSCHETSCHENISCHE Behörden, entschiedene Sache iSd § 68 Abs. 1 AVG vor, deren Rechtskraft einer neuerlichen Sachentscheidung entgegensteht. Das Bundesverwaltungsgericht sieht keinerlei Grund, von der Einschätzung im rechtskräftigen Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 08.08.2013 […] abzuweichen, dass nämlich der Beschwerdeführer die RUSSISCHE FÖDERATION nicht aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen hat.

Der Beschwerdeführer stützt seinen gegenständlichen, zweiten Antrag auf seinen ursprünglichen Fluchtgrund, wonach seitens TSCHETSCHENISCHER Behörden nach ihm gesucht werde. Auch das Vorbringen, dass sich die Situation vor Ort verschlechtert habe, er zwischenzeitlich behördliche Ladungen erhalten habe und erfahren habe, dass wiederholt nach seinem Aufenthaltsort gefragt worden sei, wobei es auch zu Befragung und Misshandlungen von Bekannten gekommen sei, steht mit dem rechtskräftig negativ beschiedenen Vorbringen aus dem ersten Verfahren im untrennbaren Zusammenhang und es liegt daher nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird jener Sachverhalt bekräftigt, über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist.

Zudem ist dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl auch dahingehend beizupflichten, dass auch im nunmehrigen Verfahren (weitere) Widersprüche gegenüber den zuvor erstatteten Angaben des Beschwerdeführers hinsichtlich der fluchtauslösenden Vorfälle aufgetreten sind, welche den Eindruck der persönlichen Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers bekräftigen. Auch im Rahmen der Asylverfahren der Mutter des Beschwerdeführers […] konnte den von dieser geschilderten gleichgelagerten fluchtauslösenden Vorkommnissen keine glaubhafte Asylrelevanz zugebilligt werden, welcher zur Gewährung eines internationalen Schutzstatus geführt hätte.

Vielmehr drängt sich fallgegenständlich der Eindruck auf, dass der Beschwerdeführer mit der Stellung des Folgeantrages das Ziel verfolgte, die Durchsetzung der rechtskräftigen Entscheidung vom 08.08.2013 infolge seiner Entlassung aus der Strafhaft zu verhindern. Dafür sprechen auch die eigenen Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren vor der Behörde, mit seiner zweiten Antragstellung auf internationalen Schutz eine neuerliche Überprüfung seiner Fluchtgründe zu bezwecken.

[…]

Was den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers anbelangt (dieser leidet zufolge der vorgelegten Befunde insbesondere an XXXX sowie an XXXX ), ist festzuhalten, dass damit keine Krankheiten vorgebracht wurden, die in der Russischen Föderation nicht behandelbar wären. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte stehen PTBS und sogar Selbstmordgefahr (EGMR 22.09.2005, Fall Kaldik, Appl. 28526) sowie schwere Depression und Selbstmordgefahr (EGMR 31.05.2005, Ovidenko, Appl. 1383/04), der Abschiebung nicht im Wege.

[…]

Unabhängig davon, ob die beim Beschwerdeführer diagnostizierten Krankheitsbilder bereits zum Zeitpunkt der Rechtskraft des vorangegangenen Verfahrens auf internationalen Schutz vorgelegen haben, kann in diesen vor dem Hintergrund obiger Ausführungen keine wesentliche Änderung in Hinblick auf die Beurteilung der Frage der Gewährung subsidiären Schutzes erkannt werden. Hinsichtlich des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers ist davon auszugehen, dass keine schwere, lebensbedrohende Erkrankung gegeben ist. Wie den aktuellen Länderfeststellungen entnommen werden kann, ist die medizinische Versorgung im Herkunftsstaat grundsätzlich gewährleistet und sind auch Behandlungsmöglichkeiten für die genannten Krankheitsbilder grundsätzlich vorhanden, XXXX seien kostenfrei erhältlich. Die Behörde nahm eine inhaltliche Würdigung der vorgelegten ärztlichen Unterlagen vor und kam zu dem Schluss, dass im Falle des Beschwerdeführers kein Abschiebehindernis zu erkennen sei. Zudem verweigerte der Beschwerdeführer laut Akteninhalt eine seitens der Behörde in Aussicht genommene XXXX -Untersuchung. Auch im Rahmen der Beschwerdeschrift wurde den diesbezüglichen Erwägungen der Behörde nicht entgegengetreten.

Eine akute lebensbedrohende Krankheit des Beschwerdeführers, welche eine Überstellung in die Russische Föderation gemäß der dargestellten Judikatur des EGMR verbieten würde, liegt im konkreten Fall nicht vor. Auch wurde nicht konkret dargelegt, dass sich sein Gesundheitszustand im Falle einer Überstellung verschlechtern würde. Es ist insbesondere nicht anzunehmen, dass sich der Beschwerdeführer in dauernder stationärer Behandlung befände oder auf Dauer nicht reisefähig wäre. Anlässlich einer Abschiebung werden von der Fremdenpolizeibehörde auch der aktuelle Gesundheitszustand und insbesondere die Transportfähigkeit beurteilt sowie gegebenenfalls bei gesundheitlichen Problemen die entsprechenden Maßnahmen gesetzt.

Durch eine Abschiebung des Beschwerdeführers wird Art. 3 EMRK nicht verletzt und reicht es jedenfalls aus, wenn medizinische Behandlungsmöglichkeiten im Land der Abschiebung verfügbar sind, was im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers jedenfalls der Fall ist. Dass die Behandlung im Herkunftsstaat nicht den gleichen Standard wie in Österreich aufweist oder unter Umständen auch kostenintensiver ist, ist nicht relevant.

Auch in Hinblick auf die allgemeine (Sicherheits-)Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers kann, wie erwähnt, keine entscheidungsmaßgebliche Verschlechterung erkannt werden. Die Behörde ging unter Berücksichtigung aktuellen Länderberichtsmaterials in zutreffender Weise davon aus, dass die entscheidungsrelevante Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers – verglichen mit dem Zeitpunkt der Rechtskraft des Erkenntnis des Asylgerichtshofes im vorangegangenen inhaltlichen Verfahren – keine maßgebliche Veränderung erfahren hat. Auch aus den in der Beschwerdeschrift zitierten Berichten lässt sich keine entscheidungswesentliche Änderung ableiten und findet das diesbezügliche Vorbringen in der Beschwerdeschrift zudem keinerlei nähere Konkretisierung.

Da weder in der maßgeblichen Sachlage, und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre der Beschwerdeführer gelegen ist, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist, noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Anliegens nicht von vornherein als ausgeschlossen scheinen ließe, liegt entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden konnte. Die Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache war sohin rechtmäßig, weshalb die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 68 AVG abzuweisen ist.“

2.10. Der Verfassungsgerichtshof gab dem Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Beschwerde gegen dieses Erkenntnis nicht Folge.

3. Dritter Antrag auf internationalen Schutz:

3.1. Am 20.09.2016 stellte der Beschwerdeführer den dritten, nun mehr gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz, zu welchem er am gleichen Tag vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt wurde. Nach den Gründen seiner neuerlichen Antragstellung befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass jene Gründe, die er im ersten Asylantrag angegeben hatte, aufrecht bleiben. Er werde nach wie vor von den RUSSISCHEN Behörden gesucht. Er habe bei seinem ersten Asylantrag nicht alle Gründe angegeben, wolle aber alles beim nächsten Interview vor der Asylbehörde erzählen. Im Falle einer Rückkehr in die Heimat habe er Angst um sein Leben und das seiner Mutter.

3.2. Am 04.10.2016 wurde der Beschwerdeführer im Beisein einer Dolmetscherin für die RUSSISCHE Sprache vor dem Bundesamt niederschriftlich einvernommen. Hinsichtlich seiner Fluchtgründe bekräftigte der Beschwerdeführer die Richtigkeit seines bisherigen Vorbringens. Er stelle nun mehr einen neuen Antrag, weil er letztes Jahr Ladungen, die an ihn und seine Mutter im Heimatland zugestellt worden seien, vorgelegt habe. Diese seien von seiner Tante nach Österreich übermittelt worden. Er habe dem Bundesamt die Dokumente vorgelegt. Dort seien Kopien angefertigt worden. Anschließend habe man ihm die Originale wieder übergeben. Im Jahr 2016 seien keine Ladungen mehr zugestellt worden. Es werde aber mündlich verbreitet, dass man ihn und seine Mutter überall finden werde, in RUSSLAND sowie in Österreich. Sie haben überall ihre Leute. Befragt, weshalb er seinen neuen Asylantrag so spät stelle, gab der Beschwerdeführer an, dass man ihn abschieben wollte, er aber nicht zurück in seine Heimat könne.

Hinsichtlich seines Gesundheitszustandes gab der Beschwerdeführer an, er sei vor einem halben Jahr XXXX operiert worden und benötige in einem halben Jahr eine weiter OP. Die Befunde dafür habe er nicht mit. Das Bundesamt setzte eine Frist bis 20.10.2016 zur Nachreichung entsprechender Befunde. Der Beschwerdeführer gab weiters an, dass er trotz Verschreibung aufgrund seiner fehlenden Krankenversicherung keine Medikamente nehme. Der Beschwerdeführer legte einen psychiatrischen Befund vom 11.04.2016 vor, den er bereits in seiner Beschwerde zum rechtskräftig negativen Bescheid vom 21.04.2016 eingebracht hatte.

Hinsichtlich seines Lebens in Österreich gab der Beschwerdeführer an, dass er mittlerweile eine Freundin in Österreich habe, die er heiraten wolle. Sie sei seit 2014 in Österreich, mittlerweile als Flüchtling anerkannt, geschieden und habe 2 Kinder. Er wohne mit der Freundin nicht in einem gemeinsamen Haushalt. Er halte sich zwar tagsüber bei ihr auf, schlafe am Abend aber in der Pension seiner Mutter. In Österreich arbeite er in einer XXXX bzw. auf einer XXXX . Auf Nachfrage erklärte er, dabei in Haft gewesen zu sei. Er habe während seines Gefängnisaufenthaltes, der von XXXX dauerte, gearbeitet und den Staplerschein gemacht. Er habe außerdem einen weiteren Deutschkurs besucht, alle seine Fehler überdacht und wolle in Österreich von null angefangen. Der Beschwerdeführer gab an, in Österreich eine Familie gründen zu wollen.

3.3. Mit Schreiben vom 20.10.2016 übermittelte der Beschwerdeführer ärztliche Befunde, ein Empfehlungsschreiben, weitere Integrationsunterlagen, sowie zwei Ladungen in RUSSISCHER Sprache.

3.4. Laut gutachterlicher Stellungnahme vom 30.10.2016 lagen beim Beschwerdeführer im Untersuchungszeitpunkt keine Symptome einer XXXX mehr vor; es liege eine XXXX als Reaktion auf Belastungen in relativ milder Ausprägung vor. Hinweise auf andere Störungen gebe es nicht.

3.5. Mit Schreiben vom 10.11.2016 nahm der Beschwerdeführer zu der Gutachterlichen Stellungnahme vom 30.10.2016 Stellung und wiederholte dabei im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen.

3.6. Am 10.06.2017 wurde der Beschwerdeführer im Beisein einer Dolmetscherin für die RUSSISCHE Sprache erneut vor dem Bundesamt niederschriftlich einvernommen. Hinsichtlich seiner Fluchtgründe bekräftigte der Beschwerdeführer die Richtigkeit seines bisherigen Vorbringens. Zum Beweis legte der Beschwerdeführer 19 Fotos vor. Diese stammten aus dem Video, das der Beschwerdeführer bereits im ersten Asylverfahren als Beweismittel eingebracht hatte. Er führte aus, dass er nicht so lange in Österreich wäre, hätte er keine Probleme und Schwierigkeiten zuhause. Sein Cousin sei seinetwegen entlassen worden. Diesen habe er im Asylverfahren zuvor schon erwähnt.

Hinsichtlich seines Gesundheitszustandes gab der Beschwerdeführer an, er habe aufgrund einer XXXX bei der XXXX und am XXXX eine Verletzung davongetragen, die aber behandelt worden seien. Der Beschwerdeführer legte mehrere medizinische Befunde von 27.11.2016 bis 01.12.2016 vor.

Hinsichtlich seines Lebens in Österreich gab der Beschwerdeführer an, dass er mittlerweile einen Beruf in einer XXXX bzw. auf einer XXXX habe. Der Beschwerdeführer legte eine Deutschkursbestätigung vor. Er lebe in keiner Familiengemeinschaft oder familienähnlichen Lebensgemeinschaft, sondern wohne mit seiner Mutter zusammen.

3.7. Mit Bescheid vom 25.06.2017 wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers vom 20.09.2016 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück.

Begründend führte es aus, dass der Beschwerdeführer keine Beweismittel vorgebracht habe, die sein Fluchtvorbringen bestärken würde. Das Fluchtvorbringen sei der Behörde gegenüber sehr vage und inhaltslos geschildert worden. Das nunmehrige Vorbringen, weshalb der Beschwerdeführer nicht in sein Heimatland zurückkehren könnte, sei ebenfalls nicht glaubhaft. Bereits im Vorverfahren sei das Vorbringen des Beschwerdeführers einer hinreichenden Prüfung unterzogen und als unglaubwürdig erachtet worden. Das Vorbringen eines neuen Fluchtgrundes werde daher als unglaubhaft eingestuft, es liege weiterhin entschiedene Sache vor.

3.8. Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde ein. Geltend gemacht wurde im Wesentlichen, dass das im Erstverfahren geschilderte Problem weiterbestehe und der Beschwerdeführer nach wie vor von den russischen Behörden gesucht werde. Er habe diesbezüglich auch Ladungen vorgelegt. Außerdem habe er aufgrund seiner Mutter eine familiäre Bindung zu Österreich; auch seine Freundin lebe hier, die er heiraten wolle. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer krank und leide an einer XXXX , wobei es sich um Folgen der Misshandlungen durch RUSSISCHE Soldaten handle. Es wurde beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 17 BFA-VG zuzuerkennen, bzw. der Beschwerde stattzugeben und den Bescheid der belangten Behörde zu beheben.

3.9. Die Beschwerdevorlage langte am 10.07.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

3.10. Mit Beschluss vom 24.07.2017 erkannte das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde gemäß § 17 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zu.

3.11. Mit Urteil vom 01.12.2017 verurteilte das Bezirksgericht XXXX den Beschwerdeführer wegen XXXX und XXXX gemäß XXXX zu einer Freiheitsstrafe von XXXX Monaten.

3.12. Mit Nachreichung vom 08.02.2018 übermittelte das Bundesamt die deutsche Übersetzung zweier russischer Vorladungen des Beschwerdeführers und seiner Mutter sowie die zugehörigen Untersuchungsberichte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die – zulässige – Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

1.1.1. Die Identität des Beschwerdeführers steht fest. Er ist volljährig, Staatsangehörige der Russischen Föderation, Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe und bekennt sich zum muslimischen Glauben. Er spricht Tschetschenisch sowie Russisch.

1.1.2. Der Beschwerdeführer wurde am XXXX in TSCHETSCHENIEN, XXXX , geboren. Er besuchte dort ELF Jahre lang die Grundschule. Danach absolvierte er eine sechsjährige juristische Ausbildung und war im Staatsdienst tätig. Im XXXX geriet er in einen Schusswechsel und wurde schwer verletzt. Nach mehreren Operationen, nahm er seine Arbeit wieder auf und war bis 2007 berufstätig.

1.1.3. Der Vater des Beschwerdeführers ist bereits verstorben. Die Mutter sowie der Beschwerdeführer lebten gemeinsam in der RUSSSISCHEN FÖDERATION in einer Eigentumswohnung in XXXX . Er ist ledig und kinderlos.

1.1.4. Der Beschwerdeführer wurde 2014 und 2015 mehrmals aufgrund diesbezüglich auftretender XXXX und XXXX an der XXXX wegen seiner Schussverletzung aus 2004 behandelt. Der Beschwerdeführer litt im XXXX unter XXXX die operativ entfernt wurden. Beim Beschwerdeführer können seit spätestens XXXX 2016 keine Symptome der XXXX mehr festgestellt werden, er leidet an einer XXXX vergleichsweise milder Ausprägung. Der Beschwerdeführer hatte unter XXXX , die nicht näher einordenbar waren – es handelte sich entweder um XXXX – gelitten; seit XXXX 2017 nahm er keine Medikamente mehr ein. Im XXXX 2016 wurde er wegen einer XXXX im linken XXXX sowie am linken XXXX stationär behandelt; der postoperative Verlauf gestaltete sich komplikationslos. Er ist arbeitsfähig und nicht pflegebedürftig.

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers und einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat:

1.2.1. Der Beschwerdeführer reiste gemeinsam mit seiner Mutter am 15.07.2012 illegal und schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Dabei brachte er vor, Staatsangehörige der RUSSISCHEN FÖDERATION TSCHETSCHENISCHER Volksgruppenzugehörigkeit zu sein. Der Beschwerdeführer legte im Rahmen seiner Antragstellung zum Nachweis seiner Identität seinen RUSSISCHEN Führerschein vor. Im Rahmen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 15.07.2012 gab der Beschwerdeführer an, dass er in TSCHETSCHENIEN verfolgt worden sei. In RUSSLAND herrsche seit Jahren Krieg. Es habe einen Vorfall gegeben, bei welchem der Beschwerdeführer verletzt worden sei. Im Jahr 2004 seien der Beschwerdeführer und einige Kollegen mit dem Auto in die Arbeit gefahren. Ihnen seien Truppen der RUSSISCHEN Armee entgegengekommen. Diese haben begonnen auf den Beschwerdeführer zu schießen, dabei sei der Beschwerdeführer angeschossen und schwer verletzt worden. Er habe Verletzungen im Bereich des Oberkörpers erlitten. Die RUSSISCHEN Truppen seien dann zum getroffenen Auto gekommen und haben beim Beschwerdeführer und seinen Kollegen ihre Waffen abgelegt um vorzutäuschen, dass seine Kollegen und er die RUSSEN zuerst angegriffen hätten. Ein Kollege des Beschwerdeführers sei bei dem Vorfall getötet, zwei weitere Kollegen und der Beschwerdeführer seien verletzt worden. Der Beschwerdeführer sei dann von Verwandten ins Krankenhaus gebracht worden. Nach seiner Genesung sei es zu einem Gerichtsverfahren gekommen, da die RUSSISCHEN Truppen ihn und seine Kollegen als Angreifer dargestellt haben. Der Beschwerdeführer habe zu einer Verhandlung gehen sollen, es habe aber kein ordentliches Gerichtsverfahren gegeben. Der Beschwerdeführer sei danach von RUSSISCHEN Truppen und RUSSISCHEN Militärpolizisten verfolgt, mehrmals festgenommen und misshandelt worden. Dabei seien ihm zum Beispiel die Hände mit einem Kabel hinter dem Rücken verbunden und mit einem Stromkabel gefoltert worden. Der Beschwerdeführer habe große Angst um seine Mutter gehabt, welche mit der Situation nicht fertig geworden sei. Dadurch, dass die Polizei oft bei ihnen gewesen sei, habe seine Mutter XXXX bekommen. Um sich selbst habe der Beschwerdeführer keine Angst gehabt, sei aber immer in Sorge um seine Mutter gewesen. Er habe auch fast nie zu Hause übernachten bzw. sich dort aufhalten können, weil er dauernd von der RUSSISCHEN Militärpolizei verfolgt worden sei. Diese Vorfälle haben sich meistens in XXXX ereignet. Den Entschluss zu fliehen, haben sie Anfang 2012 gefasst, da es erneut zu einem Übergriff gegen den Beschwerdeführer gekommen sei, bei welchem er erneut von der Militärpolizei festgenommen und misshandelt worden sei. Wegen der Misshandlungen sei der Beschwerdeführer mehrfach verletzt worden und habe ins Krankenhaus gehen müssen. Dabei seien die Bestätigungen wegen seiner Behandlungen immer gefälscht worden. In den Bestätigungen sei nicht gestanden, dass der Beschwerdeführer misshandelt worden sei.

1.2.2. Am 24.04.2013 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesasylamt einer niederschriftlichen Einvernahme unterzogen. Dabei gab er im Wesentlichen an, dass er als Mitarbeiter des Strafvollzugsdienstes der TSCHETSCHENISCHEN Republik im Auto auf dem Weg zur Arbeit von RUSSISCHEN Soldaten beschossen worden sei. Nach seinem mehrmonatigen Krankenhausaufenthalt, habe er bis 2007 weitergearbeitet. Nach seiner Entlassung sei er von Personen in Uniformen des FSB systematisch verfolgt und im Jänner/Februar 2012 von diesen mit einem Auto angefahren worden.

1.2.3. Mit Bescheid vom 03.05.2013 wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 15.07.2012 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat RUSSISCHE FÖDERATION gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ab und den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die RUSSISCHE FÖDERATION aus. Ein gleichlautender Bescheid erging am 06.05.2013 im Verfahren seiner Mutter.

1.2.4. Mit Erkenntnis vom 08.08.2013 wies der Asylgerichtshof die Beschwerde des Beschwerdeführers und seiner Mutter gegen die Bescheide des Bundesasylamtes vom 03.05.2013 bzw. vom 08.08.2013 als unbegründet ab. Der Asylgerichtshof gründete seine Entscheidung im Wesentlichen auf folgende Feststellungen (der Beschwerdeführer wird als Erstbeschwerdeführer bezeichnet, seine Mutter als Zweitbeschwerdeführerin):

„Die Beschwerdeführer reisten ihrem Vorbringen zufolge am 15.07.2012 illegal und schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am selben Tag jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz. Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der RUSSISCHEN FÖDERATION TSCHETSCHENISCHER Volksgruppenzugehörigkeit aus TSCHETSCHENIEN und führen die im Spruch angeführten Namen. Die Zweitbeschwerdeführerin ist die Mutter des Erstbeschwerdeführers.

Nicht festgestellt werden kann, dass den Beschwerdeführern in der RUSSISCHEN FÖDERATION mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität – oder eine sonstige Verfolgung maßgeblicher Intensität – droht.

Nicht festgestellt werden kann, dass die Beschwerdeführer an dermaßen schwerwiegenden, akut lebensbedrohlichen und in der Russischen Föderation nicht behandelbaren Erkrankungen leiden würden, welche allenfalls im Falle einer Rückkehr zu einer Überschreitung der hohen Eingriffsschwelle des Art. 3 EMRK führen könnten,

Festgestellt wird, dass die etwa seit einem Jahr im Bundesgebiet aufhältigen Beschwerdeführer in Österreich auf keine ausreichend ausgeprägten und verfestigten individuellen integrativen Anknüpfungspunkte hinsichtlich ihres Privatlebens verweisen können und weitere entscheidung

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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