TE Bvwg Erkenntnis 2021/2/22 W154 2223047-2

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Veröffentlicht am 22.02.2021
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Entscheidungsdatum

22.02.2021

Norm

BFA-VG §22a
BFA-VG §34 Abs3 Z3
BFA-VG §40 Abs1 Z1
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
Sonstige Rechtsvorschriften (SUB) §0
VwG-AufwErsV §1
VwGVG §35

Spruch


W154 2223047-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. KRACHER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Kamerun, vertreten durch LegalFocus, gegen die Festnahme vom 15.9.2020 und die Anhaltung im Rahmen der Festnahme sowie gegen die Abschiebung am 17.9.2020 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG und gemäß § 46 FPG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 35 VwGVG iVm § 1 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Ersatz der Eingabegebühr wird zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger aus Kamerun, stellte am 3.6.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Eine EURODAC-Abfrage ergab, dass der Beschwerdeführer zuvor am 16.1.2019 in der Schweiz einen Asylantrag gestellt hatte.

Am 11.7.2019 richtete das Bundesamt ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO an die Schweiz, welchem die Schweizer Behörden mit Schreiben vom 11.7.2019, gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ausdrücklich zustimmten.

Am 19.7.2019 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt im Beisein eines Rechtsberaters nach durchgeführter Rechtsberatung. Befragt nach seinem Gesundheitszustand führte er aus, dass er Schmerzen in der rechten Hand habe, er sei bereits im Spital gewesen und er habe nicht gewusst, dass er einen Befund vorlegen müsse, diesen werde er nachreichen. Abgesehen von den Problemen mit der rechten Hand habe er keine Krankheiten. Er nehme keine Medikamente und habe einen Arzt aufgesucht. Vom Beschwerdeführer wurde eine Terminvereinbarung bei Fachärzten für Radiologie, CT sowie MR für den 4.7.2019 sowie eine Terminvereinbarung für den 12.7.2019 bei einem praktischen Arzt vorgelegt.

Am 22.7.2019 wurde ein Ergebnis der Sonographie der Weichteile an der Handfläche rechts auf Höhe des 3. Strahls vom 4.7.2019 übermittelt, wonach „eine wenige Milimeter durchmesssende, benigne imponierende Läsion an der Handfläche rechts oberflächlich gelegen, möglicherweise einem inzipienten Ganglion entsprechend“ festgestellt wurde, darüber hinaus wurden keine eindeutigen weiteren Auffälligkeiten festgestellt. Im radiologischen Befund vom 8.7.2019 der rechten Hand dorsopalmar, schräg seitlich, wurde festgestellt, der Befund sei unauffällig im Bereich des Handskeletts, kein Nachweis degenerativer bzw. entzündlicher Veränderungen. Weiters wurde eine mit 12.7.2019 datierte Überweisung zum Ziel einer fachärztlichen Begutachtung bzgl. Lappenplastik/Hautersatz sowie ein Termin für den 29.07.2019 bei einer plastischen Chirurgie in Österreich vorgelegt.

Am 26.7.2019 wurde eine Fotografie übermittelt, welche behaupteter Maßen die Geburtsurkunde des Beschwerdeführers abbilde.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.7.2019, Zl. 1232473504-190559824, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass die Schweiz für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung in die Schweiz gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Am 30.7.2019 wurde der belangten Behörde ein mit 29.7.2019 datierter Befund einer österreichischen chirurgischen Abteilung übermittelt, wonach der Beschwerdeführer insbesondere im Bereich der Thenarmuskulatur Schmerzen bei tiefer Palpitation hat, jedoch keine motorische Einschränkung und kein Hinweis auf Nervenverletzungen vorliegen. Festgehalten wurde eine „Planung zur Resektion der Narbenplatte und Deckung mit Spalthauttransplantation vom Oberschenkel in AN am 4.2.2020“, als nächster Termin wurde der 20.1.2020 festgelegt. Weiters wurde ein geplanter Aufnahmetermin für den 3.2.2020 bei der chirurgischen Abteilung übermittelt mit den Diagnosen „St. P. stumpfe Trauma Hand rechts 2018 und St. P. Inzision bei Infektion“ samt Zeitbestätigung vom 29.7.2019 in einem österreichischen Landesklinkum.

Mit Erkenntnis vom 26.8.2019, GZ W240 2222516-1/2E, wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen den Bescheid vom 30.7.2019 eingebrachte Beschwerde gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet ab.

Am 4.9.2019 wurde der Beschwerdeführer das erste Mal auf dem Luftweg nach Zürich abgeschoben.

Am 18.9.2019 übermittelte der Beschwerdeführer der belangten Behörde einen Wiederaufnahmeantrag, welcher am 19.9.2019 an das Bundesverwaltungsgericht weitergeleitet wurde. Mit Beschluss vom 30.9.2019, GZ W240 2222516-2/3E, wies das Bundesverwaltungsgericht diesen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG als unbegründet ab.

Nach erneuter illegaler Einreise stellte der Beschwerdeführer am 24.8.2020 einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich (Folgeantrag).

In seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag erklärte er hierzu, er habe sich bis ca. November 2019 in der Schweiz, dann im November in Spanien und anschließend bis 20.8.2020 in Marokko aufgehalten. Beweise, Dokumente oder sonstige Bestätigungen konnte er hierzu nicht vorlegen. Zu den Gründen, die gegen eine neuerliche Überstellung in den Dublin-Staat Schweiz sprächen, brachte er vor, von der Schweiz wollten sie ihn nach Kamerun abschieben.

In weiterer Folge stellte des Bundesamt mit Schreiben vom 28.8.2020 ein Wiederaufnahmeersuchen an die Schweiz, in dem unter anderem ausgeführt wurde, dass der Beschwerdeführer dort bereits am 16.1.2019 einen Asylantrag gestellt und nunmehr angegeben habe, er hätte seit seinem letzten Aufenthalt in der Schweiz das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten verlassen.

Konkret wurde hierzu ausgeführt, der Beschwerdeführer habe am 24.8.2020 in Österreich um Asyl angesucht, davor in der Schweiz am 16.1.2019 und in Österreich am 3.6.2019. Aufgrund der dortigen Zustimmung vom 11.7.2019 sei er am 4.9.2019 in die Schweiz überstellt worden. Ausdrücklich wurde darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer bei seiner aktuellen Einvernahme angegeben habe, anschließend noch für zwei Monate in der Schweiz aufhältig gewesen und danach über Spanien nach Marokko gereist zu sein. Vor ca. einer Woche wäre er dann über ihm unbekannte Länder von Marokko nach Österreich gekommen. Einen Nachweis dafür habe er nicht erbringen können. Das Bundesamt gehe daher davon aus, dass er die Mitgliedstaaten tatsächlich nicht verlassen habe und somit nach wie vor die Schweiz für die Prüfung seines Asylverfahrens zuständig sei, weshalb um Wiederaufnahme gemäß Art. 18 der Dublin III-VO ersucht werde.

Noch am selben Tag erteilte die Schweiz die Zustimmung zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 18 (1) d der Dublin III-VO.

Mit Aktenvermerk vom 4.9.2020 hielt das Bundesamt fest, dass in Bezug auf den Beschwerdeführer die Voraussetzungen des § 12a Abs. 1 AsylG vorliegen und diesem daher ex lege der faktische Abschiebeschutz nicht zukommt.

Am 15.9.2020 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 iVm § 40 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG festgenommen und um 06:02 Uhr in das Polizeianhaltezentrum in Verwaltungsverwahrungshaft überstellt.

Am selben Tag langte beim Bundesverwaltungsgericht die gegenständliche Beschwerde gegen die Festnahme mit dem Zweck der Abschiebung in die Schweiz ein.

