TE Bvwg Erkenntnis 2021/2/25 L504 2151723-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.02.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

25.02.2021

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §51 Abs2
FPG §52 Abs1
FPG §52 Abs9
FPG §53
FPG §55
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs5

Spruch


L504 2151723-3/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. ENGEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , XXXX geb., StA. Irak, vertreten durch RA Witzlsteiner, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.01.2021, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid gem. §§ 51 Abs 2, 52 Abs 9 FPG, § 28 Abs 1 u. Abs 5 VwGVG, behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

Die beschwerdeführende Partei [bP], ein Mann arabischer Abstammung mit sunnitischem Glauben und letztem Wohnort in Bagdad, stellte am 21.08.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zusammengefasst brachte sie dabei vor, dass sie eine Vorladung der Asa’ib Ahl Al Haq erhalten habe, dieser aber nicht gefolgt sei. Zwei Tage danach habe die bP erneut eine Vorladung erhalten. Darin sei sie aufgefordert worden, beten zu gehen sowie Fragen zu beantworten. Zudem sei der Beschwerdeführer beschuldigt worden, mit dem Islamischen Staat (IS) zusammen zu arbeiten. Die Asa’ib Ahl Al Haq habe eine Liste mit Namen, welche vernichtet werden müssten. Der Name der bP sei auf dieser Liste gestanden. Sie hätten gesagt, dass sie in einem schiitischen Viertel lebe, ihnen aber nicht helfen würde. Die bP habe Anzeige erstattet. Der einvernehmende Beamte habe aber gesagt, dass sie ihr nicht helfen und nicht beschützten könne. Daraufhin habe die bP Angst bekommen und sich dazu entschlossen, auszureisen. Die bP sei fünfzehn Tage zu Hause geblieben und habe nicht ausreisen wollen, jedoch keine andere Möglichkeit gefunden. Vor den Briefen habe sie einmal im Al Mansur Gebiet einen Anruf von einem Mitglied der Mahdi Armee erhalten, dass sie hinkommen solle. Als die bP hingekommen sei, sei sie geschlagen und gefragt worden, weshalb sie so schlecht herumrede. Die bP habe gesagt, dass sie das nicht mache, woraufhin das Mitglied gemeint habe, dass es mit einem Zeugen gesprochen habe, welcher auf seine Mutter geschworen und bestätigt habe, dass die bP schlecht geredet habe. Damit hätten sie Macht demonstrieren wollen.

Mit Bescheid des BFA vom 10.03.2017, Zl. XXXX , wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

Beweiswürdigend wurde vom BFA ausgeführt, dass die Angaben zum Fluchtgrund aufgrund des widersprüchlichen und wenig detailreichen Vorbingens nicht glaubhaft seien. Weiters wurde festgestellt, dass dem Beschwerdeführer auch keine Gefahren drohen, die eine Gewährung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würden. Die Rückkehrentscheidung verletze nicht das Recht auf ein Privat- und Familienleben im Bundesgebiet und würden auch die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 nicht vorliegen.

Mit Erkenntnis vom 06.12.2019, rk. seit 09.12.2019, hat das BVwG nach Durchführung einer Verhandlung die Beschwerde in allen Spruchpunkten als unbegründet abgewiesen.

Der Ausreiseverpflichtung hat die bP keine Folge geleistet.

Nach Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof hat dieser mit Beschluss vom 16.03.2020 die aufschiebende Wirkung zuerkannt und mit Beschluss vom 12.06.2020 die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Auch nach Ablauf der aufschiebenden Wirkung hat die bP der nach wie vor bestehenden Ausreiseverpflichtung keine Folge geleistet und sich weiterhin nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten.

In weiterer Folge hat die bP beim VwGH ao Revision erstattet – dieser kam keine aufschiebende Wirkung zu – und wurde von diesem mit Beschluss vom 29.09.2020 zurückgewiesen.

Am 08.01.2020 hat das Bundesamt gegenständliches Verfahren zur Erlassung eines Einreiseverbotes samt Rückkehrentscheidung eingeleitet und während der höchstgerichtlichen Verfahren bis zu deren Entscheidung unterbrochen. Am 29.07.2020 wurde die bP beim Bundesamt niederschriftlich einvernommen.

Gefragt, welche persönlichen Gründe einer möglichen Rückkehr entgegen stünden gab sie an:

„Es geht um mein Leben. Wenn es nur 1% gibt, dass ich in den Irak zurückkehren könnte dann würde ich es tun um meine Familie zu sehen. Ich fühlte mich hier sehr wohl in Österreich, die Leute gaben mir Respekt, das gab es im Irak nicht. Ich fühle mich sehr wohl hier, ich werde hier bleiben und weiter mein Leben hier leben.“

Ergänzend gab sie an, dass sie im Irak sicher umgebracht werde. Die Miliz die immer drohe, habe in Bagdad sogar die amerikanische Botschaft verbrannt, weiters, dass sie psychische krank sei und sie wolle jedenfalls in Österreich bleiben. In einigen Monaten werde sie 30 Jahre alt und haben den Wunsch eine Familie und Kinder zu haben in einem sicheren Land wie Österreich. Sie fühle sich wohl in Salzburg, sie möge Salzburg, sie sei es gewohnt den Nachbarn zu treffen.

In einer anwaltlichen Stellungnahme vom 12.08.2020 wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die bP ohne jeden Zweifel auf einer Todesliste der schiitischen Milizen stehe, zumal ihr Kollaboration mit dem IS vorgeworfen werde. Sie sei bei einer Rückkehr nach wie vor entsprechend gefährdet. Die bP sei nunmehr seit 5 Jahren in Österreich und bestens integriert und sozial verankert, sie leide an einer ärztlich dieagnostizierten PTS und bestehe aktuell extremste Suizidgefahr für den Fall der Abschiebung. Soferne nicht der Verwaltungsgerichtshof der ao Revision stattgeben werden, sei ein humanitäres Bleiberecht zu gewähren.

Ob das Bundesamt wegen der Nichtbefolgung der Ausreiseverpflichtung bzw. dem rechtswidrigen Aufenthalt im Bundesgebiet der Anzeigeverpflichtung wegen der Verwaltungsübertretungen nach dem FPG an die LPD gem. § 31 Abs 2 Z3 BFA-VG nachgekommen ist, kann dem Verwaltungsakt nicht entnommen werden.

Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat das BFA folglich mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 19.01.2021 folgendes entschieden:

„I.      Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt.

II.      Gemäß § 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen.

III.    Es wird gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach zulässig ist.

IV.      Gemäß § 55 Absatz 4 FPG wird eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt.

V.       Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Ziffer 6 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wird gegen Sie ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

VI.      Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wird gemäß § 18 Absatz 2 Ziffer 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt.“

Gegen diesen Bescheid wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Moniert wird im Wesentlichen, dass die Voraussetzungen für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nicht vorliegen würden. Ihr könne man kein Verhalten vorwerfen, das ein Einreiseverbot rechtfertigen könnte. Sie sei weder kriminell und werde auch nicht kriminell nur weil sie auf staatliche Unterstützung angewiesen sei. Sie sei nach wie vor arbeitswillig und habe sogar Stellenzusagen vorgelegt. Nach Abtretung der Beschwerde vom VfGH an den VwGH sei die vom VfGH zuerkannte aufschiebende Wirkung auch noch während des Verfahrens vor dem VwGH aufrecht gewesen. Die Zurückweisung der ao Revison sei dem Rechtsfreund am 13.10.2020 zugestellt worden. Die bP sei daher bis 27.10.2020 (zuzüglich 14 Tage freiwillige Ausreisefrist) weiterhin legal in Österreich aufhältig gewesen. Die bP habe bereits am 31.01.2020 einen Antrag auf Duldung gem. § 46a FPG eingebracht und habe das Bundesamt darüber noch nicht entschieden. Die bP habe auch am 04.09.2020 einen Antrag auf Duldung gem. § 46 FPG und einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gestellt. Diese beiden Anträge seien bis dato vom Bundesamt noch nicht entschieden worden. Verwiesen wird auf eine am 07.08.2020 beim Bundesamt eingebrachte Stellungnahme im Verfahren über das „humanitäre Bleiberecht“. Darin sei ersichtlich welche Situation sie erwarten würde.

Auf Grund der von ihr geschilderten persönlichen Bedrohung und der aktuellen Lage im Irak sei ihr Leben gefährdet und würde sich diese Gefahr bei Verweigerung der Zuerkennung von Asyl oder subsidiärem Schutz verwirklichen. Die Behörde habe sich nicht hinreichend mit der Gefährdung der bP auseinandergesetzt. Ua. stellt die bP durch ihren Rechtsfreund in der Beschwerde den Antrag auf Feststellung, dass die Abschiebung in den Irak unzulässig sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Das BVwG hat durch den Inhalt des übermittelten Verwaltungsaktes der belangten Behörde, einschließlich der Beschwerde Beweis erhoben.

1. Feststellungen (Sachverhalt)

Siehe I. (Verfahrensgang) des gegenständlichen Erkenntnisses.

2. Beweiswürdigung

Der für diese Entscheidung maßgebliche Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus der Aktenlage des Bundesamtes einschließlich der Beschwerde.

3. Rechtliche Beurteilung

Stattgabe der Beschwerde und Behebung des Bescheides

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

§ 50 FPG Verbot der Abschiebung

(1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

§ 51 FPG Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat
(1) Während eines Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbots, worüber der Fremde zu verständigen ist, ist auf Antrag des Fremden festzustellen, ob die Abschiebung in einen von ihm bezeichneten Staat, der nicht sein Herkunftsstaat ist, gemäß § 50 unzulässig ist.

(2) Bezieht sich ein Antrag gemäß Abs. 1 auf den Herkunftsstaat des Fremden, gilt dieser Antrag als Antrag auf internationalen Schutz. Diesfalls ist gemäß den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 vorzugehen.

(3) Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag darf der Fremde in den Staat gemäß Abs. 1 nicht abgeschoben werden, es sei denn, der Antrag wäre gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen. Nach Abschiebung des Fremden in einen anderen Staat ist das Verfahren als gegenstandslos einzustellen.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(5) Der Bescheid, mit dem über einen Antrag gemäß Abs. 1 rechtskräftig entschieden wurde, ist auf Antrag oder von Amts wegen abzuändern, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt wesentlich geändert hat, so dass die Entscheidung hinsichtlich dieses Landes anders zu lauten hätte. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über einen derartigen Antrag darf der Fremde in den betroffenen Staat nur abgeschoben werden, wenn der Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückzuweisen ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 15. September 2016, Ra 2016/21/0234, mit näherer Begründung (Rz 10 bis 13) dargelegt, dass für die gemäß § 52 Abs. 9 FPG (von Amts wegen) gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung - wie beim Antragsverfahren nach § 51 Abs. 1 FPG betreffend einen vom Herkunftsstaat verschiedenen "Drittstaat" - der Maßstab des § 50 FPG gilt.

Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang (siehe Rz 14 iVm Rz 15 sowie auch Rz 19) unter Bezugnahme auf das Erkenntnis vom 16. Dezember 2015, Ra 2015/21/0119, klargestellt, dass weder das FPG noch das AsylG 2005 einen eigenständigen Antrag eines Fremden kennen, der darauf gerichtet ist festzustellen, dass eine Abschiebung in seinen Herkunftsstaat gemäß § 50 FPG unzulässig ist. Einem Fremden sei es verwehrt, eine derartige Feststellung zu begehren, weil über das Thema dieser Feststellung ohnehin - und ausschließlich - im Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz abzusprechen sei. Stelle ein Fremder dennoch einen derartigen Antrag, so gelte er gemäß § 51 Abs. 2 FPG als Antrag auf internationalen Schutz und es sei gemäß den Bestimmungen des AsylG 2005 vorzugehen. Aus den ErläutRV zum FrÄG 2009 (330 BlgNR 24. GP 31) ergibt sich, dass dies nicht nur dann gilt, wenn der Fremde noch keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, sondern auch dann, wenn er bereits ein abgeschlossenes Asylverfahren durchlaufen hat und der nunmehrige Feststellungsantrag entsprechend den asylrechtlichen Bestimmungen als Folgeantrag zu behandeln ist (vgl. E 16. Dezember 2015, Ra 2015/21/0119; 15.09.2016, Ra 2016/21/0234).

In seinem Erkenntnis vom 31. August 2017, Ra 2016/21/0367, hat der VwGH in der Rz 10 neuerlich betont, es sei nicht Aufgabe des BFA bzw. des BVwG, im Verfahren zur Erlassung einer fremdenpolizeilichen Maßnahme letztlich ein Verfahren durchzuführen, das der Sache nach einem Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz gleichkommt. Die Überlegung, es sei im Rahmen eines Rückkehrentscheidungsverfahrens in eine abschließende Prüfung eines allfälligen Gefährdungsszenarios im Herkunftsstaat einzusteigen, erweise sich daher - außer die Führung des dafür vorgesehenen Verfahrens auf internationalen Schutz und damit die Stellung eines diesbezüglichen Antrags wird vom Fremden abgelehnt (vgl. zu einem solchen Fall das schon mehrfach genannte Erkenntnis Ra 2016/21/0234) - als verfehlt. (VwGH 05.10.2017Ra 2017/21/0157)

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Gegenständlich hat die anwaltlich vertretene bP in der Beschwerde ausdrücklich einen „Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaa“ Irak gestellt und - so wie auch schon im behördlichen Verfahren - ein damit korrespondierendes Gefährdungsvorbringen erstattet (AS 664).

Wie sich aus oa. Judikatur des VwGH klarstellend ergibt, ist es dem Fremden verwehrt einen derartigen Antrag zu stellen, da weder das FrPolG 2005 noch das AsylG 2005 einen eigenständigen Antrag eines Fremden kennen, der darauf gerichtet ist festzustellen, dass eine Abschiebung in seinen Herkunftsstaat gemäß § 50 FrPolG 2005 unzulässig ist.

Gemäß § 51 Abs 2 FPG gilt ein solcher Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung, wenn er sich wie hier auf den Herkunftsstaat bezieht, ex lege als Antrag auf internationalen Schutz. Diesfalls ist nun nach den Bestimmungen des AsylG 2005 vorzugehen.

Im gegenständlichen Fall ist dies ein, einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag nachfolgender weiterer Antrag (Folgeantrag iSd § 2 Abs 1 Z 23 AsylG).

Aus § 10 AsylG ergibt sich, dass über die hier verfahrensgegenständlichen Spruchpunkte im angefochtenen Bescheid erst im Zusammenhang mit der ab- bzw. zurückweisenden Entscheidung im nunmehrigen (Folge)Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz zu entscheiden ist, weshalb der Beschwerde stattzugeben und der Bescheid gem. § 28 Abs 1 u. Abs 5 VwGVG zu beheben war.

Auf Grund dieser Entscheidung bedarf es daher keines Eingehens mehr auf das Begehren, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Absehen von einer mündlichen Beschwerdeverhandlung

Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG konnte eine Verhandlung entfallen, da aufgrund der Aktenlage feststand, dass der Bescheid des Bundesamtes zu beheben war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Abschiebung ersatzlose Behebung Feststellungsantrag Rückkehrentscheidung behoben

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:L504.2151723.3.00

Im RIS seit

21.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten