Entscheidungsdatum
22.02.2021Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W125 2239214-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Christian FILZWIESER über die Beschwerde des XXXX , geb. am XXXX , StA. Syrien, vertreten durch Dr. Gregor KLAMMER, RA in 1010 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.01.2021, ZI. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Syriens, reiste (zuletzt) am 25.02.2020 per Flugzeug legal nach Österreich ein. Am 10.09.2020 stellte er den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Bei seiner Antragstellung wies der Beschwerdeführer einen gültigen syrischen Reisepass vor, in welchem sich unter anderem ein deutsches Schengenvisum, mit einer Gültigkeitsdauer von 28.06.2019 bis 27.06.2021, befand; Einem Abgleichsbericht zur VIS-Abfrage zufolge wurde dieses von der Vertretungsbehörde Deutschlands in Dubai ausgestellt.
2. Im Zuge der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 10.09.2020 gab der Beschwerdeführer an, seinen Herkunftsstaat im August 2011 verlassen zu haben und über Libyen in die Vereinigten Arabischen Emirate gereist zu sein, wo er sich für etwa neun Jahre lang aufgehalten habe. Von dort aus sei er in Besitz eines deutschen Touristenvisums über die Türkei (Transit) nach Österreich gereist. Er möchte in Österreich bleiben, da er hier gemeinsam mit seiner Ehefrau lebe. Zu seinem Fluchtgrund befragt erklärte er, in das Militär des syrischen Regimes einberufen worden zu sein. Er wolle sich nicht am Krieg beteiligen und habe Angst um sein Leben.
3. Von der Behörde wurde in der Folge ermittelt, dass der Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsangehörigen verheiratet ist, die er am 11.03.2018 in Dubai geehelicht hatte. Mit Bezug darauf stellte er am 12.11.2019 beim Amt der Landesregierung Wien, Magistrat 35 – Einwanderung und Staatsbürgerschaft, einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Familienangehöriger“, welcher mit in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 31.08.2020 abgewiesen wurde.
4. Am 24.09.2020 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein auf Art. 12 Abs. 2 oder 3 der Dublin-III VO gestütztes Aufnahmeersuchen an Deutschland, wobei auf die oben angeführten Ermittlungsergebnisse hingewiesen wurde. Mit schriftlicher Erklärung vom 29.09.2020 erklärte sich die deutsche Dublinbehörde zur Durchführung des Asylverfahrens des Beschwerdeführers ausdrücklich für zuständig.
5. Am 22.10.2020 fand im Beisein eines Rechtsberaters die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt. Dabei erklärte der Beschwerdeführer zunächst, sich psychisch und physisch in der Lage zu sehen, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten, sowie dass seine Angaben anlässlich der Erstbefragung der Wahrheit entsprochen hätten. Dazu befragt, ob er in der EU, beziehungsweise in Österreich, Norwegen, der Schweiz, Liechtenstein oder Island aufhältige Eltern, Kinder oder sonstige Verwandte habe, gab der Beschwerdeführer bekannt, einen Bruder zu haben, welcher in Deutschland lebe und dort Medizin studiere. Mit diesem habe er etwa ein- bis zweimal im Monat Kontakt. In Österreich lebe er zusammen mit seiner Ehefrau bei deren Eltern und Geschwistern; das Ehepaar würde demnächst jedoch eine eigene Wohnung beziehen. Für die Miete würde seine Ehefrau aufkommen, welche im Immobilienbereich arbeite; er selbst sei derzeit nicht in der Lage sie finanziell zu unterstützen. Nachgefragt, wann und wo er seine Ehefrau geheiratet habe, führte der Beschwerdeführer aus, am 13. beziehungsweise 15.04.2018 in Dubai sowohl traditionell als auch standesamtlich geheiratet zu haben. Nach der Hochzeit habe sich das Ehepaar zunächst gemeinsam in Dubai aufgehalten, bis seine Ehefrau im November 2019 nach Österreich zurückkehren hätte müssen, um eine Arbeit zu finden. Im Februar 2020 sei dann auch er nach Österreich gereist; Er habe zuvor einen Aufenthaltstitel für Österreich beantragt und er hätte sich nach seinem Status erkunden wollen. Eine Wiederausreise nach Dubai sei wegen der Corona-Pandemie und dem Lockdown nicht möglich gewesen. Da er mittlerweile keinen Aufenthaltstitel für die Vereinigten Arabischen Emirate mehr habe, und zumal er wegen des Bürgerkrieges nicht nach Syrien zurück könne, habe er schließlich in Österreich um Asyl angesucht. Zur beabsichtigten Vorgehensweise, ihn nach Deutschland auszuweisen, äußerte sich der Beschwerdeführer dahingehend, lieber in Österreich bei seiner Ehefrau bleiben zu wollen. Er werde aber die behördliche Entscheidung respektieren und, wenn es sein muss, in Deutschland solange warten, bis er einen Aufenthaltstitel für Österreich bekomme. Er sei ein gebildeter Mann und möchte sich an „die Regeln“ halten.
6. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.01.2021, zugestellt am 14.01.2021 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass gemäß Art. 12 Abs. 2 der Dublin III-VO Deutschland für die Prüfung des Antrages zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Deutschland gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).
Zur Lage in Deutschland wurden folgende Feststellungen getroffen [unkorrigiert, gekürzt]:
„Allgemeines zum Asylverfahren
(Letzte Änderung: 15.5.2020)
In Deutschland existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 3.2019; vgl. BAMF o.D.a, BAMF o.D.b, BR o.D., UNHCR o.D.a, für ausführliche Informationen siehe dieselben Quellen).
Im Berichtsjahr 2019 wurden 142.509 Erstanträge vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) entgegengenommen. Dies bedeutet gegenüber 2018 (161.931 Erstanträge) eine Abnahme der Erstantragszahlen um 12 %. 2019 wurden insgesamt 165.938 Asylanträge (Erstanträge und Folgeanträge) gestellt. Im gesamten Berichtsjahr 2019 wurden insgesamt 183.954 Entscheidungen über Asylanträge getroffen. Im Jahr zuvor waren es 216.873 Entscheidungen; dies bedeutet einen Rückgang um 15,2 %. Dabei lag die Gesamtschutzquote für alle Staatsangehörigkeiten im Berichtsjahr 2019 bei 38,2 % (70.239 positive Entscheidungen von insgesamt 183.954). Im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreswert (35,0 %) stieg die Gesamtschutzquote somit um 3,2 Prozentpunkte an (BAMF 2020). In den ersten vier Monaten 2020 hat die Zahl der Asylanträge im Vergleich zu den entsprechenden Zahlen des Vorjahrs weiter abgenommen.
(…)
(BAMF 4.2020)
Quellen:
- AIDA – Asylum Information Database (16.4.2019): Country Report: Germany – 2018 Update, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2018update.pdf, Zugriff 4.5.2020
- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.a): Ablauf des Asylverfahrens, https://www.bamf.de/DE/Themen/AsylFluechtlingsschutz/AblaufAsylverfahrens/ablaufasylverfahrens-node.html, Zugriff 4.5.2020
- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.b): Ablauf des deutschen Asylverfahrens – Broschüre, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/AsylFluechtlingsschutz/Asylverfahren/das-deutsche-asylverfahren.pdf?__blob=publicationFile&v=12, Zugriff 4.5.2020
- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (2020): Aktuelle Zahlen (Ausgabe: Dezember 2019), https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Statistik/AsylinZahlen/aktuelle-zahlen-dezember-2019.pdf?__blob=publicationFile&v=3, Zugriff 5.5.2020
- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (04.2020): Aktuelle Zahlen. April 2020, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Statistik/AsylinZahlen/aktuelle-zahlen-april-2020.pdf?__blob=publicationFile&v=6, Zugriff 11.5.2020
Dublin-Rückkehrer
Letzte Änderung: 15.5.2020
Es gibt keine Berichte, dass Dublin-Rückkehrer in Deutschland Schwierigkeiten beim Zugang zum Asylverfahren hätten (AIDA 16.4.2019).
Quellen:
- AIDA – Asylum Information Database (16.4.2019): Country Report: Germany – 2018 Update, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2018update.pdf, Zugriff 4.5.2020
Non-Refoulement
Letzte Änderung: 15.5.2020
Bei jedem Asylantrag prüft das Bundesamt auf Grundlage des Asylgesetzes, ob eine der vier Schutzformen – Asylberechtigung, Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz oder ein Abschiebungsverbot – vorliegt. Wird ein nationales Abschiebungsverbot festgestellt, darf keine Rückführung in den Staat erfolgen, für den dieses Abschiebungsverbot gilt. Den Betroffenen wird dann von der Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis erteilt (BAMF o.D.b).
Im Jahr 2018 hob die Regierung ihr Abschiebeverbot für Afghanistan auf und im ersten Halbjahr wurden etwa 200 Personen dorthin abgeschoben. Die Praxis erlaubte bis dahin nur Abschiebungen von verurteilten Kriminellen und Personen, die als Sicherheitsrisiko betrachtet wurden. NGOs, darunter auch Amnesty International, kritisierten dies als Verstoß gegen das Refoulement-Prinzip (USDOS 11.3.2020).
Quellen:
- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.b): Ablauf des deutschen Asylverfahrens – Broschüre, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/AsylFluechtlingsschutz/Asylverfahren/das-deutsche-asylverfahren.pdf?__blob=publicationFile&v=12, Zugriff 8.5.2020
- USDOS (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Germany, https://www.ecoi.net/de/dokument/2027519.html, Zugriff 15.5.2020
Versorgung
Letzte Änderung: 15.5.2020
Für Versorgung und Unterkunft der Asylwerber ist die zuständige Aufnahmeeinrichtung verantwortlich. Während ihres Aufenthalts erhalten die Asylwerber existenzsichernde Sachleistungen und einen monatlichen Geldbetrag zur Deckung der persönlichen Bedürfnisse im Alltag. Art und Höhe der Leistungen sind durch das sogenannte Asylbewerberleistungsgesetz geregelt. Zu ihnen zählen: Grundleistungen für Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege, Gebrauchs- und Verbrauchsgüter im Haushalt, Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse, Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt sowie individuelle Leistungen, die vom jeweiligen Einzelfall abhängen (BAMF o.D.b; vgl. AIDA 16.4.2019).
Asylwerberleistungen werden auch in der Anschlussunterbringung (wie etwa einer Gemeinschaftsunterkunft oder auch einer privaten Wohnung) erbracht (BAMF o.D.b). Bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen werden die Grundleistungen als Sachleistungen bereitgestellt. Die Höhe der finanziellen Unterstützung beläuft sich je nach Unterbringung auf:
(…)
Für in Aufnahmezentren untergebrachte Asylwerber gilt, dass diese mit Essen, Heizung, Kleidung und sanitären Produkten versorgt werden. Daher sind die Sätze deutlich niedriger (AIDA 16.4.2019).
Asylsuchende werden schon während der Bearbeitung ihres Antrags über die Teilnahme an Integrationskursen des Bundesamtes am jeweiligen Wohnort informiert. Für einen möglichen Arbeitsmarktzugang nehmen Beraterinnen und Berater der Bundesagentur für Arbeit vor Ort in den Ankunftszentren Erstdaten der Antragstellenden auf. Diese stehen dann den Arbeitsagenturen und Jobcentern bundesweit zur Verfügung (BAMF o.D.b).
Beim Arbeitsmarktzugang für Asylwerber und Geduldete gelten die folgenden Regelungen: Asylwerber benötigen grundsätzlich eine Arbeitserlaubnis, die durch die lokale Ausländerbehörde erteilt wird. Im 1. bis zum 3. Monat befinden sich die Personen in der Wartefrist. Ab dem 4. Monat können Asylwerber sowie Geduldete in vielen Teilen Deutschlands (mit Ausnahme einiger Regionen) eine Arbeit aufnehmen. Ab dem 16. Monat ist der Arbeitsmarkt in ganz Deutschland ohne Vorrangprüfung offen. Immer dann, wenn keine Vorrangprüfung erfolgt, ist auch eine Tätigkeit als Leiharbeitnehmer möglich. Ab dem 49. Monat ist keine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit mehr erforderlich; aber weiterhin jene der Ausländerbehörde. Für Fachkräfte und bei Ausbildung gilt ein erleichterter Arbeitsmarktzugang (BMAS 26.3.2020).
Flüchtlinge und Asylsuchende sehen sich bei der Arbeitssuche mit mehreren Hürden konfrontiert, unter anderem langen Überprüfungszeiten für Vorqualifikationen, fehlenden amtlichen Zeugnissen und Abschlüssen sowie eingeschränkten Deutschkenntnissen (USDOS 11.3.2020).
Quellen:
- AIDA – Asylum Information Database (16.4.2019): Country Report: Germany – 2018 Update, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2018update.pdf, Zugriff 11.5.2020
- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.b): Ablauf des deutschen Asylverfahrens – Broschüre, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/AsylFluechtlingsschutz/Asylverfahren/das-deutsche-asylverfahren.pdf?__blob=publicationFile&v=12, Zugriff 12.5.2020
- BMAS – Bundesministerium für Arbeit und Soziales (26.3.2020): Arbeitsmarktzugang für Flüchtlinge, https://www.bmas.de/DE/Themen/Arbeitsmarkt/Infos-fuer-Asylsuchende/arbeitsmarktzugang-asylbewerber-geduldete.html, Zugriff 12.5.2020
- USDOS (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Germany, https://www.ecoi.net/de/dokument/2027519.html, Zugriff 12.5.2020
Unterbringung
Letzte Änderung: 15.5.2020
Zunächst werden alle Asylsuchenden in den nächstgelegenen Aufnahmeeinrichtungen des jeweiligen Bundeslandes aufgenommen. Eine solche Einrichtung kann für die vorübergehende oder auch für die längerfristige Unterbringung zuständig sein (BAMF o.D.b). In Deutschland gibt es grundsätzlich drei verschiedene Arten der Unterbringung: Erstaufnahmezentren, Gemeinschaftsunterkünfte und dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen. 2015 und 2016 waren Notunterkünfte im Betrieb, die bis auf wenige Ausnahmen inzwischen wieder geschlossen wurden (AIDA 16.4.2019).
Asylwerberinnen und Asylwerber werden in der Regel zunächst in einer Erstaufnahmeunterkunft untergebracht. Nach einer Gesetzesreform vom Juli 2017 wurde die maximale Aufenthaltsdauer in der Erstaufnahmeeinrichtung von sechs auf 24 Monate erhöht. Diese Regelung wurde jedoch bis Ende 2018 nur in Bayern umgesetzt. Wenn die Pflicht zum Aufenthalt im Erstaufnahmezentrum endet, kommen Asylwerber normalerweise in Gemeinschaftsunterkünften unter, wobei es sich um Unterbringungszentren im selben Bundesland handelt. Asylwerber müssen während des gesamten Asylverfahrens in der Gemeinde aufhältig sein, die von der Behörde festgelegt wurde. Die Verantwortung für diese Art der Unterbringung wurde von den Bundesländern oftmals den Gemeinden und von diesen wiederum auf NGOs oder Privatunternehmen übertragen. Manche Gemeinden bevorzugen eine dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen. Die Standards und die Lebensbedigungen in Gemeinschaftsunterkünften unterscheiden sich nicht nur regional, sondern auch oft innerhalb bestimmter Regionen stark, daher kann nur schwerlich eine allgemeingültige Aussage über die Lebensbedingungen in solchen Einrichtungen getroffen werden (AIDA 16.4.2019).
Die Ankunftszentren sind der zentrale Zugangspunkt zum Asylverfahren. In diesen Zentren werden alle für das Asylverfahren erforderlichen Schritte durchgeführt. Dies beinhaltet die ärztliche Untersuchung durch die Länder, die Erfassung der persönlichen Daten und die Identitätsprüfung, die Antragstellung, Anhörung und Entscheidung über den Asylantrag sowie erste Integrationsmaßnahmen, wie etwa die sogenannten Erstorientierungskurse durch das Bundesamt. Darüber hinaus findet eine Erstberatung zum Arbeitsmarktzugang durch die örtliche Arbeitsagentur statt (BAMF o.D.b).
Mit den neuen Ankunfts-, Entscheidungs- und Rückkehr-Einrichtungen (AnkER-Einrichtungen) wurde die Grundidee der Ankunftszentren weiterentwickelt. Das zentrale Element des AnkER-Konzepts ist die Bündelung aller Funktionen und Zuständigkeiten: von Ankunft über Asylantragstellung und Entscheidung bis zur kommunalen Verteilung, ersten integrationsvorbereitenden Maßnahmen bzw. der Rückkehr von Asylantragstellenden. Alle direkt am Asylprozess beteiligten Akteure sind vor Ort in den AnkER-Einrichtungen vertreten. Dies sind in der Regel die Aufnahmeeinrichtungen des Landes, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, die Ausländerbehörden, Verwaltungsgerichte, Jugendämter und die Bundesagentur für Arbeit. Für die Ausgestaltung der Zentren wird dabei kein starres Konzept vorgegeben – die Länder können hier die Schwerpunkte setzen, die ihnen besonders wichtig sind (BAMF o.D.b).
Quellen:
- AIDA – Asylum Information Database (16.4.2019): Country Report: Germany – 2018 Update, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2018update.pdf, Zugriff 8.5.2020
- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.b): Ablauf des deutschen Asylverfahrens – Broschüre, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/AsylFluechtlingsschutz/Asylverfahren/das-deutsche-asylverfahren.pdf?__blob=publicationFile&v=12, Zugriff 11.5.2020
Medizinische Versorgung
Letzte Änderung: 15.5.2020
Asylwerber sind grundsätzlich nicht gesetzlich krankenversichert, sondern haben im Krankheitsfall Ansprüche nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). In Abhängigkeit von Aufenthaltsdauer und -status definiert das Gesetz unterschiedliche Leistungsniveaus (GKV 6.11.2019).
Die Gesetze sehen medizinische Versorgung für Asylwerber in Fällen akuter Erkrankung oder bei Schmerzen vor. Hierbei werden beispielsweise auch Zahnbehandlung und Medikation umfasst. Sonstige, darüber hinausgehende Leistungen liegen im Ermessen der Sozialbehörden und können gewährt werden, wenn sie im Einzelfall zur Sicherung des Lebensunterhalts oder der Gesundheit unerlässlich sind. Schwangere und Wöchnerinnen sind eigens im Gesetz erwähnt. Unabdingbare medizinische Behandlung steht auch Personen zu, die – aus welchen Gründen auch immer – kein Recht auf Sozialunterstützung mehr haben. Deutsche Gerichte haben sich in verschiedenen Fällen der Sichtweise angeschlossen, dass von diesen Bestimmungen auch chronische Erkrankungen abgedeckt werden, da auch diese Schmerzen verursachen können. Berichten zufolge werden jedoch notwendige, aber kostspielige diagnostische Maßnahmen oder Therapien von den lokalen Behörden nicht immer bewilligt (AIDA16.4.2019; vgl. GKV 6.11.2019).
Zuständig für die Umsetzung dieses Leistungsanspruchs sind die Länder bzw. die von ihnen per Landesgesetz bestimmten Behörden. Innerhalb der ersten 15 Monate des Aufenthalts in Deutschland (sogenannte Wartezeit) wird dies in der Regel über die Ausgabe von speziellen Behandlungsscheinen (Krankenscheinen) durch die Sozialämter sichergestellt (GKV 6.11.2019). Bei letzteren wird von Problemen aufgrund von Inkompetenz des Personals berichtet (AIDA 16.4.2019). Die Leistungsgewährung nach dem AsylbLG liegt demnach im Ermessen der kommunalen Leistungsträger. Nach der Wartezeit werden die Asylwerber gemäß § 264 Abs. 2 SGBV auftragsweise von den gesetzlichen Krankenkassen betreut. Sie erhalten eine elektronische Gesundheitskarte (eGK), mit der Sie nahezu dieselben Leistungen erhalten wie gesetzlich Krankenversicherte. Die Krankenkassen erhalten die Aufwendungen und einen Verwaltungskostenanteil von den Trägern der Sozialhilfe erstattet (GKV 6.11.2019).
Es wirde kritisiert, dass auch Asylwerber, die eine Gesundheitskarte besitzen, immer noch lediglich Zugang zu einer Notfallbehandlung hätten. Einige Gemeinden und private Gruppen sorgten für eine zusätzliche Gesundheitsversorgung (USDOS 13.3.2020).
Quellen:
- AIDA – Asylum Information Database (16.4.2019): Country Report: Germany – 2018 Update, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2018update.pdf, Zugriff 11.5.2020
- GKV – GKV-Spitzenverband (6.11.2019): Fokus: Asylsuchende/ Flüchtlinge, https://www.gkv-spitzenverband.de/presse/themen/fluechtlinge_asylbewerber/fluechtlinge.jsp, Zugriff 12.5.2020
- USDOS (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Germany, https://www.ecoi.net/de/dokument/2027519.html, Zugriff 12.5.2020“
Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen aus, dass der Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen sei, da der Beschwerdeführer im Besitz eines deutschen Schengenvisums (Gültigkeitsdauer von 28.06.2019 bis 27.06.2021) sei und sich Deutschland für die Durchführung seines Asylverfahrens bereit erklärt habe. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welches die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung des Beschwerdeführers ernstlich für möglich erscheinen ließe, sei im Verfahren nicht erstattet und eine systematische, notorische Verletzung fundamentaler Menschenrechte in Deutschland sei nicht erkannt worden. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 sei nicht erschüttert worden und es habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO ergeben. In Österreich befinde sich zwar die Ehefrau des Beschwerdeführers, mit welcher er im selben Haushalt lebe. Der Beschwerdeführer habe sein Familienleben jedoch zu einem Zeitpunkt begründet, als er sich seines unsicheren Aufenthaltes im Bundesgebiet bewusst sein musste. Zu berücksichtigen sei zudem, dass seine Ehefrau österreichische Staatsbürgerin sei und als solche die Freizügigkeitsregelungen der Europäischen Union in Anspruch nehmen könne; es bestehe die Möglichkeit gemeinsam nach Deutschland zu verziehen. Die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers stelle demnach keinen ungerechtfertigten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers beziehungsweise in das Grundrecht nach Art. 8 EMRK dar.
7. Gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl erhob der Beschwerdeführer am 28.01.2021 durch seine rechtsfreundliche Vertretung fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und wurde gleichzeitig der Antrag gestellt, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Als Begründung wurde zusammengefasst angeführt, dass der Beschwerdeführer in Österreich mit seiner Ehefrau, einer österreichischen Staatsbürgerin, im gemeinsamen Haushalt lebe und dass diese hier erwerbstätig sei. In Zeiten von Corona gestalte sich die Jobsuche schwierig, sodass seine Ehefrau derzeit faktisch nicht von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch machen könne. Hinzu kämen Schwierigkeiten in Zusammenhang mit der Einreise nach Deutschland aufgrund der pandemiebedingten Einschränkungen, weshalb die Ausübung ihres Freizügigkeitsrechts frühestens nach Beendigung des Lockdowns möglich sei. Durch die angefochtene Entscheidung liege ein einschneidender Eingriff in sein Recht auf Familienleben vor und wäre somit vom Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Dublin-III-VO Gebrauch zu machen.
8. Die Beschwerdevorlage langte am 02.02.2021 beim Bundesverwaltungsgericht ein und wurde der Gerichtsabteilung W125 zugewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, reiste in den letzten Jahren wiederholt in das Gebiet der Mitgliedstaaten, sowie nach Österreich, ein und auch wieder aus.
Zuletzt reiste er am 25.02.2020 im Besitz eines deutschen Schengenvisums (Kategorie C), gültig von 28.06.2019 bis 27.06.2021, per Flugzeug legal nach Österreich ein, wo er am 10.09.2020 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Aufgrund dieses zuständigkeitsbegründenden Sachverhalts richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 24.09.2020 ein auf Art. 12 Abs. 2 oder 3 der Dublin-III VO gestütztes Aufnahmeersuchen an Deutschland, welchem die deutsche Dublinbehörde mit schriftlicher Erklärung vom 29.09.2020 ausdrücklich zustimmte. Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Deutschlands wieder beendet hätte, liegt nicht vor.
1.2. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Deutschland an.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Überstellung nach Deutschland Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe beziehungsweise einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.
1.3. Zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus ist notorisch: COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. In Österreich gab es mit Stand 18.02.2021, 439.841 bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen und 8.312 Todesfälle; in Deutschland wurden zu diesem Zeitpunkt 2.372.209 Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen und wurden bisher 67.245 Todesfälle bestätigt (WHO, 18.02.2021).
Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf.
1.4. Der Beschwerdeführer ist ein junger Erwachsener, der an keinerlei Krankheiten oder sonstigen gesundheitlichen Problemen leidet; er fällt demnach auch nicht unter die obangeführten Risikogruppen.
1.5. Der Beschwerdeführer verfügt seit dem 14.08.2019 über eine aufrechte Wohnsitzmeldung im Bundesgebiet und er hält sich seit dem 25.02.2020 durchgehend in Österreich auf.
In Österreich lebt die Ehefrau des Beschwerdeführers, eine österreichische Staatsangehörige. Der Beschwerdeführer hat diese am 11.03.2018 in Dubai nach dem islamischen Recht (Koran und Sunna) geheiratet; am 13.03.2018 wurde der Eheschließungsvertrag von den Betroffenen und den Zeugen unterzeichnet.
Der Beschwerdeführer lebt mit seiner Ehefrau im gemeinsamen Haushalt. Die beiden wohnen mittlerweile zu zweit, davor teilten sie den Haushalt mit den Eltern und den Geschwistern der Ehefrau.
Es besteht kein finanzielles oder sonstiges wechselseitiges Abhängigkeitsverhältnis zwischen den Ehepartnern, welches über eine emotionale Bindung hinausgehen würde.
Außer seiner Ehefrau bestehen den Beschwerdeführer betreffend keine beachtlichen familiären, privaten oder beruflichen Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet, die ihn im besonderen Maße an Österreich binden.
1.6. Am 12.11.2019 stellte der Beschwerdeführer persönlich beim Amt der Landesregierung Wien, Magistrat 35 – Einwanderung und Staatsbürgerschaft, einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Familienangehöriger“ nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), welcher mit Bescheid vom 31.08.2020 abgewiesen wurde.
Dies wurde von der zuständigen Behörde damit begründet, dass das behördliche Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass der Beschwerdeführer über ein deutsches Visum mit einer Gültigkeitsdauer von 28.06.2019 bis 27.06.2021 verfüge, welches ihn zur mehrmaligen Einreise in den Schengenraum für einen Aufenthalt bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen berechtige, und dass er bereits seit 14.08.2019 durchgehend mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet gemeldet sei. Aus diesem Grund sei der Beschwerdeführer von der Behörde am 05.04.2020 dazu aufgefordert worden, seine Ein- und Ausreisen nachzuweisen. In einem Schreiben vom 05.05.2020 habe der Beschwerdeführer zwar bekannt gegeben, dass er am 04.11.2019 in das Bundesgebiet eingereist und am 16.11.2019 wieder ausgereist sei, die nächste Einreise sei jedoch am 25.02.2020 erfolgt und seit dieser Einreise halte er sich durchgehend im Bundesgebiet auf; weitere Ausreisen seien nicht belegt worden und es sei auch weder die Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit seiner nicht erfolgten Ausreise begründet worden. Der Beschwerdeführer sei als Familienangehöriger einer Österreicherin zur Antragstellung im Inland zwar berechtigt gewesen, dies jedoch nur nach rechtmäßiger Einreise und während des rechtmäßigen Aufenthaltes. Seine an sich korrekte Inlandsantragstellung verschaffe ihm kein über den erlaubten sichtvermerkpflichtigen Aufenthalt hinausgehendes Bleiberecht, weshalb sein Antrag wegen der Überschreitung der Dauer des erlaubten sichtvermerkpflichtigen Aufenthaltes im Zusammenhang mit seiner Inlandsantragstellung gemäß § 11 Abs. 1 Z 5 NAG iVm § 21 Abs. 6 NAG abzuweisen sei. Zudem habe der Beschwerdeführer im Sinne des § 11 Abs. 1 Z 2 NAG keinen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachgewiesen, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen werde, zumal er lediglich eine Wohnrechtsvereinbarung zwischen ihm und dem Hauptmieter einer näher bezeichneten Liegenschaft nachgewiesen habe, mit welcher ihm ein Nutzungsrecht an der Liegenschaft bis 14.08.2020 auf unentgeltlicher Basis zugestanden worden sei; was keinen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft für die gesamte Gültigkeitsdauer des begehrten Aufenthaltstitels darstelle. Auch seien an der genannten Liegenschaft, welche aus fünf Wohnräumen bestehe, bereits sieben Personen aufrecht gemeldet und würde sein Zuzug zu einer Überfüllung der Wohneinheit führen, weshalb die Unterkunft auch nicht als ortsüblich betrachtet werden könne. Gemäß § 11 Abs. 3 NAG könne ein Aufenthaltstitel trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 und 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 7 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten sei, die hiezu vorzunehmende Interessensabwägung sei jedoch zu Ungunsten des Beschwerdeführers ausgefallen. Es bestünden durch den Aufenthalt seiner Ehefrau zwar familiäre Bindungen zu Österreich, diese seien aber dadurch zu relativieren, dass sich der Beschwerdeführer nur während der Dauer des erlaubten sichtvermerkpflichtigen Aufenthaltes im Bundesgebiet aufhalten durfte und zu keiner Zeit rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war; sein Familienleben sei daher zu einem Zeitpunkt entstanden, als er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste.
Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft und es erfolgten keine weiteren Antragstellungen nach dem NAG.
Der Beschwerdeführer verfügt demnach (aktuell) über keine Aufenthaltsbewilligung im Bundesgebiet und stützt seinen Aufenthalt nur auf den zeitweiligen faktischen Abschiebeschutz aufgrund seines unzulässigen Antrages auf internationalen Schutz.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der Reisebewegungen des Beschwerdeführers, ergeben sich aus einer – dem Akt einliegenden - vollständigen Kopie seines gültigen syrischen Reisepasses.
Daraus geht auch hervor, dass der Beschwerdeführer über ein deutsches Schengenvisum (Gültigkeitsdauer: 28.06.2019 bis 27.06.2021) verfügt; was zudem durch eine Abfrage des VIS-Informationssystems belegt werden konnte.
Die Feststellung hinsichtlich der Zustimmung Deutschlands zur Übernahme des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem durchgeführten Konsultationsverfahren zwischen der österreichischen und der deutschen Dublinbehörde; der diesbezügliche Schriftwechsel ist Teil des Verwaltungsaktes.
2.2. Die Feststellungen zur Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultieren aus den durch Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen getroffen. Sofern Quellen älteren Datums herangezogen wurden, ist davon auszugehen, dass sich die Lage in Deutschland nicht maßgeblich geändert hat.
Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das deutsche Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens sowie auf die Versorgungslage von Asylsuchenden in Deutschland den Feststellungen der verwaltungsbehördlichen Entscheidung zu folgen.
Eine den Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Deutschland wurde zu keiner Zeit vorgebracht.
2.3. Die dem Beschwerdeverfahren zugrundeliegende Sichtweise zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus ergibt sich aus den unbedenklichen tagesaktuellen Berichten und Informationen. Es ist notorisch, dass die Mitgliedstaaten allesamt - wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß - vom Ausbruch der Pandemie betroffen sind, weshalb auch entsprechende Maßnahmen gesetzt werden beziehungsweise wurden (beispielsweise die Verhängung von Ausgangsbeschränkungen und Quarantänemaßnahmen sowie die Vornahme von Grenzschließungen und Einschränkungen im Personen- und Warenverkehr), um die Ausbreitung von COVID-19 hintanzuhalten und gleichzeitig die medizinische Versorgung der Bevölkerung - seien es nun eigene Staatsbürger oder dort ansässige Fremde - möglichst sicherstellen zu können. In diesem Sinne wurde in den Mitgliedstaaten der EU auch die Durchführung von Überstellungen beziehungsweise die Übernahme von Dublin-Rückkehrern temporär ausgesetzt.
Mittlerweile haben die Mitgliedstaaten, die in regem Austausch miteinander stehen, die Überstellungen von Dublin- Rückkehrern (sowohl „in“ als auch „out“) wieder aufgenommen. Nichtsdestotrotz sind Überstellungen aufgrund der COVID-19 Situation nach wie vor zum Teil Einschränkungen (z.B. Vorlage von COVID-Tests) unterworfen und können Anpassungen rasch notwendig sein. Nach Deutschland kann in der Regel überstellt werden.
Die Lage in Deutschland stellt sich derzeit auch nicht schlechter dar, als jene in Österreich. In den letzten 7 Tagen, weist – je 100.000 Einwohner - Österreich sogar mehr Fälle (108,4) als Deutschland (60,7) (Statista 18.02.2021) auf. Die Einschätzung, dass sich die Republik Deutschland nicht in einer Art. 3 EMRK-widrigen Ausnahmesituation infolge der Pandemie befindet, wird durch das Bundesverwaltungsgericht – auch in seiner sonstigen Rechtsprechung - als notorisch vorausgesetzt.
Auch wenn weltweit nach wie vor eine Zunahme von Neuinfektionen zu verzeichnen ist, kann letztlich davon ausgegangen werden, dass etwaig daraus resultierende erneute Überstellungshindernisse jedenfalls in der Maximalfrist der Verordnung überwunden sein werden; dies auch im Hinblick auf die mittlerweile (wenn auch nur schleppend) angelaufenen Impfungen gegen das Corona-Virus.
2.4. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers basieren im Wesentlichen auf seinen eigenen Angaben in Zusammenschau mit dem Akteninhalt. Es liegen keinerlei Hinweise auf Krankheiten oder sonstige gesundheitliche Beschwerden vor und wurden solche auch nicht behauptet.
2.5. Dass der Beschwerdeführer seit 14.08.2019 in Österreich gemeldet ist, ergibt sich aus einer Abfrage des Zentralen Melderegisters (ZMR). Die Feststellung, wonach er sich seit dem 25.02.2020 durchgehend in Österreich aufhält, konnte aufgrund eines entsprechenden Einreisestempels in seinem Reisepass nachgewiesen werden; Belege für eine allfällige Wiederausreise wurden vom Beschwerdeführer nicht in Vorlage gebracht und eine solche auch nicht behauptet.
Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer mit einer in Österreich aufhältigen österreichischen Staatsbürgerin verheiratet ist, die er im März 2018 in Dubai ehelichte, basiert insbesondere auf einer dem Akt einliegenden Kopie des Eheschließungsvertrages.
Dass das Ehepaar zunächst bei der Familie der Ehefrau lebte und erst seit kurzem zu zweit eine Wohnung bezieht, ergibt sich ebenfalls aus einer ZMR-Abfrage, in Zusammenschau mit den diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers.
Dass zwischen den Ehepartnern kein wechselseitiges Abhängigkeitsverhältnis besteht, ergibt sich daraus, dass seine Ehefrau erwerbstätig ist und er selbst - als Asylwerber – Anspruch auf die Grundversorgung hat; dem Beschwerdeführer würden auch in Deutschland umfassende Versorgungsleistungen zustehen (vgl. 3.1.2.1.). Betreuungspflichten, etwa aufgrund einer Pflegebedürftigkeit, liegen keine vor. Dem Ehepaar war es überdies bereits in der Vergangenheit möglich, (zumindest zeitweilig) getrennt voneinander zu leben.
Die Feststellungen zu den sonstigen privaten, familiären und beruflichen Anknüpfungspunkten in Österreich ergeben sich ebenfalls aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers.
2.6. Die Feststellung zur Antragstellung auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Familienangehöriger“ nach dem NAG sowie der diesbezüglichen Abweisung, gründet auf dem – im Verwaltungsakt befindlichen - Bescheid des Amtes der Landesregierung Wien, Magistrat 35 – Einwanderung und Staatsbürgerschaft, vom 30.08.2020. Die Gründe für die Abweisung, sind dem Bescheid zu entnehmen.
Aus der rechtskräftigen Abweisung dieses Antrages und dem Umstand, seither keine weiteren Anträge nach dem NAG gestellt, geschweige denn genehmigt bekommen zu haben (was nach Rücksprache mit der zuständigen Behörde bestätigt werden konnte) resultiert schließlich die Feststellung, dass der Beschwerdeführer (aktuell) über keinen Aufenthaltstitel im Inland verfügt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Die vorrangig maßgeblichen Bestimmungen des nationalen Rechts sind §§ 5, 10 Abs. 1 Z 2 und 28 Abs. 2 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG; unionsrechtlich sind primär Art. 3, 7, 12, 16, 17, 21, 22 und 25 Dublin III-VO relevant.
3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides (Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz):
3.1.1. In materieller Hinsicht ist die Zuständigkeit Deutschlands zur Prüfung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz in Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO begründet, zumal der Beschwerdeführer in Besitz eines deutschen Visums, gültig von 28.06.2019 bis 27.06.2021, ist, mit Hilfe dessen er per Flugzeug legal nach Österreich, und somit in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten, einreisen konnte.
Die Verpflichtung Deutschlands zur Übernahme des Beschwerdeführers basiert ferner auf der ausdrücklichen Zustimmung der deutschen Dublinbehörde, für die Durchführung seines Asylverfahrens zuständig zu sein. Mängel im Konsultationsverfahren sind im gegenständlichen Verfahren nicht hervorgekommen; insbesondere wurden alle von der Dublin III-VO normierten Fristen eingehalten.
Für die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates als Deutschland finden sich keine Anhaltspunkte. Die Zuständigkeit Deutschlands ist auch nicht etwa zwischenzeitig wieder erloschen.
Auch aus Art. 16 (abhängige Personen) und Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO (humanitäre Klausel) ergibt sich mangels schützenswerter familiärer Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet nicht die Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung des Antrages des Beschwerdeführers.
Nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sofern die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben sollte, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es ist daher zu prüfen, ob von diesem im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK oder der GRC zwingend Gebrauch zu machen wäre:
3.1.2. Mögliche Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK:
Gemäß Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK darf niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Die bloße Möglichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigenden notorischen Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter, auf den betreffenden Fremden bezogene Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung in Bezug auf seine Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 09.05.2003, 98/18/0317; 26.11.1999, 96/21/0499; vgl. auch 16.07.2003, 2003/01/0059). "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist." (VwGH 23.01.2007, 2006/01/0949).
Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH 17.02.1998, 96/18/0379; EGMR 04.02.2005, 46827/99 und 46951/99, Mamatkulov und Askarov/Türkei Rz 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung, ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK, sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde. Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 25.04.2006, 2006/19/0673; 31.05.2005, 2005/20/0025; 31.03.2005, 2002/20/0582), ebenso weitere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs (zur Bedeutung solcher Sachverhalte Filzwieser/Sprung, Dublin II-Verordnung³, K 13 zu Art. 19).
Der EuGH sprach in seinem Urteil vom 10.12.2013, C-394/12, Shamso Abdullahi/Österreich Rz 60, zur Dublin II-VO aus, dass in einem Fall, in dem ein Mitgliedstaat der Aufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe des in Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO festgelegten Kriteriums zugestimmt hat, der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, welche ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC ausgesetzt zu werden.
Zudem hat der EuGH in seinem Urteil vom 07.06.2016, C-63/15, Gezelbash (Große Kammer), festgestellt, dass Art. 27 Abs. 1 Dublin-III-VO im Licht des 19. Erwägungsgrundes dieser Verordnung dahin auszulegen ist, dass […] ein Asylbewerber im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über seine Überstellung die fehlerhafte Anwendung eines in Kapitel III dieser Verordnung festgelegten Zuständigkeitskriteriums […] geltend machen kann.
Mit der Frage, ab welchem Ausmaß von festgestellten Mängeln im Asylsystem des zuständigen Mitgliedstaates der Union ein Asylwerber von einem anderen Aufenthaltsstaat nicht mehr auf die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch die innerstaatlichen Gerichte im zuständigen Mitgliedstaat und letztlich den EGMR zur Wahrnehmung seiner Rechte verwiesen werden darf, sondern vielmehr vom Aufenthaltsstaat zwingend das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO auszuüben ist, hat sich der EuGH in seinem Urteil vom 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10, N.S. ua/Vereinigtes Königreich, befasst und - ausgehend von der Rechtsprechung des EGMR in der Entscheidung vom 02.12.2008, 32733/08, K.R.S./Vereinigtes Königreich, sowie deren Präzisierung mit der Entscheidung vom 21.01.2011 (GK), 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - ausdrücklich ausgesprochen, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechtes durch den zuständigen Mitgliedstaat, sondern erst systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes durch den Aufenthaltsstaat gebieten.
Somit ist zum einen unionsrechtlich zu prüfen, ob im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylwerber vorherrschen, und zum anderen aus verfassungsrechtlichen Erwägungen, ob die beschwerdeführende Partei im Falle der Zurückweisung ihres Antrages auf internationalen Schutz und ihrer Außerlandesbringung gemäß §§ 5 AsylG und 61 FPG – unter Bezugnahme auf ihre persönliche Situation – in ihren Rechten gemäß Art. 3 und/oder Art. 8 EMRK verletzt werden würde, wobei der Maßstab des "real risk" anzulegen ist. (vgl dazu auch näher Baumann/Filzwieser in Filzwieser/Taucher [Hrsg.], Asyl- und Fremdenrecht – Jahrbuch 2018, Seiten 213ff.).
In diesem Zusammenhang führt der Verwaltungsgerichtshof aus, dass mit § 5 Abs. 3 AsylG 2005 eine gesetzliche „Beweisregel“ geschaffen wurde, die es - im Hinblick auf die vom Rat der Europäischen Union vorgenommene normative Vergewisserung - grundsätzlich nicht notwendig macht, die Sicherheit des Asylwerbers vor „Verfolgung“ im nach dem Dublin-System zuständigen Mitgliedstaat von Amts wegen in Zweifel zu ziehen. Die damit aufgestellte Sicherheitsvermutung ist jedoch unter näher bezeichneten Voraussetzungen widerlegbar (vgl. VwGH 08.09.2015, Ra 2015/17/0113 bis 0120, mwN auf die bisherige Rechtsprechung). Dieser Rechtsprechung ist zu entnehmen, dass die Sicherheitsvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 nur durch eine schwerwiegende, die hohe Schwelle des Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC übersteigende allgemeine Änderung der Rechts- und Sachlage im zuständigen Mitgliedstaat widerlegt werden kann (vgl. dazu auch VwGH 20.06.2017, Ra 2016/01/0153-16 (Rz 33, 35); 09.11.2017, Ra 2017/18/0272 bis 0273 (Rz 10); 04.09.2018, Ra 2017/01/0252 mwN; 15.04.2019, Ra 2019/01/0109 (Rz 8) mit Verweis auf EuGH 19.03.2019, C-163/17, Rs Jawo, zum Prinzip des gegenseitigen Vertrauens).
3.1.2.1. Kritik am deutschen Asylwesen/die Situation in Deutschland
Der angefochtene Bescheid enthält umfangreiche Feststellungen zum deutschen Asylwesen. Die Feststellungen basieren auf einer grundsätzlich aktuellen Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl; zu den einzelnen Passagen sind jeweils detaillierte Quellenangaben angeführt. Das Bundesamt hat dabei Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Diese Quellen liegen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des erkennenden Gerichtes, das sich aus der ständigen Beobachtung der aktuellen Quellenlage (Einsicht in aktuelle Berichte zur Lage in Deutschland sowie Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung und der Rechtsprechung anderer Dublin-Länder) ergibt. Hinsichtlich der derzeitigen Situation in Zusammenhang mit COVID-19 ist an dieser Stelle auf die obigen Ausführungen in der Beweiswürdigung zu verweisen.
Vor dem Hintergrund der gegenständlich herangezogenen Länderberichte und der verwaltungsbehördlichen Erwägungen kann nicht erkannt werden, dass im Hinblick auf Asylwerber, die von Österreich im Rahmen der Dublin III-VO nach Deutschland überstellt werden, aufgrund der deutschen Rechtslage und/oder Vollzugspraxis systematische Verletzungen von Rechten gemäß der EMRK erfolgen würden, oder dass diesbezüglich eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit im Sinne eines "real risk" für den Einzelnen bestehen würde.
Eine wie in der Entscheidung des EGMR vom 21.01.2011 in der Rechtssache M.S.S./Belgien und Griechenland in Bezug auf Griechenland beschriebene Situation systematischer Mängel im Asylverfahren in Verbindung mit schweren Mängeln bei der Aufnahme von Asylwerbern kann in Deutschland im Hinblick auf die behördlichen Länderfeststellungen nicht erkannt werden. Des Weiteren vermögen einzelne Grundrechtsverletzungen, respektive Verstöße gegen Asylrichtlinien, die Anwendung der Dublin II-VO (und nunmehr der Dublin III-VO) demgegenüber unionsrechtlich nicht zu hindern und bedingen keinen zwingenden, von der Beschwerdeinstanz wahrzunehmenden, Selbsteintritt (EuGH C-411/10 und C-493/10).
Aus den Länderinformationen zu Deutschland ist überdies unzweifelhaft zu entnehmen, dass die Versorgung von Asylwerbern gewährleistet ist. Für Versorgung und Unterkunft der Asylwerber ist die zuständige Aufnahmeeinrichtung verantwortlich. Während ihres Aufenthalts erhalten die Asylwerber existenzsichernde Sachleistungen und einen monatlichen Geldbetrag zur Deckung der persönlichen Bedürfnisse im Alltag. Art und Höhe der Leistungen sind durch das sogenannte Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) geregelt. Zu ihnen zählen: Grundleistungen für Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege, Gebrauchs- und Verbrauchsgüter im Haushalt, Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse, Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt sowie individuelle Leistungen, die vom jeweiligen Einzelfall abhängen (BAMF o.D.b; vgl. AIDA 16.4.2019). Asylwerberleistungen werden auch in der Anschlussunterbringung (wie etwa einer Gemeinschaftsunterkunft oder auch einer privaten Wohnung) erbracht (BAMF o.D.b). Für in Aufnahmezentren untergebrachte Asylwerber gilt, dass diese mit Essen, Heizung, Kleidung und sanitären Produkten versorgt werden. Daher sind die Sätze deutlich niedriger (AIDA 16.4.2019). Zunächst werden alle Asylsuchenden in den nächstgelegenen Aufnahmeeinrichtungen des jeweiligen Bundeslandes aufgenommen. Eine solche Einrichtung kann für die vorübergehende oder auch für die längerfristige Unterbringung zuständig sein (BAMF o.D.b). In Deutschland gibt es grundsätzlich drei verschiedene Arten der Unterbringung: Erstaufnahmezentren, Gemeinschaftsunterkünfte und dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen. 2015 und 2016 waren Notunterkünfte im Betrieb, die bis auf wenige Ausnahmen inzwischen wieder geschlossen wurden (AIDA 16.4.2019).
Asylwerber sind grundsätzlich nicht gesetzlich krankenversichert, sondern haben im Krankheitsfall Ansprüche nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). In Abhängigkeit von Aufenthaltsdauer und -status definiert das Gesetz unterschiedliche Leistungsniveaus (GKV 6.11.2019). Die Gesetze sehen medizinische Versorgung für Asylwerber in Fällen akuter Erkrankung oder bei Schmerzen vor. Hierbei werden beispielsweise auch Zahnbehandlung und Medikation umfasst. Unabdingbare medizinische Behandlung steht auch Personen zu, die - aus welchen Gründen auch immer - kein Recht auf Sozialunterstützung mehr haben (AIDA16.4.2019; vgl. GKV 6.11.2019).
Die belangte Behörde musste daher nach den Länderinformationen und - zumal Deutschland der Aufnahme des Beschwerdeführers ausdrücklich zugestimmt hat - nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen, dass dem Beschwerdeführer in Deutschland etwa der Zugang zu Unterkunft oder medizinischer Versorgung verweigert werde.
In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer zu keiner Zeit systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylwerber in Deutschland geltend machte, sondern (lediglich) bemängelte, dass eine Überstellung dorthin in sein Recht auf Privat- und Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK eingreifen würde (siehe hierzu 3.1.3.). Der Beschwerdeführer hat überdies einen in Deutschland aufhältigen Bruder, der ihm bei – wie auch immer gearteten – Schwierigkeiten (Vorort) behilflich sein könnte und es besteht im Bedarfsfall die Möglichkeit, dass seine Ehefrau ihm von Österreich aus, etwaige finanzielle Unterstützungsleistungen zukommen lässt.
Zusammengefasst konnte der Beschwerdeführer keine auf sich selbst bezogenen besonderen Gründe, welche für eine reale Gefahr einer Verletzung des Art 3 EMRK sprechen würden, glaubhaft machen, weshalb die Rechtsvermutung des § 5 Abs 3 AsylG zur Anwendung kommt, wonach ein Asylwerber im zuständigen Mitgliedstaat Schutz vor Verfolgung findet.
Jedenfalls hat der Beschwerdeführer die Möglichkeit, etwaige konkret drohende oder eingetretene Verletzungen in seinen Rechten, etwa durch eine unmenschliche Behandlung im Sinn des Art 3 EMRK, bei den zuständigen Behörden und Gerichten in Deutschland und letztlich beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, insbesondere auch durch Beantragung einer vorläufigen Maßnahme gemäß Art 39 EGMR-VerfO, geltend zu machen.
3.1.2.2. Medizinische Krankheitszustände; Behandlung in Deutschland
Nach der Rechtsprechung von EGMR, VfGH und VwGH zu Art. 3 EMRK im Zusammenhang mit der Abschiebung von Kranken hat im Allgemeinen kein Fremder das Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art 3 EMRK. Solche würden etwa vorliegen, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt werden würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt. Bei der Ausweisung und Abschiebung Fremder in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union ist auch zu berücksichtigen, dass dieser Mitgliedstaat zur Umsetzung der Aufnahmerichtlinie verpflichtet ist. Nach Art 15 dieser Richtlinie haben die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass Asylwerber die erforderliche medizinische Versorgung, welche zumindest die Notversorgung und die unbedingt erforderliche Behandlung von Krankheiten umfasst, erhalten beziehungsweise dass Asylsuchende mit besonderen Bedürfnissen die erforderliche medizinische oder sonstige Hilfe erlangen. Dennoch könnte der Transport vorübergehend oder dauerhaft eine Verletzung des Art 3 EMRK darstellen, etwa bei fortgeschrittener Schwangerschaft oder der Erforderlichkeit eines ununterbrochenen stationären Aufenthalts (grundlegend: EGMR 13.12.2016, 41738/10, Paposhvili/Belgien; vgl. ferner EGMR 22.6.2010, 50068/08, Al-Zawatia/Schweden; 27.5.2008, 26565/05, N./Vereinigtes Königreich; 3.5.2007, 31246/06, Goncharova und Alekseytsev/Schweden; 7.11.2006, 4701/05, Ayegh/Schweden; 4.7.2006, 24171/05, Karim/Schweden; 10.11.2005, 14492/03, Paramsothy/Niederlande; siehe auch VwGH 8.8.2017, Ra 2017/19/0082; 10.8.2017, Ra 2016/20/0105).
Wie festgestellt, sind beim Beschwerdeführer im gesamten Verfahren keinerlei Hinweise auf das Vorliegen einer Erkrankung hervorgekommen und er ist seinen eigenen Angaben zufolge gesund.
Es liegt daher jedenfalls keine Krankheit von jener Schwere vor, die nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes zu Art. 3 EMRK eine Abschiebung nach Deutschland als eine unmenschliche Behandlung erscheinen lässt.
Nachdem keine aktuelle dringende Behandlung des Beschwerdeführers notwendig ist und - vor dem Hintergrund der verwaltungsbehördlichen Länderfeststellungen - davon ausgegangen werden kann, dass allfällige gesundheitliche Probleme im Bedarfsfall auch in Deutschland zu behandeln sind, ist für das erkennende Gericht kein Überstellungshindernis nach Deutschland erkennbar.
Der Vollständigkeit halber ist im Hinblick auf die derzeit bestehende Pandemie aufgrund des Corona-Virus anzumerken, dass - wie bereits festgestellt – die Situation in Deutschland mit jener in Österreich vergleichbar ist, wenn nicht sogar (im Hinblick auf die angeführte 7-Tages-Inzidenz und der höheren Durchimpfungsrate) (aktuell) besser. Zwar verkennt das Gericht nicht, dass die Pandemie noch nicht überstanden ist und es nahezu überall und jederzeit zu neuen Ausbrüchen kommen kann und derzeit auch kommt (Stichwort: südafrikanische Virus-Mutation als neue Herausforderung), es ist aber jedenfalls nicht damit zu rechnen, dass der Beschwerdeführer bei der Überstellung nach Deutschland einem erhöhten Risiko ausgesetzt wäre, an Covid-19 zu erkranken. Abgesehen davon bleibt festzuhalten, dass der Beschwerdeführer ein junger Erwachsener ist und – wie soeben gewürdigt - an keinen schwerwiegenden Erkrankungen leidet, weshalb er nicht unter die Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen fällt. Ein individuelles „real risk“ einer Verletzung des Art. 3 EMRK ist somit auch hierzu nicht erkennbar.
3.1.3. Mögliche Verletzung von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK:
Eine Zurückweisung hat gem. § 5 Abs. 1 AsylG nach österreichischem Recht zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.
Gemäß Art 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfass