TE Bvwg Erkenntnis 2021/2/12 W195 2238761-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.02.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

12.02.2021

Norm

AsylG 2005 §55
AVG §35
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W195 2238761-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael Sachs als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX StA. Nordmazedonien, vertreten durch den Rechtsanwalt XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.12.2020, XXXX zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als die gegen den Beschwerdeführer verhängte Mutwillensstrafe gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 35 AVG in der Höhe von EUR 400,- festgesetzt wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Nordmazedonien, war als Begünstigter im Bundesgebiet zum Aufenthalt berechtigt. Im Laufe der Zeit wurde der BF fünf Mal strafrechtlich verurteilt.

Mit Bescheid des BFA vom 25.09.2019 wurde gegen den BF ein siebenjähriges Aufenthaltsverbot erlassen. Dieser Bescheid wurde vom Bundesverwaltungsgericht am 11.05.2020, XXXX , vollinhaltlich bestätigt, eine dagegen erhobene außerordentliche Revision mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 02.11.2020, XXXX zurückgewiesen.

I.2. Mit Schreiben vom 24.11.2020 brachte der BF den Antrag auf Ausstellung eines Aufenthalttitels nach § 55 AsylG ein.

Gegen den daraufhin ergangenen negativen Bescheid des BFA vom 17.01.2020 wurde die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu XXXX , protokolliert.

I.3. Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid des BFA vom 16.01.2021 wurde dem BF wegen der offenbar mutwilligen Inanspruchnahme einer Behörde und wegen absichtlicher Verschleppung der Angelegenheit sowie unrichtiger Angaben eine Mutwillensstrafe in der Höhe von € 726,- verhängt.

Begründend wird, neben einem kurzen Verfahrensabriss, ausgeführt, dass der BF wissentlich und vorsätzlich in Kenntnis der völligen Aussichtlosigkeit die Behörde mutwillig in Anspruch genommen habe.

Nach Inanspruchnahme des gesamten Instanzenzuges habe der BF, anstatt den Rechtsstaat Österreich zu respektieren und seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen, durch einen neuerlichen Antrag die Behörde in Anspruch genommen. Damit seien die personellen und finanziellen Ressourcen des BFA mutwillig beansprucht worden.

I.4. Mit Schriftsatz vom 11.01.2021 legte der rechtsanwaltlich vertretene BF gegen die Verhängung der Mutwillensstrafe Beschwerde ein. Der BF habe sich schon seit 19 Jahren im Bundesgebiet aufgehalten, sei „wirtschaftlich und sozial“ gefestigt und hätte der Art 8 EMRK Vorrangwirkung. Er habe jedenfalls das Recht, einen Antrag nach § 55 AsylG einen Antrag zu stellen, unabhängig von der Ausreiseverpflichtung. Dieser Antrag könne gestellt werden, unabhängig davon, ob der BF sich im Inland oder Ausland befände.

Es wurde deshalb der Antrag gestellt, der Beschwerde statt zu geben, den Bescheid aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

I.5. Mit Eingabe vom 08.02.2021 an das BFA teilte der Rechtsanwalt des BF dem BFA mit, dass der BF das Bundesgebiet verlassen habe und er ersuche aus diesem Grund um Einstellung des Verfahrens. Das BFA legte diese Eingabe dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist am XXXX geboren und Staatsangehöriger von Nordmazedonien.

Der im Verfahrensgang dargestellte Sachverhalt wird als gegeben festgestellt.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt beruht auf den von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen der Administrativakten, der vorgelegten Beschwerde und den im Bundesverwaltungsgericht vorhandenen Gerichtsakten sowie dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes. Der Sachverhalt ist unstrittig und im für eine Beurteilung erforderlichen Ausmaß dargetan, weshalb von weiteren Erhebungen (insbesondere im Rahmen einer mündlichen Verhandlung) abgesehen werden konnte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

3.1. Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides:

§ 35 AVG lautet:

„Gegen Personen, die offenbar mutwillig die Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder in der Absicht einer Verschleppung der Angelegenheit unrichtige Angaben machen, kann die Behörde eine Mutwillensstrafe bis 726 Euro verhängen.“

Die Verhängung der Mutwillensstrafe soll die Behörde vor Behelligung, als auch die Partei aber vor Verschleppung der Sache schützen (VwGH 22.1.1930, 439/29, VwSlg. 15960 A, ebenso 24.3.1997, 95/19/1705, oder 23.3.1999, 97/19/0022).

Bei der Mutwillensstrafe gemäß § 35 AVG, handelt es sich wie bei der Ordnungsstrafe nach § 34 AVG, nicht um die Ahndung eines Verwaltungsdeliktes, sondern um ein Mittel zur Sicherung einer befriedigenden, würdigen und rationellen Handhabung des Verwaltungsverfahrens, sohin um ein Disziplinarmittel. Das Verwaltungsstrafgesetz im Verfahren betreffend die Verhängung von Mutwillensstrafen findet daher grundsätzlich keine Anwendung, mit Ausnahme der in § 36 AVG ausdrücklich vorgesehenen Vorschriften über den Strafvollzug (§§ 53 bis 54d VStG). Daraus folgt, dass weder Bestimmungen über die Strafbemessung, über die Verjährung oder die Sprucherfordernisse hinsichtlich der Umschreibung der Tat, noch die Verjährungsbestimmungen des bürgerlichen Rechtes im Bereich des öffentlichen Rechtes unmittelbar oder analog anwendbar sind. Dahinter steckt auch die verfolgte Absicht des Gesetzgebers das Verwaltungsverfahren zu beschleunigen (vgl. VwGH 4.09.1973, 1665/72, VwSlg. Nr. 8448 A/1973, 30.05.1994, 92/10/0469, VwSlg 14.064 A/1994; 20.05.2009, 2007/07/0119; Hengstschläger/Leeb, AVG § 35, Rz 1 und 6).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt mutwillig im Sinne des § 35 AVG, wer sich im Bewusstsein der Grund- und Aussichtslosigkeit, der Nutz- und Zwecklosigkeit seines Anbringens an die Behörde wendet, sowie wer aus Freude an der Behelligung der Behörde handelt. Darüber hinaus verlangt das Gesetz aber noch, dass der Mutwille offenbar ist; dies ist dann anzunehmen, wenn die wider besseren Wissens erfolgte Inanspruchnahme der Behörde unter solchen Umständen geschieht, dass die Aussichtslosigkeit, den angestrebten Erfolg zu erreichen, für jedermann erkennbar ist (VwGH 18.4.1997, 95/19/1707; 27.5.1999, 97/02/0345; 16.2.2012, 2011/01/0271; vgl. hiezu auch Hengstschläger/Leeb, AVG § 35, Rz 2).

Strafbar gemäß § 35 AVG ist jede (prozessfähige) „Person“, welche die Behörde offenbar mutwillig in Anspruch genommen hat (das Anbringen eingebracht) [vgl. VwGH 24.3.1997, 95/19/1705; 18.4.1997, 95/19/1707] oder in Verschleppungsabsicht dieser gegenüber unrichtige Angaben gemacht hat. Dabei kann es sich nur um Menschen handeln, welche an die Behörde herantreten oder auf die sich eine Amtshandlung bezieht, nicht hingegen um Organwalter der den Bescheid erlassenden Behörde.

Strafbarer Mutwille bei Antragstellung hat das Bewusstsein von der Grundlosigkeit dieses Antrags zur Voraussetzung. Mutwillig wird ein Antrag daher dann gestellt, wenn sich der Antragsteller wissentlich auf einen unrichtigen Tatbestand stützt oder wenn es zweifellos und auch im bewusst ist, dass der vorliegende Tatbestand keinen Grund für einen Antrag gibt (vgl. VwGH 08.11.2011, 97/21/0023).

Mit dem Vorwurf des Missbrauchs von Rechtsschutzeinrichtungen ist mit äußerster Vorsicht umzugehen. Ein derartiger Vorwurf ist nur dann am Platz, wenn für das Verhalten einer Partei nach dem Gesamtbild der Verhältnisse keine andere Erklärung bleibt; die Verhängung einer Mutwillensstrafe kommt demnach lediglich im „Ausnahmefall“ in Betracht (vgl. VwGH 29.06.1998, 98/10/0183 VwSlg. 18.337 A/2012; 21.05.2019, Ra 2018/19/0466).

Der BF hat wenige Tage, nachdem der VwGH die außerordentliche Revision des BF gegen die Entscheidung des BVwG, mit der ein siebenjähriges Aufenthaltsverbot im Bundesgebiet abgesprochen worden war, zurückgewiesen hatte, einen Antrag nach § 55 AsylG gestellt.

Mit dieser Vorgangsweise, welche in weiterer Folge sowohl das BFA als auch im Beschwerdeweg das BVwG neuerlich beschäftigte, zeigte der BF keinerlei Respekt gegenüber der Rechtstaatlichkeit und der Rechtsprechung eines österreichischen Höchstgerichtes, dem Verwaltungsgerichtshof. Dem BF, der auch anwaltlich vertreten war, muss klar gewesen sein, dass es für ihn keine weitere Möglichkeit des Verbleibes im Bundesgebiet gab. Dies erhellt sich auch aus der Tatsache, dass der BF letztlich wenige Wochen danach das Bundesgebiet tatsächlich verlassen hat.

Auch die Begründung in der Beschwerde gegen die Mutwillensstrafe, dass sich die Situation maßgeblich verändert habe, weil der bisherige Arbeitgeber bereit sei, den BF wiedereinzustellen, wenn dies ein Aufenthaltstitel zulasse, ist schlichtweg unangebracht, da der BF eben ein siebenjähriges Aufenthaltsverbot im Bundesgebiet hat. Inwiefern dem BF ein Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen wegen der „wirtschaftlich und sozial gefestigten“ Existenz zukommen solle, blieb der BF in Anbetracht seiner fünfmaligen strafrechtlichen Verurteilung schuldig zu erklären.

Wesentlich für den gegenständlichen Fall ist jedoch, dass der BF tatsächlich die Behörde und in weiterer Folge auch das BVwG in Anspruch genommen hat, ohne jegliche Aussicht auf Erfolg. Diese Aussichtslosigkeit ist dem BF offensichtlich innerhalb der vergangenen Wochen klar geworden und hat er seinen Aufenthalt im Bundesgebiet beendet. Der BF geht aber davon aus, dass sein Antrag nach § 55 AsylG unabhängig von seiner Ausreiseverpflichtung besteht.

Die Voraussetzungen zur Verhängung der Mutwillensstrafe gemäß § 35 AVG sind im vorliegenden Fall somit grundsätzlich gegeben. Gegenständlich liegt die strafbare offenbare Mutwilligkeit des prozessualen Verhaltens des Beschwerdeführers darin begründet, dass er trotz siebenjährigen Aufenthaltsverbotes im Bewusstsein der Grund- und Aussichtslosigkeit einen Antrag nach § 55 AsylG stellte.

In Zusammenschau der chronologischen Hergänge der einzelnen Anträge auf internationalen Schutz sowie auch des Antrags gemäß Art. 8 EMRK und der jeweiligen Vorbringen des Beschwerdeführers in den genannten Verfahren, bleibt nach dem Gesamtbild der Verhältnisse keine andere Erklärung als der rechtsmissbräuchlichen Antragstellung im Bewusstsein der Grund- und Aussichtslosigkeit bzw. Zweck- und Nutzlosigkeit und kommt gerade in dieser Konstellation die Verhängung der Mutwillensstrafe im „Ausnahmefall“ in Betracht.

Vor diesem Hintergrund sind die Voraussetzungen zur Verhängung der Mutwillensstrafe gemäß § 35 AVG grundsätzlich gegeben, da der Beschwerdeführer durch die Antragstellung drei Wochen nach dem Beschluss des VwGH die Tätigkeit der Behörde offenbar mutwillig wider besseren Wissens in Anspruch genommen hat.

Zur Höhe der verhängten Mutwillensstrafe ist auszuführen, dass diese, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Rahmen des Höchstbetrages in der Höhe von € 726,00, derart zu bemessen ist, dass der Täter von einem weiteren derartigen Fehlverhalten abgehalten wird (vgl. VwGH 15.12.1999, 98/12/0406). Zwar könnte man damit argumentieren, dass der BF bereits das Bundesgebiet verlassen hat, es darf aber nicht übersehen werden, dass der BF offenbar selbst davon ausgeht, dass eine Ausreiseverpflichtung ihn nicht davon abhalten könne, weitere Anträge oder einen neuerlichen Antrag zu stellen, „unabhängig, ob ich mich im Inland oder Ausland befinde“.

Aus der Eingabe des Rechtsanwaltes ist eine Beendigung des Vertretungsverhältnisses nach der Ausreise des BF nicht erkennbar.

Die Mitteilung des Verlassens des Bundesgebietes und der damit begründete Antrag auf „Einstellung des Verfahrens“ trifft somit nicht den Kern der vorliegenden Mutwillensstrafe, wirkt diese doch nicht nur in Richtung eines künftigen Verhaltens des BF, sondern auch auf die bereits gesetzte Inanspruchnahme der Behörde und von Gerichten.

Das Bundesverwaltungsgericht reduziert die vom BFA festgesetzte und vollkommen ausgeschöpfte Strafhöhe von € 726,- auf € 400,-, weil davon ausgegangen werden kann, dass vor dem Hintergrund der geforderten präventiven Wirkung der verhängten Mutwillensstrafe, die sich im Bagatellbereich befindende Höhe der Strafe und das gesetzte Verhalten in entsprechender Relation stehen, um zu verhindern, dass der Beschwerdeführer wiederum ein derartiges Verhalten setzt. Es wurde damit knapp die Hälfte des auszuschöpfenden Höchstbetrages festgesetzt.

In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Mutwillensstrafe sowohl spezialpräventive als auch generalpräventive Wirkung zeigt.

Zu Lasten des Beschwerdeführers ist der von ihm verursachte Vermögensschaden auf Seiten des Bundes als Rechtsträger des BFA zu berücksichtigen. Durch die Stellung grundloser Anträge beanspruchte der BF nicht nur personelle Ressourcen des BFA (und des BVwG), sondern wurde der Bund belastet. Im Hinblick auf das gesetzte Verhalten des Beschwerdeführers handelt es sich bei der Höhe der Mutwillensstrafe um eine Disziplinarstrafe im Bagatellbereich (vgl. § 25a Abs. 4 Z 2 VwGG).

Außerdem gilt es weiters zu beachten, dass sich das Verhalten des Beschwerdeführers durch die langjährige und über mehrere Rechtsgänge verlaufende, letztlich jedoch mutwillig erfolgte Inanspruchnahme von Behördenkapazitäten zwangsläufig zu Lasten redlicher Antragsteller auswirkt.

Diese Gesichtspunkte sind unter Beachtung der Regelungsintention des § 35 AVG bei der Bemessung der Strafhöhe als erschwerend zu werten. Strafmildernde Umstände gehen einzig in die Richtung, dass bisher noch keine Mutwillensstrafe über den Beschwerdeführer verhängt wurde, sodass eine Reduzierung auf € 400,- gerechtfertigt erscheint.

Aus dem Gesagten konnte auch die Einkommenssituation des Beschwerdeführers bei der Bemessung der Strafhöhe nicht weitergehend zu seinen Gunsten berücksichtigt werden. Dazu kommt, dass – nach Maßgabe des § 36 zweiter Satz AVG – § 19 Abs. 2 VStG nicht anwendbar ist. Es liegt auch sonst keine gesetzliche Grundlage vor, die es zwingend erfordern würde, die Einkommens- Vermögens- und Familienverhältnisse in die Strafbemessung einfließen zu lassen (VwGH 20.05.1994, 92/10/0469, VwSlg. 14.064 A/1994), dennoch erscheint die Reduzierung auf € 400,- somit knapp über der Hälfte des möglichen Strafrahmens im konkreten Einzelfalls angemessen.

3.3. Zur Abstandnahme von der mündlichen Verhandlung:

In Bezug darauf, dass nach § 24 Abs. 4 VwGVG das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen kann, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, weil das Gericht einerseits bereits einen dem angefochtenen Bescheid bzw. der Beschwerdevorentscheidung zugrunde gelegten Sachverhalt annehmen konnte, der mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in Einklang ist (der Sachverhalt insoweit, soweit relevant, also unstrittig ist) bzw. soweit dem Vorbringen nicht gefolgt wurde, einen Sachverhalt annehmen konnte der von dem BF nicht hinreichend substantiiert bestritten wurde. Das Gericht konnte so aufgrund der Akten und des schriftlichen Vorbringens entscheiden, ohne dass dies eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 MRK oder Art. 47 GRC bedeutet hätte; eine Rechtsfrage, die für sich genommen einer Erörterung im Rahmen der mündlichen Verhandlung bedurft hätte, wurde nicht aufgezeigt (vgl. VwGH 20.03.2014, 2013/07/0146, 17.02.2015, Ra 2015/09/0007).

Aus den Gesetzesmaterialien zur Bestimmung des § 24 VwGVG ergibt sich im Übrigen, dass eine mündliche Verhandlung, soweit sie ausschließlich der Klärung der Rechtsfrage dienen würde, nicht geboten sein soll (vgl. RV 1255 BlgNR 25. GP, 5; auch VwGH 19.09.2017, Ra 2017/01/0276).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung hinsichtlich der Verhängung einer Mutwillensstrafe von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot aufrechte Rückkehrentscheidung Ausreise Ausreiseverpflichtung Aussichtslosigkeit Disziplinarstrafe Generalprävention Missbrauch Mutwillen Mutwillensstrafe Spezialprävention Strafbemessung strafrechtliche Verurteilung unrichtige Angaben Verzögerung Wiederholungstaten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W195.2238761.1.00

Im RIS seit

21.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten