TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/1 W170 2206892-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.03.2021
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Entscheidungsdatum

01.03.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a

Spruch


W170 2206892-2/2E
W170 2206894-2/2E
W170 2206893-2/2E
W170 2206891-2/2E


IM NAMEN DER REPUBLIK!

I. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.12.2020, Zl. 1124726308/200707271, zu Recht:

A)       Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Antrag auf internationalen Schutz vom 29.01.2020 hinsichtlich der Zuerkennung der Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wird.

Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte III., IV. V. und VI. wird gemäß §§ 57 und 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG sowie §§ 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 46, 53 Abs. 1 und 2, 55 Abs. 1a FPG 2005 abgewiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.12.2020, Zl. 1124726210/200707832, zu Recht:

A)       Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Antrag auf internationalen Schutz vom 29.01.2020 hinsichtlich der Zuerkennung der Status der Asylberechtigten und der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wird.

Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte III., IV. V. und VI. wird gemäß §§ 57 und 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG sowie §§ 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 46, 53 Abs. 1 und 2, 55 Abs. 1a FPG 2005 abgewiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

III. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch XXXX und XXXX , diese beide vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.12.2020, Zl. 1124716900/200707875, zu Recht:

A)       Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Antrag auf internationalen Schutz vom 29.01.2020 hinsichtlich der Zuerkennung der Status der Asylberechtigten und der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wird.

Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte III., IV. V. und VI. wird gemäß §§ 57 und 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG sowie §§ 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 46, 53 Abs. 1 und 2, 55 Abs. 1a FPG 2005 abgewiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

IV. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch XXXX und XXXX , diese beide vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.12.2020, Zl. 1176792401/200707905, zu Recht:

A)       Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Antrag auf internationalen Schutz vom 29.01.2020 hinsichtlich der Zuerkennung der Status der Asylberechtigten und der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wird.

Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte III., IV. V. und VI. wird gemäß §§ 57 und 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG sowie §§ 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 46, 53 Abs. 1 und 2, 55 Abs. 1a FPG 2005 abgewiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Begründung:

Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässigen und rechtzeitigen Beschwerden erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. XXXX (in Folge: Erstbeschwerdeführer) und XXXX (in Folge: Zweitbeschwerdeführerin) stellten am 30.07.2016 Anträge auf internationalen Schutz für sich und ihre gemeinsame Tochter XXXX (in Folge: Drittbeschwerdeführerin) sowie am 14.12.2017 für ihre gemeinsame, am XXXX in Österreich geborene Tochter XXXX (in Folge: Viertbeschwerdeführerin), die mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.09.2018, Zl.en 1124726308 – 161058619/BMI-BFA_KNT_RD, 1124726210 – 161058627/BMI-BFA_KNT_RD, 1124716900 – 161058635/BMI-BFA_KNT_RD und 1176792401 – 171392621/BMI-BFA_KNT_RD, sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurden. Unter einem wurden den beschwerdeführenden Parteien Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen sie Rückkehrentscheidungen erlassen und festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Iran zulässig sei. Schließlich wurde den beschwerdeführenden Parteien eine 14-tägige Frist für deren freiwillige Ausreise gewährt. Die Bescheide wurden den beschwerdeführenden Parteien am 12.09.2018 zugestellt.

1.2. Die gegen diese Bescheide erhobene, rechtzeitige Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.11.2019, Zl.en W183 2206092-1/13E, W183 2206894-1/12E, W183 2206893-1/12E und W183 2206891-1/12E, (den beschwerdeführenden Parteien am 28.11.2019 zugestellt) vollinhaltlich abgewiesen.

1.3. Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 21.01.2020, Zl. E 8-11/2020-6, die Behandlung der gegen das unter 1.2. dargestellte Erkenntnis erhobenen Beschwerde ab (ohne die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen) und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In weiterer Folge wurde keine Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

1.4. Am 29.01.2020 stellten die beschwerdeführenden Parteien Asylanträge in Deutschland. Diese sind als in Österreich gestellte Anträge auf internationalen Schutz anzusehen, da sich die Republik Österreich zur Wiederaufnahme der beschwerdeführenden Parteien bereit erklärt hat und diese gemäß den einschlägigen Überstellungsmodalitäten nach Österreich gelangt sind. Am 11.08.2020 wurden die Anträge in Österreich eingebracht und der Erstbeschwerdeführer sowie die Zweitbeschwerdeführerin jeweils einer Erstbefragung unterzogen. In dieser gab der Erstbeschwerdeführer an, dass er neben seiner im Erstverfahren bereits vorgebrachten Konversion auch für den iranischen Geheimdienst gearbeitet habe und befürchte, getötet zu werden, da er in Kenntnis von Staatsgeheimnissen sei. Auch daher könne der Erstbeschwerdeführer nicht nach Iran zurück. Die Zweitbeschwerdeführerin gab in der Erstbefragung an, neben ihrer im Erstverfahren bereits vorgebrachten Konversion habe sie keine neuen Fluchtgründe, dies gelte auch für ihre Kinder.

Am 02.11.2020 wurden der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin jeweils einer Einvernahme durch ein Organ des Bundesamtes unterzogen, in der sie ihre in der Erstbefragung dargelegten Fluchtgründe bestätigten. Hinsichtlich seines Gesundheitszustands gab der Erstbeschwerdeführer an, er sei in Deutschland in Behandlung gewesen, nehme nunmehr Seroquel 25mg, habe es jedoch vier Tage vor der Einvernahme abgesetzt, um dafür fit zu sein. In Deutschland habe er ein normales Leben gehabt, sogar gearbeitet. Seit die Polizei jedoch die Wohnung gestürmt und gemeint habe, dass sie alle nach Österreich zurück müssten, gehe es ihm psychisch nicht gut und habe er einen Schock und einen Nervenzusammenbruch erlitten. Es gebe kein ärztliches Attest. Er glaube schon, dass das in Iran behandelbar sei. Hinsichtlich seines Ausreisegrunds habe sich nichts geändert, jedoch seien sein Vater und sein älterer Bruder Mitarbeiter des iranischen Geheimdienstministeriums, ein anderer Bruder arbeite gelegentlich auf Vertragsbasis für dieses und mehrere Onkel väterlicherseits seien Mitglieder der Sepah. Er selbst habe ca. fünf Jahre lang im technischen Bereich für den iranischen Geheimdienst gearbeitet. Diese Gründe habe er im ersten Asylverfahren aus Angst nicht erwähnt, da sein Vater bis vor acht Monaten noch ein aktives Mitglied des Geheimdienstes gewesen sei. Der Erstbeschwerdeführer habe von 2007 bis 2009 den Militärdienst beim Geheimdienst abgeleistet und danach auf Vertragsbasis bis 2012/2013 weitergearbeitet. Der Erstbeschwerdeführer legte drei Passkopien vor.

Die Zweitbeschwerdeführerin gab im Rahmen der Einvernahme an, es stimme, dass sie persönlich keine neuen Fluchtgründe habe, aber seien sie eine Familie. Sie selbst und die Kinder hätten dieselben Fluchtgründe wie der Erstbeschwerdeführer. Hinsichtlich ihres Gesundheitszustands gab sie an, sie sei in Behandlung und müsse Medikamente zur Behandlung von Bluthochdruck sowie Temesta 1,0 mg für ihre psychischen Probleme einnehmen. In Iran könne sie diesbezüglich behandelt werden. Ihre Ausreisegründe seien gleichgeblieben. Neu sei, dass sie seit ca. einem Monat nicht mehr so ein gutes Verhältnis zu ihrem Vater habe, er habe gesagt, er bereue es, sie unterstützt zu haben, sie wisse jedoch nicht warum. Außerdem habe ihr Schwager ihre Familie im Namen seines Vaters wegen der Konversion bedroht.

1.5. Mit den im Spruch bezeichneten Bescheiden wurden die unter 1.4. dargestellten Anträge auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status von Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich des Status von subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Unter einem wurden den beschwerdeführenden Parteien gemäß § 57 AsylG Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen sie Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Weiters wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG die Frist für ihre freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.). Die Bescheide wurden den beschwerdeführenden Parteien am 23.10.2020 zugestellt.

1.6. Gegen die im Spruch bezeichneten und unter 1.5. näher dargestellten Bescheide richtet sich die am 13.01.2021 bei der Behörde eingebrachte Beschwerde. Im Wesentlich wurde vorgebracht, der Erstbeschwerdeführer habe glaubwürdig dargelegt, warum er in seinem früheren Verfahren seine „Tätigkeit beim Militärdienst“ nicht als Asylgrund erwähnt habe und auch nicht erzählen haben können, dass sein Leben durch den Beruf des Vaters in Gefahr sei (wobei dies nicht näher begründet wurde). Als Beweismittel dazu habe er „über Umwege“ mehrere Dokumente seines Vaters erlangt, die in Kopie der Beschwerde beigefügt wurden (Waffenschein, Lohnzettel, Abschiedsbrief, Dankschreiben, Bestätigung über die Berufstätigkeit des Vaters bei der Sepah, Foto über eine Zeremonie beim Geheimdienst). Daher und aufgrund seiner Konversion drohe ihm in Iran Verfolgung. Seit der Einvernahme müsse er außerdem täglich noch weitere Medikamente wie Ibuprofen und Pantoprazol einnehmen. Der Beschwerde in Kopie beigefügt wurden weiters ärztliche Unterlagen der Zweit- und der Viertbeschwerdeführerin (Arztbrief, Anamnese, Befundbericht, fachärztliche Stellungnahme). Daraus ergibt sich, dass der Zweitbeschwerdeführerin eine Anpassungsstörung diagnostiziert und Quetiapin zur Schlafregulierung empfohlen wurde. Bei ihr bestehe keine psychiatrische Erkrankung im engeren Sinne, sie sei belastet durch die Lebensumstellung und durch die soziale Isolierung aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse. Sie habe gesagt, sie sei nie depressiv gewesen und in Iran eigentlich sehr glücklich. Die Viertbeschwerdeführerin habe wenig altersentsprechende soziale Kontakte, sei oft sehr unruhig, teilweise aggressiv und habe eine deutliche Verzögerung ihrer Sprachentwicklung, was auf mangelnde Förderung zurückzuführen sein könnte. Diese Symptomatik lasse auf eine erhebliche Belastungsreaktion schließen und sei es für sie wichtig, den Kindergarten zu besuchen.

1.7. Die beschwerdeführenden Parteien hielten sich von Jänner bis August 2020 in Deutschland auf.

1.8. Hinsichtlich der Lage in Iran, insbesondere auch hinsichtlich der Versorgung und der Gesundheitsvorsorge sowie der Sicherheitslage, sind keine entscheidungsrelevanten Änderungen seit der Erlassung des unter 1.2. genannten Erkenntnisse eingetreten.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus der unbedenklichen Aktenlage, hinsichtlich 1.8. aus einem Vergleich der Länderberichte im Erstverfahren und dem nunmehrigen Verfahren.

3. Rechtlich folgt daraus:

Zu I., II., III. und IV. A)

Gemäß § 17 VwGVG sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.1. Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. der angefochtenen Bescheide:

Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde die Folgeanträge auf internationalen Schutz der beschwerdeführenden Parteien gemäß §§ 3 und 8 Asylgesetz 2005 (in Folge: AsylG) abgewiesen, anstatt sie gemäß § 68 AVG zurückzuweisen.

Infolge des in § 17 VwGVG normierten Ausschlusses der Anwendbarkeit des 4. Hauptstücks des AVG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, welcher auch die in § 68 Abs. 1 AVG normierte Zurückweisung wegen entschiedener Sache umfasst, kommt eine unmittelbare Zurückweisung einer Angelegenheit aufgrund der genannten Bestimmung durch das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich nicht in Betracht. Davon unberührt bleibt, dass das Verwaltungsgericht im Verfahren über Bescheidbeschwerden zur Überprüfung der rechtmäßigen Anwendung von § 68 AVG in Bescheiden durch die Verwaltungsbehörde berufen ist (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 7 BFA-VG, K10.; vgl. auch VfSlg. 19.882/2014).

Die Zurückweisung des neuerlichen Antrags wegen entschiedener Sache hat durch verfahrensrechtlichen Bescheid zu erfolgen (VwSlg 5133 A/1965; VwGH 30.05.1995, 93/08/0207; Antoniolli/Koja 598; Thienel/Schulev-Steindl5 300; Kolonovits/Muzak/Stöger10 Rz 649), der hinsichtlich der Form und des Inhalts den sonstigen Bestimmungen über Bescheide unterliegt. Er hat neben dem Spruch auch eine Begründung betreffend die Identität der Sach- und Rechtslage sowie eine Rechtsmittelbelehrung zu enthalten (FB III, 25; Mannlicher/Quell AVG § 68 Anm 9) und ist im für die betroffene Verwaltungssache maßgeblichen Instanzenzug (Antoniolli/Koja 598; Mannlicher/Quell AVG § 68 Anm 9) einschließlich Beschwerde an das in der Hauptsache zuständige Verwaltungsgericht (vgl. Kolonovits/Muzak/Stöger10 Rz 649) anfechtbar. Wurde von der Behörde erster Instanz ein neuerlicher Antrag trotz Identität der Sach- und Rechtslage nicht wegen res iudicata zurückgewiesen, sondern aus materiellen Gründen (wieder) abgewiesen, ist die Partei nach der Judikatur des VwGH ungeachtet der Rechtswidrigkeit des Bescheides in keinem Recht verletzt, weil sie einerseits keinen Anspruch auf Sachentscheidung hat (VwGH 14.12.1994, 94/03/0067; 15.10.1999, 96/21/0097; vgl. auch VwGH 08.03.1994, 93/05/0193) und andererseits ihre Rechtsposition, insbesondere die Möglichkeit, bei Änderung der Sach- oder Rechtslage neuerlich einen Antrag zu stellen, nicht beeinträchtigt worden ist (vgl. VwGH 15.10.1991, 90/11/0051). Wird gegen eine solche rechtswidrige meritorische Erledigung (VwGH 26.01.1987, 86/10/0003) Beschwerde an das Verwaltungsgericht erhoben, hat die Rechtsmittelinstanz den Antrag – ungeachtet der Sachentscheidung der Unterinstanz – wegen res iudicata zurückzuweisen (VwGH 28.06.1994, 92/05/0063; VwGVG § 28 Rz 40, 64). Der Partei wird dadurch keine Instanz genommen, weil die Unterbehörde im Zuge der Sachentscheidung bereits alle Prozessvoraussetzungen geprüft und somit auch über die Frage befunden hat, ob entschiedene Sache vorliegt. Nach Ansicht des VwGH kann die Partei aber auch durch eine Entscheidung der Berufungsbehörde, mit der sie – anstatt den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend abzuändern, dass er auf Zurückweisung wegen entschiedener Sache lautet – die Berufung abweist, in keinem subjektiven Recht verletzt sein (VwGH 21.06.1994, 94/20/0128; 23.05.1995, 94/20/0785). Letztlich ist nämlich damit nur ein formell rechtskräftiger Bescheid nochmals erlassen worden (VwGH 02.07.1996, 94/08/0228). Dies gilt in diesen Fällen sinngemäß auch für ein auf Abweisung der Beschwerde lautendes Erkenntnis des Verwaltungsgerichts (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 68 Rz 44, 45, Stand 01.03.2018, rdb.at).

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183; 30.05.1995, 93/08/0207; 09.09.1999, 97/21/0913; 07.06.2000, 99/01/0321).

„Entschiedene Sache“ iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235). Einem zweiten Antrag auf internationalen Schutz, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Antrag auf internationalen Schutz verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (zum Asylantrag: VwGH 10.06.1998, 96/20/0266), nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zum Asylantrag: VwGH 25.4.2007, 2004/20/0100) ist jedoch nicht nur von der Rechtskraft der Entscheidung umfasst, was der Beschwerdeführer im Erstverfahren vorgebracht hat, sondern auch, was er hätte vorbringen können. Im AsylG 2005 ist – im Gegensatz zum AsylG 1997 – über einen Antrag auf internationalen Schutz zu entscheiden. Ein Antrag auf internationalen Schutz ist gemäß § 2 Abs. 2 Z 13 AsylG das – auf welche Weise auch immer artikulierte – Ersuchen eines Fremden in Österreich, sich dem Schutz Österreichs unterstellen zu dürfen; der Antrag gilt als Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und bei Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten als Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten. Ein Antrag auf internationalen Schutz wird nicht auf einen bestimmten Sachverhalt gestellt, sondern umfasst in seiner Allgemeinheit alle Tatsachen, die – nach erfolgter rechtlicher Würdigung – zur Gewährung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten führen können; daher ist es der Behörde auch nicht verwehrt, den jeweiligen Status auf Grund von Tatsachen zu gewähren, die zwar außerhalb des Vorbringens des Asylwerbers liegen, jedoch amtsbekannt sind. Daher umfasst die Rechtskraftwirkung einer (rechtskräftigen) Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz alle zuvor gegebenen Tatsachen. Soll diese Rechtskraft durchbrochen werden – etwa weil ein neues Beweismittel eine andere Beurteilung nahe legt – bedarf es eines Wiederaufnahmeantrages, nicht eines Folgeantrages.

Dem geänderten Sachverhalt muss nach der ständigen Judikatur des VwGH Entscheidungsrelevanz zukommen (vgl. VwGH 15.12.1992, 91/08/0166; ebenso VwGH 16.12.1992, 92/12/0127; 23.11.1993, 91/04/0205; 26.04.1994, 93/08/0212; 30.01.1995, 94/10/0162). Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhalts bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteienbegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwSlg. 7762 A; VwGH 29.11.1983, 83/07/0274; 21.02.1991, 90/09/0162; 10.06.1991, 89/10/0078; 04.08.1992, 88/12/0169; 18.03.1994, 94/12/0034; siehe auch VwSlg. 12.511 A, VwGH 05.05.1960, 1202/58; 03.12.1990, 90/19/0072). Dabei muss die neue Sachentscheidung – obgleich auch diese Möglichkeit besteht – nicht zu einem anderen von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen. Die behauptete Sachverhaltsänderung hat zumindest einen „glaubhaften Kern“ aufzuweisen, dem Asylrelevanz zukommt (VwGH 21.03.2006, 2006/01/0028, sowie VwGH 18.06.2014, Ra 2014/01/0029, mwN). Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der „Sache“ des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH vom 24.06.2014, Ra 2014/19/0018, mwN).

Als Vergleichsbescheid (Vergleichserkenntnis) ist der Bescheid (das Erkenntnis) heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (vgl. in Bezug auf mehrere Folgeanträge VwGH 26.07.2005, 2005/20/0226, mwN). Dem neuen Tatsachenvorbringen muss eine Sachverhaltsänderung (nach Rechtskraft der zuletzt in der Sache ergangenen Entscheidung) zu entnehmen sein, die – falls feststellbar – zu einem anderen Ergebnis als im ersten Verfahren führen kann, wobei die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen muss, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (vgl. das schon zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 04.11.2004 mwN). Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers (und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden) auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen. (VwGH 21.10.1999, 98/20/0467; vgl. auch VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684; 19.02.2009, 2008/01/0344)

Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein „Fortbestehen und Weiterwirken“ behauptet; vgl. VwGH 20.03.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit einem solchen Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321).

Ein auf das AsylG gestützter Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise – für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status – auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrages nach dem AsylG aus: Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH 29.06.2011, U 1533/10; VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344 mwN).

Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens im Sinne des § 28 Abs. 2 VwGVG ist somit die Frage, ob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die neuerlichen Anträge auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen gehabt hätte bzw. ob es die Anträge zu Recht abgewiesen hat.

Der Erstbeschwerdeführer behauptet im gegenständlichen Verfahren, dass ihm wegen seiner Konversion zum Christentum Verfolgung drohe. Dies hat er bereits im Erstverfahren behauptet und steht daher die Rechtskraft des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.09.2018, Zl. 1124726308 – 161058619/BMI-BFA_KNT_RD, in der Fassung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.11.2019, Zl. W183 2206892-1/13E, entgegen. Andererseits behauptet der Erstbeschwerdeführer nunmehr als „neuen“ (tatsächlich: neu vorgebrachten) Fluchtgrund, er selbst und sein Vater hätten für den iranischen Geheimdienst gearbeitet, für den seine Brüder und Onkel väterlicherseits weiterhin tätig seien. Auch diesem Vorbringen steht allerdings der Einwand der entschiedenen Sache entgegen, da er dies bereits im Erstverfahren hätte vorbringen können (siehe die obigen Ausführungen). Darüber hinaus kommt diesem Vorbringen, das im Erstverfahren nicht einmal angedeutet wurde, im Lichte des Umstandes, dass dieses erst nach Abweisung des ersten Antrages vorgetragen wurde, auch kein glaubhafter Kern zu, und ist dieses auch im Lichte dessen, dass dem Erstbeschwerdeführer auch im Erstverfahren keine Glaubwürdigkeit zukam, absolut unglaubwürdig.

Die Zweitbeschwerdeführerin behauptet im gegenständlichen Verfahren, dass ihr wegen ihrer Konversion zum Christentum Verfolgung drohe. Dies hat sie bereits im Erstverfahren behauptet und steht daher die Rechtskraft des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.09.2018, Zl. 1124726210 – 161058627/BMI-BFA_KNT_RD, in der Fassung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.11.2019, Zl. W183 2206894-1/12E, entgegen. Dem Vorbringen, ihr Schwager habe ihre Familie telefonisch im Namen seines Vaters bedroht, kommt kein glaubhafter Kern zu, da es sich einerseits auf die – tatsächlich nicht erfolgte – Konversion stützt und andererseits der Erstbeschwerdeführer in der Einvernahme über dasselbe Telefonat aussagte, es sei gar nicht um Religion gegangen und habe er hauptsächlich mit seinem Bruder darüber gesprochen, wie sehr sie einander vermissen. Dieses Vorbringen ist auch im Lichte dessen, dass der Zweitbeschwerdeführerin auch im Erstverfahren keine Glaubwürdigkeit zukam, absolut unglaubwürdig. Sofern sie vorbrachte, ihr Verhältnis zu ihrem Vater sei nicht mehr so gut, ist keine Asylrelevanz erkennbar und hat sie diese auch nicht näher begründet.

Hinsichtlich der Dritt- und der Viertbeschwerdeführerin wurden ausdrücklich keine Vorbringen erstattet, sodass die Rechtskraft der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.09.2018, Zl.en 1124716900 – 161058635/BMI-BFA_KNT_RD und 1176792401 – 171392621/BMI-BFA_KNT_RD, in der Fassung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.11.2019, Zl.en W183 2206893-1/12E und W183 2206891-1/12E, einer neuerlichen Entscheidung entgegensteht.

Darüber hinaus stellen die vorgelegten Unterlagen betr. den neu vorgebrachten Fluchtgrund des Erstbeschwerdeführers (Waffenschein, Lohnzettel, Abschiedsbrief und Dankschreiben des Vaters, Bestätigung über die Berufstätigkeit des Vaters bei der Sepah, Foto über eine Zeremonie beim Geheimdienst) – die nur in Kopie vorgelegt wurden und daher nicht überprüfbar sind – in Bezug auf den in der Fassung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.11.2019, Zl. W183 2206892-1/13E, rechtskräftigen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.09.2018, Zl. 1124726308 – 161058619/BMI-BFA_KNT_RD, nur neue Beweismittel dar, die möglicherweise zu einer Wiederaufnahme (siehe § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG) des Verfahrens hätten führen können, aber nicht nach einem „gewöhnlichen“ (Folge-)Antrag auf internationalen Schutz die Rechtskraft der Entscheidung im Erstverfahren zu durchbrechen vermögen. Selbiges gilt für den Einwand, dass der Erstbeschwerdeführer im Erstverfahren nicht in der Lage war, über ihre angebliche Tätigkeit für den iranischen Geheimdienst (bzw. jene seiner Angehörigen) zu sprechen.

Da außerdem kein neu – im Sinne von nach der Rechtskraft der Entscheidung im Erstverfahren – entstandenes Fluchtvorbringen erstattet wurde, gelangt das Bundesverwaltungsgericht zu dem Schluss, dass die Folgeanträge der beschwerdeführenden Parteien auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Zuerkennung des Status von Asylberechtigten wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sind, weshalb die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. der angefochtenen Bescheide mit dieser Maßgabe abzuweisen ist.

Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ergibt sich, dass der in einem anderen Mitgliedstaat gestellte Asylantrag auch als in Österreich gestellt anzusehen ist, wenn sich die Republik Österreich im Hinblick auf die ihr zukommende Zuständigkeit zur (Wieder-) Aufnahme des Fremden bereit erklärt hat und wenn der Fremde gemäß den einschlägigen Überstellungsmodalitäten nach Österreich gelangt ist. Diesfalls ist er – ohne dass es eines nochmaligen Schutzersuchens in Österreich bedarf – als Fremder zu betrachten, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat. (VwGH 03.07.2018, Ra 2018/21/0025). Demnach sind im gegenständlichen Fall die in Deutschland am 29.01.2020 gestellten Asylanträge als in Österreich gestellte Anträge auf internationalen Schutz – hier: Folgeanträge – zu behandeln und das maßgebliche Datum der Anträge in Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide zu korrigieren.

Wie vorhin bereits ausgeführt, ist das Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich eines Folgeantrages in einem Asylverfahren nach dem AsylG überdies verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sondern auch in Bezug auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einer Prüfung zu unterziehen (vgl. VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344).

Auch im Hinblick auf Art. 3 EMRK ist nicht erkennbar, dass die Rückführung der beschwerdeführenden Parteien nach Iran zu einem unzulässigen Eingriff führen würde und sie bei einer Rückkehr in eine Situation geraten würden, die eine Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK mit sich brächte oder ihnen jedwede Lebensgrundlage fehlen würde.

Aus den in den angefochtenen Bescheiden enthaltenen Länderfeststellungen zu Iran ergibt sich, dass kein Grund besteht, davon auszugehen, dass jede/r zurückgekehrte/r Staatsbürger/in einer reellen Gefahr einer Gefährdung gemäß Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre, sodass nicht von einem Rückführungshindernis im Lichte der Art. 2 und 3 EMRK auszugehen ist. Auch ist aufgrund der Länderberichte nicht davon auszugehen, dass sich die Lage im Herkunftsstaat seit der Entscheidung im ersten Asylverfahren nicht wesentlich geändert bzw. verschlechtert hat. Hinsichtlich des Gesundheitszustands der beschwerdeführenden Parteien ist auszuführen, dass sowohl der Erstbeschwerdeführer als auch die Zweitbeschwerdeführerin angegeben haben, dass ihre (nicht schweren) Erkrankungen in Iran behandelbar wären. Aus den mit der Beschwerde vorgelegten Befunden ergeben sich keine psychiatrischen Erkrankungen im engeren Sinne, vielmehr sei die Zweitbeschwerdeführerin durch die Lebensumstellung und soziale Isolierung belastet; der Viertbeschwerdeführerin wird der Kindergartenbesuch empfohlen, da sie zu wenige altersentsprechende soziale Kontakte hat. Damit wurde, insbesondere auch, weil eine Zugehörigkeit der beschwerdeführenden Parteien zu einer COVID-19-Risikogruppe nicht einmal behauptet wurde, kein Rückkehrhindernis aufgezeigt.

Es ist auch nicht davon auszugehen, dass die beschwerdeführenden Parteien nach ihrer Rückkehr in ihr Heimatland in eine ausweglose Lebenssituation geraten könnten. Sowohl der Erstbeschwerdeführer als auch die Zweitbeschwerdeführerin sind in Iran aufgewachsen und haben in Iran die Schule besucht. Zudem lebt dort noch die Familie der Zweitbeschwerdeführerin, zu denen sie Kontakt haben. Auch haben sie dort vor ihrer Flucht gearbeitet und ihre Grundbedürfnisse befriedigen können. Es ist daher nicht ersichtlich und haben sie auch nicht dargetan, weshalb ihnen dies nicht auch künftig möglich sein sollte. Insgesamt könnten die beschwerdeführenden Parteien bei einer Rückkehr – zusätzlich zu ihrer Selbsterhaltungsfähigkeit – auch auf familiäre Unterstützung zurückgreifen, welche sie vor einer Obdachlosigkeit und existenziellen Notlage bewahren würde. In diesem Zusammenhang ist auch das Vorbringen der Zweitbeschwerdeführerin, sie habe nicht mehr so ein gutes Verhältnis zu ihrem Vater, nur marginal relevant, weil sie zusätzlich sowohl von ihren in Iran lebenden Geschwistern (zwei Brüder und eine Schwester) als auch von ihrer in den USA lebenden Mutter Unterstützung erwarten kann. Die Drittbeschwerdeführerin wurde in Iran geboren und hat dort die ersten Jahre ihres Lebens verbracht, die Viertbeschwerdeführerin wurde zwar in Österreich geboren, offensichtlich jedoch – wie aus der fachärztlichen Stellungnahme hervorgeht – hauptsächlich in ihrer iranischen Herkunftsfamilie sozialisiert. Weder wurden Gründe vorgebracht, noch sind welche hervorgekommen, die gegen eine Rückkehr der Dritt- und Viertbeschwerdeführerin – die sich außerdem in einem anpassungsfähigen Alter befinden – nach Iran sprechen würden.

Da sohin weder in der maßgeblichen Sachlage, und zwar weder im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre der beschwerdeführenden Parteien gelegen ist, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist, noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung der Anträge nicht von vorhinein als ausgeschlossen scheinen ließe, liegt entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden konnte.

Somit gelangt das Bundesverwaltungsgericht auch betreffend die Folgeanträge der beschwerdeführenden Parteien auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten zu dem Schluss, dass diese wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sind, weshalb die Beschwerde gegen die Spruchpunkte II. der angefochtenen Bescheide mit dieser Maßgabe abzuweisen ist.

3.3. Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. bis VI. der angefochtenen Bescheide:

Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 sowie gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben der beschwerdeführenden Parteien eingegriffen, so ist die Erlassung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8. Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG liegen nicht vor, weil der Aufenthalt der beschwerdeführenden Parteien weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist, noch die beschwerdeführenden Parteien Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs. 1 Z 3 FPG wurden. Weder haben die beschwerdeführenden Parteien das Vorliegen einer der Gründe des § 57 FPG behauptet, noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhalts im Ermittlungsverfahren hervor.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung – nunmehr Rückkehrentscheidung – nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – die dort genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

Was einen allfälligen Eingriff in das Familienleben der beschwerdeführenden Parteien betrifft, ist Folgendes festzuhalten:

Vom Prüfungsumfang des Begriffes des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern zB auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215; vgl. auch VfGH 12.03.2014, U 1904/2013). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. etwa VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423; 08.06.2006, 2003/01/0600; 26.01.2006, 2002/20/0235, worin der Verwaltungsgerichtshof feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).

Die beschwerdeführenden Parteien haben zwar einander (Eltern und zwei Töchter) im Bundesgebiet, aber keine weiteren Verwandten in Österreich. Sie befinden sich gemeinsam im selben Verfahren und hat die Entscheidung insofern keine Auswirkung auf ihre Familienleben, als ihnen entweder gemeinsam ein Aufenthaltsrecht in Österreich gewährt wird oder sie gemeinsam nach Iran rückzukehren haben, jedenfalls wird die Familie nicht getrennt. Darüber hinaus befinden sich die Herkunftsfamilien der beschwerdeführenden Parteien (jeweils Eltern, Geschwister, entfernte Verwandte des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin – mit Ausnahme ihrer Mutter, die sich in den USA aufhält) noch in Iran, weshalb die Rückkehrentscheidung keine Verletzung in das Recht der beschwerdeführenden Partei auf Achtung des Familienlebens darstellt, da die öffentlichen Interessen hinsichtlich der öffentlichen Ordnung im Zuwanderungs- und Fremdenpolizeiwesen schwerer wiegen. Dies deshalb, da der Erstbeschwerdeführer, die Zweit- und Drittbeschwerdeführerin rechtswidrig nach Österreich gekommen sind, sich gemeinsam mit der Viertbeschwerdeführerin nach der Rechtskraft der Rückkehrentscheidung weiterhin in Österreich aufhielten – auch wenn sie sich nach einigen Monaten (wiederum rechtswidrig) nach Deutschland begaben, was in der Beschwerde als „Flucht nach Deutschland“ (S. 4) bezeichnet wird – und somit jeweils schwerwiegend gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts verstoßen und darüber hinaus weitere unbegründete Anträge auf internationalen Schutz gestellt haben.

Die aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte daher allenfalls lediglich in das Privatleben der beschwerdeführenden Parteien eingreifen.

Unter dem „Privatleben“ sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua. gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst der verstrichene Zeitraum im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff.). Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, weil – abseits familiärer Umstände – eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/10/0479, davon aus, dass „der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren […] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte“. Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichthof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055 ua. mwH). Außerdem ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwN).

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner langjährigen Rechtsprechung zu Ausweisungen Fremder wiederholt ausgesprochen, dass die EMRK Fremden nicht das Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Land garantiert und die Konventionsstaaten im Allgemeinen nicht verpflichtet sind, die Wahl des Aufenthaltslandes durch Einwanderer zu respektieren und auf ihrem Territorium die Familienzusammenführung zu gestatten. Dennoch kann in einem Fall, der sowohl die Achtung des Familienlebens, als auch Fragen der Einwanderung betrifft, der Umfang der staatlichen Verpflichtung, Familienangehörigen von im Staat ansässigen Personen Aufenthalt zu gewähren – je nach der Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse – variieren (vgl. z.B. EGMR 05.09.2000, Solomon v. Niederlande, Appl. 44328/98; EGMR 09.10.2003, Slivenko v. Lettland, Appl. 48321/99; EGMR 22.04.2004, Radovanovic v. Österreich, Appl. 42703/98; EGMR 31.01.2006, da Silva und Hoogkamer v. Niederlande, Appl. 50435/99; EGMR 31.07.2008, Darren Omoregie ua v. Norwegen, Appl. 265/07).

Die Dauer des Aufenthaltes der beschwerdeführenden Partei im Bundesgebiet seit ihrer Einreise im Juli 2016 beträgt zwar knapp drei Jahre und zehn Monate Jahre, wenn auch keine 5 Jahre, wird jedoch dadurch relativiert, dass die Einreise illegal war und der Aufenthalt bloß aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig war; darüber hinaus war der Aufenthalt in Österreich durch ihren Aufenthalt in Deutschland für etwa sieben Monate unterbrochen und nicht durchgängig. Dies musste den beschwerdeführenden Parteien bewusst gewesen sein. Die beschwerdeführenden Parteien stützten ihren Aufenthalt in Österreich zudem lediglich auf Asylantragstellungen, wovon sich bereits die erste – wie rechtskräftig festgestellt – auf ein unglaubwürdiges Vorbringen stützte und auch der nunmehrige Antrag auf internationalen Schutz im Ergebnis zurückzuweisen ist. Dadurch wird das persönliche Interesse der beschwerdeführenden Parteien an ihrem Verbleib in Österreich gegenüber den öffentlichen Interessen erheblich gemindert. Dies umso mehr, als über die ersten Asylanträge der beschwerdeführenden Parteien im November 2019 rechtskräftig negativ entschieden worden war und die beschwerdeführenden Parteien weiterhin – trotz aufrechter Rückkehrentscheidung – etwa ein Jahr und drei Monate lang unrechtmäßig im österreichischen Bundes- bzw. Unionsgebiet verblieben sind.

Im Hinblick auf den Umstand, dass der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin den überwiegenden Teil ihres Lebens im Herkunftsstaat verbracht haben, ebenso wie die Drittbeschwerdeführerin die ersten Jahre ihres Lebens und die Viertbeschwerdeführerin in ihrer iranischen Kernfamilie sozialisiert wurde (die Dritt- und Viertbeschwerdeführerin befinden sich zudem in einem anpassungsfähigen Alter) ist davon auszugehen, dass anhaltende Bindungen zum Herkunftsstaat bestehen, zumal dort jedenfalls die Familien des Erstbeschwerdeführers (Eltern, Brüder, Onkel) und der Zweitbeschwerdeführerin (Vater, Brüder, Schwester) leben, die beschwerdeführenden Parteien die Sprache des Herkunftsstaates beherrschen und der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin über Schulbildung sowie Arbeitserfahrung dort verfügen.

Der Umstand, dass der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin in Österreich bis dato nicht straffällig geworden sind (die Dritt- und Viertbeschwerdeführerin sind strafunmündig), bewirkt keine Erhöhung des Gewichtes der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Österreich, da das die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts ja voraussetzt und die Begehung von Straftaten eigene Gründe für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen darstellen (siehe sinngemäß VwGH 24.07.2002, Zl. 2002/18/0112).

Das Bundesverwaltungsgericht vermag somit keine unzumutbaren Härten in einer Rückkehr der beschwerdeführenden Parteien in ihren Herkunftsstaat zu erkennen. Den privaten Interessen der beschwerdeführenden Parteien an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (zB VwGH 16.01.2001, 2000/18/0251). Die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das Asylrecht (und die mit der Einbringung eines Asylantrags verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung) nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf, wiegen im vorliegenden Fall schwerer als die Interessen der beschwerdeführenden Parteien am Verbleib in Österreich.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes der beschwerdeführenden Parteien im Bundesgebiet ihr persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, wonach im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

Mit einer Refoulement-Beurteilung in Bezug auf den Herkunftsstaat eines Fremden geht eine zu beachtende Rechtskraftwirkung einher, deren Durchbrechung nur dann gerechtfertigt ist, wenn sich nach Erlassung der in Rechtskraft erwachsenen Entscheidung der Sachverhalt oder die Rechtsvorschriften wesentlich geändert haben, also eine neue Sache vorliegt, für die die Rechtskraftwirkung der ursprünglichen Entscheidung nicht mehr gilt. Von einer nachträglichen Änderung der Sache ist der Fall zu unterscheiden, dass der Sachverhalt anders rechtlich beurteilt wird oder neue Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, die bereits im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung vorgelegen, aber erst später bekannt geworden sind. Die schon vor Erlassung der Entscheidung bestehende Sachlage ist von der Rechtskraft des Bescheides erfasst und bindet Gerichte und Behörde, solange diese Entscheidung dem Rechtsbestand angehört (vgl. VwGH 18.1.2017, Ra 2016/18/0293). Es ist nicht zu sehen, warum das für das Verhältnis einer Feststellung über die Unzulässigkeit (insbesondere) einer Abschiebung nach § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG zur Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG anders sein sollte. (VwGH 24.01.2019, Ro 2018/21/0011)

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG stellt sohin keine Verletzung der beschwerdeführenden Parteien in ihrem Recht auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm Art. 8 EMRK dar.

Mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig festzustellen, dass die Abschiebung gemäß § 46 leg.cit. in einen bestimmten Staat zulässig ist.

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Das entspricht dem Tatbestand des § 8 Abs. 1 AsylG. Das Vorliegen eines dementsprechenden Sachverhaltes wurde bereits mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.11.2019 rechtskräftig verneint.

Auch den in den angefochtenen Bescheiden enthaltenen Länderfeststellungen zur aktuellen Lage in Iran, welche der jüngsten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge auch im vorliegenden Fall zu beachten sind (vgl. VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119; 24.05.2016, Ra 2016/21/0101), ist keine die beschwerdeführenden Parteien treffende Situation im angeführten Sinne zu entnehmen.

Auch lassen die Länderfeststellungen den Schluss nicht zu, dass die Sicherheitslage im Herkunftsstaat dergestalt wäre, dass jedermann mit vor dem Hintergrund von Art. 2 und 3 EMRK maßgeblichen Übergriffen zu rechnen hätte. Ferner ist die Versorgungslage im Herkunftsstaat an sich gewährleistet.

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 2 FPG unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestünde eine innerstaatliche Fluchtalternative. Dies entspricht dem Tatbestand des § 3 AsylG 2005. Das Vorliegen eines dementsprechenden Sachverhaltes wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.11.2019 aufgrund der Unglaubwürdigkeit des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin rechtskräftig verneint. Maßgebliche Änderungen des Sachverhalts haben sich weder in der Person der beschwerdeführenden Parteien noch in der allgemeinen Lage in Iran ergeben.

Die Abschiebung ist schließlich nach § 50 Abs. 3 FPG unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht. Eine derartige Empfehlung besteht für Iran nicht. Die Abschiebung der beschwerdeführenden Parteien nach Iran ist daher zulässig.

Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. bis VI. der angefochtenen Bescheide war daher abzuweisen.

3.5. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, sind, wie sich aus obigen Ausführungen ergibt, im gegenständlichen Fall erfüllt. Darüber hinaus sind die Anträge auf internationalen Schutz im Ergebnis zurückzuweisen, sodass auch diesbezüglich – also hinsichtlich des jeweiligen Spruchpunktes I. der gegenständlichen Erkenntnisse – die Voraussetzungen nach § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG hinsichtlich des Entfallens einer mündlichen Verhandlung gegeben sind.

Zu I., II., III. und IV. B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben (siehe insbesondere VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0082, wonach auch Zurückweisungen von Anträgen auf internationalen Schutz gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG mit Rückkehrentscheidungen zu verbinden seien.). Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Folgeantrag glaubhafter Kern Glaubwürdigkeit Identität der Sache Interessenabwägung non-refoulement Prüfung öffentliches Interesse Pandemie Privatleben Prozesshindernis der entschiedenen Sache Resozialisierung Risikogruppe Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W170.2206892.2.00

Im RIS seit

17.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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