TE Bvwg Beschluss 2021/2/10 W259 2230162-1

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Veröffentlicht am 10.02.2021
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Entscheidungsdatum

10.02.2021

Norm

BDG 1979 §14
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch


W259 2230162-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Ulrike RUPRECHT als Vorsitzende sowie den fachkundigen Laienrichter MR Dr. Alexander TOMASCH und den fachkundigen Laienrichter Mag. Mario Franz SCHAFFER über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch XXXX XXXX, gegen den Bescheid des Finanzamtes XXXX vom XXXX 2020, Zl. XXXX , betreffend eine Versetzung in den Ruhestand von Amts wegen, in nichtöffentlicher Sitzung:

A) In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin stand bis zu der mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochenen Versetzung in den Ruhestand in einem aktiven öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und war dem Finanzamt XXXX zur Dienstleistung zugewiesen. Zuletzt war sie mit der Planstelle XXXX der Betriebsveranlagung mit der Arbeitsplatzwertigkeit A2/4 betraut.

2. Die Dienstbehörde der Beschwerdeführerin veranlasste zur Feststellung ihrer (weiteren) Dienstfähigkeit eine Begutachtung durch das Pensionsservice der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA/Pensionsservice).

3. Am 07.04.2018 wurde ein ärztliches Gutachten zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin von XXXX , Arzt für Allgemein-, Manuelle-, Sport- und Arbeitsmedizin, erstellt. Als Diagnosen wurden nach Relevanz gereiht, wiederkehrende Depression (F32.9), Diabetes mellitus Typ II, degenerative Hals- und Lendenwirbelsäulenveränderungen, Migräne, wiederholte Blasenentzündungen und medikamentös behandelte Schilddrüsenunterfunktion angeführt. Schließlich wurde unter Punkt „Voraussichtliche Entwicklung“ die Frage, ob eine Besserung des Gesundheitszustandes zu erwarten sei, verneint und eine Nachuntersuchung nicht empfohlen.

4. Am 30.04.2018 wurde eine Stellungnahme der Oberbegutachtung mit zusammenfassender Leistungsfeststellung von XXXX verfasst, in welcher eine zusammenfassende Darstellung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin (Diagnosen) sowie eine Beurteilung der Auswirkungen auf die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit (Leistungskalkül) erstellt wurde. Näher wurde ausgeführt, dass alle Tätigkeiten, die besondere Anforderungen an Flexibilität, Eigenverantwortung und Eigeninitiative stellen, von der Beschwerdeführerin nicht mehr ausgeführt werden könnten. Mehrstundenbelastungen, Kundenkontakte und Parteienverkehr seien nicht zulässig. Schließlich wurde darauf hingewiesen, dass aufgrund der erheblich eingeschränkten psychoemotionalen Belastbarkeit der weitere Einsatz der Beschwerdeführerin als XXXX XXXX im Finanzamt aus ärztlicher Sicht nicht zulässig sei. Es sei nicht zu erwarten, dass es in absehbarer Zeit zu einer kalkülrelevanten Besserung des Gesundheitszustandes komme, weswegen von einem Dauerzustand auszugehen sei.

5. Mit Schreiben vom 22.05.2018 wurde der Beschwerdeführerin Befund und Gutachten der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter zur Stellungnahme übermittelt. Dazu gab die Beschwerdeführerin keine Stellungnahme ab.

6. Von der geplanten Ruhestandsversetzung wurde die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 23.08.2018 in Kenntnis gesetzt.

7. Mit Schreiben vom 31.08.2018 erstattete die Beschwerdeführerin dazu eine Stellungnahme. Darin führte sie insbesondere aus, dass die nunmehr im Juli/August 2018 durchgeführte Rehabilitation in XXXX zur Wiedergewinnung der Dienstfähigkeit sehr erfolgreich gewesen sei. Auf Grund der zuletzt eingetretenen Verbesserung ihres psychischen Zustandes müsse sie das Medikament Atarax zur Behandlung von Angst- und Spannungszuständen sowie emotional bedingter Unruhe laut ärztlicher Anordnung nicht mehr einnehmen. Auch bei den übrigen Medikamenten sei die Dosis laut ärztlicher Anordnung halbiert worden. Es sei aufgrund des wesentlich verbesserten Gesundheitszustandes empfohlen worden, diese Medikation auf Dauer beizubehalten. Sie habe trotz leichter bis mittelgradiger Depression eine positive und aktive Grundstimmung und freue sich, endlich wieder den Dienst antreten zu können. Sie sei mit einer Ruhestandsversetzung nicht einverstanden und ersuche als Basis für die Entscheidung ein aktuelles psychiatrisches Gutachten einzuholen. Sie sei auf Grund ihres gesundheitlichen Zustandes jederzeit zum Dienstantritt bereit und auch offen für jeden Arbeitsplatz entsprechend ihrer Einstufung.

Dem beigelegten ärztlichen Entlassungsbericht des Therapiezentrums XXXX , vom 06.09.2018 ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin ihre Lebensqualität (WHOQOL) zum Testzeitpunkt insgesamt als zufriedenstellend beschrieben habe und sich das Ausmaß der globalen psychischen Belastungen (SCL-90) als unauffällig erweisen würde. Des Weiteren würden sich keine Hinweise auf eine depressive Symptomatik (BDI-II) ergeben. Im Bereich der Stressverarbeitung (SVF) würden sich sowohl die adaptiv-stressreduzierenden als auch die maladativ-stressvermehrenden Bewältigungsstrategien als durchschnittlich ausgeprägt darstellen. Im Bereich der negativen Strategien würden die Bereiche Selbstbemitleidung und Selbstbeschuldigung kaum zur Anwendung kommen. Im Hinblick auf ihr Emotionserleben (SEE) gelinge es der Beschwerdeführerin die eigenen Empfindungen anzunehmen wie sie seien, zu den eigenen Gefühlen zu stehen und sich nicht dafür zu schämen.

8. Mit Schreiben vom 25.09.2018 wurde das Pensionsservice der BVA von der belangten Behörde ersucht Fragen betreffend eine mögliche „kalkülsrelevante Besserung des Gesundheitszustandes“ nach Absolvierung des genannten Rehabilitationsaufenthaltes durch die Beschwerdeführerin zu beantworten („1. Ist es aufgrund der im ärztlichen Sachverständigengutachten zur Leistungsfeststellung der BVA vom 30.04.2018 getroffenen Feststellungen – insbesondere hinsichtlich Prognose, dass es in absehbarer Zeit zu keiner kalkülsrelevanten Besserung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin kommen werde – denkmöglich, dass eine solche kalkülsrelevante Besserung durch einen Rehabilitationsaufenthalt [hier im Therapiezentrum XXXX ] eintreten kann? 2. Gegebenenfalls: In welcher Hinsicht und in welchem Ausmaß hat sich das Leistungskalkül für die Beschwerdeführerin durch den Therapieaufenthalt verändert? 3. Ist hinsichtlich der Dienstunfähigkeit der Beschwerdeführerin weiterhin von einem Dauerzustand auszugehen?“).

9. Die Beschwerdeführerin wurde daraufhin am 21.11.2018 erneut von XXXX , Arzt für Allgemein-, Manuelle-, Sport- und Arbeitsmedizin, und am 07.02.2019 von XXXX , Facharzt für Psychiatrie, untersucht.

Im ärztlichen Gutachten von XXXX wurden als Diagnosen 1. Wiederkehrende Depression, 2. Diabetes mellitus Typ II., 3. Degenerative Hals- und Lendenwirbelsäulenveränderungen, 4. Migräne, 5. wiederholte Blasenentzündungen, 6. Medikamentös behandelte Schilddrüsenunterfunktion dargelegt. Hinsichtlich der Leistungsdefizite wurde unter dem Punkt „Allgemeine Beurteilung“ ausgeführt: „Die zumindest seit 2011 wiederholt aufgetretene Depression ist seither mehrmals stationär und laufend medikamentös und psychotherapeutisch behandelt worden. Nach erfolgter Trauerarbeit nach dem Tod des Ehepartners im Vorjahr (September 2017) und nochmaliger Unterstützung dabei im Rahmen der stationären Rehabilitation im Juli/August 2018 und Reduktion der Medikation ist es zu einer deutlichen Besserung des Befindens, des Schlafverhaltens und des Sozialverhaltens gekommen. Es besteht eine leichtgradige Einschränkung der emotionalen und psychischen Belastbarkeit ohne sozialen Rückzug. Damit ist es zu einer Besserung der wiederholt aufgetretenen Depression gekommen und zum Erreichen einer durchschnittlichen bis überdurchschnittlichen psychischen und emotionalen Belastbarkeit. […].“. Unter dem Punkt „Voraussichtliche Entwicklung“ wurde die Frage, ob Besserung zu erwarten sei, bejaht. Eine Nachuntersuchung wurde nicht empfohlen.

Im neurologisch psychiatrischen Gutachten von XXXX wurde unter Punkt „Diagnosen“ u.a. ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin an einer wiederkehrenden depressiven Erkrankung mit mittelgradig depressiver Episode, unter medikamentöser Therapie weiterhin deutlich ausgeprägt sei, leide. Unter Punkt „Leistungsdefizite, Allgemeine Beurteilung“ wurde dargelegt: „Seit 2011 wiederkehrende depressive Stimmungseinbrüche mit entsprechender stationärer und medikamentöser und ambulanter Behandlung sowie wiederkehrender Entlastung durch Kuraufenthalte und psychiatrische Rehabmaßnahmen. Trotz entsprechender therapeutischer Interventionen und laufender fachärztlicher Betreuung sowie gesprächstherapeutischer Betreuung Fortbestehen der Beschwerden mit deutlicher Einschränkung der Alltagsbelastbarkeit und Leistungsfähigkeit mit reduzierter Stress- und Frustrationstoleranz, Versagensängsten und eingeschränkter psychophysischer Belastbarkeit bei fortbestehender erhöhter psychischer Vulnerabilität. Aus psychiatrischer Sicht ist das Leistungskalkül nicht mehr ausreichend um Erwerbstätigkeiten im Bereich der beruflichen Anforderungen zumuten zu können. Auf dem Hintergrund des mehrjährigen Krankheitsverlaufes zeige sich eine zunehmend chronifiziert-therapieresistente Symptomatik, eine Besserung ist nicht zu erwarten. Die Versetzung in den dauerhaften Ruhestand ist aus psychiatrischer Sicht gerechtfertigt. Es besteht noch eine leichte körperliche Belastbarkeit, auch das Heben und Tragen von Leichtgewichten und Gegenständen ist möglich, insgesamt besteht jedoch eine reduzierte Teamfähigkeit und deutliche Einschränkung der Konzentrations- und Merkfähigkeit mit vermehrter Fehleranfälligkeiten und zu erwarteten vermehrten Krankenständen und bei Überforderungserleben im beruflichen Umfeld auf dem Hintergrund der reduzierten Stresstoleranz.“ Eine Beurteilung des „Kalküls“ sowie des Punktes „Voraussichtliche Entwicklung“ wurde nicht vorgenommen.

10. Eine zusammenfassende Darstellung des Gesundheitszustandes (Diagnosen) sowie eine Beurteilung der Auswirkungen auf die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit (Leistungskalkül) wurde vom Oberbegutachter des BVA-Pensionsservice, XXXX , am 19.02.2019 erstellt. Darin wurde ausgeführt, dass die depressive Entwicklung chronisch geworden sei und das aktuell mittelschwer depressive Zustandsbild die Erfüllung regelmäßiger Tätigkeiten nicht erlaube. Psychiatrisch sei keine Besserung zu erwarten. Es handle sich um einen Dauerzustand.

11. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 12.03.2019 wurden der Beschwerdeführerin die eingeholten Sachverständigengutachten zur Stellungnahme übermittelt und ihr mitgeteilt, dass die belangte Behörde aufgrund der Ausführungen im Befund und Gutachten der BVA bzw. das bei ihr vorliegende Krankheitsgeschehen zu dem Schluss gelangt sei, dass die Beschwerdeführerin infolge ihrer gesundheitlichen Verfassung nicht mehr in der Lage sei, ihre dienstlichen Aufgaben als XXXX der Betriebsveranlagung des Finanzamtes XXXX , Arbeitsplatzwertigkeit A2/4, ordnungsgemäß zu versehen und deshalb beabsichtigt sei, sie gemäß § 14 BDG 1979 in den Ruhestand zu versetzen. Ein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz im Wirkungsbereich ihrer Dienststelle, dessen Aufgaben sie nach ihrer gesundheitlichen Verfassung zu erfüllen imstande sei und der ihr mit Rücksicht auf ihre persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann (Verweisungsarbeitsplatz), könne ihr nicht zugewiesen werden. Eine Restarbeitsfähigkeit sei bei ihr nicht mehr gegeben.

12. Die Beschwerdeführerin erstattete am 20.03.2019 eine Stellungnahme, in der sie eine Verbesserung ihres Gesundheitszustandes darlegte. So führte sie dahingehend aus, dass ihre Medikamente nach wie vor reduziert seien und ihr aufgrund des verbesserten Gesundheitszustandes empfohlen worden sei, die nun angeordnete Medikation dauerhaft beizubehalten. Sie habe in letzter Zeit sehr selten bis gar keine Migräneanfälle und sei somit auch keine Einschränkung der Dienstfähigkeit gegeben oder mit vermehrten Krankenständen zu rechnen. Die wiederkehrenden Blasenentzündungen seien laut Hausärztin eine Begleiterscheinung des Todes ihres Mannes gewesen. Seit längerem würden keine Blasenentzündungen mehr auftreten und sei somit auch diesbezüglich mit keiner weiteren Einschränkung der Dienstfähigkeit oder vermehrten Krankenständen zu rechnen. Aufgrund der guten medikamentösen Behandlung hätten sich auch die Schlafstörungen verbessert und somit auch ihr Allgemeinzustand. Es sei zwar richtig, dass sie Angst vor neuen beruflichen Herausforderungen habe und Zweifel daran, dass sie neuen Anforderungen nicht entsprechen könne. Jedoch werde nicht berücksichtigt, dass Kollegen, die sich im Dienst befinden, ebenfalls Angst vor beruflichen Neuerungen und Zweifel an der Bewältigung der Herausforderungen, die nun einmal enorm seien, hätten. Die Angst und Zweifel seien eine normale, berechtigte Reaktion für Bedienstete wie sie, die sich seit über einem Jahr im Krankenstand befinde. Darüber hinaus könne sie sich nicht vorstellen, dass es im Bereich des Finanzamtes XXXX bei einem Personalstand von ca. 300 Bediensteten und der damit einhergehenden Fluktuation keinen Verweisungsarbeitsplatz für sie gebe. Sie könne zudem nicht nachvollziehen, dass keine Restarbeitsfähigkeit ihrerseits mehr gegeben sei. Sie sei aufgrund ihres verbesserten Allgemeinzustandes nicht mit einer Ruhestandsversetzung einverstanden.

13. Mit Bescheid vom XXXX 2020, Zl. XXXX , wurde die Beschwerdeführerin von Amts wegen gemäß § 14 Abs. 1, 2 und 4 BDG 1979 mit Ablauf des Monats in den Ruhestand versetzt, in dem der Bescheid rechtskräftig werde. Begründet wurde dies damit, dass es die belangte Behörde in Würdigung der beiden vorhandenen Sachverständigengutachten vom 30.04.2018 und 19.02.2019 für ausgeschlossen halte, dass die Beschwerdeführerin den Anforderungen ihres Arbeitsplatzes einer XXXX (Arbeitsplatzwertigkeit A2/4), in vollem Umfang nachkommen könne. Die Leistungsbeschränkungen würden sich aus den im Gutachten festgestellten Diagnosen „wiederkehrende depressive Erkrankung, mittelgradige depressive Episode, Autoimmunerkrankung der Schilddrüse, Diabetes mellitus Typ II, Migräne ohne Aura sowie wiederkehrende Blasenentzündungen“ ergeben. Diese Krankheitsbilder hätten – wie der Oberbegutachter im Gutachten vom 19.02.2019 ausgeführt habe – zur Folge, dass der Antrieb der Beschwerdeführerin gemindert sei, sie affektiv verflacht sei und zu Rückzug und Vermeidungsverhalten neige. Ihre Stress- und Frusttoleranz seien eingeschränkt, es komme vermehrt zu Erschöpfung und ihre Konzentration sowie ihre Merkfähigkeit würden durch die Depression blockiert werden. Die therapeutischen Möglichkeiten seien ausgeschöpft, die depressive Entwicklung sei chronisch geworden, eine Besserung aus psychiatrischer Sicht sei nicht zu erwarten. Es handle sich also um einen Dauerzustand, der es ihr nicht erlaube, ihre dienstlichen Verpflichtungen als XXXX XXXX beim Finanzamt XXXX zu erfüllen.

Daran ändere auch die von der Beschwerdeführerin in der Stellungnahme vom 20.03.2019 aufgezeigte Verbesserung ihres Allgemeinzustandes mit „verbesserter Schlafqualität“, „so gut wie keinen Blasenentzündungen“ und kaum „Migräneanfällen“ nichts. So erfreulich die Verbesserung ihres Allgemeinzustandes sei, so ändere diese nichts an ihrer umfassenden Leistungseinschränkungen („chronifizierte therapieresistente Depression mit Blockade der Merkfähigkeit, vermehrter Erschöpfung und eingeschränkter Konzentrationsfähigkeit“), welche es ihr aus Sicht der Dienstbehörde verunmögliche, den Anforderungen ihres Arbeitsplatzes einer XXXX XXXX zu entsprechen bzw. überhaupt verunmögliche, regelmäßigen dienstlichen Obliegenheiten nachzugehen.

Zur Primärprüfung wurde ausgeführt, dass unter Würdigung der Ausführungen in den Befunden und Gutachten des Pensionsservices/BVA vom 30.04.2018 und 19.02.2019 bzw. des vorliegenden Krankheitsgeschehens und Krankheitsverlaufes die Dienstbehörde zu dem Schluss gelangt sei, dass die Beschwerdeführerin dienstunfähig sei, d.h. infolge ihrer gesundheitlichen Verfassung nicht mehr in der Lage sei, ihre dienstlichen Aufgaben als XXXX XXXX ordnungsgemäß zu versehen. Es handle sich um einen Dauerzustand, da aufgrund der der Dienstbehörde vorliegenden Gutachten enthaltenen Prognosen mit der Wiedererlangung der Dienstfähigkeit nicht zu rechnen sei. Es sei daher von einer dauernden Dienstunfähigkeit im Sinne des § 14 BDG 1979 auszugehen.

Hinsichtlich eines Verweisarbeitsplatzes (Sekundärprüfung) wurde dargelegt, dass sämtliche mindestens einer/einem XXXX gleichwertigen Arbeitsplätze hinsichtlich des fachlichen Anforderungsniveaus bzw. des zu bewältigenden Aufgabenniveaus nicht unter dem ihres derzeitigen Arbeitsplatzes liegen würden. Auch die Anforderungen in physischer und psychischer Hinsicht seien zum Teil noch größer als für eine XXXX XXXX einzustufen. Da die Beschwerdeführerin auf Basis des zweiten Gutachtens der BVA vom 19.02.2019 nunmehr zur Ausübung jedweder regelmäßigen Berufstätigkeit auf Dauer außerstande sei, erübrige sich vor diesem Hintergrund auch eine Suche nach tauglichen Verweisarbeitsplätzen. Es erübrige sich daher auch zu prüfen, ob solche Verweisungsarbeitsplätze auch tatsächlich verfügbar seien. Im Bereich des Finanzamt XXXX würden darüber hinaus keine der oben genannten mindestens gleichwertigen Arbeitsplätze (Verweisungsarbeitsplätze) derzeit und auf absehbare Zeit zur Verfügung stehen. Ein adäquater Verweisungsarbeitsplatz könne ihr also nicht zugewiesen werden.

Zusammengefasst, sei die Beschwerdeführerin nicht mehr in der Lage, die Aufgaben ihres bisherigen Arbeitsplatzes als XXXX XXXX beim Finanzamt XXXX zu erfüllen, und könne ihr auch kein anderer, mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz im Sinne des § 14 Abs. 2 BDG 1979 zugewiesen werden, dessen Aufgaben sie noch erfüllen könne, es liege dauernde Dienstunfähigkeit im Sinne des § 14 Abs. 1 BDG 1979 vor und sei die Beschwerdeführerin daher in den Ruhestand zu versetzen.

14. Am 11.02.2020 wurde der belangten Behörde eine ärztliche Bestätigung (Arbeitsunfähigkeitsmeldung) übermittelt. In dieser wurde als (voraussichtlich) letzter Tag der Arbeitsunfähigkeit der Beschwerdeführerin, der 11.02.2020 durch XXXX , Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, ausgewiesen.

15. Mit Schreiben vom 14.02.2020 teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin schriftlich mit, dass ein Dienstantritt ihrerseits aufgrund des laufenden Verfahrens betreffend ihre Versetzung in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit gemäß § 14 BDG 1979 nicht im Betracht komme. Seitens der Dienstbehörde sei aufgrund der vorliegenden Gutachten, die auch die Grundlage für den Bescheid des Finanzamtes XXXX vom XXXX 2020 bilden würden, weiterhin von ihrer Dienstunfähigkeit auszugehen.

16. Gegen den oben genannten Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und der Bescheid mit der Begründung in seinem gesamten Umfang angefochten, dass die Versetzung in den Ruhestand rechtswidrig erfolgt sei. Trotz der Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 20.03.2019, in der diese erklärt habe, dass sich ihr Allgemeinzustand erheblich verbessert habe und sie daher auch dienstfähig sei, seien keine ergänzenden Gutachten eingeholt worden. Darüber hinaus sei die Beschwerdeführerin nicht zu einer persönlichen Stellungnahme oder einem persönlichen Gespräch bzw. einem Arbeitsversuch aufgefordert worden. Die belangte Behörde hätte aber aufgrund der von der Beschwerdeführerin angegebenen Dienstfähigkeit jedenfalls weitere Erhebungen durchzuführen gehabt und insbesondere auch ein weiteres Sachverständigengutachten einholen müssen. Darüber hinaus sei die belangte Behörde auch in mangelhafter Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gekommen, dass kein adäquater Verweisungsarbeitsplatz vorgelegen sei.

Aufgrund der tatsächlich vorliegenden Dienstfähigkeit, die sich auch aus den nunmehr vorgelegten Befunden ergebe, sei festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin nicht dienstunfähig, sondern dienstfähig sei, weshalb die belangte Behörde in unrichtiger rechtlicher Beurteilung zum falschen Ergebnis gekommen und die Versetzung in den Ruhestand somit rechtswidrig sei.

17. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden von der belangten Behörde vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin stand bis zu der mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochenen Versetzung in den Ruhestand in einem aktiven öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und war dem Finanzamt XXXX zur Dienstleistung zugewiesen. Zuletzt war sie mit der Planstelle XXXX der Betriebsveranlagung mit der Arbeitsplatzwertigkeit A2/4 betraut.

Am 07.04.2018 wurde ein ärztliches Gutachten zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin von XXXX , Arzt für Allgemein-, Manuelle-, Sport- und Arbeitsmedizin, erstellt. Als Diagnosen wurden nach Relevanz gereiht, wiederkehrende Depression (F32.9), Diabetes mellitus Typ II, degenerative Hals- und Lendenwirbelsäulenveränderungen, Migräne, wiederholte Blasenentzündungen und medikamentös behandelte Schilddrüsenunterfunktion angeführt. Schließlich wurde unter Punkt „Voraussichtliche Entwicklung“ die Frage, ob eine Besserung des Gesundheitszustandes zu erwarten sei, verneint und eine Nachuntersuchung nicht empfohlen.

Im ärztlichen Entlassungsbericht des Therapiezentrums XXXX , vom 06.09.2018 wurde festgehalten, dass die Beschwerdeführerin ihre Lebensqualität (WHOQOL) zum Testzeitpunkt insgesamt als zufriedenstellend beschrieben habe und sich das Ausmaß der globalen psychischen Belastungen (SCL-90) als unauffällig erweisen würde. Des Weiteren würden sich keine Hinweise auf eine depressive Symptomatik (BDI-II) ergeben. Im Bereich der Stressverarbeitung (SVF) würden sich sowohl die adaptiv-stressreduzierenden als auch die maladativ-stressvermehrenden Bewältigungsstrategien als durchschnittlich ausgeprägt darstellen. Im Bereich der negativen Strategien würden die Bereiche Selbstbemitleidung und Selbstbeschuldigung kaum zur Anwendung kommen. Im Hinblick auf ihr Emotionserleben (SEE) gelinge es der Beschwerdeführerin die eigenen Empfindungen anzunehmen wie sie seien, zu den eigenen Gefühlen zu stehen und sich nicht dafür zu schämen.

Im ärztlichen Gutachten von XXXX vom 21.11.2018 wurden als Diagnosen 1. Wiederkehrende Depression, 2. Diabetes mellitus Typ II., 3. Degenerative Hals- und Lendenwirbelsäulenveränderungen, 4. Migräne, 5. wiederholte Blasenentzündungen, 6. Medikamentös behandelte Schilddrüsenunterfunktion dargelegt. Hinsichtlich der Leistungsdefizite wurde unter dem Punkt „Allgemeine Beurteilung“ ausgeführt: „Die zumindest seit 2011 wiederholt aufgetretene Depression ist seither mehrmals stationär und laufend medikamentös und psychotherapeutisch behandelt worden. Nach erfolgter Trauerarbeit nach dem Tod des Ehepartners im Vorjahr (September 2017) und nochmaliger Unterstützung dabei im Rahmen der stationären Rehabilitation im Juli/August 2018 und Reduktion der Medikation ist es zu einer deutlichen Besserung des Befindens, des Schlafverhaltens und des Sozialverhaltens gekommen. Es besteht eine leichtgradige Einschränkung der emotionalen und psychischen Belastbarkeit ohne sozialen Rückzug. Damit ist es zu einer Besserung der wiederholt aufgetretenen Depression gekommen und zum Erreichen einer durchschnittlichen bis überdurchschnittlichen psychischen und emotionalen Belastbarkeit. […].“. Unter dem Punkt „Voraussichtliche Entwicklung“ wurde die Frage, ob Besserung zu erwarten sei, bejaht. Eine Nachuntersuchung wurde nicht empfohlen.

Im neurologisch psychiatrischen Gutachten von XXXX vom 07.02.2019 wurde unter Punkt „Diagnosen“ u.a. ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin an einer wiederkehrenden depressiven Erkrankung mit mittelgradig depressiver Episode, unter medikamentöser Therapie weiterhin deutlich ausgeprägt sei, leide. Unter Punkt „Leistungsdefizite, Allgemeine Beurteilung“ wurde dargelegt: „Seit 2011 wiederkehrende depressive Stimmungseinbrüche mit entsprechender stationärer und medikamentöser und ambulanter Behandlung sowie wiederkehrender Entlastung durch Kuraufenthalte und psychiatrische Rehabmaßnahmen. Trotz entsprechender therapeutischer Interventionen und laufender fachärztlicher Betreuung sowie gesprächstherapeutischer Betreuung Fortbestehen der Beschwerden mit deutlicher Einschränkung der Alltagsbelastbarkeit und Leistungsfähigkeit mit reduzierter Stress- und Frustrationstoleranz, Versagensängsten und eingeschränkter psychophysischer Belastbarkeit bei fortbestehender erhöhter psychischer Vulnerabilität. Aus psychiatrischer Sicht ist das Leistungskalkül nicht mehr ausreichend um Erwerbstätigkeiten im Bereich der beruflichen Anforderungen zumuten zu können. Auf dem Hintergrund des mehrjährigen Krankheitsverlaufes zeige sich eine zunehmend chronifiziert-therapieresistente Symptomatik, eine Besserung ist nicht zu erwarten. Die Versetzung in den dauerhaften Ruhestand ist aus psychiatrischer Sicht gerechtfertigt. Es besteht noch eine leichte körperliche Belastbarkeit, auch das Heben und Tragen von Leichtgewichten und Gegenständen ist möglich, insgesamt besteht jedoch eine reduzierte Teamfähigkeit und deutliche Einschränkung der Konzentrations- und Merkfähigkeit mit vermehrter Fehleranfälligkeiten und zu erwarteten vermehrten Krankenständen und bei Überforderungserleben im beruflichen Umfeld auf dem Hintergrund der reduzierten Stresstoleranz.“ Eine weitere Beurteilung des „Kalküls“ sowie des Punktes „Voraussichtliche Entwicklung“ wurde nicht vorgenommen.

Die Beschwerdeführerin erstattete am 20.03.2019 eine Stellungnahme, in der sie eine Verbesserung ihres Gesundheitszustandes darlegte.

Mit Bescheid vom XXXX 2020, Zl. XXXX , wurde die Beschwerdeführerin von Amts wegen gemäß § 14 Abs. 1, 2 und 4 BDG 1979 mit Ablauf des Monats in den Ruhestand versetzt, in dem der Bescheid rechtskräftig werde.

Der maßgebliche Sachverhalt steht nicht fest.

2.       Beweiswürdigung:

Die Feststellungen stützen sich auf den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt, insbesondere auf den angefochtenen Bescheid und die Beschwerde, und konnten unmittelbar durch Einsichtnahme in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt getroffen werden.

Es ist unbestritten, dass die Beschwerdeführerin bis zu der mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochenen Versetzung in den Ruhestand in einem aktiven öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und dem Finanzamt XXXX zur Dienstleistung zugewiesen war. Zuletzt war sie mit der Planstelle XXXX der Betriebsveranlagung mit der Arbeitsplatzwertigkeit A2/4 betraut.

Dass der maßgebliche Sachverhalt nicht feststeht ergibt sich aus der Zusammenschau der von der belangten Behörde eingeholten Gutachten und dem vorgelegten ärztlichen Entlassungsbericht des Therapiezentrums XXXX , sowie der Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 26.03.2019, deren Inhalte zweifelsfrei auszugsweise festgestellt werden konnten.

3.       Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Zufolge § 135a Abs. 2 BDG 1979 liegt gegenständlich – weil eine Angelegenheit des § 14 BDG 1979 von Amts wegen betreffend – Senatszuständigkeit vor.

Zu Spruchpunkt A) Zurückverweisung:

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung zu prüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen und die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Das Modell der Aufhebung des Bescheides und der Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG Anm. 11).

§ 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und darin folgende Grundsätze herausgearbeitet:

-        Die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht komme nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht. Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.

-        Der Verfassungsgesetzgeber habe sich bei Erlassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I 51, davon leiten lassen, dass die Verwaltungsgerichte grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden haben, weshalb ein prinzipieller Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte anzunehmen ist.

-        Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stelle die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis stehe diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht).

Die maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen des BDG 1979 lauten - auszugsweise - wie folgt:

"Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit

§ 14. (1) Die Beamtin oder der Beamte ist von Amts wegen oder auf ihren oder seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie oder er dauernd dienstunfähig ist.

(2) Die Beamtin oder der Beamte ist dienstunfähig, wenn sie oder er infolge ihrer oder seiner gesundheitlichen Verfassung ihre oder seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihr oder ihm im Wirkungsbereich ihrer oder seiner Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben sie oder er nach ihrer oder seiner gesundheitlichen Verfassung zu erfüllen imstande ist und der ihr oder ihm mit Rücksicht auf ihre oder seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann.

(3) Soweit die Beurteilung eines Rechtsbegriffes im Abs. 1 oder 2 von der Beantwortung von Fragen abhängt, die in das Gebiet ärztlichen oder berufskundlichen Fachwissens fallen, ist von der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter - ausgenommen für die gemäß § 17 Abs. 1a des Poststrukturgesetzes (PTSG), BGBl. Nr. 201/1996, den dort angeführten Unternehmen zugewiesenen Beamtinnen und Beamten - Befund und Gutachten einzuholen. Für die gemäß § 17 Abs. 1a PTSG zugewiesenen Beamtinnen und Beamten ist dafür die Pensionsversicherungsanstalt zuständig.

(4) Die Versetzung in den Ruhestand wird mit Ablauf jenes Monats wirksam, in dem sie rechtskräftig wird.

(5) - (8) [...]"

Die Frage der Dienstunfähigkeit des Beamten ist zunächst in Ansehung seines aktuellen beziehungsweise des zuletzt inne gehabten Arbeitsplatzes zu prüfen. Maßgebend für eine Ruhestandsversetzung ist daher die Klärung der Frage der Dienstfähigkeit unter konkreter Bezugnahme auf die dienstlichen Aufgaben an diesem Arbeitsplatz (Primärprüfung). Ergibt diese, dass der Beamte nicht mehr in der Lage ist, die konkreten dienstlichen Aufgaben seines Arbeitsplatzes in diesem Sinne zu erfüllen, ist zu prüfen, ob die Möglichkeit einer Zuweisung eines tauglichen Verweisungsarbeitsplatzes nach § 14 Abs. 2 BDG 1979 in Betracht kommt (Sekundärprüfung) (vgl. VwGH 14.10.2009, 2008/12/0212; 23.06.2014, 2010/12/0209 mwN).

Der bekämpfte Bescheid erweist sich schon hinsichtlich der Primärprüfung als mangelhaft:

Voraussetzung für eine amtswegige Ruhestandsversetzung ist gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 die dauernde Dienstunfähigkeit des Beamten. Unter der bleibenden Unfähigkeit eines Beamten, seine dienstlichen Aufgaben ordnungsgemäß zu versehen, ist alles zu verstehen, was seine Eignung, diese Aufgaben zu versehen, dauernd aufhebt. Die Frage, ob eine dauernde Dienstunfähigkeit vorliegt oder nicht, ist nach ständiger Rechtsprechung eine Rechtsfrage, die nicht der ärztliche Sachverständige, sondern die Dienstbehörde zu entscheiden hat. Aufgabe des ärztlichen Sachverständigen ist es, an der Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes mitzuwirken, indem er in Anwendung seiner Sachkenntnisse und Erfahrungen - allenfalls unter Zuhilfenahme von Hilfsbefunden - Feststellungen über den Gesundheitszustand des Beamten und die Auswirkungen, die sich aus festgestellten Leiden oder Gebrechen auf die Erfüllung dienstlicher Aufgaben ergeben, trifft, wobei auch eine Prognose über den weiteren Verlauf des Gesundheitszustandes zu treffen ist, um der Dienstbehörde eine Beurteilung der Frage der "dauernden Dienstunfähigkeit" zu ermöglichen. Das ärztliche Sachverständigengutachten muss ausreichend begründet, das heißt aus dem objektiven Befund schlüssig ableitbar sein. Die Dienstbehörde hat anhand der dem Gutachten zugrunde gelegten Tatsachen die Schlüssigkeit des Gutachtens kritisch zu prüfen und einer sorgfältigen Beweiswürdigung zu unterziehen (VwGH 20.05.1985, 84/12/0121; 28.04.1993, 92/12/0055; 17.10.2008, 2007/12/0184).

Vor diesem Hintergrund ist festzuhalten, dass sich die von der BVA eingeholten ergänzenden Gutachten von XXXX , Arzt für Allgemein-, Manuelle-, Sport- und Arbeitsmedizin, vom 21.11.2018 und von XXXX , Facharzt für Psychiatrie, vom 07.02.2019 hinsichtlich der Zukunftsprognose unterscheiden. Laut Gutachten des Facharztes für Psychiatrie vom 07.02.2019 sei eine leistungskalkülrelevante Besserung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin nicht zu erwarten, während durch den von der BVA beigezogenen Arzt für Allgemeinmedizin, die Frage einer möglichen Besserung des Gesundheitszustandes im ärztlichen Gutachten vom 21.11.2018 – entgegen seinem Erstgutachten vom 07.04.2018, wo er eine Besserung des Gesundheitszustandes noch ausgeschlossen hat – ausdrücklich bejaht wurde. In der Stellungnahme der Oberbegutachtung vom 19.02.2019 wurde auf diesen wesentlichen Unterschied nicht Bezug genommen, sondern ohne nähere Begründung festgehalten, dass es sich bei dem Zustand der Beschwerdeführerin um einen Dauerzustand handle, sodass das Ergebnis der Oberbegutachtung aus den objektiven Befunden nicht schlüssig abgeleitet werden kann.

Auf diesen wesentlichen Umstand wurde im angefochtenen Bescheid nicht Bezug genommen und die Schlüssigkeit der Gutachten nicht kritisch geprüft.

Folgt man der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann erst dann, wenn die Wahrscheinlichkeit der kalkülsrelevanten Besserung mit "gering" eingeschätzt würde, zu Recht von der Dauerhaftigkeit der Dienstunfähigkeit ausgegangen werden (vgl. VwGH 14.11.2012, 2012/12/0036).

Zudem ist festzuhalten, dass das herangezogene Gutachten des Facharztes für Psychiatrie vom 07.02.2019 keine Beurteilung des Kalküls vornahm, sondern das hierzu erforderliche standardisierte Formular nicht ausgefüllt wurde. Es findet sich lediglich bei den Ausführungen zur „Allgemeinen Beurteilung“ zur Frage der „Leistungsdefizite“ der allgemeine Hinweis, dass aus psychiatrischer Sicht das Leistungskalkül der Beschwerdeführerin nicht mehr ausreichend sei, um ihr Erwerbstätigkeiten im Bereich der beruflichen Anforderungen zumuten zu können. Diese Ausführungen stehen aber wiederrum im Widerspruch zum dem im Gutachten des Allgemeinmediziners vom 21.11.2019 ausgefüllten standardisierten Formular zum Leistungskalkül. Der Gutachter XXXX kommt in seinem Gutachten vom 21.11.2019 zu dem Schluss, dass eine Besserung zu erwarten ist, und führt ebenfalls konkrete Angaben zum Leistungskalkül an. Auch die Auswirkungen der auf Grund des derzeitigen Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin auftretenden Beschwerden auf ihre dienstliche Tätigkeit wird insbesondere in der Stellungnahme der Oberbegutachtung nicht hinreichend dargelegt. Feststellungen, wie sich der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin auf die konkreten Aufgaben, die die Beschwerdeführerin auf ihrem Arbeitsplatz wahrzunehmen hat, auswirkt, werden nicht getroffen (VwGH 28.03.2007, 2006/12/0135; VwGH 18.04.2011, 2007/12/0016). Es wird dahingehend bloß darauf verwiesen, dass das aktuell mittelschwer depressive Zustandsbild der Beschwerdeführerin die Erfüllung regelmäßiger Tätigkeiten nicht erlaube. Die Beurteilung, ob hinsichtlich der Beschwerdeführerin noch eine Restarbeitsfähigkeit vorliege, konnte nach Ansicht des erkennenden Gerichts nicht auf dieser Grundlage erfolgen. Nur auf Grund eines vollständigen und schlüssigen Gutachtens kann der zur Beurteilung des Vorliegens oder Nichtvorliegens einer dauernden Dienstunfähigkeit wesentliche Sachverhalt festgestellt werden. Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde jedoch keine weiteren Ermittlungsschritte gesetzt.

Indem die belangte Behörde die dauernde Dienstunfähigkeit aus dem Gutachten von April 2018 und dem darauffolgenden Gutachten vom 19.02.2019 der BVA, welches rund elf Monate vor Bescheiderlassung ergangen ist und ohne dessen Schlüssigkeit kritisch zu prüfen und das Gutachten vom 21.11.2018 in Bezug zu ziehen, ableitete, hat die belangte Behörde im Sinne der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bloß ansatzweise ermittelt.

Die belangte Behörde wird daher im fortgesetzten Verfahren zu ermitteln haben, welche konkrete Minderung der Dienstfähigkeit und welches Restleistungskalkül anhand eines aktuellen Gutachtens vorliegen. Anhand dessen ist dann die Frage der Dienstunfähigkeit der Beschwerdeführerin zu prüfen. Dabei wird die Schlüssigkeit des Gutachtens kritisch zu prüfen sein.

Sollte die Behörde nach diesen Ermittlungen weiterhin zum Ergebnis kommen, dass hinsichtlich des von der Beschwerdeführerin zuletzt innehabenden Arbeitsplatzes eine dauernde Dienstunfähigkeit vorliegt, wird sie dann in einem weiteren Schritt auf die (nachgeordnete) Frage des Vorliegens eines tauglichen Verweisungsarbeitsplatzes (Sekundärprüfung) einzugehen haben.

Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist nicht ersichtlich, zumal es sich bei der in Rede stehenden Frage um eine solche handelt, die verwaltungsinterne Vorgänge betrifft, bei der die belangte Behörde besonders "nahe am Beweis" ist (vgl. VwGH 25.01.2017, Ra 2016/12/0109). Die Ermittlungen können dadurch durch die belangte Behörde schneller erfolgen, als durch das Bundesverwaltungsgericht (VwGH 27.04.2017, Ra 2016/12/0071).

Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben.

Da der maßgebliche Sachverhalt noch nicht feststeht, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides zurückzuverweisen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, da bereits aufgrund der der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde klar war, dass die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides der belangten Behörde zurückzuverweisen war. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S 389 entgegen.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal der vorliegende Fall vor allem im Bereich der Tatsachenfragen anzusiedeln ist.

Schlagworte

dauernde Dienstunfähigkeit Ermittlungspflicht Gesundheitszustand Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung Ruhestandsversetzung Sachverständigengutachten Verweisungsarbeitsplatz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W259.2230162.1.01

Im RIS seit

21.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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