TE Bvwg Beschluss 2021/2/26 W195 2238832-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.02.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

26.02.2021

Norm

AVG §53b
B-VG Art133 Abs4
GebAG §32
GebAG §39 Abs1
GebAG §53 Abs1
VwGVG §17

Spruch


W195 2238832-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über den auf der Honorarnote vom 08.07.2020 basierenden gebührenrechtlichen Antrag des Dolmetschers XXXX beschlossen:

A)

I. Die gebührenrechtlichen Ansprüche werden gemäß § 17 VwGVG iVm § 53b AVG iVm § 39 Abs. 1 GebAG iVm § 53 Abs. 1 Gebührenanspruchsgesetz mit

€ 115,70 (inkl. USt.)

bestimmt.

II. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schriftsatz vom 14.05.2020, GZ. XXXX , beraumte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 08.07.2020 an, zu welcher der Antragsteller als Dolmetscher geladen wurde.

2. In der Folge fand am 08.07.2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, im Rahmen derer der Antragsteller als Dolmetscher fungierte.

3. Am 08.07.2020 brachte der Antragsteller den gegenständlichen Antrag auf Gebühren betreffend seine Teilnahme als Dolmetscher an der mündlichen Verhandlung vom 08.07.2020 beim Bundesverwaltungsgericht im Wege des ERV ein, in welchem er unter anderem zwei begonnene Stunden Zeitversäumnis geltend machte und diese damit begründete, dass er von 08:45 Uhr bis 09:00 Uhr auf die Richterin gewartet hätte.

4. Das Bundesverwaltungsgericht hielt dem Antragsteller sodann mit Schreiben vom 28.01.2021, nachweislich zugestellt am 01.02.2021, mit der Möglichkeit zur Stellungnahme binnen 14 Tagen, kurz zusammengefasst vor, dass lediglich die Entschädigung für eine Stunde Zeitversäumnis gemäß § 32 Abs. 1 GebAG zuerkannt werden könne sowie die Verhandlung gemäß der Ladung zum anberaumten Zeitpunkt um 09:00 Uhr pünktlich begonnen habe.

5. In der Folge langte keine weitere Stellungnahme ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Es wird von dem unter Punkt I. dargelegten Sachverhalt ausgegangen, aus dem hervorgeht, dass der Antragsteller zu der Verhandlung am 08.07.2020 geladen wurde und im Rahmen dieser als Dolmetscher fungierte.

2. Beweiswürdigung:

Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ergibt sich aus einer Abfrage der elektronischen Verfahrensadministration des Bundesverwaltungsgerichtes zu dem Verfahren GZ. XXXX dem Gebührenantrag vom 08.07.2020, dem Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.01.2021, GZ. XXXX , und dem Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG, die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 53b AVG haben nichtamtliche Dolmetscherinnen und Dolmetscher für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 34, 36 und 37 Abs. 2 GebAG mit den in § 53 Abs. 1 GebAG genannten Besonderheiten und § 54 GebAG sinngemäß anzuwenden. Die Gebühr ist gemäß § 38 GebAG bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen (hier: Dolmetscher) herangezogen hat.

Gemäß § 89c Abs. 5a Gerichtsorganisationsgesetz – GOG, RGBl. Nr. 217/1896, sind Sachverständige sowie Dolmetscherinnen und Dolmetscher nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten, insbesondere zum Zweck der Übermittlung von Gutachten, Übersetzungen und Gebührenanträgen, zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr (§ 89a) verpflichtet. Diese Verpflichtung entfällt, wenn die Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr für die Sachverständige oder den Sachverständigen oder die Dolmetscherin oder den Dolmetscher im Einzelfall nicht zumutbar ist; dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie mit einem unverhältnismäßigen Aufwand für die Sachverständige oder den Sachverständigen oder die Dolmetscherin oder den Dolmetscher verbunden wäre, etwa im Hinblick auf die geringe Zahl an Bestellungen. Von der Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs kann abgesehen werden, wenn diese im Einzelfall, insbesondere im Hinblick auf den Gutachtensgegenstand oder die Verwertbarkeit des Gutachtens, untunlich ist.

Zu A)

Zu der beantragten Gebühr für Zeitversäumnis gemäß § 32 GebAG

Gemäß § 32 Abs. 1 und 2 Z 1 GebAG hat der Sachverständige (hier: Dolmetscher) für die Zeit, die er wegen seiner Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren außerhalb seiner Wohnung oder seiner gewöhnlichen Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit besonders aufwenden muss, Anspruch auf eine Entschädigung für Zeitversäumnis im Ausmaß von € 22,70, handelt es sich aber um eine Tätigkeit nach § 34 Abs. 3 Z 1, von € 15,20 für jede, wenn auch nur begonnene Stunde. Der Anspruch auf Entschädigung durch Zeitversäumnis besteht so weit nicht, als der Sachverständige Anspruch auf eine Gebühr für Mühewaltung hat.

Nach dem Wortlaut des Gesetzes besteht ein Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis nur bei einer Tätigkeit außerhalb der Wohnung oder gewöhnlichen Arbeitsstätte (vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 44 zu § 32).

Zur Geltendmachung der Entschädigung für Zeitversäumnis gehört nicht nur der Hinweis auf die Gesetzesstelle, sondern zumindest auch die Behauptung der Art der Zeitversäumnis, damit diese entsprechend subsumiert werden kann (vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 56 zu § 32).

Der Antragsteller beantragte in seiner Honorarnote eine Entschädigung für Zeitversäumnis von zwei begonnenen Stunden à € 22,70, wobei im Gebührenantrag angemerkt wurde, dass er von 08:45 Uhr bis 09:00 Uhr auf die Richterin gewartet hätte.

Alle Zeitversäumnisse sind stets zusammenzurechnen und erst dann ist zu prüfen, wie viele Stunden sie zusammen ergeben, wobei eine bloß begonnene Stunde genauso wie eine volle honoriert wird (vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 56, E 72 zu § 32).

Die in den Fahrplänen für die öffentlichen Verkehrsmittel in Wien angegebenen Fahrtzeiten sind lediglich Richtwerte, die nur unter idealen Bedingungen der Realität entsprechen. Dabei sind längere Wartezeiten nicht berücksichtigt, die sich dadurch ergeben können, dass die Reise nicht zum fahrplanmäßig idealen Zeitpunkt begonnen wird, oder die zu Fuß zurückzulegende Wegstrecke nicht in der in den Fahrplänen dafür vorgesehenen Zeit bewältigt werden, sodass größere Wartezeiten beim Anschlussverkehrsmittel entstehen. Zu berücksichtigen ist auch der Zeitaufwand für das Passieren der Sicherheitsschleuse im Gerichtsgebäude, das Erreichen des Verhandlungssaals und ein zur Sicherstellung pünktlichen Erscheinens jedenfalls zu berücksichtigender Zeitpolster für allfällige Verzögerungen bei der Anreise (vgl. OGH 11 Os 51/08x SV 2008/2, 94; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 60 zu § 32).

Der Antragsteller wurde zur mündlichen Verhandlung mit Schreiben vom 14.05.2020, Zl. XXXX , für den 08.07.2020 um 09:00 Uhr, geladen. Laut Niederschrift der mündlichen Verhandlung, Zl. XXXX , hat diese – gemäß den Angaben in der Ladung – auch pünktlich um 09:00 Uhr begonnen. Für die Hin- und Rückfahrt von der Wohnstätte des Antragstellers (Rabengasse 2-10/54/7, 1030 Wien) zum Ladungsort Bundesverwaltungsgericht, Hauptsitz Wien (Erdbergstraße 192-196, 1030 Wien) werden mit den öffentlichen Verkehrsmitteln laut Routenplaner „www.wienerlinien.at“ circa 22 Minuten (pro Strecke circa 11 Minuten) benötigt.

Bei Zusammenrechnung aller Weg- und Wartezeiten an diesem Verhandlungstag (insgesamt circa 22 Minuten Reisezeit für die Hin- und Rückfahrt zum und vom Bundesverwaltungsgericht sowie die Einberechnung eines zu berücksichtigenden Zeitpolsters von 20 Minuten im Zusammenhang mit der Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln sowie für das rechtzeitige Erscheinen zu der Sicherheitskontrolle des Bundesverwaltungsgerichtes), ergibt sich eine Zeitspanne von 42 Minuten, welche somit eine begonnene Stunde nicht übersteigt. Da die Verhandlung gemäß der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung Zl. XXXX – wie in der Ladung anberaumt – pünktlich um 09:00 Uhr begonnen hat, ist das vom Antragsteller geltend gemachte „Warten auf die Richterin“ bereits mit der einen begonnen Stunde Zeitversäumnis abgegolten.

Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen, ist gegenständlich lediglich die Entschädigung für eine Stunde Zeitversäumnis gemäß § 32 Abs. 1 GebAG in Höhe von € 22,70 zuzuerkennen.

Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich daher folgende Gebührenberechnung im gegenständlichen Verfahren:

Entschädigung Zeitversäumnis § 32 bzw. § 33 GebAG

1 begonnene Stunde(n) à € 22,70

22,70

Reisekosten §§ 27, 28 GebAG

 

44 km à € 0,42

4,80

Mühewaltung § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG

 

für die erste halbe Stunde € 24,50

24,50

für weitere 1 halbe Stunden: à € 12,40

12,40

Mühewaltung § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG

 

für die Übersetzung des im Rahmen derselben Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung angefertigten gesamten Schriftstücks höchstens € 20,00

20,00

Übermittlung im Wege des ERV § 31 Abs. 1a GebAG

 

Übermittlung mittels ERV à € 12,00

12,00

Zwischensumme

96,40

20 % Umsatzsteuer

19,28

Gesamtsumme

115,68

Gesamtsumme aufgerundet auf 10 Cent

115,70

Die Gebühr des Antragstellers war daher mit € 115,70 (inkl. USt.) zu bestimmen. Das Mehrbegehren war abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die im gegenständlichen Fall anzuwendenden Normen sind derart klar, dass sie keiner weiteren Auslegung bedürfen.

Schlagworte

Dolmetschgebühren Mehrbegehren Teilstattgebung Zeitversäumnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W195.2238832.1.00

Im RIS seit

19.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

19.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten