Entscheidungsdatum
18.02.2021Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W166 2238394-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Ivona GRUBESIC sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch den KOBV, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 14.10.2020, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 16.12.2020, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin ist im Besitz eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung (GdB) im Ausmaß von 60%, stellte am 12.08.2020 einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (Parkausweis) beim Sozialministeriumservice (in weiterer Folge: belangte Behörde) und legte einen ärztlichen Befundbericht des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. XXXX vom 23.07.2020 vor.
Im Antragsformular ist vermerkt, dass dieser Antrag auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ in den Behindertenpass bzw. auf Ausstellung eines Behindertenpasses gilt, sofern der Antragsteller noch nicht im Besitz eines Behindertenpasses ist bzw. darin noch nicht die eben genannte Zusatzeintragung angeführt ist.
Von der belangten Behörde wurde ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Neurologie vom 24.09.2020 eingeholt, in welchem Nachfolgendes ausgeführt wurde:
„Anamnese:
Mitochondriale Myopathie
Die letzte Begutachtung erfolgte am 25.02.2014 mit Anerkennung von 60 % GdB Dauerzustand für die Diagnose „Muskeldystrophie 50%, Restless-legs-syndrom 30%“.
Derzeitige Beschwerden:
Die AW kommt gehend ohne Hilfsmittel, sie sei mit dem Taxi gekommen. AW beantragt die Vornahme einer Zusatzeintragung (Parkausweis).
Das Hauptproblem sei, dass sie den Beinen wenig Gefühl hätte. In der Nacht hauen die Beine bei Restless Legs aus, mit den Tabletten sei es etwas besser. Wegen der brennenden Schmerzen bis zu den Knien nehme sie Morapid. Beim Gehen werde sie sehr schnell müde, dann müsse sie wegen der Krämpfe eine Pause machen. Sie würde dann 1-2 Minuten stehen bleiben, dann gehe sie wieder weiter. Die Diagnose mitochondriale Myopathie wäre von Prof XXXX 1995 gestellt worden.
Eine Krücke verwende sie des Öfteren zu Hause, besonders in der Früh und nach langem Sitzen. Weiters hätte sie einen klappbaren Stock (dieser ist in der Tasche und in weiterer Folge auch beim Hinausgehen verwendet), diesen verwende sie auf der Straße. Fachärztlich betreut werde sie durch Dr. XXXX .
Sie wohne im 22. Bezirk, die öffentlichen Verkehrsmittel seien weiter weg, deswegen hätte sie gerne einen Parkausweis. Diesen benötige sie auch zum Einkaufen.
Sie hätte schon vor längerer Zeit beide Hüfte operiert, bei der linken Hüfte hätte sie 3 x Rotlauf gehabt, seither sei dieser Bereich taub. In orthopädischer Kontrolle sei sie nicht mehr.
Im ADL Bereich sei sie selbstständig.
Es bestehe keine SW, auch kein PG Bezug.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Behandlungen: keine
Medikamente: Citalopram 40 mg 1x1, Morapid 20 mg max. 4x1, Restex 1x1, Ulcusan
Hilfsmittel: Stützkrücke, Gehstock
Sozialanamnese:
Geschieden, wohne alleine im Parterre. 1 Tochter. Beruf: Pension, davor Sachbearbeiterin
Nik: 0
Alk: 0
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Dr. XXXX , Facharzt für Neurologie u Psychiatrie, 23.07.2020
Anamnese:
mitochondriale Myopathie seit 1995 bekannt, ferner pNP, klagt über Mm-schwäche. Kann nur
eingeschränkt gehen, viell. 15 Min., aber mit Pause. Schmerzen in den Beinen, bds. Z.n. Hüft-TEP.
Neuro-Status: at.Gangb, ..
Diagnose:
fam. mitochondriale Myopathie, Gangstörung
Procedere:: bei der Pat. besteht eine chron. Erkrankung des Beweg.-App., die Gehleistung ist
zunehm. eingeschränkt. Pat. lebt alleine, versorgt sich selbst.
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
Gut
Ernährungszustand:
Adipös
Größe: 167,00 cm Gewicht: 80,00 kg Blutdruck:
Klinischer Status – Fachstatus:
Neurologischer Status gemäß COVID-19 Regelung: wach, voll orientiert, kein Meningismus
Caput: Visus korrigiert, übrige HN unauffällig.
OE: Rechtshändigkeit, Trophik unauffällig, Tonus unauffällig, keine höhergradige Paresen, Vorhalteversuch der Arme: unauffällig, Finger-Nase-Versuch: keine Dysmetrie rechts, MER (RPR, BSR, TSR) seitengleich mittellebhaft auslösbar, Eudiadochokinese beidseits, Pyramidenzeichen negativ.
UE: Trophik unauffällig, Tonus seitengleich unauffällig, grobe Kraft proximal KG 4-5, distal links Dorsalflexion KG 4-, sonst keine höhergradige Paresen, Positionsversuch der Beine: Absinken bds, Knie-Hacke-Versuch: keine Ataxie, PSR seitengleich mittellebhaft, AST bd suntermittellebhaft auslösbar, Pyramidenzeichen negativ.
Sensibilität: intakte Angabe. Sprache: unauffällig
Romberg: unauffällig
Unterberger: ungerichtetes Schwanken
Fersenstand: li nicht möglich, Zehenstand: unauffällig.
Gesamtmobilität – Gangbild:
Mobilitätsstatus: Gangbild: minimal breitbasig und reduzierter Schrittlänge mit gering medialem Aufsetzen des linken Fußes (ohne Hilfsmittel), mit Stock zügiger Standvermögen: sicher, prompter Lagewechsel beim Aufstehen, von der Liege verlangsamt wegen Hüfte. Führerschein vorhanden
Status Psychicus:
wach, in allen Qualitäten orientiert, Duktus kohärent, Denkziel wird erreicht, Aufmerksamkeit unauffällig, keine kognitiven Defizite, Affekt unauffällig, Stimmungslage subdepressiv, Antrieb unauffällig, Konzentration normal, keine produktive Symptomatik, Schlafstörungen.
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
1 Mitochondriale Myopathie
2 Restless legs Syndrom
3 Polyneuropathie der unteren Extremität bei untermittellebhafter Achillesehenreflexen
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Verglichen mit dem Vorgutachten von 02/2014: Leiden 1 und 2 idem, Neuaufnahme von Leiden 3. Insgesamt keine wesentliche Änderung des Gesamtzustandes.
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Keine. Die Grunderkrankung führt zwar zu einer Einschränkung der Gehstrecke, das objektivierbare Ausmaß des Defizits kann jedoch eine maßgebliche Erschwernis der Erreichbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel nicht ausreichend begründen. Kurze Wegstrecken von etwa 300 bis 400 m können aus eigener Kraft, ohne fremde Hilfe und ohne maßgebende Unterbrechung, allenfalls unter Verwendung eines Gehstockes zurückgelegt werden. Eine Stützkrücke wird intramural verwendet. Die Geh-, Steh- und Steigfähigkeit des Antragstellers sind ausreichend. Niveauunterschiede können überwunden werden, da die Beugefunktion im Bereich der Hüft-, Knie- und Sprunggelenke ausreichend ist und das sichere Ein- und Aussteigen gewährleistet sind. Bei genügender Funktionsfähigkeit der oberen Extremitäten ist das Festhalten beim Ein- und Aussteigen sowie die Möglichkeit Haltegriffe zu erreichen und sich anzuhalten, genügend, der Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln ist daher gesichert durchführbar. Die beantragte Zusatzeintragung kann gutachterlicherseits nicht empfohlen werden.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Nein.“
Im seitens der belangten Behörde gewährten Parteiengehör zu dem Ermittlungsergebnis erstattete die Beschwerdeführerin eine Stellungnahme, und brachte vor, dass die bei ihr seit einem Jahr vorliegende Polyneuropathie überhaupt nicht berücksichtigt worden sei. Auch ihr Neurologe Dr. XXXX habe eine chronische Erkrankung des Bewegungsapparates mit zunehmend eingeschränkter Gehleistung diagnostiziert. Sie lebe alleine und ein Parkplatz in der Nähe eines Eingangs wäre zum Besorgen der Einkäufe eine große Erleichterung. Es sei unmöglich mit dem Gehstock in ein öffentliches Verkehrsmittel einzusteigen und dann gleich die Haltegriffe zum Anhalten zu erreichen, da die Verkehrsmittel gleich losfahren würden und die Beschwerdeführerin Angst habe zu stürzen.
Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 14.10.2020 wies die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass ab, und stützte sich in der Begründung auf das eingeholte fachärztliche Sachverständigengutachten vom 24.09.2020, welches in der Beilage zum Bescheid an die Beschwerdeführerin übermittelt wurde.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin - nunmehr vertreten durch den KOBV - fristgerecht Beschwerde und brachte vor, sie leide an mitochondrialer Myopathie, Restless legs Syndrom, Gangstörung und PNP der unteren Extremitäten. Die Beschwerdeführerin schaffe maximal 100 Meter ohne Pause, an guten Tagen 200 Meter, an schlechten Tagen könne sie das Haus selbst mit Krücken oder Stock nicht verlassen. Auf Grund der Missempfindungen in den unteren Extremitäten spüre sie Bodenunebenheiten nicht und es bestehe die Gefahr des Stürzens, was auch schon passiert sei. Dies stelle auch massiv ein Problem bei Nacht dar. Die Beschwerdeführerin könne sich nicht sofort nach dem Einsteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel sicher anhalten, und bestehe daher Sturzgefahr. Es werde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und auf Einholung eines neurologischen Gutachtens gestellt. Mit der Beschwerde wurde ein ärztlicher Befundbericht von Dr. XXXX vom 18.11.2020 vorgelegt.
In Erwägung eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, holte die belangten Behörde zur Überprüfung, ob das Beschwerdevorbringen eine Änderung des bisherigen Ergebnisses bedinge, die nachfolgende ergänzende fachärztliche Stellungnahme der bereits befassten Fachärztin für Neurologie vom 23.11.2020 ein:
„Die AW ist mit dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens (siehe VGA vom 24.09.2020) nicht einverstanden und erhebt vertreten durch den KOBV am 18.11.2020 Einspruch im Rahmen eines Beschwerdevorentscheides.
Vorgebracht wird: „Die Beschwerdeführerin leidet an mitochondrialer Myopathie, Restless legs Syndrom, Gangstörung und PNP der unteren Extremitäten.
Im Zusammenwirken aller Erkrankungen kann die Beschwerdeführerin maximal 100 Meter am Stück gehen, dann muss sie eine Stehpause von 1 - 2 Minuten machen. An guten Tagen schafft die Beschwerdeführerin maximal 200 Meter, an schlechten Tagen kann sie das Haus selbst mit Krücke oder Stock nicht verlassen.
Durch die Myopathie und die PNP hat die Beschwerdeführerin Missempfindungen in den unteren Extremitäten und spürt daher Bodenunebenheiten und kleine Erhebungen nicht, daher besteht die Gefahr des Stolperns oder Stürzens und ist es auch bereits immer wieder zu Stürzen gekommen. Dies stellt sowohl untertags als auch massiv bei Nacht ein Problem dar, da die Beschwerdeführerin im Dunkeln nicht in der Lage ist, Bodenunebenheiten, Erhebungen oder Kanten zu erkennen.
Das Ein- und Aussteigen in öffentliche Verkehrsmittel ist der Beschwerdeführerin nur bei Niederflurfahrzeugen möglich, jedoch nicht bei alten Straßenbahngarnituren oder Zügen, die einen hohen Einstieg haben, da sich die Beschwerdeführerin nicht sofort sicher anhalten kann. Außerdem besteht in der U-Bahn insofern eine Sturzgefahr, da sich die Obgenannte nicht sofort vor dem Anfahren der U-Bahn sicher anhalten kann. “
Es werden neue Befunde vorgelegt:
Dr. XXXX , Facharzt für Neurologie und Psychiatrie,18.11.2020 Anamense:
Parkausweis wurde nicht bewilligt, weil Gehstrecke von 300m ausreichend sei, um öfftl. Verkehrsmittel zu erreichen, Ferner immer wieder Stürze. Pat. stürzt auch immer wieder, weil z.B. Unebenheiten Boden nicht erkannt werden.
Neuro-Status: at.Gangb., Mm-schw.u E's ger.SR stgl,.sens.frei Diagnose: fam.mitochondriale Myopathie.Gangstörung Verordnung: AD VERORDNUNG: NLG N.Per.n.Sur.
Procedere:
Pat. stürzt immer wieder. Die Gehstrecke von 300m ist nicht mit Sicherheit gewährleistet, sodaß der angestrebte Parkausweis durchaus notwendig ist.
NLG, Dr. XXXX , 18.11.2020
Beurteilung: Zusätzlich zur Mitochondriale Myopathie spricht der Befund für ein PNP- Syndrom.
Maßgeblich für die Einstufung behinderungsrelevanter Leiden sind anhand der klinischen Untersuchung objektivierbare Funktionseinschränkungen unter Beachtung sämtlicher vorgelegter Befunde. Dabei konnte eine Funktionseinschränkung mäßigen Grades im Rahmen der Grunderkrankung festgestellt werden (siehe dazu auch Neurologischer Status vom VGA).
Im Rahmen der klinischen Untersuchung stellten sich ein guter Allgemeinzustand und ein adipöser Ernährungszustand dar. Erhebliche funktionelle Einschränkungen der Gelenke der oberen und unteren Extremitäten lagen nicht vor. Greif- und Haltefunktion beidseits insgesamt gegeben. Das Gangbild stellte sich ohne Verwendung von Hilfsmitteln minimal breitbasig und mit reduzierter Schrittlänge mit gering medialem Aufsetzen des linken Fußes dar, mit Stock konnte ein zügigeres Gangbild objektiviert werden.
Es wurde im Rahmen der Untersuchung insgesamt eine mäßiggradige Bewegungseinschränkung objektiviert und gemäß EVO korrekt eingeschätzt.
Zusammenfassend ist die Mobilität aber für das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300-400 m aus eigener Kraft, ohne fremde Hilfe und ohne maßgebende Unterbrechung ausreichend; allenfalls unter Verwendung eines Gehstockes. Eine Stützkrücke wird nach eigenen Angaben intramural verwendet. Das Überwinden von Niveauunterschieden, das Be- und Entsteigen sind nicht auf erhebliche Weise erschwert. Insgesamt ist daher, unter Berücksichtigung der objektivierbaren Funktionsdefizite, eine erhebliche Erschwernis der Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel nicht begründbar.
Die fachärztlich berichtete Reduktion der Gehstrecke konnte im Rahmen der h.o. durchgeführten Untersuchung nicht objektiviert werden.
Um das fachärztlich berichtete Sturzrisiko hintanzuhalten, ist ein einfaches Hilfsmittel wie ein Gehstock zumutbar.
Bezüglich der Polyneuropathie sind Therapieoptionen wie z.B. Etablierung neuropathischer Medikation oder Physiotherapie (Gangschulung) noch unausgeschöpft.
Das Restless Legs Syndrom ist durch einen ausgeprägten Bewegungsdrang der Beine (bzw. im geringeren Ausmaß auch der Arme) charakterisiert, sodass es durch Bewegung zur deutlichen Besserung bzw. Verschwinden der Symptome kommt.
Eine maßgebliche Verschlechterung des neurologischen Zustandes aus dem übermittelten Befund ist nicht ableitbar ist, tagesabhängige Verschlechterungen sind aber bereits in der gewählten Position berücksichtigt worden, somit ergibt sich insgesamt keine Änderung.
Nach nochmaliger Durchsicht sämtlicher Befunde, des Untersuchungsergebnisses und der im Beschwerdeschreiben vom 18.11.2020 angeführten Einwendungen kommt es zu keiner Änderung der getroffenen Einschätzung, die Vornahme einer Zusatzeintragung (Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel) wird nicht empfohlen.“
In dem seitens der belangten Behörde gewährten Parteiengehör zu dem Ermittlungsergebnis brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor wie in der Beschwerde und gab ergänzend an, dass die von der belangten Behörde eingeholte neurologische Stellungnahme vom 23.11.2020 mit dem mit der Beschwerde vorgelegten Befundbericht von Dr. XXXX vom 18.11.2020 im Widerspruch stehe, da aus diesem eindeutig ersichtlich sei, dass die Beschwerdeführerin weder 300 bis 400 Meter - auch nicht unter Verwendung von Hilfsmitteln - zurücklegen könne, noch ein sicheres Anhalten bzw. Ein- und Aussteigen möglich sei
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 16.12.2020 wies die belangte Behörde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 14.10.2020 ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung nicht vorlägen.
Die Beschwerdeführerin brachte am 04.01.2021 einen Vorlageantrag ein.
Die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 07.01.2021 vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin ist im Besitz eines Behindertenpasses.
Sie leidet aktuell an folgenden - der Beurteilung zu Grunde gelegten - dauerhaften Funktionseinschränkungen:
1 Mitochondriale Myopathie
2 Restless legs Syndrom
3 Polyneuropathie der unteren Extremität bei untermittellebhafter Achillesehenreflexen
Bei der Beschwerdeführerin liegen ein guter Allgemeinzustand und ein adipöser Ernährungszustand vor.
Die Grunderkrankung führt zu einer mäßiggradigen Bewegungseinschränkung, eine maßgebliche Einschränkung liegt nicht vor. Die Geh-, Steh- und Steigfähigkeit ist bei der Beschwerdeführerin ausreichend gegeben.
Die Gesamtmobilität ist ausreichend, um kurze Wegstrecken von 300 bis 400 Meter aus eigener Kraft, ohne fremde Hilfe und ohne maßgebliche Unterbrechung - allenfalls unter Verwendung eines Gehstockes - zurücklegen zu können.
Das Gangbild ist ohne Verwendung eines Hilfsmittels minimal breitbasig mit reduzierter Schrittlänge und gering medialem Aufsetzen des linken Fußes, unter Verwendung eines Stocks ist das Gangbild zügig.
Ein allfälliges Sturzrisiko kann durch die Verwendung eines einfachen Hilfsmittels hintangehalten werden.
Relevante Einschränkungen des Bewegungsumfanges der Gelenke der unteren Extremitäten sowie höhergradige Paresen liegen nicht vor.
Die Beugefunktion im Bereich der Hüft-, Knie- und Sprunggelenke ist ausreichend, die Beschwerdeführerin kann übliche Niveauunterschiede in öffentlichen Verkehrsmitteln selbständig überwinden, das sichere Ein- und Aussteigen ist nicht erschwert.
Im Bereich der oberen Extremitäten liegt ausreichende Funktionsfähigkeit vor, das Erreichen von Haltegriffen und das Festhalten sind möglich. Höhergradige Paresen sind nicht gegeben.
Therapieoptionen betreffend die Polyneuropathie sind unausgeschöpft.
Die Symptome des Restless Legs Syndrom können durch Bewegung verbessert werden.
Die sichere Beförderung in sich bewegenden öffentlichen Verkehrsmitteln unter üblichen Transportbedingungen ist möglich, relevante Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche und bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt sind nicht gegeben.
Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist der Beschwerdeführerin zumutbar.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellung zum Besitz des Behindertenpasses ergibt sich aus dem Akteninhalt.
Die Feststellungen zu den bestehenden dauerhaften Funktionseinschränkungen und zur Zumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel ergeben sich aus dem medizinischen Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Neurologie vom 24.09.2020 und der neurologischen Stellungnahme vom 23.11.2020.
In dem fachärztlichen Sachverständigengutachten und der fachärztlichen Stellungnahme wurde ausführlich, nachvollziehbar und schlüssig – unter Berücksichtigung der vorgelegten medizinischen Befunde und der durchgeführten persönlichen Untersuchung - auf die Leiden und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel eingegangen.
Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Stellungnahme vom 09.10.2020, die Polyneuropathie sei nicht berücksichtigt worden ist festzuhalten, dass die fachärztliche Sachverständige in ihrem Gutachten vom 24.09.2020 neben den Diagnosen Mitochondriale Myopathie und Restless legs Syndrom, die Diagnose Polyneuropathie der unteren Extremitäten bei untermittellebhaften Achillessehnenreflexen gestellt, berücksichtigt und dazu ausgeführt hat, dass dieses Leiden im Vergleich zum Vorgutachten neu hinzugekommen ist. Aus fachärztlicher Sicht sind bezüglich des Leidens Polyneuropathie Therapieoptionen wie beispielsweise die Etablierung neuropathischer Medikation oder Physiotherapie (Gangschulung) noch unausgeschöpft. Somit geht das diesbezügliche Vorbringen der Beschwerdeführerin der Nichtberücksichtigung des Leidens Polyneuropathie ins Leere.
Zum weiteren Beschwerdevorbringen hat die neurologische Sachverständige in ihrer ergänzenden fachärztlichen Stellungnahme vom 23.11.2020 sehr umfassend ausgeführt, dass anhand der klinischen Untersuchung - dargelegt im Gutachten vom 24.09.2020 - eine Funktionseinschränkung mäßigen Grades im Rahmen der Grunderkrankung festgestellt werden konnte. Es stellten sich ein guter Allgemeinzustand und ein adipöser Ernährungszustand dar. Erhebliche funktionelle Einschränkungen der Gelenke der oberen und unteren Extremitäten lagen nicht vor, die Greif- und Haltefunktion beidseits war gegeben. Das Gangbild stellte sich ohne Verwendung von Hilfsmitteln minimal breitbasig und mit reduzierter Schrittlänge mit gering medialem Aufsetzen des linken Fußes dar, unter Verwendung eines Stocks konnte ein zügiges Gangbild objektiviert werden.
Zusammenfassend stellte die fachärztliche Sachverständige fest, dass zwar eine mäßiggradige Bewegungseinschränkung objektiviert werden konnte, die Mobilität aber für das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300-400 Meter aus eigener Kraft, ohne fremde Hilfe und ohne maßgebende Unterbrechung ausreichend ist, allenfalls unter Verwendung eines Gehstocks. Die Geh-, Steh- und Steigfähigkeit sowie die Beugefunktion im Bereich der Hüft-, Knie- und Sprunggelenke der Beschwerdeführerin sind ausreichend um Nieveauunterschiede zu überwinden und das Sichere Ein- und Aussteigen zu gewährleisten.
Zur Verwendung von Hilfsmitteln gab die Beschwerdeführerin anlässlich der persönlichen Untersuchung am 24.09.2020 selbst an, sie habe einen klappbaren Stock, diesen verwende sie auf der Straße. Eine Krücke verwende sie öfters zu Hause, insbesondere in der Früh und nach langem Sitzen.
Zum Vorbringen wonach bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel eine erhöhte Sturzgefahr bestehe, da sich die Beschwerdeführerin nicht sofort nach dem Einsteigen anhalten könne, es beim Anfahren bzw. Bremsen des öffentlichen Verkehrsmittels „ruckle“ bzw. es Bodenunebenheiten gäbe, ist festzuhalten, dass die fachärztliche Sachverständige festgestellt hat, dass die Funktionsfähigkeit der oberen Extremitäten ausreichend vorhanden ist, und sich die Beschwerdeführerin daher beim Ein- und Aussteigen festhalten bzw. im öffentlichen Verkehrsmittel Haltegriffe erreichen und sich anhalten kann. Überdies ist bei der Beschwerdeführerin eine ausreichende Stehfähigkeit gegeben. Selbst wenn die Beschwerdeführerin bei der Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels einen Gehstock verwendet, steht die andere Hand zur Verfügung um sich damit beim Ein- und Aussteigen oder im Verkehrsmittel anhalten zu können.
Zum vorgebrachten Sturzrisiko führte die fachärztliche Sachverständige aus, dass der Beschwerdeführerin die Verwendung eines Gehstocks zumutbar ist und dadurch die Sturzgefahr hintangehalten werden kann.
Aus den dargelegten Gründen geht auch das Vorbringen der Beschwerdeführerin - die Benützung eines Gehstocks könne die Sturzgefahr in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht verringern bzw. könne sich die Beschwerdeführerin bei abruptem Anfahren oder Abbremsen des öffentlichen Verkehrsmittels unter Verwendung eines Gehstocks nicht abfangen - ins Leere bzw. ist dieses nicht nachvollziehbar, da sich die Beschwerdeführerin wie bereits dargelegt hat mit der freien Hand anhalten kann und ausreichend Stehfähigkeit gegeben ist.
Zum Restless Legs Syndrom stellte die fachärztliche Sachverständige fest, dass dieses Leiden durch einen ausgeprägten Bewegungsdrang der Beine und im geringeren Ausmaß auch der Arme charakterisiert ist, sodass es durch Bewegung zur deutlichen Besserung bzw. zum Verschwinden der Symptome kommt.
Die von der Beschwerdeführerin vorgelegten neurologischen Befunde von Dr. XXXX vom 23.07.2020 und vom 18.11.2020 wurden von der fachärztlichen Sachverständigen in ihren Gutachten berücksichtigt, und hat die Sachverständige in der Stellungnahme vom 23.11.2020 dazu ausgeführt, dass die fachärztlich berichtete Reduktion der Gehstrecke im Rahmen der von ihr durchgeführten Untersuchung nicht objektiviert werden konnte. Es ist auch keine maßgebliche Verschlechterung des neurologischen Zustandes aus dem übermittelten Befund ableitbar, tagesabhängige Verschlechterungen wurden berücksichtigt. Insgesamt ergeben sich nach Durchsicht sämtlicher Befunde, des Untersuchungsergebnisses und der vorgebrachten Einwendungen aus gutachterlicher Sicht keiner Änderung der getroffenen Einschätzung.
Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Stellungnahme vom 10.12.2020, wonach die neurologische sachverständige Stellungnahme vom 23.11.2020 welcher keine neuerliche Untersuchung zu Grunde liege, im Widerspruch zum neurologischen Befundbericht vom 18.11.2020 stehe, ist festzuhalten, dass die fachärztliche Stellungnahme der Sachverständigen vom 23.11.2020 basierend auf ihrem fachärztlichen Sachverständigengutachten vom 24.09.2020 - welcher eine persönliche Untersuchung der Beschwerdeführerin zu Grunde liegt - erstellt wurde. Die fachärztliche Sachverständige hat in der fachärztlichen Stellungnahme vom 23.11.2020 auch auf die durchgeführte persönliche Untersuchung und das fachärztliche Sachverständigengutachten vom 24.09.2020 Bezug genommen. Die Durchführung einer weiteren persönlichen Untersuchung - lediglich zwei Monate nach der ersten Untersuchung und ohne Änderung der Umstände bzw. mangels Vorlage neuer medizinischer Beweismittel - erschien der belangten Behörde nicht erforderlich und ist diese Vorgangsweise auch für den erkennenden Senat plausibel. Daran vermag auch der Umstand nichts ändern, dass der zweite ärztliche Befundbericht von Dr. XXXX vom 18.11.2020 nach dem Untersuchungstermin der Beschwerdeführerin erstellt wurde, da die Gutachterin in ihrer fachärztlichen Stellungnahme vom 23.11.2020 ausführte, maßgebliche Verschlechterung des neurologischen Zustandes seien aus dem ärztlichen Befundbericht vom 18.11.2020 nicht ableitbar, allfällige tagesabhängige Verschlechterungen seien berücksichtigt worden.
Überdies ist festzuhalten, dass die Diagnosen und der Neruo-Status in den ärztlichen Befundberichten von Dr. XXXX vom 23.07.2020 und vom 18.11.2020 ident sind, und der ärztliche Befundbericht vom 23.07.2020 bereits der gutachterlichen Beurteilung vom 24.09.2020 zu Grunde gelegt wurde.
Von der Beschwerdeführerin wurden somit keine Einwendungen erhoben oder Beweismittel vorgelegt, welche das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zu entkräften vermochten bzw. wurde dem Ermittlungsergebnis nicht substantiiert entgegengetreten.
Die Beschwerdeführerin ist den Ausführungen in den Sachverständigengutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, sie hat kein Sachverständigengutachten oder eine sachverständige Aussage vorgelegt, in welcher die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Annahmen und Schlussfolgerungen der beigezogenen Sachverständigen unzutreffend oder unschlüssig seien.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen daher keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des von der belangten Behörde eingeholten fachärztlichen Sachverständigengutachtens vom 24.09.2020 und der ergänzenden neurologischen Stellungnahme vom 23.11.2020, und werden diese in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes durch den Senat zu erfolgen.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Zu Spruchpunkt A) Abweisung der Beschwerde
Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 leg. cit. nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Gemäß § 35 Abs. 1 EStG steht dem Steuerpflichtigen, der außergewöhnliche Belastungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung hat und weder der Steuerpflichtige nach sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) erhält, ein Freibetrag gemäß Abs. 3 leg. cit. zu.
Gemäß § 35 Abs. 2 EStG bestimmt sich die Höhe des Freibetrages nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hierfür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 162/2010, die die von ihr umfassten Bereiche.
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständige Stelle nachzuweisen.
Zuständige Stelle ist:
- der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947)-
- Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
- In allen übrigen Fällen sowie beim Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Arten das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; diese hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung diese Bestimmungen ergangen Bescheid zu erstellen.
Zur Frage der Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel:
Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II 495/2013 idF BGBl. II 263/2016 wird der Behindertenpass als Karte aus Polyvinylchlorid hergestellt. Seine Gesamtabmessungen haben 53,98 mm in der Höhe und 85,60 mm in der Breite zu betragen. Gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen hat der Behindertenpass auf der Vorderseite zu enthalten:
1. die Bezeichnung "Behindertenpass" in deutscher, englischer und französischer Sprache;
2. den Familien- oder Nachnamen, den Vorname(n), akademischen Grad oder Standesbezeichnung des Menschen mit Behinderung;
3. das Geburtsdatum;
4. den Verfahrensordnungsbegriff;
5. den Grad der Behinderung oder die Minderung der Erwerbsfähigkeit;
6. das Antragsdatum;
7. das Ausstellungsdatum;
8. die ausstellende Behörde;
9. eine allfällige Befristung;
10. eine Braillezeile mit dem Ausdruck "Behindertenpass";
11. ein Hologramm in Form des Bundeswappens mit dem Schriftzug "Sozialministeriumservice" im Hintergrund;
12. das Logo des Sozialministeriumservice;
13. einen QR-Code, mit dem auf der Homepage des Sozialministeriumservice nähere Informationen zum Behindertenpass und den einzelnen Zusatzeintragungen abgerufen werden können sowie
14. ein der Bestimmung des § 4 der Passgesetz-Durchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 223/2006, entsprechendes Lichtbild.
Gemäß § 1 Abs. 4 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen:
[...]
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
Entscheidend für die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist, wie sich eine bestehende Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH vom 20.10.2011, Zl. 2009/11/0032).
Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
In den Erläuterungen zu § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen (nunmehr § 1 Abs. 4 Z 3) wird ausgeführt:
„Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
[...]
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapiefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleichbedeutend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
- arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
- Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
- hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
- Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
- COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
- Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
- mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:
- Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,
- hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,
- schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,
- nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden - Begleitperson ist erforderlich.
Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen, kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.
Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.
Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.
Keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel haben:
- vorübergehende Funktionseinschränkungen des Immunsystem als Nebenwirkung im Rahmen von Chemo-und /oder Strahlentherapien,
- laufende Erhaltungstherapien mit dem therapeutischen Ziel, Abstoßreaktionen von Transplantaten zu verhindern oder die Aktivität von Autoimmunerkrankungen einzuschränken,
- Kleinwuchs,
- gut versorgte Ileostoma, Colostoma und Ähnliches mit dichtem Verschluss. Es kommt weder zu Austritt von Stuhl oder Stuhlwasser noch zu Geruchsbelästigungen. Lediglich bei ungünstiger Lokalisation und deswegen permanent undichter Versorgung ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar,
- bei Inkontinenz, da die am Markt üblichen Inkontinenzprodukte ausreichend sicher sind und Verunreinigungen der Person durch Stuhl oder Harn vorbeugen. Lediglich bei anhaltend schweren Erkrankungen des Verdauungstraktes ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar."
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).
Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hierbei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).
Betreffend das Kalkül "kurze Wegstrecke" wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 m bis 400 m ausgeht. (ua VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).
Diese Fähigkeiten wurden aus ärztlicher Sicht in dem eingeholten Gutachten überprüft und - wie bereits ausgeführt - festgestellt, dass die Beschwerdeführerin eine kurze Wegstrecke von 300 bis 400 Meter aus eigener Kraft, ohne fremde Hilfe, ohne maßgebende Unterbrechung und allenfalls unter Verwendung eines Gehstocks zurücklegen kann.
Da unter Zugrundelegung des gegenständlichen fachärztlichen Sachverständigengutachtens und der fachärztlichen Stellungnahme, die vom Bundesverwaltungsgericht als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei gewertet wurden, festgestellt und ausführlich dargelegt wurde, dass bei der Beschwerdeführerin keine maßgeblichen Einschränkungen der oberen bzw. unteren Extremitäten, keine erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder neurologischer Fähigkeiten gegeben sind, erreichen die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß, welches die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" in den Behindertenpass rechtfertigen.
Die Beschwerdeführerin leidet auch nicht an einer Gesundheitsschädigung, für welche von vornherein der Passus "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" vorgesehen ist.
Die Beschwerdeführerin ist den Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.
Steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).
Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Überprüfung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in Betracht kommt.
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass gemäß § 41 Abs. 2 BBG, falls der nochmalige Antrag innerhalb eines Jahres seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung gestellt wird, eine offenkundige Änderung des Leidenszustandes glaubhaft geltend zu machen ist, ansonsten der Antrag ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen ist (vgl. VwGH vom 16.09.2008, Zl. 2008/11/0083).
Betreffend den Antrag in der Beschwerde auf Einholung eines neurologischen Sachverständigengutachtens ist festzuhalten, dass im gegenständlichen Fall ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Neurologie und eine neurologische Stellungnahme eingeholt wurden. Diese wurden als schlüssig, widerspruchsfrei und nachvollziehbar beurteilt, und erscheint daher aus Sicht des erkennenden Senates die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens aus dem Bereich der Neurologie weder erforderlich noch zweckdienlich. Der Vollständigkeitshalber ist diesbezüglich außerdem festzuhalten, dass zur Klärung medizinischer Fachfragen ärztliche Gutachten einzuholen sind, das Gesetz aber keine Regelung enthält aus der geschlossen werden kann, dass ein Anspruch des Beschwerdeführers auf Zuziehung eines Facharztes eines bestimmten medizinischen Teilgebietes besteht. Vielmehr kommt es auf die Schlüssigkeit der eingeholten Gutachten an (vgl. VwGH 24.06.1997, 96/08/0114).
Da aus den dargelegten Gründen die Voraussetzungen für die gegenständliche Zusatzeintragung nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.
Zum Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
3. wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Im gegenständlichen Fall wurden zur Klärung des Sachverhaltes ein Sachverständigengutachten aus dem Fachbereich der Neurologie sowie eine neurologische Stellungnahme eingeholt, und die Beschwerdeführerin wurde persönlich untersucht. Das Gangbild der Beschwerdeführerin wurde im Sachverständigengutachten vom 24.09.2020 ausreichend dokumentiert und erscheint es schlüssig, wenn die Sachverständige darin zum Ergebnis gekommen ist, dass der Beschwerdeführerin das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300 bis 400 Meter selbständig möglich ist. Das Beschwerdevorbringen bzw. die vorgelegten ärztlichen Befundberichte waren - wie bereits unter Punkt 2. ausgeführt - nicht substantiiert und geeignet die sachverständigen Feststellungen und Beurteilungen zu entkräften bzw. relevante Bedenken an den gutachterlichen Feststellungen hervorzurufen. Für das Bundesverwaltungsgericht ergaben sich keine weiteren Fragen an die Beschwerdeführerin oder an die befasste Sachverständige. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist als geklärt anzusehen, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird (vgl. dazu die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 09.06.2017, Zl. E 1162/2017-5).
Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass Sachverständigengutachten Zumutbarkeit ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W166.2238394.1.00Im RIS seit
21.05.2021Zuletzt aktualisiert am
21.05.2021