Darin wurde im Wesentlichen vorgebracht, der Beschwerdeführer sei nach seiner letzten Abschiebung in die Schweiz nicht lange dort verblieben, sondern nach Spanien und weiter nach Marokko gereist. Am 20.8.2020 sei er von Marokko kommend in Österreich eingereist und habe am 24.8.2020 einen Asylantrag gestellt.

Er leide an einer schweren Erkrankung an der Hand, eine Hauttransplantation sei notwendig und bereits in Planung. Diese habe noch nicht durchgeführt werden können, weil als erstes ein Stück Haut von einem Oberschenkel entnommen und vorgezüchtet werden müsse. Des Weiteren habe sich der Beschwerdeführer offenbar schon auf seinen Reisen eine Infektion mit Milben zugezogen, weshalb ihm in der Betreuungsstelle Traiskirchen ein Einzelzimmer zugeteilt worden sei.

Aus den Angaben des Beschwerdeführers ergebe sich ein mehrmonatiger Aufenthalt außerhalb des Territoriums der Mitgliedstaaten und außerhalb Europas. Gemäß seinen Angaben würde er in der Schweiz spätestens nach dem November 2019 in keiner Weise mehr aufscheinen und wäre spätestens im Dezember 2019 nach Marokko gereist. In seiner Tasche hätte er noch Dokumente bei sich gehabt, die einen tatsächliche Aufenthalt in Marokko nachweisen könnten. Offenbar hätte das Bundesamt an die Schweiz unvollständige Angaben übermittelt, eine allfällige Zustimmung wäre deswegen auf einer unrichtigen, rechtswidrigen – weil der Dublin Verordnung widersprechenden – Grundlage erfolgt.

Beantragt wurde, nach mündlicher Verhandlung

1.       die Festnahme mit dem Zweck der Abschiebung in die Schweiz für rechtswidrig zu erklären,

2.       die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen,

3.       der belangten Behörde aufzutragen, die Verfahrenskosten zu ersetzen.

Weiters wurde beantragt, der Behörde auf die Rückerstattung der Eingabegebühr von € 30 aufzutragen.

Im Rahmen seiner Beschwerdevorlage vom 16.9.2020 nahm das Bundesamt zu den Beschwerdepunkten dahingehend Stellung, dass bezüglich der „schweren Erkrankung an der Hand“, welche eine Hauttransplantation notwendig mache, auf die bereits im ersten Asylverfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen (Befund vom 29.7.2019) verwiesen werde, wonach der Beschwerdeführer keine motorischen Einschränkungen oder Hinweise auf Nervenverletzungen habe. Laut aktuellem Schreiben eines Landesklinikums vom 7.9.2020 sei für den 21.9.2020 ein Termin zur Planung einer Operation vergeben. Der Beschwerdeführer sei sohin vor seiner Festnahme weder stationär im Krankenhaus aufgenommen worden noch habe er sich in regelmäßiger ambulanter Behandlung befunden. Auch werde die Haftfähigkeit im Stande der Anhaltung im Polizeianhaltezentrum amtsärztlich festgestellt und habe der Beschwerdeführer dort Zugang zu medizinischer Versorgung. Davon, dass aufgrund der Handverletzung die geplante Abschiebung in die Schweiz im Sinne des Art. 3 EMRK unzulässig wäre, könne vor dem Hintergrund der Länderinformationen zur Schweiz und dem dortigen medizinischen Standard ebenfalls nicht ausgegangen werden.

Zum Beschwerdevorbringen, wonach sich der Beschwerdeführer vor seiner neuerlichen Einreise in das Bundesgebiet in Marokko aufgehalten hätte und daher die Zuständigkeit der Schweiz gemäß Dublin III-VO untergegangen wäre, werde festgehalten, dass diese Angaben im Wiederaufnahmeersuchen vollständig mitgeteilt worden seien und die Schweizer Behörden sich dennoch umgehend gemäß Art. 18 (1) d Dublin III-VO für zuständig erklärt und einer Rücknahme des Beschwerdeführers zugestimmt hätten. Hierzu müsse Art. 19 (2) Dublin III-VO berücksichtigt werden. Zuständiger Mitgliedstaat sei die Schweiz und wäre es daher an den Schweizer Behörden gelegen, allenfalls Wiederaufnahmeersuchen abzulehnen, falls von einem mindestens drei Monate dauernden Aufenthalt des Beschwerdeführers außerhalb des Hoheitsgebietes der Mitgliedstaaten ausgegangen würde. Dies sei jedoch nicht erfolgt. Da die Schweizer Behörden in Kenntnis sämtlicher relevanten Informationen dem Wiederaufnahmeersuchen des Bundesamtes zugestimmt hätten, sei von der weiterhin bzw. neuerlich gegebenen Zuständigkeit der Schweiz für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Art. 18 (1) d Dublin III-VO auszugehen. Was die in der Beschwerde angeführten angeblichen Beweismittel für den Aufenthalt des Beschwerdeführers in Marokko betreffe, so bleibe für das Bundesamt fraglich, weshalb er diese nicht bereits im Zuge seiner polizeilichen Erstbefragung vorgelegt habe und sie auch der nunmehr eingebrachten Beschwerde nicht angeschlossen seien.

Insgesamt werde daher festgehalten, dass der angefochtenen Festnahme und Anhaltung eine rechtskräftige und aufrechte aufenthaltsbeende Maßnahme (Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG) zugrunde liege und der Freiheitsentzug somit der Durchsetzung einer bestehenden unmittelbaren Ausreiseverpflichtung, für welche das Gesetz auch keine Frist zur freiwilligen Ausreise vorsehe, diene, wobei die Abschiebung für 17.9.2019 geplant sei.

Das Bundesamt stelle daher die Anträge, das Bundesverwaltungsgericht möge

1.       der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuerkennen, damit die bereits geplante und zulässige Abschiebung des Beschwerdeführers in die Schweiz vollzogen werden könne

2.       die Beschwerde als unbegründet abweisen

3.       dem Bundesamt vollen Kostenersatz gemäß VwG-Aufwandsersatzverordnung zusprechen.

Am 17.9.2020 wurde der Beschwerdeführer um 07:54 Uhr erfolgreich auf dem Luftweg nach Zürich abgeschoben.

In einer am 14.10.2020 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangten Beschwerdeergänzung wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass nunmehr auch die tatsächlich durchgeführte Abschiebung bzw. Überstellung in die Schweiz am 17.9.2020 in Beschwerde gezogen werde.

Der Beschwerdeführer werde dort nicht als Asylwerber, sondern nur als Fremder behandelt und der am 24.8.2020 in Österreich gestellte Asylantrag sei dort nicht bearbeitet worden, wie aus dem beigelegten Entscheid des Zwangsmaßnahmengerichts Kanton Luzern vom 18.9.2020 ersichtlich wäre, wonach sich der Beschwerdeführer dort in Schubhaft („Ausschaffungshaft“) befinde und er von der Deportation nach Kamerun unmittelbar bedroht sei. Aus diesem Entscheid sei auch ersichtlich, dass der Beschwerdeführer deutlich gemacht habe, nicht nach Kamerun zurück zu können. Ebenso sei ersichtlich, dass sich die Schubhaft in der Schweiz ausschließlich auf die negative Asylentscheidung aus dem Jahr 2019 stütze. Die Tatsache der Asylantragsstellung vom 24.8.2020 in Österreich werde von dem Schweizer Gericht ignoriert. Die rechtliche Vertretung habe das schweizerische Staatssekretariat für Migration konkret darauf angesprochen, dass sich die dortigen Behörden gemäß der Dublin III-VO dazu verpflichtet hätten, den Beschwerdeführer als Asylwerber aufzunehmen bzw. sein Asylansuchen zu prüfen. Die Schweizer Behörde habe dem nicht entgegentreten können, obwohl sie bestätigt habe, dass die Schweiz gemäß Art. 18 (1) d der Übernahme zugestimmt habe.

Beantragt wurde ausdrücklich eine mündliche Verhandlung, unter anderem um die Beweise und die Situation des Beschwerdeführers in der Schweiz zu erörtern sowie die Wahrheit über die Umstände, warum der Beschwerdeführer trotz seiner Erkrankungen in die Schweiz abgeschoben worden sei, zu finden.

Beigelegt wurden der genannte Entscheid des Zwangsmaßnahmengerichtes des Kantons Luzern vom 18.9.2020 betreffend die Anordnung der „Ausschaffungshaft“ des Beschwerdeführers sowie eine Stellungnahme des Staatssekretariats für Migration SEM der Schweizerischen Eidgenossenschaft zu einem Schreiben der rechtlichen Vertretung des Beschwerdeführers vom 28.9.2020, in dem im Wesentlichen bestätigt wurde, dass das SEM am 28.9.2020 dem Wideraufnahmeersuchen der österreichischen Behörden gestützt auf Art. 18 (1) d der Dublin III-VO zugestimmt habe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Kamerun, besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist somit Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG.

Er stellte am 3.6.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, eine EURODAC-Abfrage ergab, dass er zuvor am 16.1.2019 in der Schweiz einen Asylantrag gestellt hatte.

Am 11.7.2019 richtete das Bundesamt ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO samt medizinischem Sachverständigengutachten mit Feststellung des Mindestalters bei Antragstellung in Österreich an die Schweiz, welchem die Schweizer Behörden gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ausdrücklich zustimmten.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 30.7.2019, Zl. 1232473504-190559824, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass die Schweiz für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung in die Schweiz gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.). Mit Erkenntnis vom 26.8.2019, GZ W240 2222516-1/2E, wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet ab.

Am 4.9.2019 wurde der Beschwerdeführer erstmals erfolgreich auf dem Luftweg nach Zürich abgeschoben.

Mit Beschluss vom 30.9.2019, GZ W240 2222516-2/3E, wies das Bundesverwaltungsgericht einen am18.9.2019 gestellten Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG als unbegründet ab.

Nach erneuter illegaler Einreise stellte der Beschwerdeführer am 24.8.2020 einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet (Folgeantrag) und wurde am selben Tag niederschriftlich erstbefragt.

Am 15.9.2020 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG festgenommen und um 06:02 Uhr in das Polizeianhaltezentrum in Verwaltungsverwahrungshaft überstellt.

Am 17.9.2020 wurde der Beschwerdeführer um 07:54 Uhr erneut auf dem Luftweg nach Zürich abgeschoben.

Zum Zeitpunkt der Festnahme, Anhaltung und Abschiebung war der Beschwerdeführer haftfähig und flugtauglich. Die in der Beschwerde vorgebrachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen waren bereits im ersten Asylverfahren gewürdigt worden, eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes in der hier relevanten Intensität lässt sich den vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht entnehmen, ebenso wenig aus der zugezogenen Infektion mit Milben.

Der Beschwerdeführer konnte seine Behauptung, von ca. Dezember 2019 bis 20.8.2020 in Marokko aufhältig gewesen zu sein, nicht belegen, die in der Beschwerde behaupteten Beweise wurden nie vorgelegt. Festgestellt wird daher, dass dieses Vorbringen nicht glaubwürdig ist.

Ebenso wird festgestellt, dass das Bundesamt im Rahmen seines Wiederaufnahmeersuchens die Schweizer Behörden über die Angaben des Beschwerdeführers zu seinem angeblichen Aufenthalt außerhalb des Hoheitsgebietes der Mitgliedstaaten nachweislich informierte und die Schweiz dennoch am 28.8.2020 dem Ersuchen auf Wiederaufnahme des Beschwerdeführers nach Art. 18 (1) d Dublin III-VO zustimmte.

Der Beschwerdeführer hatte bereits einen Antrag auf internationalen Schutz in der Schweiz gestellt, der mit „Verfügung“ vom 22.2.2019 durch das Staatssekretariat für Migration abgelehnt und der Beschwerdeführer gleichzeitig zum Verlassen der Schweiz aufgefordert worden war. Die dagegen erhobene Beschwerde hatte das (schweizerische) Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 6.5.2019 abgewiesen.

2.       Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes und der vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes, der Einvernahme des Beschwerdeführers am 24.8.2020, den Beschwerdeschriftsätzen und vorgelegten Unterlagen sowie der Einsichtnahme in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung, das Grundversorgungsinformationssystem und das Zentrale Fremdenregister der Republik Österreich.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht mehr aufzunehmen. Von der Durchführung einer Verhandlung konnte daher abgesehen werden.

3.       Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit

Gemäß Artikel 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) idgF erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;

2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;

3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;

4. gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

§ 7 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr 87/2012 idgF, lautet:

(1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes,

2. Beschwerden gegen Bescheide der Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,

3. Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG,

4. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes und

5. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Inneres in Verfahren gemäß §§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 und 4 Abs. 1 Z 1 und 2

Gemäß § 7 Abs. 2 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision oder der Verfassungsgerichtshof einer Beschwerde gegen ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß Abs. 1 stattgegeben hat.

Für das gegenständliche Verfahren ist sohin das Bundesverwaltungsgericht zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

3.2. Zu Spruchpunkt I. Beschwerde gegen die Festnahme und Anhaltung im Rahmen der Festnahme sowie die Abschiebung

3.2.1. Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist (Z 1), er Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde (Z 3). Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten gemäß Abs. 1a leg.cit. die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

Behörde im Inland nach diesem Bundesgesetz ist gemäß § 3 Abs. 1 BFA-VG das Bundesamt mit bundesweiter Zuständigkeit. Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben das Bundesamt gemäß § 6 BFA-VG bei der Erfüllung seiner Aufgaben, insbesondere durch Wahrnehmung der ihnen gemäß §§ 36 bis 47 leg.cit. eingeräumten Aufgaben und Befugnisse, zu unterstützen.

Das Bundesamt ist daher betreffend die Festnahme und Anhaltung gemäß § 40 BFA-VG die belangte Behörde (vgl. VwGH 18.01.2017, Ra 2016/18/0335).

3.2.2. Gemäß § 46 Abs. 1 FPG sind Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zur verhalten (Abschiebung), wenn die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint (Z 1), sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind (Z 2), aufgrund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen (Z 3) oder sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind (Z 4).

§ 61 FPG Lautet:

„Anordnung zur Außerlandesbringung

§ 61. (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn
1.         dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder
2.         er in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und dieser Mitgliedstaat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung dieses Antrages zuständig ist. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.“

§ 12a Abs. 1 AsylG lautet:

„§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn
1.         gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,
2.         kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,
3.         im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und
4.         eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.“

3.2.3. Der Beschwerdeführer stellte am 3.6.2019 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Er hatte bereits einen Antrag auf internationalen Schutz in der Schweiz gestellt, der mit „Verfügung“ vom 22.2.2019 durch das Staatssekretariat für Migration abgelehnt worden war. Gleichzeitig wurde und der Beschwerdeführer zum Verlassen der Schweiz aufgefordert. Die dagegen erhobene Beschwerde hatte das (schweizerische) Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 6.5.2019 abgewiesen.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 30.7.2019, Zl. 1232473504-190559824, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 3.6.2019 ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass die Schweiz für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung in die Schweiz gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.). Mit Erkenntnis vom 26.8.2019, GZ W240 2222516-1/2E, wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet ab.

Am 4.9.2019 wurde der Beschwerdeführer das erste Mal erfolgreich auf dem Luftweg nach Zürich abgeschoben.

Mit Beschluss vom 30.9.2019, GZ W240 2222516-2/3E, wies das Bundesverwaltungsgericht einen am 18.9.2019 gestellten Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG als unbegründet ab.

Nach erneuter illegaler Einreise stellte der Beschwerdeführer am 24.8.2020 einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet (Folgeantrag) und wurde am selben Tag niederschriftlich erstbefragt.

Am 17.9.2020 wurde der Beschwerdeführer um 07:54 Uhr erneut auf dem Luftweg nach Zürich abgeschoben.

Zum Zeitpunkt der Festnahme, Anhaltung und Abschiebung war der Beschwerdeführer haftfähig und flugtauglich. Die in der Beschwerde vorgebrachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen waren bereits im ersten Asylverfahren gewürdigt worden, eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes in der hier relevanten Intensität lässt sich den vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht entnehmen, ebenso wenig aus der zugezogenen Infektion mit Milben.

Gegen den Beschwerdeführer lag eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme (Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG) vor, der faktische Abschiebeschutz kam dem Beschwerdeführer ex lege (§ 12a Abs. 1 AsylG) nicht zu. Mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechterte Umstände in der Schweiz im Hinblick auf Art. 3 EMRK seit der letzten Entscheidung nach § 5 AsylG sind nicht ersichtlich, auch liegt weder ein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vor, noch Gründe, die dem Art. 8 EMRK widersprechen könnten.

Der Beschwerdeführer konnte seine Behauptung, von ca. Dezember 2019 bis 20.8.2020 in Marokko aufhältig gewesen zu sein, nicht belegen, die in der Beschwerde behaupteten Beweise wurden nie vorgelegt, dieses Vorbringen ist nicht glaubwürdig.

Zudem hatte das Bundesamt – im Gegensatz zum Beschwerdevorbringen - im Rahmen seines Wiederaufnahmeersuchens nach gestelltem Folgeantrag die Schweizer Behörden über die Angaben des Beschwerdeführers zu seinem angeblichen zwischenzeitlichen Aufenthalt außerhalb des Hoheitsgebietes der Mitgliedstaaten nachweislich informiert und die Schweiz dennoch am 28.8.2020 dem Ersuchen auf Wiederaufnahme des Beschwerdeführers nach Art. 18 (1) d Dublin III-VO ausdrücklich zugestimmt.

Insgesamt war die Abschiebung des Beschwerdeführers am 17.9.2020 in die Schweiz somit rechtmäßig.

In diesem Zusammenhang ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass sogar der Umstand, dass ein Asylantragsteller infolge einer Dublin-Rückstellung in Haft genommen werden könnte, für sich genommen nicht als ausreichend angesehen werden kann, um eine Überstellung nach der Dublin-VO für unzulässig zu erklären (vgl. VwGH 31.5.2005, 2005/20/0095). Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass gegen den Beschwerdeführer auch in der Schweiz bereits ein erstes Asylverfahren in zweiter Instanz rechtskräftig negativ entschieden worden war, der Beschwerdeführer die Ausreisefrist ungenützt verstreichen ließ, dort untertauchte und die beiden Anträge in Österreich stellte. Nach seiner Ankunft in der Schweiz am 17.9.2020 wurde er zunächst nochmals dem Amt für Migration zugeführt, welches ihn am nächsten Tag mit einer weiteren Verfügung aus dem Schengenraum wegwies, bevor die in der Beschwerdeergänzung monierte Ausschaffungshaft verhängt wurde.

3.2.4. Gemäß § 40 Abs. 1 BFA-VG sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einen Fremden zum Zweck der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen, gegen den ein Festnahmeauftrag gemäß § 34 besteht (Z 1), wenn dieser Auflagen gemäß § 56 Abs. 2 oder 71 Abs. 2 FPG verletzt (Z 2) oder der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des sechsten Hauptstückes des FPG fällt (Z 3).

Gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG kann ein Festnahmeauftrag gegen einen Fremden auch dann erlassen werden, wenn gegen ihn ein Auftrag zur Abschiebung (§ 46 FPG) erlassen werden soll. Gemäß Abs. 5 leg cit. ergeht ein Festnahmeauftrag in Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt; er ist aktenkundig zu machen. Die Anhaltung aufgrund eines Festnahmeauftrages darf 72 Stunden nicht übersteigen und ist nach Durchführung der erforderlichen Verfahrenshandlungen zu beenden.

3.2.5. Am 15.9.2020 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG festgenommen und um 06:02 Uhr in das Polizeianhaltezentrum in Verwaltungsverwahrungshaft überstellt.

Zu diesem Zeitpunkt lag gegen den Beschwerdeführer eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme (Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG) vor, der faktische Abschiebeschutz kam dem Beschwerdeführer ex lege (§ 12a Abs. 1 AsylG) nicht zu.

Am 17.9.2020 wurde der Beschwerdeführer um 07:54 Uhr auf dem Luftweg nach Zürich abgeschoben.

Wie bereits ausgeführt, war der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Festnahme, Anhaltung und Abschiebung haftfähig und flugtauglich. Zudem wird die Haftfähigkeit im Stande der Anhaltung amtsärztlich festgestellt und hat der Beschwerdeführer dort Zugang zu ärztlicher Versorgung.

Der Beschwerdeführer wurde richtigerweise auf Basis eines Festnahmeauftrages gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 festgenommen und vom 15.9.2020, 06:02 Uhr bis zum 17.9.2020, 07:54 Uhr in Verwaltungsverwahrungshaft angehalten, sodass auch die Dauer der Anhaltung rechtmäßig ist und keinen Bedenken begegnet.

Insgesamt war somit auch die Beschwerde gegen die Festnahme und die Anhaltung im Rahmen der Festnahme abzuweisen.

3.3. Zu Spruchpunkt II. (Kostenbegehren):

Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

Gemäß Abs. 4 leg. cit. gelten als Aufwendungen gemäß Abs. 1:

1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,

2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie

3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat gemäß Abs. 5 leg. cit. den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.

Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Gemäß Abs. 7 leg. cit. ist Aufwandersatz auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.

Die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge ist in § 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013, wie folgt festgesetzt:

1. Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 737,60 Euro

2. Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 922,00 Euro

3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 57,40 Euro

4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 368,80 Euro

5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 461,00 Euro

6. Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 553,20 Euro

7. Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 276,60 Euro.

Beide Parteien stellten Anträge auf Ersatz der Aufwendungen gemäß § 35 VwGVG. Da die belangte Behörde obsiegte, war ihr der Kostenersatz zuzusprechen, der Antrag des Beschwerdeführers war dementsprechend abzuweisen.

Der Beschwerdeführer stellte zudem den Antrag auf Ersatz der Eingabegebühr.

Ein solcher Antrag ist jedoch gesetzlich nicht vorgesehen – es gibt dementsprechend keine rechtliche Grundlage für eine solche Befreiung bzw. einen solchen Zuspruch. Die Eingabegebühr ist zudem in § 35 Abs. 4 VwGVG nicht als Aufwendung definiert und insofern auch nicht ersatzfähig. Im Übrigen kann eine finanzielle Belastung iHv 30 Euro auch nicht als unüberwindliche oder unverhältnismäßige Hürde zur Wahrnehmung eines Rechtsmittels angesehen werden.

Der Antrag auf Ersatz der Eingabegebühr war daher zurückzuweisen.


3.4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie der oben dargelegten rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt I. zu entnehmen ist, warf die Tatsachenlastigkeit des gegenständlichen Falles keine Auslegungsprobleme der anzuwendenden Normen auf, schon gar nicht waren - vor dem Hintergrund der bereits bestehenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Abschiebung Altersfeststellung Anhaltung Außerlandesbringung Ausreiseverpflichtung Eingabengebühr Festnahme Festnahmeauftrag Folgeantrag Gesundheitszustand illegale Einreise Konsultationsverfahren Kostenersatz Maßnahmenbeschwerde Obsiegen Volljährigkeit Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W154.2223047.2.00

Im RIS seit

18.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

18.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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