TE Vwgh Erkenntnis 1997/4/18 95/19/1828

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Veröffentlicht am 18.04.1997
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
AVG §58 Abs2;
FrG 1993 §10 Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Zens, Dr. Bayjones und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. Oktober 1995, Zl. 303.655/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.640,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. Oktober 1995 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Die belangte Behörde ging dabei davon aus, daß die Beschwerdeführerin keiner Erwerbstätigkeit nachgehe (und daher über keinerlei Eigeneinkommen verfüge). Selbst für den Fall, daß die Beschwerdeführerin in Österreich arbeiten wolle, sei es für sie aussichtslos, in Österreich eine Berechtigung zur Ausübung einer "solchen Tätigkeit" zu erlangen; die Behörde erster Instanz habe den "Zweckänderungsantrag" vom 28. Juni 1994 auf "unselbständige Erwerbstätigkeit" abgewiesen, weil die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice mitgeteilt habe, daß im Hinblick auf die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes Bedenken gegen die von der Beschwerdeführerin angegebene Tätigkeit als Bedienerin bestünden. Der Unterhalt der Beschwerdeführerin solle "allein durch Ihre Verpflichter ... bestritten werden". Eine solche Finanzierung des Aufenthaltes durch Dritte ohne Gegenleistung sei aber nicht glaubwürdig und auch nicht geeignet, die dauernde Sicherung des Lebensunterhaltes im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG zu gewährleisten. Im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen seien die öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK höher zu gewichten als die persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin.

Die Beschwerdeführerin bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Die Beschwerdeführerin hat in ihrem vorliegenden, am 14. Juni 1995 bei der Behörde erster Instanz eingebrachten Verlängerungsantrag als Zweck ihres Aufenthaltes angegeben, daß sie sich privat im Bundesgebiet aufhalten wolle. Sie hatte für diesen Aufenthaltszweck am 7. Oktober 1993 eine Bewilligung bis zum 14. Juli 1995 erhalten. Die belangte Behörde ging trotz eines Hinweises in dem erwähnten Antrag sowie in dem Protokoll über die niederschriftliche Einvernahme vom 4. August 1995 ("Ich möchte arbeiten, egal was."), auch in der Beschwerde unwidersprochen davon aus, daß die Beschwerdeführerin einen privaten Aufenthaltszweck verfolge. Der Hinweis der belangten Behörde auf ein vorangegangenes Verfahren, in dem eine Auskunft des (damals) Landesarbeitsamtes eingeholt worden war, hat daher bloß illustrativen, nicht aber entscheidungswesentlichen Charakter in dem Sinn, daß damit - im Spruch nicht zum Ausdruck kommend - über einen (zusätzlichen) Aufenthaltszweck der Beschwerdeführerin abgesprochen werden sollte.

Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf eine Bewilligung Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltendsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist.

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde auf zwei von der Beschwerdeführerin vorgelegte "Verpflichtungserklärungen" Bezug genommen. Aktenkundig ist auch eine Lohnbestätigung, einen der "Verpflichter" betreffend, wonach dieser einen Nettolohn von S 15.000,-- monatlich bezieht.

Die belangte Behörde hat diese Erklärungen als nicht glaubwürdig und nicht geeignet angesehen, die dauernde Sicherung des Lebensunterhaltes der Beschwerdeführerin im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG zu gewährleisten. Sie hat diese Erklärungen nicht als unzureichend beurteilt, sie hat auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der sich Verpflichtenden nicht als unzureichend beurteilt. Welche Erwägungen der von der belangten Behörde aufgestellten These zugrundeliegen, kann der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht entnommen werden. Da es sich bei der von der belangten Behörde aufgestellten These jedoch keineswegs um eine offenkundige Tatsache handelt, hindert das Fehlen der Bekanntgabe der maßgebenden Erwägungen die Nachprüfung des Bescheides auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 1997, Zl. 95/19/1544).

Der belangten Behörde fällt somit ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gemäß § 58 Abs. 2 iVm § 67 AVG zur Last, weshalb ihr Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war.

Auf die Frage, ob die belangte Behörde eine ausreichende Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 MRK vorgenommen hat, war nicht mehr näher einzugehen.

Die Kostenentscheidung gründet sich - im Rahmen des insgesamt begehrten Kostenersatzes - auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert werden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995191828.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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