Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §46 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 97/16/0044Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. DDDr. Jahn, über den Antrag der M-Betriebsgesellschaft m.b.H. & Co KG, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in K, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 19. September 1996, GZ. 120-6/96, sowie über die mit diesem Antrag verbundene nachgeholte Beschwerde, den Beschluß gefaßt:
Spruch
1. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.
2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit Beschluß vom 19. Dezember 1996, Zl. 96/16/0258-3, wies der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde einer "M-GesmbH & Co KG" gegen den auch hier angefochtenen Bescheid zurück, weil eine Kommanditgesellschaft mit dieser Bezeichnung nicht im Firmenbuch des Landesgerichtes Klagenfurt protokolliert sei. Jenem Gebilde, welches als Beschwerdeführerin auftrete, fehle einerseits die Parteifähigkeit, andererseits sei es auch nicht Bescheidadressat.
Fristgerecht nach Zustellung des Bescheides beantragte die Beschwerdeführerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Beschwerdeerhebung. Gleichzeitig holte sie die Beschwerde nach. Sie brachte im Wiedereinsetzungsantrag vor, der Konzipient der Beschwerdeführer-Vertreterin Mag. Th. D. habe weisungsgemäß alle Daten und den richtigem Firmenwortlaut der Beschwerdeführerin geprüft. Dabei sei ihm insofern ein Fehler unterlaufen, als er den Wortlaut der Beschwerdeführerin nicht mit dem Wortlaut der Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Kärnten verglichen, sondern den im ursprünglichen Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Klagenfurt verwendeten Firmenwortlaut herangezogen habe. Der irrtümlich verwendete Firmenwortlaut habe sich auch in der Berufungsvorentscheidung befunden, wie auch in sämtlichen Finanzamtsausdrucken. Die Beschwerdeführer-Vertreterin habe bei Vorlage der Beschwerde zur Unterschrift noch ausdrücklich den Konzipienten befragt, ob er die Anweisung, eine Kontrolle der Daten und der richtigen Schreibweise bzw. des Wortlautes der Beschwerdeführerin vorzunehmen, durchgeführt habe. Dies bejahte Mag. Th. D. in Unkennntnis seiner erst später bemerkten Fehlleistung und die Beschwerdeführer-Vertreterin bestätigte die Richtigkeit der angeführten Daten und Wortlaute. Sie habe auf die Aussage ihres Konzipienten vertrauen können, denn er stehe im vierten Ausbildungsjahr, habe die Rechtsanwaltsprüfung bereits positiv abgelegt, erledige seine Arbeiten zur vollen Zufriedenheit und sei als gewissenhafter und zuverlässiger Mitarbeiter anzusehen. Eine solche Fehlleistung sei ihm noch nicht unterlaufen.
Die Fehlleistung des Konzipienten sei der Beschwerdeführer-Vertreterin erst durch die Zustellung des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Dezember 1996 bekannt geworden. Die Beschwerdeführer-Vertreterin habe unter Bedachtnahme auf ihre zumutbare Aufmerksamkeit und aller Voraussicht nach nicht erwartet, daß dem Konzipienten Mag. Th. D. eine derartige Fehlleistung unterlaufen werde. Die Beschwerdeführerin sei daher durch ein unvorhersehbares Ereignis ohne ihr Verschulden verhindert gewesen, die Frist zur Einbringung der Beschwerde einzuhalten.
Diese Behauptungen wurden durch eine entsprechende eidestättige Erklärung des Mag. Th. D. bescheinigt.
Der Wiedereinsetzungsantrag ist nicht gerechtferigt.
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erlitten hat, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Ein Verschulden der Partei an der Fristversäumung, das über einen minderen Grad des Versehens hinausgeht, schließt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus.
Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt, d.h. die in Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben.
Die Beschwerdeführer-Vertreterin selbst hat ihren Schriftsatz unterhalb der Bezeichnung der Beschwerdeführerin mit "M-GesmbH & Co KG" unterfertigt. Unabhängig vom Verhalten ihres Konzipienten mußte ihr als Rechtsanwalt und damit als Sachverständiger gemäß § 1299 ABGB auf den ersten Blick auffallen - selbst wenn ihr der Firmenwortlaut der von ihr vertretenen Partei unbekannt gewesen sein sollte - daß die gewählte Bezeichnung mit den gesetzlichen Bestimmungen über die Bildung einer Firma nicht vereinbar war. Gemäß § 19 Abs. 2 HGB hat die Firma einer Kommanditgesellschaft den Namen wenigstens eines persönlichen haftenden Gesellschafters mit einem das Vorhandensein einer Gesellschaft andeutenden Zusatz zu enthalten. Komplementär ist im vorliegenden Fall eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung; gemäß § 5 Abs. 1 GesmbHG muß die Firma von dem Gegenstand des Unternehmens entlehnt sein oder die Namen aller Gesellschafter oder wenigstens eines Gesellschafters enthalten. "M-GesmbH" enthält weder den Namen einer physischen Person noch den Gegenstand des Unternehmens.
Wie es zu dieser Falschbezeichung gekommen ist, ist ohne Belang; es geht um das Fehlverhalten der Beschwerdeführer-Vertreterin selbst. Das Übersehen eines ins Auge springenden Fehlers unmittelbar oberhalb der Unterschrift des Rechtsanwaltes ist kein Fehler, der gelegentlich auch einem sorgfältigen Menschen unterläuft. An berufliche rechtskundige Parteienvertreter ist überdies ein strengerer Maßstab anzulegen, als an rechtsunkundige oder bisher noch nie an Verfahren beteiligte Personen (Fasching, Zivilprozeßrecht2, Randzahl 580).
Da somit die Beschwerdeführerin nicht durch ein bloß leicht fahrlässig herbeigeführtes Ereignis an der rechtzeitigen Erhebung der gegen den angefochtenen Bescheid erhobenen Beschwerde gehindert war, war der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abzuweisen.
Hinsichtlich der nachgeholten Beschwerde liegt Verspätung (§ 34 Abs. 1 VwGG) vor; der Bescheid wurde am 14. Oktober 1996 zugestellt.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997160043.X00Im RIS seit
03.04.2001